Afghanistan, Entführung: Jung und „Taliban“ wollen Bundestag Vorschriften machen
Berlin, Regierungsviertel: Während das Aussenministerium unter Frank Steinmeier aufgrund widersprüchlicher Behauptungen die Identität der angeblichen Entführer von 2 Deutschen in Afghanistan als ungeklärt ansieht, hat Verteidigungsminister Franz Jung jetzt die Gelegenheit genutzt, den Bundestag zur im Herbst anstehenden Bestätigung des Krieges in Afghanistan und weltweit zu drängen.
Jung erklärte angesichts der angeblichen Taliban-Urheberschaft schon mal vorab:
„Diesen Beitrag werden wir auch weiter fortsetzen“(1).
Im Herbst laufen drei Kriegsmandate der Exekutive aus, das OEF-Mandat, das Tornado-Mandat und der ISAF-Einsatz.
Weder der Bundesverteidigungsminister Franz Jung (CDU), noch die Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) oder Aussenminister Frank Steinmeier (SPD) haben darüber irgendetwas zu entscheiden –
sondern nur und ausschliesslich das Parlament…
Ein angeblicher Taliban-Sprecher namens „Jussif Ahmadi“ hatte heute – angesichts der nicht sehr beeindruckten öffentlichen Reaktion der deutschen Öffentlichkeit auf diesen Erpressungsversuch – nachgelegt und redet jetzt, laut der offenbar nicht durch Sicherheitsdienste abgehörten Nachrichtenagentur „Associated Press“ (ap), von einem „24-Stunden-Ultimatum“.
Man werde die Geiseln töten, wenn nicht sofort ein paar unerfüllbare Forderungen erfüllt würden, so „Ahmadi“ laut ap. Darunter angeblich auch der Abzug der deutschen Soldaten aus dem Krieg in Afghanistan(1).
Die öffentliche Wirkung dieser eindringlich-sinnlosen Statements: Jeder Kriegsgegner steht als Helfershelfer der „Terroristen“ dar, die Position der Kriegslobby wird gestärkt.
Soetwas nennt man einen „Medienkrieg“.
DIE FANTOMQUELLEN DER ASSOCIATED PRESS (2)
Zumindestens 2006 hat die Nachrichtenagentur „Associated Press“ Berichte über Entführungen, Terroranschläge und Ereignisse in Kriegsgebieten wie dem Irak mehrfach und wiederholt falsch dargestellt.
Sie benutzte dafür nicht existierende Quellen mit frei erfundenen Geschichten.
Dies fanden rechtskonservative Blogger heraus – und das US-Zentralkommando CENTCOM bestätigte dies, namentlich Michael B. Dean Lieutenant, U.S. Navy MNC-I Joint Operations Center Public Affairs Officer.
Folgende Namen nannte das US-Militär als nicht existierende Personen, deren wahre Idendität nun überprüft würde:
* police Lt. Ali Abbas
* police Capt. Mohammed Abdel-Ghani.
* Police Brigadier Sarhat Abdul-Qadir
* Mosul police Director Gen. Wathiq al-Hamdani
* police Lt. Bilal Ali
* Ali al-Obaidi, a medic at Ramadi Hospital
* police Maj. Firas Gaiti
* Police Captain Mohammed Ismail
* Brig. Abdul-Karim Khalaf, the Interior Ministry spokesman (a.k.a. Police Brigadier Abd al-Karim Khalaf, Brig. Gen. Abdul-Karim Khalaf, Brig. Abdel-Karim Khalaf)
* Mohammed Khayon, a Baghdad police lieutenant
* police spokesman Mohammed Kheyoun. (a.k.a. Police Lieutenant Mohammed Khayoun)
* Lt. Thaer Mahmoud, head of a police section responsible for releasing daily death tolls
* police Lt. Bilal Ali Majid
* police Lt. Ali Muhsin.
* police 1st. Lt. Mutaz Salahhidine. (a.k.a. Lieutenant Mutaz Salaheddin)
* Col. Abbas Mohammed Salman
* policeman Haider Satar
Wie man hier sehen kann, tauchen also immer wieder irgendwelche Sprecher der Polizei, des Militärs, ja sogar von Ministerien auf, die nie exisitiert haben und zu unserem Meinungsbild am Ende des Zitatenkarussels vor den westlichen Flimmerkisten beitragen.
Dreh- und Angelpunkt dabei:
die „Nachrichtenagenturen“.
