Europas eiskaltes Schweigen – wo bleibt die Stimme der Humanität der westlichen Regierungen?
Die Regierungen der USA und der Europäischen Union beanspruchen für sich, Demokratie und ihre Vorstellungen westlicher „humaner“ Werte in den restlichen „rückständigen unzivilisierten, barbarischen und nicht ins moderne globale Gefüge“ passenden Ländern dieser Welt mit mehr oder weniger Gewalt etablieren zu müssen.
Länder, die nicht in ihr imperialistisches Weltbild passen, sind „Feinde der Demokratie“ und werden so lange mit verschiedenen Methoden missioniert, bis sie dem vorherrschenden Anspruch westlicher Demokratien genügen. Sich dem widersetzende Länder können so leicht zu Schurkenstaaten, die Terroristen unterstützen, diffamiert werden. Sich darauf hin mit Recht regender Widerstand gegen aufgezwungene politische und wirtschaftliche Doktrien scheinen dann den eigenen Vorstellungen der selbst ernannten Hüter der „demokratischen“ Weltordnung gerade recht für eine militärische Intervention zu kommen.
Europa hatte es nach zähem Ringen mit sich selbst in unzähligen Kriegen und Bürgerkriegen geschafft, die humanen Ideen der antiken Philosophie und die freiheitlichen Vorstellungen grosser Denker der beginnenden Aufklärung wie Immanuel Kant, die eine neue Epoche der Vernunft einleiteten in ihre Verfassungen aufzunehmen. Es war eine Zeit der Hoffnung und Beispiel gebend für die Menschen.
Wo sind die in diesem Sinne denkenden und fühlenden Stimmen geblieben? Diese Erwartungen sind in dem letzten halben Jahrhundert in Europa von unseren in freier Wahl gewählten „Volksvertretern“ durch die ihnen anhaftende Korruptheit und Gier nach mehr Macht zerstört worden. Es entstand wieder einmal eine gewisse Führungsschicht unter dem Deckmantel demokratischer Gesetze, die mit allen Mitteln dafür sorgt, ihre Macht zu erhalten und auf unsere Kosten immer weiter auszubauen. Die Schaffung der Europäischen Union mit ihren Überwachungsmechanismen und Abbau von Bürgerrechten dient allein dem Erhalt dieser Oberschicht. Die Gesetzgebung der einzelnen Mitgliedsstaaten wird durch europäisches Recht ausgehebelt. Deshalb auch der ungeheure Druck auf Irland zur vollständigen Mitgliedschaft in der EU, um endlich auf der internationalen Bühne in grösserem Massstab militärisch und wirtschaftlich agieren zu können.
Das Europa keine dieser angeblichen humanitären Ziele mehr vertritt, konnte man auch wieder nach den Angriffen Israels auf den Gaza-Streifen erkennen. Es zeigt sein wahres Gesicht, unfähig zu von ihm so oft propagierten menschenrechtlichen Werten.
Unsere Regierungen hüllen sich in Schweigen oder machen im Gegenteil allein die Hamas für die grausame Intervention Israels und die kommende, schon längst geplante und noch schnell in Bushs Amtszeit durchzuführende Bodeninvasion, verantwortlich. Aber die Statements unserer von der Basis weit entfernten Politiker sind schon lange nicht mehr die Stimme ihres eigenen Volkes.
Jedes einzelne Volk in Europa sollte sich über die Haltung seiner Regierung angesichts der Ereignisse im Gaza-Streifen empören und endlich Aufbegehren gegen diesen von ihnen zum Ausdruck gebrachten menschenverachtenden Zynismus. Unmissverständlichen Widerstand sollten wir unseren Regierungen entgegensetzen – die eben nicht die Meinungen und Befindlichkeiten der einfache Bürger ihres Landes zum Ausdruck bringen – in Anbetracht der weltweiten Proteste der anderen zum Teil angeblich „undemokratischen“ Staaten, die ihr Entsetzen, Wut, Empörung und Trauer weit in die Welt hinausschreien und uns zivilisierten Europäer damit zutiefst für unser Schweigen beschämen. Deshalb muss die wahre Meinung zur Solidarität bei Protestaktionen und Demonstrationen unüberhörbar zum Ausdruck gebracht und der gesamten Weltöffentlichkeit mitgeteilt werden. Eine von unseren Politikern samt ihrer dressierten Presse nicht mehr zu ignorierende Welle von Stimmen soll in die Welt hinaus getragen werden und ihnen zeigen, dass wir eine andere Einstellung zu kriegerischen Überfällen haben als z.B. Herr Steinmeier, von dessen Ansichten wir uns nicht vertreten fühlen und mit allen Mitteln distanzieren.
Einzelne Protestaktionen laufen in Europa an. In London gingen mehrere hundert Menschen auf die Strasse und es kam zu z.T. heftigen Zusammenstössen mit der Polizei bei dem Versuch, dass Tor der israelischen Botschaft zu überwinden.
