Berlin, Karlsruhe: Nachdem durch Recherchen des Sohnes vom 1977 ermordeten Generalbundesanwalt Siegfried Buback ans Licht gekommen war, dass das Bundesamt des deutschen Inlandsgeheimdienstes „Verfassungsschutz“ seit Anfang der 70er Jahre die Agentin Verena Becker (welche offenbar 1977 den Vater von Michael Buback erschoss) mitten in der Kommandoebene der sogenannten Roten Armee Fraktion (RAF) geparkt hatte, ist der deutsche Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) nun ganz konsequent dabei, die Sache niemals vor Gericht kommen zu lassen.
Erst nach massivstem öffentlichem Druck durch Angehörige wie Michael Buback und die Witwe des ermordeten Siemensmanagers Beckurts, die im Zuge bis heute ungeklärter Attentate dieser jahrelang völlig verschwundenen und dann Mitte der 80er Jahre mysteriöserweise wieder aufgetauchten Terrororganisation ihre Verwandten verloren, musste schliesslich die Generalbundesanwältin am Bundesgerichtshof vor kurzem Akteneinsicht bezüglich des Buback-Mordes von 1977 beim Bundesamt für Verfassungsschutz fordern. Vorher hatten die Bundesanwälte Jahrzehnte nichts getan. Erst als Michael Buback am 14.Oktober mit einer Strafanzeige gegen die oft „Bundesanwaltschaft“ genannte Generalbundesanwältin und ihre Behörde drohte (1), verlangten die Staatsanwälte des Bundesgerichtshofs endlich die Herausgabe aller Akten vom Bundesamt für Verfassungsschutz unter seinem Präsidenten Heinz Fromm (SPD).
Der aber weigerte sich.
Am 14.Dezember beschwerte sich dann der Bundesanwalt Rainer Griesbaum öffentlich: „Wir haben nicht die gesamten Unterlagen bekommen“. Er betonte, dass „nach Jahrzehnten“ die Unterlagen des Verfassungsschutzes für die Strafverfolgung freigegeben werden müssten. Der nachrichtendienstliche Quellenschutz sei hier zweitrangig.
Allerdings sorgte der Bundesanwalt auch schon mal für eine Entlastung der eigenen Person, sowie des VS-Chefs Fromm: „Freigabe oder nicht Freigabe ist eine Ministerentscheidung“, so der Bundesanwalt. Nun lag der Mordspeter bei Wolfgang Schäuble und seinem Vize August Hanning im Innenministerium.
Es gehe um einen „Auswertungsbericht“ und eine „Fallakte“, so Bundesanwalt Griesbaum. Über Personen oder Urheber der Information zum angeblichen Todesschützen dürfe er „nicht sprechen“. (2)
Jetzt weigerte sich Fromm und der Inlandsgeheimdienst laut einem Zeitungsbericht (3) nicht nur die Akten über den Buback-Mord herauszurücken, sondern will diese nun nach Paragraf 96 der Strafprozessordnung ENDGÜLTIG VERSCHWINDEN LASSEN. Denn dieser unauffällige Paragraf besagt nichts anderes, als dass man jedes Verbrechen ungestraft lassen und die Akten dem Zugriff der 3.Gewalt Justiz entziehen kann, wenn es nur gross genug ist.
Nach Paragraf 96 kann von keiner Behörde Akteneinsicht gefordert werden, „wenn deren oberste Dienstbehörde erklärt, dass das Bekanntwerden des Inhalts dieser Akten oder Schriftstücke dem Wohl des Bundes oder eines deutschen Landes Nachteile bereiten würde“ (4). Laut „Focus“ vom Freitag rannte dementsprechend der Bundesverfassungsschutz unter Fromm (SPD) nun zum Innenministerium unter Schäuble (CDU) und beantragte, die Mordakten mit einer Sperrerklärung nach § 96 zu belegen. In diesem Falle würden die Akten für immer dem Zugriff der Öffentlichkeit und Justiz entzogen und die Geschichte einer ganzen Generation von Linken und Sozialisten, die in den Sog des RAF-Fantoms, der Konspiration und dem gleichzeitig militaristisch-totalitären Aufrüsten des Polizeistaates hineingerieten, nie vollständig geschrieben werden können.
Unser Geheimdienst und Innenminister Schäuble wollen also die RAF-Akten zum „Wohl des Bundes oder eines deutschen Landes“ verbergen.
Das man das Wohl einiger skrupelloser Politiker, Geheimdienstler, Militärs und Polizeibehörden auch immer mit „dem Bund“ oder „dem Land“ verwechseln muss…
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Quellen:
(1)
http://www.radio-utopie.de/archiv/archiv.php?themenID=1071&JAHR_AKTUELL=2007&MON_AKTUELL=10
(2)
http://www.radio-utopie.de/archiv/archiv.php?themenID=1369&JAHR_AKTUELL=2007&MON_AKTUELL=12
(3)
http://www.focus.de/politik/deutschland/raf/mordfall-buback_aid_230464.html
(4)
http://bundesrecht.juris.de/stpo/BJNR006290950.html