Interview mit dem DRK im Westjordanland
Die humanitäre Krise im Gazastreifen erstreckt sich auf alle Sektoren des menschlichen Lebens. Eigentlich fehlt es an allen: Es gibt nicht ausreichend Trinkwasser, keine vernünftig funktionierende Abwasserentsorgung, nicht genügend Nahrung, nicht genügend Unterkünfte und keine ausreichende psychologische Betreuung für die in Gaza lebenden Menschen. Das gesamte Ausmaß der Katastrophe lässt sich allerdings noch nicht feststellen.
Die durch Israel stark eingeschränkten journalistischen Aktivitäten im Krisengebiet des Nahen Ostens ist eine Recherche über das Internet nur noch sehr schwer möglich. Selbst die momentan aktivste Nachrichtenquelle „PressTV“ hat nur noch wenige Korrespondenten vor Ort und uns bleibt nur die Kommunikation mit freundlichen engagierten Menschen vor Ort. Heute Exklusiv im Interview für Radio-Utopie Frau Katrin Wirsching vom Deutschen Roten Kreuz.
Martin Michel (Radio-Utopie) Guten Tag, Mein Name ist Martin Michel, ich berichte für die investigative Medienstation Radio-Utopie, sowie für eine Reihe weiterer Intenet Magazine.
Katrin Wirsching (DRK) Guten Tag Herr Michel
Martin Michel (Radio-Utopie) Sie arbeiten für das Deutsche Rote Kreuz im Westjordan Land. Wie lange üben Sie diese Tätigkeit schon aus und wie ist es dazu gekommen?
Katrin Wirsching (DRK) Ich arbeite für das Deutsche Rote Kreuz im Westjordanland seit nun mehr als einen Jahr. Wir arbeiten hier vor allem von Rahmallah aus, da es die Koordinationszentrale für die Besetzten Gebiete darstellt. Vor meiner Arbeit hier in Palästina war ich bei der Tsunamihilfe tätig. Zum DRK bin ich über ein Praktikum gekommen, in dem ich in der Auslandshilfe für den Sudan arbeitete. Später arbeitete ich auch für die UN.
Martin Michel (Radio-Utopie) Sie sind zum aktuellen Zeitpunkt in Rahmallah im Westjordanland. Wie ist die Lage dort und wie verhalten sich die Menschen? Ist der Alltag normal oder gibt es ungewöhnliche Vorfälle?
Katrin Wirsching (DRK) Das es sich beim Deutschen Roten Kreuz um eine humanitäre Organisation handelt, kann ich selbstverständlich nur aus einer humanitären und nicht aus einer politischen Perspektive berichten. Die Menschen hier im Westjordanland sind durch den Konflikt sehr stark belastet. Sie sind aus nahe liegenden Gründen sehr besorgt um die Vorgänge im Gaza-Streifen und dies schlägt sich in einer hohen psychischen Belastung nieder.
Martin Michel (Radio-Utopie) Haben sie Demonstrationszüge beobachten können und wie verhielten sich die Demonstranten und wie die Sicherheitskräfte?
Katrin Wirsching (DRK) Es kommt auch zu Demonstrationen hier im Westjordanland jedoch habe ich diese nicht beobachtet, da das DRK sich nur auf die humanitäre Lage konzentriert. Wir halten uns bewusst von solchen Vorfällen fern und konzentrieren uns auf die Organisation von schneller Hilfe für die Not leidenden Menschen. Wir sind keine keine Menschenrechtsorganisation, die solche Vorfälle beobachtet, sondern kümmern uns um jene, welche auf humanitäre Hilfe angewiesen sind. Auch hier im Westjordanland sind die Menschen auf Hilfe durch verschiedene Organisationen angewiesen, jedoch konzentrieren wir uns zum aktuellen Zeitpunkt vor allem auf die Menschen im Gazastreifen.
Martin Michel (Radio-Utopie) Wie gestaltet sich die humanitäre Situation im Gazastreifen und wo muss etwas getan werden?