Die Namen der AP-Autoren, die die oben genannten Fantomquellen bereits nachweisbar benutzt oder sich darauf berufen haben:
– Kim Gamel
– Qassim Abdul-Zahra
– Sameer N. Yacoub
-Bassem Mroue
-Steven R. Hurst
-Thomas Wagner
Ein paar Beispiele aus dem Irak:
– am 24.11.2006 berichtet AP von einem barbarischen Akt. Sechs Sunniten wären, seltsamerweise als Rache für ein angeblich gerade an Schiiten verübtem Massaker, beim Verlassen einer Moschee von „Milizionären“ mit Kerosin übergossen und angezündet worden. In dem Artikel taucht sowohl die altbekannte Fantomquelle „Capt. Jamil Hussein“ auf, sowie ein gewisser „Lt.Maitham Abdul-Razaq“. Das dürfte der „Lt. Maithem Abdul Razzaq“, der vom US-Zentralkommando als Fantom bestätigt wurde.
Im Artikel werden Verbrechen ohne Ende aufgezählt, die allesamt rivalisierenden Schiiten und Sunniten angelastet werden, es wird das Bild eines sich selbst zerstörenden Landes gezeichnet, nicht etwa das eines besetzten, welches seit 2003 einen Krieg gegen die Besatzer führt.
Autor des Artikels: Steven R.Hurst
„Contributer“ (Co-Autoren): Thomas Wagner, Bassem Mroue, Qais al-Bashir
– in einem Artikel vom 6.06.2006 der CBS News und „Associated Press“ (AP) taucht das Fantom des irakischen Polizei-Leutnants „Maitham Abdul Razzaq“ auf (s.o., nur ohne Bindestrich).
Es erzählt von 2 sunnitischen Brüdern Mitte 20, die auf dem Weg zum College in dem gemischten Viertel von Sadiyah im Auto erschossen werden.
Man beachte die blumigen Details, sowas liest man gern in der FAZ, wenn man zwischen 2 Seminaren in der Humbold-Uni-Kantine mal eben einen Latte Macciato schlürft.
– am 20.Januar dieses Jahres bringt „USA Today“ eine Meldung der AP mit der Fantomquelle „Abdul-Karim Khalaf“. Der angebliche, nie existierende Sprecher des Innenministeriums redet da in einem AP-Interview, was offensichtlich niemals stattgefunden hat, von einer „Omar Brigade“ mit Verbindungen zu „al-Qeada“, die durch Truppen des Innenministeriums und US-Truppen im Süden hops genommen worden sei. Diese hätten Entführungen und Morde von Irakern zu verantworten, vor allem in „gemischten“ Bezirken der Haupstadt Irak`s.
– dieselbe Fantomfigur, hier mit dem Alias „Brig. Gen. Abdul Kareem Khalaf, spokesman for the Interior Ministry“ (siehe CENTCOM-Liste), erzählt am 12.November 2006 in der „Los Angeles Times“ haarklein, wie es möglich gewesen sei, daß gleich 2 „Selbstmordbomber“ mit Sprengstoffwesten in ein Bagdader Polizeiquartier für Rekruten gelangen konnten, um dort 38 von ihnen in die Luft zu jagen. Das ganze trage die „Fingerabdrücke“ von „al-Qaida“, die man im US-besetzten Irak bekanntlich am Meisten fürchten würde.
Der irakische US-Statthalter Maliki hätte daraufhin leider den Einsatz „extremer Gewalt“ anordnen müssen, heißt es im Artikel.
– am 14.November 2006 berichtet AP-Reporter Stephen R.Hurst aus Bagdad, daß nicht etwa Truppen des Innenministeriums Dutzende Mitarbeiter aus dem Bildungsministerium entführt hätten, sondern wahrscheinlich „Schiiten-Milizen“ in den Uniformen der Truppen des Innenministeriums. Sein Zeuge: der angebliche Ministeriumssprecher „Maj. Gen. Jalil Khalaf“.
– Foxnews, 10.10.2006, beim Bericht über 60 gefundene Leichen in Bagdad taucht der Zeuge „Mohamed Khayon“ auf. Wahrscheinlich der einzige Mohammed des Nahen Ostens mit einem „m“, sonst wäre er nämlich einer der Fantomquellen auf der CENTCOM-Liste gewesen. (sämtliche Quellen unter 2)
Und so weiter. Die Realität ist das, was passiert. Die Realität, die uns erzählt wird, ist das, wovon die Erfinder dieser Realität profitieren.
Es sei noch erläuternd hinzu gefügt, dass die regulären US-Militärbehörden oder Soldaten ganz normale Befehlsempfänger sind, denen gesagt wird was sie zu machen haben und was nicht.
Weder haben diese Kenntnis über irgendwelche Special Operations oder politische Zusammenhänge.
DIE TERRORISTEN DER BRITISCHEN SAS (4)
Basra, britisch-besetzte Zone, Südirak, 19.September 2005:
2 als Araber bzw. „Al-Qaeda“(„El Kaida“/“al Qeada“)-Terroristen verkleidete britische SAS-Agenten werden in einem Toyota Cressida von einer regulären irakischen Polizei-Patrouille bei der Vorbereitung von Terroranschlägen überrascht, die Mitglieder der Elite-Einheit eröffnen das Feuer auf die Iraker, ein Polizist stirbt.
