CIA-Affäre: Ströbele fordert FDP auf gemeinsam Untersuchungsausschuss wieder einzusetzen
In Deutschland geplant: weltweite Entführungen, Geheimgefängnisse und Folter. Die Regierung mauert bis heute über ihre Kollaboration.
Christian Ströbele, bis vor kurzem Obmann von Bündnis 90/Die Grünen im BND-Untersuchungsausschuss, hat die FDP in einem Schreiben aufgefordert, den Antrag von Grünen und Linken am 26.August im Bundestag auf Wiedereinsetzung des BND-Untersuchungsausschussess zu unterstützen. Dies wurde heute in Berlin bekannt (1). Dem Antrag müssten alle drei Oppositionsparteien zustimmen um eine Wiedereinsetzung des Untersuchungsausschusses zu gewährleisten.
Am 23.Juli hatte das Bundesverfassungsgericht einen Beschluss vom 17.Juni bekannt gegeben. In diesem entschied es, dass die Bundesregierung den Parlamentariern im Ausschuss bezüglich der Aktivitäten der Regierung in den Kriegsjahren 2001-2006 verfassungswidrig Informationen und Akteneinsicht verweigert hatte. Gleichzeitig stärkte Karlsruhe in seinem Grundsatzurteil die Rechte des Parlamentes gegenüber der Regierung. (2)
Unter anderem war durch das Urteil bekannt geworden, dass die Regierung seit 2006 den Abgeordneten Unterlagen über eine „Besondere Aufbauorganisation USA“ der deutschen Geheimpolizei BKA verweigert hatte.
Am 12.August erschien dann ein aufsehenerregender Artikel in der „New York Times“ (3). In diesem machte der ehemalige Resident der CIA in Frankfurt, Kyle Foggo, brisante Aussagen. Im Jahre 2003 hätte er, im Auftrage von zwei CIA-Beamten, den Aufbau und die Organisation eines weltweiten Programms zum Aufbau von illegalen Geheimgefängnissen, illegalen Entführungen und Folterungen sogenannter „Terrorverdächtiger“ übernommen – von seinem Hauptquartier in Deutschland aus. Wie die „New York Times“ berichtete, wurde dabei sogar das CIA-Hauptquartier in Langley umgangen.
„Es war zu sensibel um vom Hauptquartier behandelt zu werden,“
so Foggo in der NYT. Eine interessante Aussage. Entsprechend war die Reaktion der von den Fraktionen SPD, CDU und CSU gestützten Regierung in Berlin. Die „Frankfurter Rundschau“ (4) brachte es am 14. dieses Monats auf den Punkt:
„Bundeskanzleramt: Kein Kommentar. Innenministerium: Kein Kommentar. Auswärtiges Amt: Kein Kommentar. Bundesnachrichtendienst (BND): Kein Kommentar.“
Aber dafür meldeten sich Regierungslobbyisten aus SPD und CDU im Parlament zu Wort. Sie zweifelten nicht nur die Aussagen des nun mit den Strafbehörden in den USA kooperierenden ehemaligen dritthöchsten Beamten der CIA an, sie zogen nicht nur die „New York Times“ und die gesamte Weltpresse ins Lächerliche, sie behaupteten auch noch dass der gesamte Regierungs- und Geheimdienstapparat in Deutschland von einem aus Frankfurt heraus aufgebauten weltweiten System von Geheimgefängnissen, Entführungen und Folterungen „Verdächtiger“ nichts mitbekommen habe.
Das sei alles „Wahlkampfgedöns“, so Siegfried Kauder (CDU), immerhin ehemaliger Leiter des BND-Untersuchungsausschusses, welcher genau diese Fragen aufzuklären hatte. Stolz vermerkt Kauder dann auch gegenüber der „Frankfurter Rundschau“, dass der BND-Ausschuss unter seiner Leitung nicht einmal ein Indiz auf das aus Deutschland geführte weltweite CIA-Programm gefunden habe.
Wer ebenfalls wieder einmal glänzte, war der Bettvorleger der SPD-Regierungslobby, Thomas Oppermann. Er zog gleich die ganze Existenz der CIA-Geheimgefängnisse in Zweifel und entblödete sich nicht zu behaupten, es gäbe überhaupt „keinen Beweis für die Existenz der ,Black Sites´“. Überhaupt sei der Bericht der „New York Times“ mit der Zeugenaussage des ehemaligen CIA-Residenten in Frankfurt höchst „spekulativ“.
Christian Ströbele zu diesen Angaben der Fingerwedler aus den Regierungsparteien (4):
„Nach dem 11. September 2001 und während des Irak-Krieges konnten FBI und CIA in der Bundesrepublik schalten und walten wie sie wollten“.
Ströbele berichtete weiterhin, dass Vertreter des FBI, der CIA und der deutschen Geheimdienste in eine „Sonderarbeitsgruppe“ des Bundeskriminalamtes (BKA) integriert gewesen waren. Das klingt nach der „Besonderen Aufbauorganisation USA“ des BKA, dessen Geheimhaltung vor dem Parlament das Bundesverfassungsgericht mittlerweile verboten hat.
Bereits im Jahre 2004 hatte die damalige rotgrüne Regierung im Falle Khaled el-Masri gelogen was das Zeug hielt. Der Deutsche war von US-Agenten nach Afghanistan entführt worden. Vor einem 2005 eingerichteten Untersuchungsausschuss hatte u.a der damalige Kanzleramtsminister, heutige Aussenminister und SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier ausgesagt, er habe von dem Fall nichts gewusst.
Nun wird sich am 26. im Bundestag zeigen, welche Parteien ein Interesse an der Aufklärung eines Programms des US-Auslandsgeheimdienstes für weltweite Entführungen, Geheimgefängnisse und Folter aus Deutschland heraus haben.
SPD und CDU werden es sicher nicht sein.
update 12.50 Uhr:
Die FDP leider auch nicht. Wie der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Jörg van Essen, mittlerweile erklärte, werde die FDP einer Wiedereinsetzung des Ausschusses am 26. im Bundestag nicht zustimmen (5). Die notwendigen Akten liessen sich auch so von der Regierung anfordern, so va Essen. Im Übrigen erklärte der FDP-Fraktionsgeschäftsführer im Bundestag:
„Die Neueinsetzung eines Untersuchungsausschusses kostet den Steuerzahler nur Geld„
(…)
vorhergehende Artikel:
25.07.2009 BND-Ausschuss: Was ist die “Besondere Aufbauorganisation USA” des BKA?
30.04.2009 Khaled el-Masri: Verrät die Körpersprache Sam?
26.06.2008 Akzeptieren wir die CIA-Republik Deutschland?
Schäuble (CDU) und Zypries (SPD): “Befreundete Geheimdienste” in Deutschland unbeobachtet.
Quellen:
(1) http://www.tagesschau.de/inland/bnduntersuchungsausschuss100.html
(2) http://www.radio-utopie.de/2009/07/25/bnd-ausschuss-was-ist-die-besondere-aufbauorganisation-usa-des-bka/
(3) http://www.nytimes.com/2009/08/13/world/13foggo.html
(4) http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/aktuell/?em_cnt=1880207
(5) http://www.tagesschau.de/inland/bnduntersuchungsausschuss102.html