Dreh- und Angelpunkt in Asien: Pjöngjang
Machtpoker um die koreanische Halbinsel
Chinesische Gelehrte bestätigten, dass gestern die chinesische Regierung darauf verzichtet hat, einer Einladung aus Washington Folge zu leisten.
In der von den USA gewünschten Zusammenkunft sollte die Zukunft Nordkoreas bei einem eventuellen Zusammenbruch des Regimes diskutiert werden. Das chinesische Aussenministerium hat sich bisher dazu nicht offiziell geäussert.
Nach US-Berichten plant die US-Administration eine Regierungsumbildung in Pjöngjang.
„Die USA hatten mehrere Male diese Idee zu bilateralen Gesprächen mit hochrangigen chinesischen Beamten vorgeschlagen“ sagte Herr Zhang Liangui, ein Experte für Nordkorea an der Parteischule des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas. „China ist zu solchen Gesprächen nicht bereit.“
„Für China ist es ein absolutes Tabu, mit den USA Gespräche über die Zukunft Nordkoreas zu führen. Derartige Diskussionen könnten Pjöngjang reizen und den Eindruck erwecken, China und die USA haben ein Bündnis.“
Herr Dai Xu, Oberst der Luftwaffe und Militärstratege meinte, dass so eine pro-US-koreanischen Halbinsel entstehen soll
„It’s a scheme of the US.“
Das Gleichgewicht der Grossmächte würde sich zu Gunsten der USA verschieben, die dann noch mehr Druck auf China und Russland ausüben wird. „Ein stabiles Nordkorea steht im Einklang mit den nationalen Interessen Chinas.“
Herr Chao Lü, Forscher an der Liaoning Akademie für Geistes-und Sozialwissenschaften, wirft den Medien vor, die Destabilisierung Nordkoreas zu unterstützen, indem sie von dem „totkranken“ nordkoreanischen Staatschef berichten.
„Diese Berichte stützen sich auf keine festen Tatsachen. Sie sind im Sinne der USA und es ist unzumutbar, daraufhin einen Plan zu erstellen. China hat seine Gründe, nicht mit den USA darüber zu sprechen.“
Die vom südkoreanischen Fernsehsender YTN veröffentlichte Meldung unter Berufung auf geheimdienstliche Informationen vom 12.Juli, dass Kim Jong Il unter Bauchspeichelkrebs leiden würde, ist ein Beispiel für die anschliessende von allen Nachrichtenberichterstattern übernommene Pressekampagne, mit dem Ziel, Nordkorea als äusserst unberechenbar hinzustellen. (2)
Die Nachrichtenagentur Reuters gab den Tenor mit vor, vor drohendem Militärputsch wird da gewarnt:
„Im Ausland wird regelmäßig über den Gesundheitszustand Kims spekuliert. Das Befinden des 67-jährigen ist eines der am besten gehüteten Geheimnisse des abgeschotteten Staates. Bei einem seiner seltenen öffentlichen Auftritte vergangenen Mittwoch sah er abgemagert und schwächlich aus. Er nahm an einer Feier zum Gedenken an seinen Vater und Staatsgründer Kim Il Sung teil.
Die Meldungen über Kims Gesundheitszustand werfen Fragen über seine Nachfolge und über die Kontrolle der Atomtechnik des abgeschotteten kommunistischen Staates auf. Experten gehen davon aus, dass Kim durch die jüngsten Atom- und Raketentests seine Machtbasis stärken wollte, um seinen jüngsten Sohn als Nachfolger zu installieren.
Nach Meinung von Beobachtern bräuchte der 25-jährige in der Schweiz ausgebildete Kim Jong Un aber mehrere Jahre, um seine Machtposition zu festigen. Ein früher Tod oder eine Arbeitsunfähigkeit von Kim Jong Il könnte den Übergang erschweren. Kim Jong Un und die derzeitige Nummer Zwei im Staat, Jang Song Thaek, könnten zeitweise gemeinsam die Staatsführung übernehmen. Für den Fall eines plötzlichen Todes Kim Jong Ils wird auch ein Militärputsch nicht ausgeschlossen.
Nach Angaben des Krebsforschungsinstitut NCI liegt die Fünf-Jahres-Überlebensrate bei Menschen mit Bauchspeicheldrüsenkrebs bei 5,5 Prozent. Diabetiker leiden häufiger unter einem derartigen Krebs als Menschen, die nicht zuckerkrank sind. Dass Kim Diabetiker ist, wird seit längerem vermutet.“ (3)
Hier liegen die gleichen Argumente der USA für ein Eingreifen in die inneren Angelegenheiten des Landes vor wie auch für Pakistans oder Iran. Die Nuklearwaffen können in unberechenbare „Schurken“-Hände gelangen. Hände, die nicht im Dienste Amerikas geöffnet sind, um ein paar Taler aufzufangen.
