Auftakt: Ein geheimes Treffen im Weissen Haus. Akt I: Von Amsterdam nach Detroit.
22.Dezember:
Der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, Barack Obama, trifft sich mit einer Reihe hochrangiger Vertreter der Spionage-, Polizei- und Militärbehörden im „Situation Room“ des Weissen Hauses; so berichtet es Tage später ein „hochrangiger Regierungsbeamter“ („senior Administration official“) dem US-Magazin „Newsweek“ (1). Bei diesem Treffen mit seinen Top-Counterterrorismus-Beamten, nur einem in einer ganzen „Serie von regulär angesetzten Terminen“ , erhält Barack Obama ein Briefing der Geheimdienste über eine Bedrohung des „Heimatlandes“ durch mögliche Attentate im Inland über die Weihnachtsfeiertage. Das Memorandum trägt den Namen „Key Homeland Threats“, es wird zu Beginn des Treffens vorgestellt.
Der Informant aus der US-Regierung betont gegenüber „Newsweek“, der Staat Jemen sei in diesem Memo nicht ein einziges Mal aufgetaucht. Was tatsächlich darin stand, will der Informant aber nicht erläutern. Der „hochrangige Regierungsbeamte“ benennt folgende Teilnehmer des Treffens namentlich:
– den Vize-Chef der CIA, Steven Kappes, den viele als den eigentlichen Chef dieses alten Apparates ansehen. Wahlweise als gefürchtet, berüchtigt, oder angesehen zu bezeichnen (interessant ist es, sich die beiden sehr unterschiedlichen Wikipedia-Einträge deutsch/englisch durchzulesen) war Kappes zum Zeitpunkt des 11.Septembers 2001 Chef der CIA-Spionageabwehr und zum Zeitpunkt der US-Invasion 2003 im Irak enger Mitarbeiter des stellvertretenden Direktors für Operationen (DDO), der für die Findung und Ortung der angeblichen Massenvernichtungswaffen im Irak zuständig war. U.a. war Kappes, der in diverse Affären um Foltermethoden und Geheimgefängnisse verstrickt ist, auch Leiter der CIA-Zentrale in Frankfurt.
Kappes leistete sich diverse Machtkämpfe mit Kongressmitgliedern und dem 2004 geschaffenen Obersten Geheimdienstdirektor, dem „Director of National Intelligence“ (DNI). Allgemein war davon ausgegangen worden, dass Kappes von Präsident Obama zum neuen CIA-Chef ernannt werden würde. Dieser ernannte aber Leon Panetta. Im Falle eines Rücktrittes von Panetta wäre Kappes höchstwahrscheinlich sein Nachfolger.
– die Ministerin für Heimatschutz, Janet Napolitano. Napolitano ist nicht im Spionage- oder Militärapparat verwurzelt, sondern war zuvor, eher unspannend, als Parteimitglied der „Demokraten“ Gouverneurin von Arizona. Sie ist keiner bellizistischen Kreuzfahrer–Kirche anhängig, sondern Methodistin. In einem essentiellen Bruch mit den bis dato herrschenden Dogmen des Krieges benutzte Napolitano in ihrer Antrittsrede im US-Kongress nicht ein einziges Mal den Begriff „Terrorismus“. In einem Interview im März sprach Napolitano dagegen von „mensch-gemachten Katastrophen“ und versprach ein Ende der „Politik der Angst“.
Von Napolitano, mensch-gemachten Katastrophen, Politik und Angst, wird in den nächsten Wochen noch viel die Rede sein.
– ebenfalls vom hochrangigen Informanten aus der Obama-Regierung als Teilnehmer des Treffens benannt: Generalstaatsanwalt und Justizminister Eric Holder. Er erhob im Sommer 2008 Anklage gegen mehrere Verdächtige, die seit Jahren ohne Verfahren oder Anhörung vom Staat USA in einem Lager gefangen gehalten und gefoltert werden.
Was früher in den Vereinigten Staaten undenkbar war und heute Realität ist, das erregte in den „Medien“ kein Aufsehen. Was dort dagegen für einen wahren Entsetzensschrei sorgte, war das Undenkbare, was wieder Realität wurde. Dass Holder es wagte, mehrere Lagerinsassen von Guantanamo tatsächlich für ihre vom Militär behaupteten Verbrechen vor Gericht zu stellen – vor ein ziviles Gericht, wegen den nie gerichtlich untersuchten Attentaten vom 11.September und dann noch vor Gerichte in New York – das treibt bis heute die Kriegslobby, die Konservativen und das Militär der USA zur Weissglut. Noch am 8.Dezember hatte der nie gewählte, aber operativ mächtigste Mann der Welt in den Jahren 2000-2008, ex-US-Vizepräsident Dick Cheney, die von Eric Holder angesetzten Gerichtsverfahren noch „einen grossen Fehler“ genannt.(2)
Wäre das nicht undenkbar, man hätte diese Aussage auch für eine reale Drohung halten können.
