"Nach uns die EU.."
Nach dem Nein aus Irland zum bis heute unbekannten Inhalt eines unlesbaren Vertrages, startet die Brüsseler und Berliner Elite ein bemerkenswert wirres Gesabbel.
Berlin: Die Medienauftritte Angela Merkels sind berüchtigt. Ihren wahren Glanz entfalten sie immer dann, wenn es nichts zu sagen gibt. Dann kann man sich voll und ganz auf den unterhaltsamen Faktor ihrer Performance konzentrieren. Heute aber sahen die CDU-Kanzlerin, SPD-Chef Beck und die alte rotgrüne Sippschaft von Bündnis 90/Die Grünen aus wie eine zerknittert wirkende Bande an der Rehling einer Arche, welche verwirrt und vergeblich auf die Sintflut wartend auf das wiehernde Volk am Erdboden blickte.
Den grössten, jetzt schon legendären Klopfer lieferten Daniel Cohn-Bendit und Jürgen Trittin.
Cohn-Bendit:
„Es ist nicht wirklich demokratisch, dass weniger als eine Million BürgerInnen über das Schicksal von fast einer halben Milliarde EuropäerInnen entscheiden können.“
Bei solchen Laternenschwenkern im “Europaparlament” erübrigt sich die Antwort auf die Frage, warum dann 499 Millionen Europäer nicht über ihr Schicksal entscheiden durften.
Auch Jürgen Trittins demokratische Seele war „schockiert und enttäuscht“. Die Grünen seien skeptisch, wie angesichts des irischen Neins möglicherweise „drei Millionen Menschen darüber entscheiden können, wie 500 Millionen Menschen ihre politische Zusammenarbeit gestalten können.“
Mal abgesehen davon, dass man sich bei den Grünen nicht mal über die Bevölkerungszahl Irlands informierte, geschweige denn über den Inhalt des Vertrages den man selber durchwinkte: die städtische Intelligenz der Republik könnte sich fragen warum eigentlich 612 Kanaillen dieses Kalibers über das Schicksal von 82 Millionen Deutschen entscheiden sollen.
Denn während früher das Problem noch wenigstens in einem Parlament lag welches sich weigerte etwas zu tun und wie selbstverständlich davon ausging auf Aktivität und wachsendem Ingrimm der Bevölkerung zu minimaler Initiative zu surfen, ist der Bundestag nun mit nichts anderem mehr beschäftigt ist als sich und die Republik mit verfassungswidrigen Gesetzen abzuschaffen. Anschliessend erleben die Deutschen dann wie sich vor ihren Augen die teuer bezahlten Abgeordneten in Berlin und in Brüssel mit ein paar am Wegesrand eingesammelten Pilzen und Gräsern gemächlich Richtung Arche bewegen, aber erst nachdem sie alles ruiniert haben.
Die deutsche Kanzlerin Merkel, die nie vom Volk gewählt wurde, und der französische Präsident Nicolas Sarkozy, der ohne seine Sozialisten als Gegner wahrscheinlich verloren hätte, sie standen heute nun gemeinsam an der Rehling und erklärten dem Volk wieder einmal, wer sie beide in Wirklichkeit seien:
Deutschland und Frankreich in Person.
Man äussere Respekt vor der Entscheidung der Iren, „obwohl wir sie sehr bedauern“. Man verweise jetzt aber als Deutschland und Frankreich darauf, dass in 16 anderen Mitgliedsstaaten entsprechene Regierungen bereits ähnliche Verwechslungsdelikte für ihre Völker erledigt und den EU-Vertrag gebilligt hätten.
„Wir erwarten daher, dass die anderen Mitgliedsstaaten ihre innerstaatlichen Ratifizierungsverfahren weiterführen“, so Merkel und Sarkozy. Weiter so, EU. Und eine Siiiiiiintflut wird kommen..
