Der stellvertretende Sonderbeauftragte der UN-Mission in Afghanistan über den Verlauf der Wahlbeobachtung
Der Sonderbeauftragte der UN-Mission in Afghanistan, der Norweger Eide, wurde von seinem ehemaligen Stellvertreter Peter Galbraith, Sohn des verstorbenen Ökonomen John Kenneth Galbraith, beschuldigt, eine Anweisung von diesem zum Vertuschen des Wahlbetruges des Präsidenten Karzai erhalten zu haben.
Die Rolle der UNO bei diesen Wahlen am 20. August wurde stark hinterfragt, da bei der Durchführung der Wahlen viele Ungereimtheiten aufgetreten waren.
Der inzwischen im vergangenen Monat zurückgetretene Peter Galbraith sagte nun aus, dass sein Chef Kai Eide ihn angewiesen hatte, keinerlei Beweise für einen Betrug aufzudecken oder an die Behörden weiterzugeben. (1) Zwischen den beiden kam es deshalb zu Auseinandersetzungen. Wie es hiess, sind die beiden seit Langem miteinander gut bekannt, alte Freunde. Peter Galbraith war ehemaliger US-Botschafter in Kroatien, Herr Kai Eide war ehemaliger UN-Vertreter in Bosnien.
Der Streit zwischen den beiden Männern eskalierte, als Herr Eide Afghanistan nach der Wahl verlassen hatte, um zu seinem Hochzeitstag nach Norwegen zu fliegen und mit seiner Frau zu feiern, während sein Stellvertreter die Verantwortung übernahm.
Ban Ki Moon, der Generalsekretär der Vereinten Nationen, gab bekannt, Herr Galbraith wurde „im besten Interesse der Mission“ entlassen. (2)
Herr Ban hatte nach Medienberichten Peter Galbraith zum Stellvertreter des Sonderbeauftragten Eide ernannt, um diesen auf die Finger zu schauen, da Herr Eide als Lobbyist der Westmächte gilt.
„Ich möchte betonen, dass meine Position nicht für oder gegen einen Kandidaten ist. Es ist einfach so, dass die Abstimmungen ehrlich gezählt werden sollten. Ich war nicht bereit, einen Wahlbetrug mit zu vertuschen oder herunterzuspielen.“
erklärte Herr Galbraith.
Das Ergebnis einer objektiven Wahlbeobachtung wäre gewesen, dass die „Taliban“ den grössten strategischen Sieg in den acht Jahren ihres Kampfes gegen die Vereinigten Staaten und ihren afghanischen Partnern errungen hätten.
Herr Galbraith sagte, dass die UN Beweise gesammelt hatte, dass ein Drittel der abgegebenen Stimmen für Karzai auf betrügerische Weise zustande gekommen waren.
Wenn diese Aussagen öffentlich gemacht worden wären, hätte der bisher amtierende Präsident weit weniger als 54 Prozent der Stimmen im vorläufigen Wahlergebnis auf sich vereinigen können. In diesem Fall wäre es zu einer zweiten Abstimmungsrunde gekommen.
Die US-Regierung und die internationale Gemeinschaft haben das offizielle Urteil der afghanischen Behörden akzeptiert und damit die Karzai-Regierung als Gewinner der Wahl.
Herr Galbraith sagte, dass Herr Eide ihn angewiesen hatte, seine Bedenken nicht zum Ausdruck zu bringen, die er schon vor den Wahlen geäussert hatte, dass nämlich der afghanische Präsident die Wahllokale in instabilen Gebieten durchführen lässt, um Betrug zu betreiben.
„In anderen kritischen Phasen in dem Wahlprozess“ schrieb er in der Washington Post „war ich ebenfalls angewiesen worden, das Problem des Betrugs nicht zu verfolgen.“
„Meine Mitarbeiter haben Erkenntnisse gesammelt in über hunderten von Fällen von Betrug im ganzen Land und, noch wichtiger, sie sammelten Informationen über die Wahlbeteiligung in den wichtigsten südlichen Provinzen, wo nur wenige Wähler teilnahmen, aber eine grosse Zahl von abgegebenen Stimmen gemeldet wurden.“
„Eide befahl uns, diese Daten nicht an Dritte weiterzugeben, einschliesslich auch nicht an die Electoral Complaints Commission, eine UN-gestützte afghanische Einrichtung, die gesetzlich vorgeschrieben ist, um Betrug zu untersuchen und aufzudecken.“
Seit Herr Galbraith von seiner Funktion zurückgetreten ist, haben fünf weitere Kollegen ihr Mandat in der UN-Afghanistan-Mission niedergelegt.
