Deutscher Offizier zum AWACS-Urteil: "Friedensverräter im Generalsrock"

In den Streitkräften macht sich Unruhe über Regierung und Bundeswehr-Führung breit

Mit einem Frontalangriff auf die seit Jahren gegen den Willen der Bevölkerung und gegen die Verfassung kriegführende Bundesregierung und Militärführung hat sich der Oberstleutnant der Bundeswehr Dipl. Päd. Jürgen Rose zum AWACS-Urteil des Bundesverfassungsgerichtshofes geäussert.
Rose – der erste deutsche Offizier, der den Einsatz im seit 6 Jahren andauernden Besatzungskrieg am Hindukusch verweigerte – übte hinsichtlich der deutschen Beteiligung am Irak-Krieg sowohl an der damaligen rot-grünen Bundesregierung und Kanzler Schröder, als auch an der deutschen Militärführung vernichtende Kritik.

„Die Friedensverräter im Generalsrock„, so Offizier Rose, „die sich – ihren Diensteid brechend – nicht geweigert haben, mit Tausenden von Bundeswehrsoldaten willfährig den ihnen erteilten völkerrechts- und verfassungswidrigen Auftrag zu erfüllen“, hätten die Republik zur Kriegspartei gemacht.

Die Schröder-Fischer-Regierung aus SPD und Bündnis 90/Die Grünen sei „jenes friedensverräterische Kabinett„, was „eine Mitschuld am hunderttausendfachen Sterben irakischer Männern, Frauen und Kinder“ trage.

Gleichwohl äusserte Offizier Jürgen Rose Unbehagen über die nicht vorhandene Konsequenz eines Verfassungsbruchs durch die Regierung. Der Vorgang sei schliesslich „kein Kavaliersdelikt, sondern die verfassungswidrige Beihilfe zu einem zu Recht als `völkerrechtliches Verbrechen` gebrandmarkten Akt.“

Genau zu dieser Frage hatte sich bereits der einzige direkt gewählte Bundestagsabgeordnete der Grünen, der Anwalt Christian Ströbele (Berliner Bezirk Kreuzberg-Friedrichshain), in einer Bürgeranfrage auf „Abgeordnetenwatch“ geäussert:

„Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, daß jeder Gesetzesverstoß oder jeder Verstoß gegen die Verfassung auch strafbar ist. Nur wenn ein Gesetz ausdrücklich ein Verhalten – Tun oder Unterlassen – für strafbar erklärt, kann das Verhalten zu einer Anklage und einer Verurteilung führen.“

Im Klartext heisst das, dass die deutsche Verfassung Grundgesetz weniger Stellenwert besitzt als die Strassenverkehrsordnung.
Parkt man seinen Wagen falsch, muss man ein Bussgeld bezahlen.
Bricht man die Verfassung und leistet Beihilfe zum Völkermord, passiert gar nichts.

DIE GENERALSRÖCKE

Oberster Offizier der Bundeswehr ist der Generalinspekteur (GenInspBw). Das ist zur Zeit General Wolfgang Schneiderhahn.
Was viele nicht wissen:seit dem 1.Juni 2003 ist sein Vize, Stellvertreter und zweitmächtigster Militär der Inspekteur der „4.Waffengattung“, der „Streitkräftebasis“.

Dem Inspekteur der Streitkräftebasis – seit dem 27. April 2006 Vizeadmiral Wolfram Kühn – untersteht sogar das Einsatzführungskommando der Bundeswehr (EinsFüKdoBw).

Kommandeur des Einsatzführungskommandos (welches erst 2001 geschaffen wurde und in der ehemaligen Wehrmacht-Kaserne der Luftkriegsschule III in Geltow bei Potsdam untergebracht ist) war zu Zeiten der Invasion des Iraks Generalleutnant Friedrich Riechmann.

Seine Amtszeit dauerte von 2001 bis 2004.
(Am 30. April 2005 wurde ihm übrigens die höchste Auszeichnung der US-Streitkräfte für Ausländer, das Legion of Merit, verliehen. Seit 2005 ist Riechmann Bundesbeauftragter für humanitäre Hilfe im Ausland der Johanniter-Unfall-Hilfe. Alle Birmaner und Chinesen fliegen hoch.)

