„Von Vancouver bis Wladiwostok…“
Russland konkurriert mit EU und NATO um Vorherrschaft und Weltregierung
Sibirien, Chanti-Mansijsk: Die Deutschen werden zur Handelsmasse auf dem Basar der Weltelite und Imperien. Gestern trafen sich die Elite der „Europäischen Union“ (EU) und Russlands zu Verhandlungen über einen neuen, elementaren Deal. Es geht um „Sicherheit“ und „Energie“, mit dem mantelhaften Überhang von „Menschenrechten“ und „Demokratie“.
Letztlich geht es um ein neues Weltreich „von Vancouver bis Wladiwostok“, was der russische Präsident Dmitri Medwedew zynisch als „europäisches Haus“ bezeichnete.
RUSSLAND DROHT: EU UND NATO „NICHT IN DER LAGE EUROPÄISCHE SICHERHEITSPROBLEME ZU LÖSEN“
Medwedew zeigte gestern eine ganz eigene Auffassung der Länderkunde und Geografie. Zuerst einmal seien weder die Nato noch die EU fähig die europäischen Sicherheitsprobleme zu lösen, so der russische Präsident.
Was genau diese „Sicherheitsprobleme“ beinhalten, sagte er nicht. Auch von wem diese ausgehen, blieb nebulös.
Dabei könnten Beobachter davon ausgehen, dass er erstens sich selbst und zweitens die sogenannte „Energiesicherheit“ meint.
Kein Militärblock und keine Organisation welche gegenwärtig in Europa bestünden – also OSZE, NATO oder EU – könnten diese Probleme endgültig bewältigen, führte der Präsident von Russland während des Gipfels mit der EU in der sibirischen Ölstadt weiter aus. Die „europäische Sicherheit“, so Medwedew, sei aber „unteilbar“ (?!) und lasse sich nicht in einzelne Blocks oder Bündnisse aufsplitten. Es handele sich schliesslich um die „Sicherheit des gesamten europäischen Kontinents“.
Eine fast unverblümte Drohung.
ENERGIELIEFERUNG ALS WAFFE
Zuerst einmal schnellte der Ölpreis gestern rechtzeitig zum Russland-EU-Gipfel auf einen neuen Preisgipfel von 142 US-Dollar.
44 Prozent des Erdgas- und 27 Prozent des Rohölverbrauchs in der EU-Hegemonie stammt aus russischen Vorkommen. Doch der geplante Vertrag zwischen dem grössten Flächenstaat der Erde und der „Euopäischen Union“ soll „strategischen“ Charakter haben. Aber Russland lehnt eine schriftliche Garantie für Energielieferungen innerhalb dieses neuen Paktes ab und will dies in einem anderen Vertrag niederlegen. Ganz offensichtlich spielt man im Kreml mit den Rohstofflieferungen als Verhandlungsmasse und Druckmittel.
„VON VANCOUVER BIS WLADIWOSTOK…“
Die Vorstellung dieses äusserst, äusserst unangehmen Terminus geschah bereits bei einer Rede von Medwedew am 5.Juni, ausgerechnet in Berlin. Vor dem Nein der Iren zur totalitären Vollmacht des „EU-Vertrages“ von Lissabon.
Offenbar hatte sich die gesamte Weltelite verkalkuliert.
Nach den Vorstellungen der russischen Führungsschicht hat offenbar die EU-Elite mit ihrer verlorenen Abstimmung in Irland nun Schwäche gezeigt.
Dabei geht man ganz unverblümt von der Tatsache aus, die man in den Staaten unter der plötzlich schwankenden EU-Hegemonie bis heute nicht wahrhaben will.
Das Ziel der westlichen Politik ist nicht mit der Europäischen Union erreicht, auch nicht mit der Mittelmeerunion – sondern mit der „transatlantischen Einheit“, einer Westunion, die nun Dank der Iren gestoppt wurde.