Dennoch können die 2 Briten festgesetzt werden um dann wenig später durch eine blutige Militäraktion der Besatzungsmacht mit Panzern wieder befreit zu werden. Tags darauf ziehen wütende irakische Polizisten bewaffnet durch Basra und verlangten eine Verurteilung der britischen Agenten als „Terroristen“.
Basra, britisch-besetzte Zone, Südirak, 2.August:
der US-Journalist Steven Vincent wird ermordet am Straßenrand aufgefunden, seine weibliche Vertrauensperson und Dolmetscherin überlebt seltsamerweise die Entführung durch „Männer in Polizeiuniformen“ und in einem Polizeiauto.
Steven Vincent, ein konservativer, eher zurückhaltend-christlicher Reporter, war kurz nach seiner Ankunft von „Sicherheitskräften“ verübten Massakern auf die Spur gekommen und nannte die von Rumsfeld persönlich bestätigten Treffs der US-Militärs mit Terrorgruppen wie Ansar al-Sunna, the Islamic Army in Iraq, the Iraqi Liberation Army, Jaish Mohammed, Thawarat al-Ishreen, the Shoura Council of Mujahideen, am 1.Juli 2005 in einem Washington Times-Artikel eine „Tea-Party“ mit Terroristen. Bald darauf war er tot.
Er berichtete zuvor im NYTimes-Artikel „Switched off in Basra“ von einem „Todesauto“, einem Toyota Mark II, das in Basra unterwegs sei und von dem alle Einwohner wüßten, daß es irakische Polizisten außer Dienst als Söldner und Todesschwadronen zu ihren Zielen bringe.
Der Toyota Mark II und der Toyota Cressida sind ein und dasselbe Fahrzeug.
KRIEG UND KAPITAL: GEIST AUS DER FLASCHE UND ENDE DES STAATES
Ungefähr 100.000 Söldner stehen unter Kommando des Pentagon, sowie des US-Innenministeriums im Irak.(3)
„Die Bush-Administration hat den privaten Sektor dazu benutzt, die tatsächliche Anzahl der Besatzungstruppen zu verdoppeln und benutzt dabei Soldaten, die in keiner offiziellen Opferstatistik mehr auftauchen und ausserhalb des offiziellen Rechtssytems operieren“, so dazu der Buchautor und Journalist Jeremy Scahill.
„Von Irak und Afghanistan zu den hurrikan-verwüsteten Strassen von New Orleans über die gemeinsamen Treffen von Blackwater und Gouverneur Arnold Schwarzenegger um über Massnahmen nach möglichen Katastrophen in Kalifornien zu beraten, sieht sich Blackwater nun als persönlicher Servicedienstleister in Sachen Verteidigung und Massnahmen zur Sicherheit des Heimatlandes.
Solche Macht in den Händen einer Firma, betrieben von einem Neo-Kreuzritter und Finanzier des Präsidenten beinhaltet den „militärisch-industriellen Komplex“, vor dem Präsident Eisenhower 1961 gewarnt hat.
Die weitere Privatisierung der Kriegsmaschinerie des Landes – oder die Erfindung neuer Hintertürchen für eine Expansion des Militärs mit so schicken Namen wie das zivile Reservecorps – repräsentiert einen vernichtenden Schlag gegen die Zukunft der amerikanischen Demokratie.“
weitere Artikel:
16.07.07
Afghanistan,Kundus,Bericht: Jung kennt Täter von Anschlag
http://www.radio-utopie.de/archiv.php?themenID=714&JAHR_AKTUELL=2007&MON_AKTUELL=07
26.05.07
Irak, Bush, Blackwater und das Ende des staatlichen Kriegsmonopols
http://www.radio-utopie.de/archiv.php?themenID=543&JAHR_AKTUELL=2007&MON_AKTUELL=5
05.02.07
US,Irak: die Fantomquellen der `Associated Press`
http://www.radio-utopie.de/archiv.php?themenID=272&JAHR_AKTUELL=2007&MON_AKTUELL=2
Quellen:
(1)
http://www.fr-online.de/top_news/?sid=0628d4dbfdb7dbf060e9e832348bb83b&em_cnt=1176413
(2)
http://www.radio-utopie.de/archiv.php?themenID=272&JAHR_AKTUELL=2007&MON_AKTUELL=2
(3)
http://www.radio-utopie.de/archiv.php?themenID=543&JAHR_AKTUELL=2007&MON_AKTUELL=5
(4)
http://www.radio-utopie.de/archiv.php?themenID=168&JAHR_AKTUELL=2006&MON_AKTUELL=11