Katrin Wirsching (DRK) Die humanitäre Krise im Gazastreifen erstreckt sich auf alle Sektoren des menschlichen Lebens. Eigentlich fehlt es an allen: Es gibt nicht ausreichend Trinkwasser, keine vernünftig funktionierende Abwasserentsorgung, nicht genügend Nahrung, nicht genügend Unterkünfte und keine ausreichende psychologische Betreuung für die in Gaza lebenden Menschen. Das gesamte Ausmaß der Katastrophe lässt sich allerdings noch nicht feststellen. Wir arbeiten in diesem Zusammenhang sehr eng mit unserer Partnerorganisation dem Roten Halbmond zusammen, welcher momentan Hilfsgüter im Wert von über 10 Millionen Euro zusammenstellt und diese in den Gazastreifen transportieren will. Das DRK hat aus seinem Nothilfebudget 300.000 Euro bereitgestellt, um die Menschen mit dem Allerwichtigsten zu versorgen. Wir hoffen sehr schnell mehr Geld zu Verfügung zu haben, um den Menschen wirkungsvoll zu helfen. Man sollte auch nicht außer Acht lassen, dass die Menschen auf der anderen Seite des Gazastreifens auch stark unter diesem Konflikt leiden und auch betreut werden müssen. Wir sind nicht nur im Westjordanland und Gaza aktiv, sondern auch in Israel selbst.
Martin Michel (Radio-Utopie) Momentan versucht das DRK viele Hilfsgüter zu Verbesserung der humanitären Lage in den Gasastreifen zu schicken. Um was für Güter handelt es sich hierbei und wie werden diese in den Gazastreifen transportiert?
Katrin Wirsching (DRK) Die Hilfslieferung vom Deutschen Roten Kreuz besteht aus 5000 Decken, 1000 Matratzen, 2000 Plastikplanen, 2000 Packungen Baby-Milch, 2000 Erste-Hilfe-Paketen, 3000 Bettbezügen, zwei Notstromaggregaten und einem Geländefahrzeug. Wir vom Roten Kreuz koordinieren vor allem die Abläufe, der Rote Halbmond besorgt dann die notwendigen Hilfsgüter. Die Hilfsgüter werden dann vom Internationalen Komitee des Roten Kreuzes transportiert und auf der anderen Seite der Grenze nimmt der Rote Halbmond die entsprechenden Güter entgegen und verteilt diese dort. Für die Leute vor Ort ist dies ein sehr großes Risiko.
Martin Michel (Radio-Utopie) Wo und wie treten hierbei Probleme auf?
Katrin Wirsching (DRK) Wir haben vor allem das Problem, dass der Bedarf an Humanitären Gütern sehr groß ist und diese dementsprechend in großen Mengen auf dieser Seite der Grenze bereitgestellt und auf den Weg geschickt werden. Leider dürfen die Hilfsgüter vom Internationalen Komitee nur über einen einzigen Grenzübergang transportiert werden und dieser stellt dem zu Folge einen extremen Engpass dar. Das zweite große Problem ist die schwierige Sicherheitslage im Kriesengebiet selbst, durch welche die Helfer sich in Gefahren begeben müssen. Es ist nicht gut, wenn der Helfer dann selbst zum Opfer wird.
Martin Michel (Radio-Utopie) Gestaltet sich die Kommunikation mit dem israelischen Militär bzw. der israelischen Regierung als schwierig?
Katrin Wirsching (DRK) Leider kann ich zu diesem Thema wenig sagen, da sich vor allem das Internationale Komitee mit der Kommunikation mit den entsprechenden Stellen beschäftigt. Das IKRK macht dies auch nicht zum ersten Mal in dieser Verhandlungsposition, sondern hat dies auch in der Vergangenheit schon gehandhabt. Allerdings ist, wie gesagt die Sicherheitslage für alle humanitären Organisationen schwierig.
Martin Michel (Radio-Utopie) Haben sie Angst vor Vorfällen wie den bombardierten Hilfstransporten der Vereinten Nationen?
Katrin Wirsching (DRK) Zu diesem Vorfall kann ich nicht sehr viel sagen und kann nicht beurteilen, ob Ihre Informationen korrekt sind. Für uns als DRK ist es vor allem wichtig, dass beide Konfliktparteien sofort den Zugang zu den Menschen in vollem Umfang gewährleisten. Momentan ist der Zugang zu den Menschen vor Ort nur sehr stark eingeschränkt möglich.
Martin Michel (Radio-Utopie) Welche Nachricht würden Sie gern unseren Lesern mit auf den Weg geben?
Katrin Wirsching (DRK) Es ist sehr wichtig, dass die Menschen auch in Deutschland sich für die Menschen in Gaza einsetzen und unsere Mission mit weiteren Mitteln ausrüsten. Es wäre wichtig, wenn die Leser Geld zur Verfügung stellen an uns, also das DRK oder andere Humanitäre Organisationen.
Martin Michel (Radio-Utopie) Vielen Dank und noch einen guten Abend.
Anmerkung der Redaktion:
Spenden für das DRK in Gaza sind unter folgender Kontoverbindung möglich.
DRK-Spendenkonto:
Konto: 41 41 41
Bank für Sozialwirtschaft
BLZ 370 205 00
Stichwort: Nahost