In allen kolpotierten Statements aus Moskau schimmert die Auffassung durch, Europa sei nun quasi als Kontinent frei geworden, weil ihn niemand so recht beherrsche.
Nun, da die Voraussetzung für „die Schaffung einer übernationalen politischen Identität“ in Europa nicht mehr gegeben sei, sei dies eine neue Chance für Russland in der EU einen Fuss in die Tür zu bekommen. Zwar (noch) nicht als Vollmitglied, aber als „voll ausgewachsener Teilnehmer“ am EU-Netzwerk.
Gemeint sein dürfte damit vor allem der seit Jahrzehnten unkontrollierte, ohne parlamentarisch-demokratische Korrektur und Aufsicht gewachsene EU-Beamtenapparat, mitsamt seine Wucherungen in die EU-Staaten hinein.
Auch sieht man in der Elite Russlands gern dem sinkenden Stern des niedergehenden US-Imperiums und seinem schwindenden Einfluss zu und will davon profitieren indem man dessen Platz einnimmt.
Durch das aggressiv-expansionistische Ausdehnen der Westblöcke EU und NATO bis an die eigenen Grenzen hat man offenbar gelernt in den Denkfabriken um den neuen Präsidenten Russlands. Man sieht die „globale Situation diktiert von rigiden Regeln“ und rechnet offenbar mit drei strategischen Entwicklungsmodellen:
1. Die Schaffung eines Eurasien Orwell´schen Ausmasses, in der Vision dreier totalitärer Blöcke aus „1984“ (siehe Grafik oben)
2. Einen Deal mit NATO und EU, vielleicht sogar mit dem gesamten Shanghai-Pakt, zur Schaffung eines Superimperiums auf der Nordhälfte des Planeten. Dies käme praktisch einer Weltregierung gleich.
3. Eine Konfrontation zwischen Shanghai-Pakt einerseits und USA, NATO und EU andererseits.
Die Völker, die Demokratien, die Republiken, die Öffentlichkeit, die Verfassungen, sie spielen auf diesem planetaren Schachbrett nicht die geringste Rolle, für keine der imperialen Plutokratien und Apparate, weder in Russland, noch in der EU und schon gar nicht in der NATO.
EXPERTE: AUFGABE DES TERRORKRIEGES „BEOBACHTUNG JEDES BÜRGERS BEI TÄGLICHEN AKTIVITÄTEN“
Bezüglich dieses Gerangels drei sich widersprechender Teile der globalen Elite um den nach dem Nein der Iren zum Lissaboner Vertrag plötzlich frei gewordenen Kontinent Europa, kommen auch die Grundzüge des durch den US-NATO-Teil begonnenen weltweiten „Anti“-Terror-Krieges am 11.September 2001 richtig zum Vorschein.
Tomoyuki Hashimoto, NATO-Spezialist im bereits 1965 gegründeten einflussreichen und weltweit vernetzten think tank WAIS („World Association of International Studies“) an der Stanford Universität, in einer email deren Inhalt nur auf einer aserbeidschanischen Webseite zu finden ist.
„Zuerst einmal, die Idee einer `Europäischen Armee`führt nirgendwo hin. Natürlich, jede europäische nationale Armee hat einen höheren Standard als die meisten Armeen der Welt. Doch solch eine konventionell-traditionelle Einschätzung ist nicht länger nützlich, da jedes Individuum eine neue Art der Sicherheitsbedrohung kreieren kann. Der so-genannte `Krieg auf Terrorismus` (Anm.:wörtliche Übersetzung) wird gerade deshalb problematisch, weil eine seiner Präventionsaufgaben ist jeden Bürger bei seinen täglichen Aktivitäten zu beobachten.“
“First of all, the idea of „European Army“ is going nowhere. Of course, each European national army has the higher standard than most of armies in the world. Yet, such a conventional/traditional assessment of warfare is no longer useful as any individuals can create a new type of security menace. The so-called „War on Terrorism“ especially becomes problematic because one of the prevention tasks is to watch each citizen‘s daily activities.”
