Videoüberwachung einer Anti-Atom-Demonstration im Juni 2008 "rechtswidrig"

Das Verwaltungsgericht Münster fällte heute ein Urteil zu Gunsten der Bürgerrechte und des Grundgesetzes

In der heutigen Verhandlung wurde zu Gunsten des Klägers, des Veranstalters der Demonstration, gegen das Land Nordrhein-Westfalen, speziell das Verhalten des Polizeipräsidiums Münster entschieden. (1)

Die Videoüberwachung einer Anti-Atom-Demonstration im Juni 2008 war „rechtswidrig“. Der Kamera-Einsatz sei nur bei Anhaltspunkten für eine erhebliche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung rechtens.

Am 4. Juni 2008 fand in Münster eine Demonstration von siebzig Personen statt, die gegen die wiederholte Durchfahrt eines Uranmülltransportes von der Urananreicherungsanlage Gronau zur Endlagerung nach Russland protestierten. Die gleiche Anzahl von Polizisten wurde aufgeboten, diese Demonstration zu „begleiten“. Ein Kamerawagen der Polizei filmte während dieser Veranstaltung die Teilnehmer, obwohl selbst nach Angaben der Polizei alles friedlich verlief.

Das Polizeipräsidium vertritt folgende Einstellung zu der aufgezeichneten Datenspeicherung der Demonstranten

„Daher muss die Polizei ohne Abstriche berechtigt sein, mit allein ihr zustehender Beurteilung über die aus ihrer Sicht als geboten, geeignet und verhältnismäßig angesehenen Einsatzmittel zu entscheiden. Alle Versammlungen unter freiem Himmel sind mit einem nie von vornherein auszuschließenden Risiko verbunden.“

„Ob potenzielle Teilnehmer (durch den Einsatz des Kamerawagens) auf eine Teilnahme an der Versammlung verzichtet haben, ist nicht zu überprüfen und rechtlich bedeutungslos.“

Damit stellen sich die Hilfsorgane der Exekutive immer noch bewusst gegen das Grundgesetz, denn das Verfassungsgericht hat schon vor Jahren geurteilt

„Wer damit rechnet, dass etwa die Teilnahme an einer Versammlung oder einer Bürgerinitiative behördlich registriert wird und dass ihm dadurch Risiken entstehen können, wird möglicherweise auf eine Ausübung seiner entsprechenden Grundrechte verzichten.“

Willi Hesters vom Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen, das die Klage unterstütze, meinte (2)

„Es ist erschreckend, in welchem Ausmaße das Polizeipräsidium die verbindliche Rechtsprechung des höchsten deutschen Gerichts ignorieren möchte. Die Versammlungsfreiheit ist ein wesentlicher Grundbaustein für gelebte Demokratie, die nicht zum störenden Risikofaktor herabgewürdigt werden kann. Wenn junge Menschen, die vielleicht zum ersten Mal demonstrieren, sofort 90 Minuten lang gefilmt werden, ohne dass es irgendeinen Anlass gäbe, dann kann dies nur als Einschüchterungsmaßnahme gedacht sein. Das aber ist klar rechtswidrig. Die Gefahren gehen von den radioaktiv verstrahlten Uranmülltransporten aus und nicht von den Atomkraftgegnern.“

Es ist einfach nur traurig, dass selbstverständliche demokratische Rechte ständig aufs Neue die Justiz in Deutschland beschäftigen muss und staatliche Behörden wissentlich um diese Grundsätze Rechtbrechung/-beugung begehen.

Quellen:
(1) http://www.rp-online.de/public/kompakt/panorama/747775/Polizei-darf-friedliche-Demonstranten-nicht-filmen.html
(2) http://www.scharf-links.de/42.0.html?&tx_ttnews[tt_news]=6405&tx_ttnews[backPid]=56&cHash=e6074d0c9d

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