Nach der Bundestagswahl läuft das „Ultimatum“ der Regierungen in den USA, Grossbritannien, Frankreich und Berlin, deren Flotten im Arabischen Meer liegen, gegen die islamische Republik aus – wegen eines nicht existierenden Atomwaffenprogramms. Derweil liefern sich drei Pipeline-Projekte von Europa bis Asien ein Wettrennen um die grössten Profite, die Weltfinanzordnung steht vor einer Umwälzung, zu den Wahlen in Deutschland tagen die Weltversammlung der UNO in New York und die G20-Regierungen in Pittsburgh und irgendwo, mitten in Europa, sitzt derweil ein kleines Volk, von dem alles abhängt, und hat wie immer keinen blassen Dunst.
Heute ist Benjamin Netanjahu, Ministerpräsident der rechtsradikalen Regierung Israels, gern gesehener Gast seiner Amtskollegen in Berlin (1) um erst einmal einen kleinen Steinmeier zu sich zu nehmen.
Danach wird es, wie angekündigt, wieder einmal darum gehen Deutschland nach dem Libanonkrieg 2006 abermals in einen total wahnsinnigen Krieg gegen einen souveränen Staat, seine Bevölkerung und vor allem seine Wirtschaftskraft zu verwickeln. Die Hintergründe dafür werden verschleiert.
Bereits seit einigen Tagen war klar, was Netanjahu in Berlin will: Unterstützung für „verschärfte Sanktionen“ gegen den Iran (2). Gestern war er dazu in London und traf den Sonderbeauftragten der US-Regierung für den Nahen Osten, George Mitchell.
Für ihre eigene „Siedlungspolitik“ im besetzten Ost-Jerusalem bzw. Westjordanland hätte die israelische Regierung wohl kaum keine Rundreise angefangen. Anzunehmen ist höchstens, dass die „westlichen“ Regierung ihre Kollegen in Jerusalem zu drängen, vor dem nächsten Krieg wenigstens die heimischen Probleme durch luftige Versprechungen und Erklärungen aus der Weltöffentlichkeit zu verdrängen.
Bereits Ende Juni, vor dem G8-Gipfel vom 8.-10. Juli, dem letzten seiner Art vor der endgültigen Implementierung der G20, war über das „Thema Iran“ strategisch gesprochen worden.
Im Vorfeld des Gipfels gab es ein Treffen der G8-Aussenminister. Und vor diesem wiederum hatte US-Aussenministerin Hillary Clinton mit den Aussenministern Frankreichs, Deutschlands und Grossbritanniens, den Genies Bernard Kouchner, Frank-Walter Steinmeier und David Miliband, schon zum Thema telefoniert. (3)
Die US-Regierung in Washington hatte dann während des G8-Gipfels in Italien (vom 8.-10.Juli) angekündigt, im März 2010 in Washington einen „Atomgipfel“ durchzuführen, um „Schmuggel mit Uran und Atomtechnologie“ zu bekämpfen, wie es hiess. Im gleichen Atemzug hiess es immer wieder durch mehrere G8-Regierungschefs, Iran habe bis September Zeit für sich eine Wahl zu treffen. In der Presse wurde dies als „Ultimatum“ bezeichnet.
Nach dem G8-Gipfel, am 15.Juli, hatte US-Aussenministerin Hillary Clinton in einer Rede vor dem “Council of Foreign Relations” dann völlig überraschend erklärt, dass der Iran das Recht auf zivile Nutzung der Atomenenergie habe und auf Verhandlungen gedrängt. Clinton wörtlich (4):
„Weder der Präsident noch ich haben irgendwelche Illusionen, dass Dialog mit der Islamischen Republik in irgendeiner Art und Weise Erfolg garantieren wird. Und die Perspektiven haben sich sicherlich verschoben in den Wochen nach den iranischen Wahlen. Aber wir verstehen auch die Bedeutung Verhandlungen mit dem Iran anzubieten und seinen Führern eine klare Wahl zu geben — entweder der internationalen Gemeinschaft als ein verantwortliches Mitglied beizutreten oder weiter den Pfad hinab zu beschreiten, zu weiterer Isolation.
Direkte Gespräche sind das beste Vehikel diese Wahl vorzustellen und zu erklären. Daher haben wir Irans Führern eine unmissverständliche Möglichkeit gegeben.
Iran hat kein Recht auf nukleare militärische Kapazitäten und wir sind entschlossen dies zu verhindern. Aber es hat ein Recht auf zivile Nuklearenergie, wenn es das Vertrauen der Internationalen Gemeinschaft wieder herstellt, dass es sein Programm ausschliesslich für friedliche Zwecke einsetzt.“
Hillary Clinton sprach damit am 15.Juli eigentlich nur eine Selbstverständlichkeit aus, weil laut Völkerrecht eben alle Staaten die gleichen Rechte haben, auch wenn irgendwem deren Regierungen nicht passen.