Kommandeur des EinsFüKdoBw von 2004-2006 war General Holger Kammerhoff.
Vorher war er ab Juli 1999 Assistierender Direktor im internationalen Militärstab der NATO in Brüssel, wo er das Kommando über die Operationsabteilung des NATO-Hauptquartiers übernahm. Vom 10. Dezember 2001 bis zum 3. September 2003 war Kammerhoff der fünfte Kommandierende General des Eurokorps in Straßburg, Frankreich. Danach war er bis zum 31. August 2004 Kommandeur der KFOR in Priština.

Kommandeur des Einsatzführungskommandos (EinsFüKdoBw) seit dem 16.März 2006 ist der Tornado-Kampfbomber-Pilot und Generalleutnant der Luftwaffe Karlheinz Viereck.

Die spätere Verlegung von Tornado-Kampfbombern der deutschen Luftwaffe nach Afghanistan war natürlich Zufall.
Zu den Militärkollegen aus Norwegen in Afghanistan dürfte der derzeitige dritthöchste deutsche Militär gute Kontakte haben.
Ab dem Jahre 2000 war Viereck stellvertretender Chef des Stabes und Operationsdirektor im NATO-Verbandshauptquartier Nord (Joint Command HQ Northern Europe) in Stavanger in Norwegen.

DEUTSCHE SOLDATEN: BEVÖLKERUNG STEHT NICHT HINTER AUSLANDSEINSÄTZEN

Bereits im April letzten Jahres war eine gerade für Mr.Generalinspekteur Schneiderhahn hochnotpeinliche Umfrage in den deutschen Streitkräften erschienen.

Der Bericht zur Mitgliederbefragung des Deutschen BundeswehrVerbandes, die sogenannte Strohmeier-Studie, hatte ein verheerendes Bild der deutschen Soldaten von der politischen Führung unter Franz Jung und dem Verteidigungsministerium ans Tageslicht gebracht, ebenso eine fast vollkommene Distanz zur Politik insgesamt. Die Mehrzahl der Bundeswehrsoldaten sah zudem bereits damals, kurz nach der Entsendung der deutschen Luftwaffe nach Afghanistan, die Auslandseinsätze im Gegensatz zum Willen ihrer Landsleute.

Auf die Frage „Steht die Gesellschaft Ihrer Meinung nach hinter den Auslandseinsätzen der Bundeswehr, oder steht sie nicht dahinter?“ antworten 88.2% aller Berufsoldaten mit „Nein“ oder „teils-teils“.
Nur 11.2% sahen eine Zustimmung der Staatsbürger zu den Auslandseinsätzen der Bundeswehr.

Bei den Zeitsoldaten waren das sogar nur 9%, während 40.7% meinten die Gesellschaft würde die Auslandseinsätze ablehnen und 49.2% dazu die Antwort „teils-teils“ abgaben.

Nur 18.3% aller an Auslandseinsätzen teilnehmenden Soldaten, die im Rahmen dieser Umfrage ihre Stimme abgaben, hielten die Häufigkeit der Auslandseinsätze sowie die einsatzfreien Zeiten für angemessen, eine überwältigende Mehrheit von 97% hielten überdies eine gesetzliche Weiterbeschäftigungsregelung für im Auslandseinsatz versehrte bzw. verwundete Soldatinnen / Soldaten für erforderlich.

Auch an dem Oberbau der Bundeswehr liessen die Befragten nur mässig viele gute Haare.
75.8% aller Zeitsoldaten hatten mittelmässiges, geringes oder sehr geringes Vertrauen in ihre Personalführung (also in ihre Vorgesetzen), 60.5% aller ex-NVA-Soldaten sahen sich zudem als Soldaten 2.Klasse.

Der Vorsitzende des Bundeswehrverbands Oberst Bernhard Gertz machte aus der Umfrage gleich eine Anfrage nach erhöhtem Wehretat, ohne die Frage zu stellen warum bei miesen Bedingungen ein teurer und aufwendiger Auslandseinsatz nach dem anderen befohlen wird, bei gleichzeitigen Milliardenaufträgen an die Rüstungsindustrie.

