USA: Heute am frühen Morgen passierte das „Health Care“-Gesetz knapp die erste Kongresskammer Repräsentantenhaus. Nun muss noch der Senat zustimmen. Mit der gesetzlichen Krankenversicherung entfällt einer der wichtigsten Gründe, zum Militär zu gehen.
Nachdem sich „konservative Demokraten“ ausgetobt hatten in ihrem Bemühen, Krankenhausaufenthalte von Frauen während Abtreibungen nicht durch eine Krankenversicherung finanziell abzusichern, passierte heute morgen ein historisches Gesetz in den USA die erste Hürde. Generationen von Demokraten hatten, lange vor der derzeitigen Regierung, dafür gekämpft – allerdings erfolglos. Die Präsidentschaft Barack Obamas ermöglicht nun, wenn der Senat zustimmt, den Staatsbürgern der USA nun das, was ihnen seit Existenz dieses Staates immer verwehrt blieb: eine Krankenversicherung. Und zwar auch für Arme, Arbeitslose und auch im Krankheitsfall. 37 Millionen Menschen im „mächtigsten Land der Erde“ besitzen keine Krankenversicherung. Jedem Staatsbürger, welcher bisher in den USA krank wurde, konnte die Krankenversichung durch Konzerne und „Leistungsgesellschaften“ einer skrupellosen Profitindustrie gekündigt werden.
Am Ende stand es im Repräsentantenhaus gerade mal 220 zu 215 Stimmen für den immer wieder in zähen Verhandlungem veränderten Gesetzentwurf (1). Nun stehen die Verhandlungen im Senat an. Auch diese werden den ursprünglichen Entwurf wieder verwässern, da der einzige verifizierbare Sinn und Zweck des Parlamentes auch in den USA seit Jahrzehnten im Verhindern besteht, und das auch nur bestenfalls. Jeder einzelne Senator wird vor seinem Bundesstaat noch einmal versuchen sich als Hüter der Wähler darzustellen, welche das auch immer sein sollen. Am Ende des Gefeilsches wird dennoch, das ist abzusehen, eine Zustimmung zur gesetzlichen Krankenversicherung stehen.
Bis zuletzt versuchte die neokonservative Rechte, mit allen nur denkbaren parlamentarischen Mitteln, die Verabschiedung des Gesetzes doch noch aufzuhalten.
Es gelang ihnen nicht. Am Ende siegten die Demokraten.
Welche Bedeutung dieser historische Kulturkampf in den Vereinigten Staaten hat, auch um ein grundlegend verschiedenes Menschenbild um solche Begriffe wie „Verantwortung der Allgemeinheit gegenüber dem Schächeren“ und „Freiheit des Stärkeren zur Ausbeutung und Entwürdigung des Schwächeren“ aka „Eigenverantwortung“, zeigt auch die Berichterstattung der progressiven Presse wie „Think Progress“ in den USA, welche dieser Auseinandersetzung ihre ganze Aufmerksamkeit widmeten.
Sowohl für die Gesundheitsindustrie – die im Falle gesunder Bürger ja ihren „Wirtschaftsstandort“ und Börsenwert verlieren würde – als auch für die Militärs ist dieses Gesetz eine schwere, eine historische Niederlage. Denn bisher war in den Vereinigten Staaten ein entscheidender Grund für Arme den Weltritter zu spielen, die kostenlose Krankenversicherung – auch für ihre Familien. Das sogenannte „Tricare“-Programm, was in 2001 noch ausgebaut wurde, garantiert selbst ehemaligen und mittellosen Soldaten eine kostenlose Gesundheitsversorgung.
Welche Bedeutung diese infame Methodik bisher für die Aufrechterhaltung der Gesellschaftsstruktur hat, zeigt dieser Fall, der im Zuge der ausbrechenden Gesellschaftsdebatte um Verantwortung und Freiheit sogar in der konzerngesteuerten Fernsehwelt der USA für Aufsehen sorgte: ein Mann geht im Alter von 39 Jahren zur US Army, um seine Frau vor dem Krebstod zu retten. Sonst hätte man sie einfach sterben lassen.
Falls der Senat dem Gesetz nun zustimmt, spart der Staat und seine Bürger Milliarden, denn schliesslich geht es auch um Vorsorge. Die Unfall- und Notmedizin wird sehr viel weniger zu tun haben, wenn Menschen Entzündungen statt Amputationen bezahlt werden. Es sei denn, man legt es eben darauf an, aus Armut Kapital zu schlagen.
Da muss man sich dann auch nicht wundern, wenn man von Armen geschlagen wird. Auf dem Spielfeld der Demokratie.
HUA!
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Quellen:
(1) http://www.nytimes.com/2009/11/08/health/policy/08health.html