Doch am gleichen Tag der Clinton-Rede verlautbarte auf einmal der deutsche Auslandsgeheimdienst „Bundesnachrichtendienst“ in den Nachrichten, dass (entgegen allen Unterlagen der Internationalen Atomenenergiebehörde IAEA) der Iran doch ein Atomwaffenprogramm besitze und ausserdem in einem halben Jahr die Kapazität einsatzfähige Atomwaffen zu besitzen. Der neokonservative “Stern” hatte die Kampagne ins Laufen gebracht, sogar der BND widersprach offiziell ein bisschen, ohne jedoch die Behauptungen im Kern in Frage zu stellen.
Es drängte sich angesichts dieser einigermassen sensationellen Erklärung der US-Regierung durch Hillary Clinton und dem gleichzeitig im „Stern“ veröffentlichten Bundesnachrichten-Witz der Eindruck auf – hier wollte die neokonservative Medienmafia, samt ihren suckers in den deutschen Geheimdiensten, dem Konsumenten wieder einmal die Farce von der Atommacht Iran vorblödeln um Verhandlungen und Diplomatie zu sabotieren.
Eine Weile lang drang nichts in die Weltöffentlichkeit. Diesen Monat dann, am 14. August, trafen sich die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und der Präsident Russlands, Dmitri Medwedew, in Sotschi am Schwarzen Meer. Dieser erklärte nach dem Treffen (5):
„Wir haben schwierige Probleme besprochen wie das iranische Atomprogramm, Nordkorea und die Lage in Afghanistan“
Dies alles sei ein gutes Beispiel für die enge Zusammenarbeit mit Deutschland, den Europäern und den USA, so Medwedew.
Was das zubedeuten hatte, stand zwei Tage später in der „Jerusalem Post“ (6). Die Regierungen von Deutschland, Frankreich, Grossbritannien und den USA würden „Sanktionsoptionen“ gegen den Iran „diskutieren“, falls dieser bis Ende September nicht auf das (unbekannte) Angebot Barack Obamas und der Washingtoner Regierung eingehen würde. Im Gespräch seien Luft- und Seeblockaden gegen die islamische Republik, um dessen Reserven an Treibstoff und raffinierten Erdölprodukte auszutrocknen.
Nun sind die Deutschen traditionell unterinformiert. Die meisten werden nicht einmal den genauen Termin der Bundestagswahl kennen.
Es schauen aber zur Zeit die Völker der Welt wieder einmal auf die dümmste Stadt der Welt. Denn Ende September finden nicht nur die alles entscheidenen Wahlen in Deutschland statt.
In New York tagt zu diesem Zeitpunkt die höchste politische Repräsentanz der Menschenheit: die UN Vollversammlung aller Staaten des Planeten. Eröffnet wird die Weltversammlung am 15.September, die Generaldebatten finden statt vom 23.-26. und vom 28.-30. September in New York (7). Dazwischen liegen die Wahlen in Deutschland.
Sowohl der israelische Ministerpräsident Netanjahu, als auch sein faschistischer Aussenminister Avigdor Lieberman, werden bei der UN Generalvollversammlung anwesend sein. Eine stürmische Begrüssung ist garantiert.
Am 24. und 25.September, also gleichzeitig zur Weltversammlung in New York, tagt in der US-Stadt Pittsburgh die Konkurrenz der Vereinten Nationen im Gerangel um die Macht im sich entwickelnden Weltstaat: der G20-Gipfel (8), also die Regierungen der 20 wirtschaftlich-industriell mächtigsten und reichsten Länder dieser Erde, als geplantes neues Herrschaftsgremium der industrialisierten Staaten über die Welt.
Explizit beim G20-Gipfel ist nun geplant, die geplante See- und Luftblockade gegen den Iran zu „diskutieren“ (6), also zu verhandeln, vorzubereiten und ggf. einzuleiten. Mit im Sanktionsprogramm: Finanz- und Wirtschaftssanktionen. Diese können vom Erdöl und Gas exportierenden Iran getrost als kleiner Witz am Rande betrachtet werden, von dem wunden Punkt fehlender Raffineriekapazitäten einmal abgesehen.
Finanziell und wirtschaftlich jedenfalls fliegt gerade der gesamte Einfluss- und Machtbereich der kapitalistischen Finanz- und Wirtschaftselite im US-EU-Einflussraum über die Klippe, mitsamt ihrer magischen Geldvermehrung für priviligierte Kreise durch die Gelderfinder in Banken und Zentralbanken, Monopole und zusammengekaufte Patente selbst an Naturgut und Mensch, sowie Zins und Zinseszins für die Ausgabe jedweder Geldmittel an diejenigen die sie brauchen, weil sie nichts zu tauschen haben ausser ihre Lebenszeit und Arbeitsraft.