Anfang Juli wurde Nordkorea von Südkorea auch gleich mal beschuldigt, grossangelegte Cyberspace-Attacken auszuüben, die staatliche Seiten in den USA und Südkorea attackierten. (4) Weltweit wurde über den Übeltäter berichtet. Wo blieb hingegen jene ausgleichende Meldung in der medialen Aufmerksamkeit vom 15.Juli „Experts: Cyberstrikes originated from Britain, not North Korea“? (5)
Oder das Fischerboot? Man berichtete fleissig. (6) Die Nachrichtenagentur Ria Novosti war am 30.Juli die einzig aufzufindende zu diesem Vorfall, die versuchte, die Hintergründe zu relativieren „Das Festhalten südkoreanischer Fischer in Nordkorea ist nicht dramatisch“ (7)
China wünscht sich auch kein hochaufgerüstetes nukleares Nordkorea, aber aus anderen Gründen als Washington
„Die USA sind zur Wahrung ihrer Interessen in der Region Asien-Pazifik, während China für die Sicherheit in Nordost-Asien steht“, meinte Herr Chao Lü.
Aber beiden Seiten werden wahrscheinlich nicht zu einer Einigung über die Bewertung Nordkoreas in dessen nationaler Situation kommen, indem die internationale Gemeinschaft nicht bereit ist, das „Chaos in Nordkorea“ zu bezeugen.
Ein Experte in Shanghai sagte unter der Bedingung der Anonymität, dass die Einladung zu Gesprächen nicht der Diskussion über Flüchtlinge oder Atomwaffen dienen sollte, die sind nur Vorwand. Es gehe den USA um die Sicherstellung, wer nach Kim Jong-il die Herrschaft in Pjnögjang übernimmt, ein Individualherrscher oder eine kollektive Macht und wie Chinas Unterstützung dafür aussieht.
„Für die USA ist die nordkoreanische Nuklearfrage Teil der Asien-Pazifik-Strategie. Für China ist das Problem ein Element der Nordost-Asien-Strategie. Aber für Südkorea ist die Frage eine Frage des Überlebens und der Existenz“ erklärte er.
Ein mögliches Flüchtlingsproblem stellt sich für Südchina nur kurzfristig, sagte Herr Zhang, die Vereinten Nationen würden das schon machen „would be handled by the United Nations“ – wie gewohnt geht hier das Schicksal von betroffenen Bevölkerungsgruppen niemanden in Gross-Regierungskreisen etwas an.
Die internationale Bevölkerung muss ihren Regierungen genau auf die Finger schauen und darf sich niemals mit den in der Presse verbreiteten angegeben Gründen zufrieden geben, einen Krieg zu rechtfertigen und beginnen zu lassen. In dieser Hinsicht wird sie von allen Seiten betrogen. Es gibt für sie keinen einzigen Grund!
Je nach wirtschaftlichen Interessen werden aus Todfeinden plötzlich Verbündete, die politische Lage dreht sich nach den Rohstoffen: „Gasgespräche mit Seoul: Nordkorea kommt als Transitland für russisches Gas in Frage- über die Gasleitung soll russisches Gas (aus der Teilrepublik Jakutien) direkt über Nordkorea in den Süden der Koreanischen Halbinsel transportiert werden.“ (8)
Quellen:
(1) http://opinion.globaltimes.cn/top-photo/2009-08/453501.html
(2) http://www.google.de/search?hl=de&client=firefox-a&rls=com.ubuntu%3Ade%3Aunofficial&hs=wqd&q=Kim+Jong+Il+krebs+krank&btnG=Suche&meta=
(3) http://de.reuters.com/article/topNews/idDEBEE56C01C20090713
(4) http://www.focus.de/politik/weitere-meldungen/hackerangriff-suedkorea-verdaechtigt-nordkorea-als-urheber_aid_415428.html
(5) http://www.guardian.co.uk/technology/2009/jul/15/hacking-usa
(6) http://news.google.de/news?ned=de&hl=de&q=Nordkorea+Fischerboot
(7) http://de.rian.ru/analysis/20090730/122518970.html
(8) http://de.rian.ru/business/20090730/122522580.html