Schröder´s Agenda: Die Alte Mitte oder Führerbunker im Exil
Berlin: Ausgerechnet im Rathaus Schöneberg griff nun ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder (auf Ausgang aus dem Dino-Park) in die aktuelle Kampagne „Für eine schlechtere CDU als neue SPD“ ein. Früher schmiss man bei sowas mit Torten, zur allgemeinen Belustigung und als Zeichen von „wir ham´s ja“. Heute bleibt nur dieses „hach-was-bin-ich-immer-noch-gemein“ mit Nekrophilen-Faktor im „Spiegel“, was den Blair-und-Boden-Fan der deutschen Wirtschaft in der gewohnten Zynismus-Orgie als leider abgewähltes Missverständnis der Alten Mitte feierte.
„Die SPD kann nur dann mehrheitsfähig sein, wenn sie in der Mitte der Gesellschaft verankert ist und diese nicht verlässt“, sagte er. Das zeigten die „glanzvollen Wahlergebnisse“ Vogels als Münchner Oberbürgermeister in den sechziger Jahren und die SPD-Wahlerfolge auf Bundesebene in den siebziger Jahren sowie nach 1998.“
Wer hat sich da eigentlich aus welchem Zeitfenster geschmissen? Und wo liegt eigentlich das sagenhafte „Land der vorgezogenen Neuwahlen“, wo die bösen Wähler nicht mehr wohnen?
„Dieses Fundament der Mitte dürfe die Partei nicht verlassen, wenn sie erfolgreich bleiben wolle, mahnte Schröder.“
Man stelle sich mal ein Betonpodest im freien Fall vor, darauf eine Betonfrisur.
Es ist nicht der Saus nach unten, der so unangenehm ist. Es ist der plötzliche Stopp.
Bis dahin kann man den Fahrtwind geniessen und sich selbst zuhören.
„Die SPD sei die Partei des aufgeklärten Bürgertums. Wenn andere nun vom „bürgerlichen Lager“ redeten, sei dies der Versuch, die Sozialdemokraten wieder einmal auszugrenzen.“
Hat es eigentlich schon mal einen einzigen Moment der Geschichte gegeben, in der sich Gerhard Schröder nicht mit der Partei SPD verwechselt hat?
„Damit sandte Schröder eine doppelte Botschaft: Das Bekenntnis zur Mitte war eine wenig verhüllte Warnung vor einer Zusammenarbeit mit der Linken – und damit eine Kritik an SPD-Chef Kurt Beck, der diese Option vor drei Wochen ins Spiel gebracht hatte. Der Hinweis auf die bürgerliche SPD jedoch war eine Referenz an denselben Beck: Der hatte bereits im Februar zum Politischen Aschermittwoch in Vilshofen betont, dass die SPD selbstverständlich zum bürgerlichen Lager gehöre und sich nicht von Union und FDP „herausdefinieren“ lasse.“
Irgendwie ist das schön am Ende eines gelesenen Satzes wieder an dessen Anfang, aber auf dem Kopf zu stehen.
„Dass Schröder dies nun fast wortgleich wiederholte, zeigt: Wie schon im Streit um die Verlängerung des Arbeitslosengeldes I scheint der Altkanzler sich nicht eindeutig gegen den Parteivorsitzenden stellen zu wollen – und immer noch ein gewisses Restvertrauen in dessen pragmatische Instinkte zu haben. Es schien, als wollte Schröder Beck an dessen wahre Überzeugungen erinnern.“
Jetzt das Pathos, Jungs, jetzt das Pathos.
„Auch damals, im Herbst 2007, war es..“
– vorspulen –
„Beck seinerseits setzte heute den Spagat fort: Einerseits verteidigte er Schröders Agenda 2010 in der wieder aufflammenden Diskussion zum fünften Jahrestag. Das Reformwerk sei der „Auftakt zu einem großen arbeitsmarkt- und wirtschaftspolitischen Erfolg“ gewesen, sagte der SPD-Chef der „Süddeutschen Zeitung“. Andererseits warb er in der Parteizeitung „Vorwärts“ für eine Öffnung zur Linken und begründete dies mit dem neu entstehenden Fünf-Parteien-System.“
Man könnte also eigentlich zusammenfassend sagen, die Agenda 2010 war der „Auftakt zu einem großen arbeitsmarkt- und wirtschaftspolitischen Erfolg“ für die alte PDS und das Fünf-Parteiensystem.
Immerhin kassierten die Linksmonarchisten durch die WASG (wer war das nochmal?) fast 10 Millionen Euro Wahlkampfkostenerstattung bei Bundestags- und Landtagswahlen seit 2005.
„Außenminister Frank-Walter Steinmeier, der damals als Schröders Kanzleramtschef die Agenda mitgeprägt hatte, bezeichnete die Reformen als „alternativlos“.“
Franky war schon immer sehr pragmatisch.
Nun, wenn man bedenkt, dass der Staat unter der allmächtigen Wirtschaftsordnung Kapitalismus gar keine Arbeitsplätze schaffen kann (das wäre ja Sozialismus), dann muss dieser Akt der Vollhypnose mindergeldbemittelter Almosenempfänger wirklich imponieren. Es soll heute noch arbeitslose Grundbesitzer, Aktionäre, Berater und nie anwesende Vorstände oder Abgeordnete geben, die trotzdem SPD wählen, weil sie nämlich jede Menge Erwerb haben ohne was dafür tun zu müssen.
Denn wisset: Die Spitze der Pyramide ist immer die Mitte. Und von da kann man eigentlich nicht wirklich fallen, nur so langsam schreddernd hinabpoltern.
Also, nur Mut, möche man da dem Tyrannosaurus der SPD wünschen, vielleicht schafft er es ja wieder durch das Gatter und rauf auf die Alte Mitte.
Aber drauf wetten würd ich nicht.
(…)
zum Thema:
01.10.2007 SPD, Schröder und der Dinopark: er will da raus
Technisch aktualisiert am 12.12.2015. Der Inhalt wurde natürlich nicht verändert.