Sanktionen gegen iranische Banken dürften angesichts der Kapitalismuskrise, die erst noch in eine richtige Weltwirtschaftskrise umschlägt, ein kleiner Brülller sein, für mehr taugt es nicht.
Vielmehr dürfte der zur Zeit gegen den Iran ausgeübte Druck gegen den Iran nicht irgendein virtuelles Atomwaffenprogramm zum Hintergrund haben, sondern mit aller Wahrscheinlichkeit die aus Sicht der Möchtegern-Weltregenten notwendige Bettelei beinhalten, der Iran möge sich doch bitteschön Washington, London, Paris, Berlin und dem ganzen G20-Regime und seinen Plänen für eine Weltwährung und eine neue Weltfinanzordnung anschliessen. Ein eigenständiger Iran, mit einer eigenständigen Währung, einer internationalen Öl-Börse, ohne Bindung an die Leitwährung Dollar bzw die neue geplante Weltwährung der Sonderziehungsrechte (SZR), könnte die G20-Pläne allein durch seine Existenz in Luft auflösen.
Und genau darum scheint es dem „Westen“, der NATO, der EU, Israel und allen anderen Atommächten wie z.B. Indien zu gehen: es geht um die Existenz des Iran, so wie er nun mal ist. Diese soll verschwinden.
Bei seiner Reise von Benjamin Netanjahu nach London und Berlin war von Anfang an geplant, die Luft- und Seeblockaden gegen den Iran zum Thema zu machen, wenn man dem Bericht der „Jerusalem Post“ vom 16.August Glauben schenkt. Und wer würde das nicht.
Schliesslich folgte schon einen Tag später das Glaubensbekenntnis der deutschsprachigen Presse. „Spon“ tat seine Pflicht und man redete mal drüber: Beschränkungen des Schiffs- und Luftverkehrs nach Iran, Landeverbote für iranische Flugzeuge oder Schiffe in der EU, etc. (9)
Gleichzeitig hagelte es Bananen auf die Republik. Neben vielen anderen Artikeln in unbedeutenden Seiten mit immer dem gleichen Inhalt, schrieb auch der Berliner Korrespondent Benjamin Weinthal in „The New Republic“ (10) am 17.August als wäre er in einer nicht-säkularen Weinstock gefallen. Ausgerechnet die Iraner hätten da so einen „Fetisch“ mit Deutschland, ausgerechnet der Iran könne gar nicht mehr ohne seine Berliner Republik, ausgerechnet der Iran wäre – gerade finanziell und wirtschaftlich – so abhängig von seinem Deutschland, er könne ja gar nicht mehr anders und würde sonst zusammenbrechen. Man mochte sich auf den Kopf stellen und das ganze nochmal nachlesen. Der grösste Knaller kam dann mit dem Vergleich des Iran (mit seiner ebenso grossen und durchaus glücklichen jüdischen Gemeinde im Land) mit dem Apartheid-Regime Südafrikas, dicht gefolgt von der geniaaalen Analyse, es gäbe da bei Merkel´s Regierung und der CDU so einen unterschwelligen „Anti-Amerikanismus“.
Was da in der ganzen Blödelpanik der weltweiten Lobby israelischer Regierungspolitik mitschwingt, ist der für alle Strategien israelischer Konzerne und Machtinteressen grässliche Gedanke der Iran könne irgendwann einmal an das geplante Nabucco-Pipeline-System (11) gekoppelt werden.
Derzeit enden die Pläne für den Transfer von irakischem Erdgas (sowie Vorkommen vom Kaspischen Meer) nach Mitteleuropa alle an der iranischen Grenze. Dass sich politische Pläne aus profitablen Gründen gerne mal ändern können, das weiss man auch in Israel. Vorbei wäre der ebenso lukrative wie absurde Traum von einem Transfer von Erdgas aus dem Kaspischen Meer, über Georgien, über die Türkei, über das Mittelmeer, durch Israel, dann durch das Rote Meer, dann am Horn von Afrika vorbei, dann durch das Arabische Meer nach Indien. Es gibt immer noch Versuche der israelischen Regierung diesen Wahnwitz durchzusetzen.
In dem Augenblick aber, wo sowohl das Nabucco-Projekt, als auch die Iran-Pakistan-Indien-Pipeline (IPI-Pipeline, 12) umgesetzt wird, gibt es ein Energieversorgungsnetz von Europa bis China. Für Israel und seine Lobby, welche liebend gern den profitablen Job des fürsorglichen Wegelagerers und Durchreichers gespielt hätte, natürlich eine Katastrophe.