Herr Galbraith widersprach Herrn Eide, dass die UN keine Einmischung in den afghanischen Wahlprozess durchgeführt hätte.
Er sagte aus
„Der UN-Sicherheitsrat wies die UN-Mission in Afghanistan an, die Durchführung der Wahl als „frei, fair und transparent“ zu deklarieren und nicht die Vermutungen zu unterstützen, dass hier Wahlbetrug vorliegt.“
„Es stand viel auf dem Spiel. Mehr als 100.000 US-und Koalitionstruppen sind im Land eingesetzt. Die internationale Gemeinschaft hat ein offensichtliches Interesse daran, dass die Wahlen in Afghanistan die Situation nicht noch schlimmer machen.“
Er warnte vor dem Gären zwischen den Parteien in der Bevölkerung, da die Unzufriedenheit über die Aufklärung von Betrugsfällen nicht erfolgt.
Ein Sprecher der UN Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) wies die Behauptungen zurück.
Dan McNorton sagte:
„Die UNAMA hat weder in der Vergangenheit, noch in der Gegenwart und wird auch nicht in der Zukunft ihre Augen vor Wahlbetrug verschliessen. Während dieser Wahl hat die UNO auf eine strenge Einhaltung der Wahlen bestanden. Unsere Neutralität ist auf allen Stufen von grösster Bedeutung.“
Wenn man nun der Versuchung erlegen ist, das Verhalten des UN-Sicherheitsrates und der UN-Mission wegen des Vertuschens des Wahlbetruges zu entschuldigen, damit mit einer neuen gewählten Legislaturperiode unter Karzai endlich Frieden in das Land einzieht, so ist das ein grosser Irrtum. Bisher ist es ihm auch nicht gelungen, trotz internationaler Hilfe und kräftigen militärischen Beistand.
Zum einen wäre ein Wahlsieg des Gegenkandidaten ein Eingeständnis für das totale Scheitern eines acht Jahre anhaltenden Krieges der USA und ihrer Verbündeten gewesen.
Zum anderen ist das Ansehen der UNO in der Welt wieder einmal mehr zerstört worden. Das scheint von westlichen Grossmächten so gewünscht zu sein, da eine starke angesehene verbindende Organisation der Staaten bei den zukünftigen Expansionsbestrebungen sehr hinderlich ist.
Als nächstes hat jedes Land das Recht, Wahlen durchzuführen, die nicht anschliessend durch ein höheres Gremium trotz offensichtlichen Betruges als legitim bezeichnet werden, wenn sie es gar nicht sind. Damit ist den einheimischen Behörden die Grundlage für weitere Nachforschungen entzogen worden.
Das letzte und am schwersten wiegende Argument ist, dass es nun erst recht keinen Frieden in Afghanistan geben wird.
Diese auf diese Weise „wiedergewählte“ Regierung hat in den Augen der Bevölkerung überhaupt kein Autoritätsanrecht mehr. Der Unfrieden im Land ist dadurch noch viel grösser geworden. Der Widerstand und die Bekämpfung Karzais und seiner Getreuen, inklusive seiner ausländischen militärischen Unterstützer wird jetzt mit voller Gewalt ausbrechen.
Vor den Wahlen hat sich der eine oder andere afghanische Bürger zurückgehalten, um das Ergebnis der Wahlen abzuwarten. Die Unterstützung für karzais Gegner wird stark zunehmen.
Es sieht so aus, als sei eine weitere Destabilisierung Afghanistans in die strategischen Pläne der USA einkalkuliert, denn endlich eine Regierung um jeden Preis – mit diesem ist die Ruhe in der Region vollkommen ausgeschlossen. Was will die USA?
Quellen:
(1) http://www.timesonline.co.uk/tol/news/world/Afghanistan/article6861064.ece
(2) http://www.timesonline.co.uk/tol/news/world/Afghanistan/article6856029.ece