„Es ist daher höchste Zeit, dass im Verteilungskampf um knappe Ressourcen nicht nur die Baustellen Arbeits- und Sozialpolitik sowie Gesundheitspolitik angemessen berücksichtigt werden, sondern auch eine Institution, die man nach dem heutigen Bericht im Verhältnis dazu nur noch mit dem Begriff `Großbaustelle Bundeswehr!` beschreiben kann,“ so Gertz.
Wenn bei der finanziellen Ausstattung der Armee nicht rasch und grundlegend umgesteuert werde, drohe die Unzufriedenheit der Soldaten die Auftragserfüllung der Bundeswehr massiv zu beeinträchtigen. „Ich warne dringend davor, einer solchen Entwicklung tatenlos zuzusehen“, so der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes Gertz.

Nicht erwähnte der Vorsitzende der „Soldatengewerkschaft“ Bundeswehrverband den fast 4 Milliarden schweren Deal welchen Siemens und der US-Konzern IBM im Dezember 2006 von der Bundeswehr kassiert hatten, allein für die Ausrüstung von PCs, Telefonen und „Kommunikationstechnologie“.
http://www.welt.de/data/2006/12/28/1158931.html

Dafür sprach Gertz aber weitere, für die Konzernspitze im „Dienstleistungsunternehmen“ Bundeswehr sehr, sehr unangenehme Fakten an:
– Nur 3,87 Prozent der Teilnehmer (und sogar nur 1,81 Prozent der befragten Berufssoldaten) fühlen sich von der Politik unterstützt. ( S. 47/73)

– Nur 18,43 Prozent der Teilnehmer (und sogar nur 9,72 Prozent der Beufssoldaten) glauben, dass es der Bundeswehr zukünftig gelingen wird, den qualifizierten Nachwuchs im notwendigen Umfang zu gewinnen. (S. 48/74

– 73,66 Prozent der befragten Berufssoldaten würden ihnen nahe stehenden Personen (z.B. ihren Kindern) den Dienst in den Streitkräften nicht empfehlen.
(S. 75)

– Insgesamt 67,36 Prozent der befragten Teilnehmer an Auslandseinsätzen bewerten die persönliche Ausrüstung für Auslandseinsätze mit den Prädikaten „mittelmäßig“, „schlecht“ oder „sehr schlecht“. (S. 112)

– Nur 24,24 Prozent der befragten Soldaten mit Auslandseinsätzen beurteilen die materielle Ausstattung im Auslandseinsatz positiv, dagegen 71,63 Prozent mit „mittelmäßig“ bis „sehr schlecht“. (S. 113)

Genauso wie die Gesellschaft fühlen sich die deutschen Soldaten offenbar seit Jahren schon als Bauern im Schachspiel der grossen Politik und der weltweiten Kriegsführung.
Das hat vielleicht auch damit zu tun, dass der derzeitige Innenminister Dr.Schäuble allen Ernstes plant, Soldaten unter dem Oberbefehl seiner Bundespolizei im Innern einzusetzen.

DEUTSCHE MILITÄRGESCHICHTE: „FREIE WAHL DER OFFIZIERE“

Im Jahre 1848 gelang im Zuge der 1.Deutschen Revolution am 18.März den Berlinern die Vertreibung der preussischen Truppen aus der Hauptstadt.
Im Zuge der nun einsetzenden Demoralisierung der alten militärischen Eliten entstanden demokratische Organisationen deutscher Soldaten zur „Reorganisation“ der stehenden Heere. „Militär-Reform-Vereine“, demokratische Landwehrvereine oder Militärkommissionen enstanden überall in Preussen und versuchten gleichsam den Einbruch in das absolutistische Militärsystem „von unten“ zu initiieren.
Ein Vertreter dieser „militärischen Revolution von unten“ war der Landwehroffizier August Brass. Zusammen mit der Demokratischen Partei von Preussen stellte er am 30.April auf einer Versammlung der Landwehrmänner von Berlin 5 Forderungen an den preussischen Ministerpräsidenten Camphausen auf.
Der erste Punkt war:

Freie Wahl der Offiziere…

(…)

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