„Produziert im Siedlungsgebiet“

Verbraucher sollen nach dem Willen der Regierung in Grossbritannien die Herkunft israelischer Waren genau unterscheiden können – Israel ist wütend

Um dem Verbraucher in Grossbritannien die Unterscheidung leichter zu machen, woher genau die israelische Ware kommt und in welcher Gegend dort sie produziert wurde, gibt es eine neue Kennzeichnung der Güter, erstellt als freiwillige Leitlinie durch das Ministerium für Umwelt, Ernährung und ländliche Angelegenheiten (Defra).

Denn nicht jedem britischen Käufer ist es gleichgültig, was in Israel mit dem palästinensischen Volk gemacht wird, in diesem Fall geht es um die illegale Besiedlung der palästinensischen Felder und Gebiete im Westjordanland durch israelische Siedler.

Bisher gab es schon in Grossbritannien eine Unterscheidung der Waren und Lebensmittel aus Israel, indem es das Label „Produce of the West Bank“ gab. Das soll nun genauer in „Israeli settlement produce“ or „Palestinian produce“ unterschieden werden können.

Das britische Auswärtige Amt sagt, dass diese Massnahme keinen Boykott-Aufruf darstellen soll, aber die Regierung empfiehlt dennoch diese Unterscheidungsmöglichkeit für den Käufer, der dann durch seine Kaufentscheidung ganz automatisch in Selbstverantwortung die Aussichten auf einen Boykott von Produkten aus diesen Gebieten erhöhen wird.

Israelische Beamte und Führer der Siedler reagierten naturgemäss heute sehr kritisch auf diese Entscheidung.

Fast eine halbe Million jüdische Siedler leben in Ost-Jerusalem und im Westjordanland, die seit dem Krieg von 1967 von ihnen erobert und besetzt wurden.

Nach einer EU-Richtlinie wird eine Unterscheidung zwischen Waren aus den besetzten Gebieten und ursprünglichen israelischen Anbaugebieten vorgeschrieben.

Es wäre interessant festzustellen, inwieweit in Deutschland solche Labels an der Ware in den Regalen der Obst- und Gemüsestände oder anderen Produkten auftauchen.

In Grossbritannien begeht nach Aussage der Defra ein Händler eine Straftat, wenn er seine Ware als „Produce of Israel“ und nicht mit „Produce of the West Bank“ deklariert. Die oben genannte neue Kennzeichnung ist eine freiwillig zu befolgende Richtlinie und eine Empfehlung der britischen Regierung.

Insgesamt wurden bisher siebenundzwanzig israelische Unternehmen festgestellt, die Waren aus den besetzten Siedlungen in das Vereinigte Königreich exportieren, dazu gehören Produkte wie Obst, Gemüse, Kräuter, Olivenöl, Kosmetik-, Pharma-, Kunststoff-und Metall-Artikel und Textilien.

Bestimmte Waren geniessen einen Vorzugspreis bei den Einfuhrabgaben im Rahmen einer Vereinbarung mit der EU.

Palästinensische Waren aus dem Westjordanland, Gaza und Ost-Jerusalem werden zollfrei eingeführt oder zu ermäßigten Zollsätzen, um die palästinensischen Erzeuger unmittelbar zu unterstützen.

Die Produkte der israelischen Siedler fallen nicht unter diese beiden Kategorien. Die israelischen Okkupanten sollen nicht noch mit dem Genuss der Zollfreiheit für ihre Erzeugnisse von geraubtem Land belohnt werden.

TUC-Generalsekretär Brendan Barber begrüsste die öffentliche Klarstellung, dass die Kennzeichnung von Produkten aus illegalen Siedlungen in den besetzten Gebieten als „produce of Israel“ rechtswidrig war, sagte aber, die Regierung sollte noch weiter gehen.

Oxfam-Chefin Barbara Stocking sagte:

„Wir unterstützen das Recht der Verbraucher, die Herkunft der von ihnen gekauften Produkte zu erkennen. Handel mit israelischen Siedlungen – die nach dem Völkerrecht illegal sind – trägt zu deren Wirtschaftlichkeit bei und dient dazu, diese zu legitimieren, während immer mehr Palästinenser durch die herrschende Rechtlosigkeit verarmen.

Dani Dayan, in Argentinien geboren und Führer des Yesha-Rats, der die israelischen Siedler vertritt, sagte, die Entscheidung war der „neueste feindliche Schritt“ aus Grossbritannien

. „Produkte aus unseren Gemeinden in Judäa und Samaria sollten wie jede andere israelische Ware behandelt werden mit einer israelischen Bezeichnung für das Westjordanland.“

Israelische Beamte sagten, sie befürchteten ein Abgleiten in einen breiteren Boykott israelischer Waren. Yigal Palmor, Sprecher des israelischen Aussenministeriums, meinte, es sei nicht richtig, es so hinzustellen, als ob in seinem Land vereinzelt ungerechte Produktion stattfinden würde. Das sei Anlass zur Sorge.

The Palestine Solidarity Campaign begrüsste die neuen Leitlinien und forderte die Defra auf, noch weiter zu gehen:

„Die Regierung muss die Strafverfolgung gegen Unternehmen einleiten, die versuchen, Waren aus Siedlungen unter falschen Etiketten zu schmuggeln.

Wir haben viele Anrufe von Menschen bekommen, die verzweifelt waren, weil sie extra Waren gekauft haben, die mit der Aufschrift „Produce of the West Bank“ gekennzeichnet waren. Gerade mit dem Kauf dieser Produkte glaubten sie die palästinensische Wirtschaft zu unterstützen, und nun müssen sie realisieren, dass sie damit wirtschaftliche Beihilfe zur illegalen israelischen Besatzung leisteten.

Vor allem durch die Massaker im Krieg Israels gegen den Gazastreifen wurden die Verbraucher durch diese Verbrechen schockiert und wollen etwas tun. Sie wollen nicht das Gefühl der Mittäterschaft bei der israelischen Besatzung durch den Kauf von gestohlenen Waren haben. Die Kunden haben jetzt ehrliche Informationen.“

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Quelle: http://www.guardian.co.uk/world/2009/dec/10/guidance-labelling-food-israeli-settlements

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