Handy-Überwachung geht weiter: Ortung durch Polizei wird weitere drei Jahre getestet
Der Innenausschuss des Landes Brandenburg beschloss gestern mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen SPD und CDU die bisherige zweijährige Erprobungsphase zur punktgenauen Ortung von Handys mit Hilfe des IMSI-Catchers (International Mobile Subscriber Identity)
und die vorbeugende automatische Kennzeichenüberwachung zu weiteren Testzwecken um drei Jahre bis 2011 zu verlängern, um danach nach Auswertung dieser Massnahmen eine weitere Vorgehensweise festzulegen. In zwei Wochen wird es im Landtag von Brandenburg eine Abstimmung zu dieser Gesetzesvorlage geben.
Der Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) hatte für eine unbefristete Verlängerung dieser Möglichkeit der Überwachungsmassnahmen durch die Polizei plädiert.
Um Anfragen des Landeskriminalamt (LKA) Brandenburg bei den Telefonnetzbetreibern zur Handy-Ortung durchführen zu können, benötigt das LKA die Genehmigung eines Amtsgerichts, allerdings gibt es auch hier wieder die Einschränkung von der richterlicher Anordnung, nämlich bei Gefahr im Verzug. Dieses Gesetz, das einen weiteren Schritt in Richtung Totalüberwachung der Bürger darstellt, ist bei normaler polizeilicher Ermittlungsarbeit nicht unbedingt erforderlich, denn in diesem Jahr gab es noch keinen Antrag für eine Handyortung, im gesamten Zeitraum der zweijährigen Laufzeit sind sechs Anträge gestellt worden. Das steht in keinem Verhältnis zu der Gefahr und Verunsicherung der Bürger in diesem Land, dass ohne ihr Wissen möglicherweise über Handy-Ortung ihr jeweiliger Aufenthaltsort erfasst werden könnte. Das gleiche trifft auf die automatische Kennzeichenüberwachung zu.
Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 11. März 2008 zur automatischen Erfassung von KFZ-Kennzeichen:
I. Die automatisierte Kennzeichenerfassung greift in den
Schutzbereich des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung
ein, wenn das Kennzeichen nicht unverzüglich mit dem
Fahndungsbestand abgeglichen und ohne weitere Auswertung sofort
wieder gelöscht wird.
1. Der grundrechtliche Schutz entfällt nicht schon deshalb, weil
die betroffene Information öffentlich zugänglich ist - wie es
für Kraftfahrzeugkennzeichen, die der Identifizierung dienen,
sogar vorgeschrieben ist. Auch wenn der Einzelne sich in die
Öffentlichkeit begibt, schützt das Recht der informationellen
Selbstbestimmung dessen Interesse, dass die damit verbundenen
personenbezogenen Informationen nicht im Zuge automatisierter
Informationserhebung zur Speicherung mit der Möglichkeit der
Weiterverwertung erfasst werden.
2. Zu einem Eingriff in den Schutzbereich des Rechts auf
informationelle Selbstbestimmung kommt es in den Fällen der
elektronischen Kennzeichenerfassung aber dann nicht, wenn der
Abgleich mit dem Fahndungsbestand unverzüglich vorgenommen wird
und negativ ausfällt sowie zusätzlich rechtlich und technisch
gesichert ist, dass die Daten anonym bleiben und sofort
spurenlos und ohne die Möglichkeit, einen Personenbezug
herzustellen, gelöscht werden. In diesen Fällen begründen die
Datenerfassungen keinen Gefährdungstatbestand.
3. Demgegenüber liegt ein Eingriff in das Grundrecht vor, wenn ein
erfasstes Kennzeichen im Speicher festgehalten wird und
gegebenenfalls Grundlage weiterer Maßnahmen werden kann. Darauf
vor allem ist die Maßnahme gerichtet, wenn das
Kraftfahrzeugkennzeichen im Fahndungsbestand aufgefunden wird.
Ab diesem Zeitpunkt steht es zur Auswertung durch staatliche
Stellen zur Verfügung und es beginnt die spezifische
Persönlichkeitsgefährdung für Verhaltensfreiheit und
Privatheit.
bitte weiterlesen