Im Rennen um das Verbraten fossiler Brennstoffe (zur Stabilisierung des eigenen Luftgeldes samt Erfindern in den kommerziellen Zentralbanken) auch nicht untätig: die USA, samt ihrer Witz-Konsule in der eigenen Besatzungszone Afghanistan. Das etwas blutige Wahlrennen um die am besten gefälschte Stimmenzahl dort dürfte auch mit der geplanten Turkmenistan-Afghanistan-Pakistan-Pipeline (13) zu tun haben, die im Falle der IPI-Pipeline genauso wenig gebraucht würde wie der Afghanistankrieg.
Nur Schurken, Schufte und Schachspieler mit der Welt sind hier am Werk. Währenddessen erzählt man dem tumben deutschen Wähler einen vom Iraner, von irgendeinem Atomwaffenprogramm was es nicht gibt (jedenfalls nicht im Iran), von irgendwelchen „Piraten“ die irgendwie mit Schlauchbooten ständig riesige Tanker kapern und die Rehling hochfliegen, von Schiffen wie der „Arctic Sea“, die mal hier, mal da gesehen wurden und Atomwaffen (natürlich von Russland aus) nicht etwa über das Kaspische Meer, sondern mal eben über die Ostsee, Nordsee und dann um Afrika rum in den Iran geschmuggelt würden.
Dabei besteht das Problem dieser Welt aber nicht in Atomwaffenprogrammen die es nicht gibt, in „Piraten“ die es nicht gibt, noch nicht einmal in Waffenhandel, Pipeline-Geschacher, Kriege und Massaker.
Das Problem dieser Welt ist der deutsche Wähler, der zu doof ist für die Demokratie.
(…)
weitere Geschichten:
08.08.2009 Der Iran – seine Einordnung in die internationale Weltlage bzw. seine Bedeutung in der Zeit der Weltfinanzkrise
24.06.2009 AWACS mit deutschen Soldaten am Persischen Golf: plant die SPD-Führung den Iran-Krieg?
19.06.2009 Die Iran Situation: Berliner Chunta will deutschen Militäreinsatz im Jemen
13.06.2009 Pünktlich zu Ahmadinejad-Wahl im Iran: NATO-Komiker tasten sich bis Oman vor, Bundestag erteilt Kriegsvollmacht am Freitag
08.11.2008 Die Iran-Situation: USA, EU und Indien ziehen Flotten vor Ostafrika zusammen
06.11.2008 OEF-Mandat: Deutsches Kriegsschiff “Karlsruhe” in Kuwait eingelaufen
05.11.2008 Hoffen um die Welt
02.11.2008 Deutsches Kriegsschiff an NATO-Manöver vor Iran beteiligt: OEF-Mandat?
02.10.2008 Nach Biden jetzt Palin über Iran: “Strategien um diesen Krieg zu gewinnen”
25.08.2008 Bericht: Regierung, Militär und Konzerne planen mit “bewaffneter Auseinandersetzung” gegen Russland und China
11.07.2008 Mission Creep: Mit AWACS und SPD in den Weltkrieg
18.05.2008 Deutscher Offizier zum AWACS-Urteil: “Friedensverräter im Generalsrock”
24.01.2008 Ex-Bundeswehr-Chef ruft nach präventivem NATO-Atomschlag
Quellen:
(1) http://www.tagesschau.de/inland/netanjahubesuch100.html
(2) http://www.orf.at/ticker/338112.html
(3) http://magazine.web.de/de/themen/nachrichten/ausland/8391286-Clinton-telefoniert-mit-Steinmeier-wegen-Iran,articleset=8342190.html
(4) http://www.radio-utopie.de/2009/07/16/clinton-iran-hat-recht-auf-zivile-nutzung-von-atomenergie/
(5) http://www.zeit.de/newsticker/2009/8/14/HAUPTGESCHICHTE-SOTSCHI22090558xml
(6) http://www.jpost.com/servlet/Satellite?cid=1249418619195&pagename=JPost%2FJPArticle%2FShowFull
(7) http://www.un.org/ga/64/agenda/agenda.shtml
(8) http://www.pittsburghsummit.gov/
(9) http://www.tagesschau.de/ausland/iranembargo100.html
(10) http://www.tnr.com/politics/story.html?id=3c67cacb-d273-4ff8-a5ef-98f57b5a831c
(11) http://de.wikipedia.org/wiki/Nabucco-Pipeline
(12) http://en.wikipedia.org/wiki/Iran%E2%80%93Pakistan%E2%80%93India_gas_pipeline
(13) http://de.wikipedia.org/wiki/Turkmenistan-Afghanistan-Pakistan-Pipeline