Ein wahres Kleinod der Aufmüpfigkeit wider die Brüsseler Bürokraten im EU Parlament, SPD-Mann Martin Schulz, machte denn auch gleich deutlich warum dieses Gremium seit seiner Existenz – von üppigen Salären für seine meist aus der Innenpolitik abgeschobenen Insassen einmal abgesehen – so irrelevant ist.
Vor laufender Kamera (hier die Aufzeichnung der Tagesschau, ein Muss) gab er zu, dass der ganze EU-Vertrag Teil eines sorgfältigen Beuteteilens des Brüsseler Hofstaates war.
Die „Verbesserungen“ für das auch in diesem Falle ein bisschen weniger völlig machtlose Parlament waren von der EU-Plutokratie, die ohne legislative Kontrolle und meist abseits der oft nicht anwesenden Staatschefs über 500 Millionen Menschen entscheidet, als Gegenleistung für die Zustimmung des EU Parlamentes zur weiteren Ausdehnung der Union in den Vertrag geschrieben worden.
Schulz nun: „Solange es keine Reformen gibt, wird es auch keine Erweiterung geben“.
Das kann u.a. nichts bedeuten. Vielleicht sogar gar nichts. Immerhin deutete Schulz mal so etwas wie einen parlamentarischen Unwillen an, hörte man doch schliesslich Jahre vorher nichts von ihm, um nicht zu sagen gar nichts.
Parlamente, die nichts zu sagen haben, an die hat man sich in Europa zum ersten Mal seit dem 18.Jahrhundert wieder gewöhnt. Dagegen sind Parlamente die nicht lesen können, schon wieder ein öffentliches Ärgernis. Richtig finster wird es, wenn Parlamente nicht einmal lesen wollen, sondern nur Hände hoch und raus.
Unerträglich wird es, wenn man dann noch von Regierungen (die noch nicht einmal vom Parlament gewählt werden) hören muss, dass Staaten immer dann etwas beschliessen könnten wenn das Volk nicht gefragt werde, und man es daher auch besser nicht versuchen solle.
EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso:
„Als Befürworter des Vertrages hätte sich die Europäische Kommission ein anderes Ergebnis gewünscht“.
Sag bloss.
„Dennoch respektieren wir das Ergebnis der Volksabstimmung.“
Und woran merkte man das? Man merkte es daran, dass Barroso die acht noch fehlenden Staaten (ohne Volk) aufforderte, den Vertrag nun endlich zu ratifizieren.
Der luxemburgische Ministerpräsident, Jean-Claude Juncker:
„Es ist klar, dass der Lissabon-Vertrag nicht zum 1. Januar 2009 in Kraft treten kann.“
Aber der Ratifizierungsprozess müsse weiter gehen. Interessant auch die Schlussolgerung Junckers:
„Nun muss die irische Regierung eine Lösung für diese Krise finden.“
Vom ehemaligen einflussreichen Gouverneur des Internationalen Währungsfonds, Jean-Claude Juncker, der als Gouverneur der Weltbank die Maastrichter Verträge entwarf, ist auch ein Zitat aus fetteren Zeiten bekannt:
„Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, ob was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter – Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt.”
Nun, das Geschrei kam schon mal. Mal sehen, wie es weitergeht.
Die einzige nachdenkliche und besonnene Äusserung zur Niederlage der EU in Irland kam vom tschechischen Präsidenten Vaclav Klaus. Er sprach aus, was juristisch wie politisch schlicht Realität ist: der „EU- Reformvertrag“ ist gescheitert.
„Das Projekt des Lissabon- Vertrags ist heute mit der Entscheidung der irischen Wähler beendet und die Ratifizierung kann nicht fortgesetzt werden“. Den Ausgang des Referendums beschrieb der Präsident unserer Nachbarn „einen Sieg von Freiheit und Vernunft über künstliche, elitäre Projekte und die europäische Bürokratie“.
So ist es. Wenn es je einen Sieg Europas über seine völlig im Broschüren- und Akten-Orbit befindliche Elite gegeben hat, dann heute.
Ein guter Tag. Ein guter Tag…