Kuba verurteilte die blutigen Anschläge und bezeichnete sie als Genozid.
Russlands Aussenminister Lawrow forderte am Sonntag in einem Telefongespräch seine Amtskollegin Livni auf, unverzüglich den israelischen Raketenbeschuss einzustellen und Hilfsgüter in den Gaza-Streifen durchzulassen.
In der gesamten arabischen Welt protestieren die einfachen Leute gegen das Verbrechen in Gaza. In Sana im Jemen gingen über 30000 Menschen auf die Strasse.
Der pakistanische Präsident Asif ali Zadari sprach von einer Verletzung der UN-Charta und bezeichnete den Angriff Israels als kontraproduktiv und forderte die Weltgemeinschaft auf, für ein friedliches, gerechtes und dauerhaftes Siedlungsrecht der Palästinenser zu sorgen.
Amr Moussa, der Generalsekretär der aus 22 arabischen Mitgliedstaaten bestehenden Arabischen Liga berief für kommenden Mittwoch ein dringliches Treffen der Aussenminister ein um zu beraten, wie man die palästinensische Zivilbevölkerung vor den Raketenbeschuss schützen könne und forderte eine neue Dringlichkeitsitzung des UN-Sicherheitsrates ein.
Libyens Führer Muammar Gaddafi warf den arabischen Ländern vor, keine einheitliche Stellung zu dem Palästinenser-Problem in politischer sowie humanitärer Hilfe bezogen zu haben, was einen solchen Angriff Israels verhindert hätte.
„America and the Zionists are the leaders of world terrorism“ diesen zu treffenden Spruch hatte ein libanesischer Bürger auf ein Plakat vor dem UN-Hauptquartier in Beirut geschrieben.
Gestern rief das höchste Komitee arabischer Bürger Israels zu einem Generalstreik auf. Ab heute sollen die Geschäfte geschlossen bleiben und ein Trauertag stattfinden «Die arabische Öffentlichkeit kann ein solch schreckliches Massaker nicht schweigend hinnehmen»
In der Nacht von Samstag zu Sonntag fand in New York eine dringlich einberufene Sitzung des UN-Sicherheitsrates statt. Eine Resolution zur Verurteilung Israels scheiterte am Veto-Recht der USA. Seit 1972 hat die USA über 40 Resolutionen gegen Israel des UN-Sicherheitrates mit seinem Veto-Recht verhindert.
In einem rechtlich nicht bindendem Dokument verurteilten 15 Staaten die Gewalt des israelischen Angriffes und forderten das sofortige Ende der Kriegshandlungen sowie die Öffnung der Grenzen des Gaza-Streifens für humanitäre Hilfsgüter.
Irans Präsident Ahmadinejad forderte dazu auf, die Verantwortlichen in Israel für diesen Krieg vor einen Internationalen Gerichtshof wegen Kriegsverbrechen zu stellen.
Unterdessen fanden auch in dieser Nacht wieder israelische Luftangriffe statt.
Deutschland unterstützt mit den Äusserungen Steinmeiers moralisch ein Land, dessen Aussenministerin Tzipi Livni sich in einem Interview im Sky News TV Channel gestern zu den von ihr mit verschuldeten unzähligen Toten und Verwundeten äussert: „Krieg ist Krieg. Solche Dinge können geschehen.“ Die zivile Bevölkerung, die in der Nähe des Hamas-Hauptquartiers wohnte, wäre vorher aufgefordert worden, diese Gegend zu verlassen. Allerdings musste sie im Interview zugeben, dass die israelischen Flugzeuge und Heliokopter gleich mal mit Schulen, ein Gefängnis, eine Fernsehstation und eine Moschee zerstört hatten.
Das Schweigen Europas ist in Anbetracht dieser sinnlosen Gewalt ein Verbrechen und Verrat an der Menschlichkeit und als Zustimmung der israelischen Politik zu werten. Es ist völlig ausser Stande, ein einziges Wort des Entsetzens über die furchtbaren Bombardements zu äussern. Die jahrelangen Verhandlungen zur Lösung der Konflikte in Palästina waren nur scheinheilige Makulatur, wie sich jetzt zeigt. Die europäischen Interessen sprechen eine deutliche „schweigende“ Sprache, ganz auf die Linie der USA ausgerichtet ohne eigenes Rückgrat. Mit einer solchen europäischen Politik, die nicht auf Deeskalation ausgerichtet ist, läuft die EU in ihr weltpolitisches Verderben. Sie hätte die Kraft dazu, mit friedlichen Lösungen ärmere Länder zu unterstützen und faire Handelsbeziehungen zum gegenseitigen Vorteil auszubauen. Mit ihrem unheilvollen hörigen Bündnis mit den USA vergibt sie unser aller Chance auf eine humanere Beziehung zwischen den Ländern.