Die WAIS ist ein typisches Exemplar einer aus dem gehobenen (realistisch muss man sagen abgehobenen) Grossbürgertum gegründeten Denkfabrik, die klassisch-konservative, eher kritisch zum revolutionärem Neokonservatismus stehende Richtungen transportiert.
Die WAIS spielt dabei das dezent in verschiedenen Zugangsebenen und Hierarchien aufgeteilte Flaggschiff obskurer „Gemeinschaften“, westlicher „Institute“ und virtueller Eliteschulen, welche die einfachen Menschen generell als dumm und gewalttätig ansehen.
(Zitat: „Recent history has shown that peoples are prone to destructive violence which can wreck their economic interests“)
Dabei sieht man dann 1 Million Tote im Irak als einen dummen Fehler an, mit dem man aber selbst (wie mit allem anderen auch was schiefgeht) im Grunde genommen gar nichts zu tun habe, da man dort schliesslich nicht selbst hingegangen sei.
„STRATEGISCHE PARTNERSCHAFT“ BEI WAS?
Trotz oder gerade wegen der dunklenVisionen Medwedews: die Spitze der EU-Pyramide und der russische Präsident gingen gestern im besten Einvernehmen auseinander. Aussenkommissarin Benita Ferrero-Waldner: „Er meint es sehr ernst damit, enger mit der EU zu kooperieren“.
Die Teilnehmer des Gipfels verbreiteten gestern auf der anschließenden Pressekonferenz einhellig Optimismus. Die Begegnung sei „freundschaftlich“ und „konstruktiv“ verlaufen, hiess es. Man beschwor die „strategische Partnerschaft“ zwischen Moskau und der Europäischen Union, was anders klang in früheren Zeiten und
Interessant ist auch die wirklich noch nie vernommene einvernehmliche Einschätzung die neue Gas-Pipeline „Nordstream“ quer durch die Ostsee nach Deutschland sei ein „kommerzielles Projekt“. Medwedjew bat darum, Nordstream „nicht zu politisieren“.
Dabei kalkuliert die EU (mit ihren entsprechenden „übernationalen“ Konzernen im Nacken) darauf, Zugang zum russischen Pipeline-Netz zu erhalten. Allein dies in Moskau auch nur in Erwägung zu ziehen zeigt, dass sich die Clique um Präsident Medwedew in die fest geschlossenen Reihen der Regierungen weltweit eingereiht hat welche mit nichts anderem mehr als der Auflösung der eigenen Staaten beschäftigt beschäftigt sind .
IMPERIEN OHNE VOLK
Was aber weder die EU, noch die NATO, die Oberschicht von Russland oder China begreift: sie sitzen nicht nur im Glashaus, sie sitzen auf einer Glaspyramide.
Die totalitären Hirngespinste abgehobener Eliten sind nichts wert und haben keinen Bestand gegen den Geist der Demokratie, wenn er erst einmal aus der Flasche ist. Genau das ist bereits geschehen.
Das Nein der Iren zum sogenannten „EU-Vertrag“ war wichtiger und bedeutungsvoller als die meisten begriffen haben.
Es verschafft uns als freie Individuen, als freie Bürger unserer Republiken und Staaten ungefähr ein Jahr Zeit diese – im wahrsten Sinne des Wortes – „Globalisierung“ aufzuhalten.
(…)
Ergänzung: Den Terminus „“von Vancouver bis Wladiwostok“ benutzte bereits im Jahre 2000 die damalige Aussenministerin von Österreich und jetzige EU-Aussenkommissarin Benita Ferrero-Waldner anlässlich des 25.Jahrestages der Helsinki-Deklaration von 1975. Offensichtlich wurde er bereits damals verwendet.
Von einem „Sicherheitssystem von Vancouver bis Wladiwostok“ und einem möglichen Beitritt Russlands zur Nato sprach 1997 auch der Sekretär des russischen Sicherheitsrates, Iwan Rybkin.
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