Washington: Der Vize-Stabschef und Chefberater des US-Präsidenten, Karl Rove (1), der auch oft das Gehirn des schlicht gestrickten Texaners George Bush im Weissen Haus genannt wird, hat durch email-Kontakte zwischen seinem Stab und dem Justizministerium unter Alberto Gonzales, Justizminister und Oberster US-Staatsanwalt in Personalunion, die Entlassung von nicht-willigen Staatsanwälten in der Republik USA angeleitet um die politische Linie der derzeitigen Insassen des Weissen Hauses abzusichern.
Die Intrige wurde nach der von einer der beiden Parlamentskammern, dem Repräsentantenhaus des Kongresses, erzwungenen Freigabe von Dokumenten des Justizministeriums am Dienstag deutlich (2). Ähnlich wie bei Watergate greifen nun endlich, endlich die Instrumente der US-Demokratie gegen eine quasi monarchistisch agierende Administration, ähh, Regierung, ähh, Exekutive.
Die Intrige lief, wie im Westen der Postmoderne gute Sitte, über die 2.Reihe der Verwaltung. Das kürzlich schon als pflichtbewusster Bauer zurückgetretene „Opfer“ Kyle Sampson, ex-Vizestabschef von Justizminister/Oberstaatsanwalt Gonzales, und der damalige Vize-Rechtsberater des Weissen Hauses, David Leitch, hatten 2005 eine Reihe von emails ausgetauscht. Darin machte Leitch im Namen Rove´s Druck, um mindestens 15% der US-Bundesanwälte loszuwerden (3,4).
Die Antwort vom Wasserträger im Justizministerium, Kyle Sampson: er habe die „legalen“, „historischen“, „operativen“ und „politischen“ Aspekte der Aktion mit seinem Chef Gonzales durchgesprochen.
Man müsse allerdings warten, bis Gonzales durch den US-Senat bestätigt worden sei.
„Die überwältigende Mehrheit der US-Anwälte , 80-85% würde ich sagen, machen einen grossartigen Job, sind loyale `Bushies`,etc“, so Sampson zu seinem Kollegen im Weissen Haus, David Leitch.
Es könne „Wellen schlagen“ in der „US-Staatsanwaltsgemeinde“, „wenn wir den Leuten erklären, dass sie nur eine Amtszeit haben, “ so Kyle Sampson, „aber vielleicht ist das gar nicht schlecht“. (5)
Inzwischen ist auch ein weiterer Aspekt der Affäre im Gespräch – der Gebrauch des sogenannten „Patriot Act“ (6) zur Berufung von US-Bundesanwälten völlig ohne die Bestätigung der Legislative(3).
Der Patriot Act war nach dem Schock vom 11.September 2001 nachts vom US-Kongress beschlossen worden, ohne dass das zweitdümmste Parlament der Welt ihn überhaupt gelesen, geschweige denn verstanden hatte. Die Unterlagen waren den Abgeordneten kurz vorher zugegangen.
Der einzige Abgeordnete, der standhaft geblieben war und dagegen gestimmt hatte – Russell Feingold (D) – bekam dafür den „Henry W. Edgerton Civil Liberties Award.“ (7)
Der „Patriot Act“ war durch eine Fülle von Exekutiv-Vollmachten de facto ein Ermächtigungsgesetz, was nur den Haken hatte teilweise zeitlich limitiert zu sein. Dadurch kamen mit der Zeit Diskussionen auf, erst kürzlich musste das FBI den massenhaften Missbrauch dieses Gesetzespakets zugeben.
01.12.2006, Berlin, Bundestag:
Während der abschliessenden Debatte zum Beschluss der „Anti-Terror-Datei“ sowie des „Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz“ (TBEG) bestätigt der SPD-Innenexperte, Dieter Wiefelspütz, im deutschen Parlament öffentlich die Verwendung von Folter zur Gewinnung von Informationen der deutschen Exekutive (Polizei, Militär, Geheimdienste, Verwaltung, Behörden, Regierung) und behauptet, dies sei sowohl legal, als auch legitim.
Wolfgang Wieland (Grüne) spricht von bereits über 1.4 Millionen „Datensätzen“, also Verdächtigen, allein bei den Polizeibehörden im Zusammenhang mit dem „internationalen Terrorismus“.
Klaus-Uwe Benneter (SPD):
„Das Verfassungsrecht auf Sicherheit ist das Ehrenwerteste im Grundgesetz.“
Daraufhin die Restbestände der parlamentarischen Opposition: da steht nix von im Grundgesetz.
Klaus-Uwe Benneter:
„Das Recht auf Sicherheit steht im ganzen Grundgesetz“.
Als sich die FDP-Abgeordnete Piltz darüber beschwert, daß der Gesetzestext erst in der Nacht vor der Parlamentsdebatte den Gesetzgebern per Fax zugesandt worden war, sagt Benneter folgendes:
„Wir wollten Ihnen eben nicht die Gelegenheit geben, sich vorher noch den Mund daran zu verbrennen.“ (8)
Reaktion von Piltz und den Abgeordneten: Schweigen. Demut. Agonie. Freude. Hingabe. Sie hatten es begriffen. Nun wussten sie es:
Sie liebten die Grosse Koalition.
Quellen:
(1)
http://en.wikipedia.org/wiki/Carl_Rove
(2)
http://www.zeit.de/online/2007/12/USA-justizminister-gonzales-skandal?page=1
(3)
http://deseretnews.com/dn/view/0,1249,660203764,00.html
(4)
http://abcnews.go.com/Politics/wireStory?id=2955581
(5)
http://deseretnews.com/pdf/rove.pdf
(6)
http://en.wikipedia.org/wiki/Patriot_Act
(7)
http://www.aclu-nca.org/boxSub.asp?id=55
(8)
http://radio-utopie.de/archiv.php?themenID=193&JAHR_AKTUELL=2006&MON_AKTUELL=12