– „Newsweek“ zufolge ebenfalls Teilnehmer des Treffens: Robert Mueller, im Juni 2001 vom damaligen Präsidenten George Bush zum Direktor der Bundespolizei FBI ernannt. Mueller kämpfte im Vietnamkrieg als Soldat des Marine Corps und ist Träger mehrerer Militär-Orden.
– David Gompert, Stellvertreter des Spionage-„Zaren“ und Obersten Geheimdienstdirektors Dennis Blair. Gompert ist Absolvent diverser Elite-Universitäten und Ausbildungsstätten arbeitete über viele Jahre für die Rand Corporation, war deren Vize-Präsident und der Chef von Rand Europe. Von 1975 bis 1983 arbeitete er für das US-Aussenministerium, u.a. als Sonderberater Henry Kissingers. Danach war er bis 1989 im Kommunikations- und Informationstechnologie-Konzern AT&T Vize-Präsident für Kundenverkäufe und Firmen-Programme, ebenso Direktor für internationale Marktplanungen. Er war u.a. Sonderberater von Präsident George Bush senior und für dessen Sohn im zweiten Irak-Krieg nach der Invasion 2003 Berater für „Nationale Sicherheit“ und „Verteidigung“ des provisorischen US-Besatzungsregimes in Bagdad.
Der Posten des Obersten Geheimdienste-Direktors (DNI) wurde 2004 durch die Bush-Regierung geschaffen. Dies beinhaltete eine Entmachtung der CIA, dessen Chef bis dahin auch der allen US-Spionagedienste vorgesetzte „Director of Central Intelligence“ gewesen war. Doch der Posten des DCI wurde entscheidend herabgesetzt. Nach der 2004 vorgenommenen grundlegenden Verschiebung der Machtverhältnisse im Spionage- und Militärapparat musste die CIA alle ihre Informationen an den Obersten Geheimdienstdirektor DNI weiterleiten.
Allerdings nicht die NSA (weltweite Kommunikations-Spionage), die NRO (planetare Satellitenspionage) und die NGA (Auswertung der Satellitenspionage). Alle drei Dienste sind Teil des US-Militärs, unterstehen auch nach dem Umbau 2004 weiterhin direkt dem Pentagon und müssen ihre Daten nicht standardmässig an den DNI weiterleiten.
Mit dem Geheimdienst-Direktor DNI wurde 2004 auch das Counterterrorismus-Zentrum „National Counterterrorism Center“ (NCTC) geschaffen. Leiter des NCTC ist
– Michael Leiter. Auch er nimmt laut dem Informanten der „Newsweek“ am 22.Dezember an jenem Treffen im Weissen Haus teil. Früher selbst am systemischen Aufbau des NCTC direkt beteiligt, ist er nun dort als Vize-Chef für die Vernetzung mit den verschiedenen Spionagediensten zuständig, sowohl mit den dem Geheimdienst-Direktor DNI unterstellten Diensten (wie dem FBI oder der CIA), als auch mit den unter Militärkommando operierenden Diensten des Pentagon, wie der NSA. Zu Leiters Aufgabenbereich gehört auch die Kommunikation mit weiteren Sicherheitsbehörden, wie dem Ministerium für Heimatschutz, oder dem Aussenministerium.
Michael Leiter ist eine zentrale Figur im radikalem Umbau, in der Transformation und der faktischen Verschmelzung von Militär-, Spionage- und Polizeibehörden unter der Bush/Cheney-Regierung seit den Attentaten von 2001.
Unter anderem war Leiter (ehemaliger Marineflieger im ersten Irak-Krieg, sowie in den Kriegen im ehemaligen Yugoslawien) involviert in den Aufbau der speziellen Counterterrorismus-Abteilung des FBI, der „National Security Branch“ (NSB). Diese wird zwar von einem hochrangigen FBI-Beamten geleitet; der aber ist direkt dem NCTC gegenüber verantwortlich.
Dieser hochrangige FBI-Beamte und NSB-Chef ist seit dem 9.Januar Arthur M. Cummings II. Vorher war Cummings ausgerechnet Vize-Direktor des NCTC, an dessen Aufbau er im Jahre 2004, wie Michael Leiter, maßgeblich beteiligt war. (3)
Das NSB des FBI beinhaltet auch das sogenannte „Terrorist Screening Center“ (TSC). Das TSC wiederum erstellt die sogenannte „no-fly list“ der USA. In dieser Datenbank der „no-fly list“, auch („terrorist watch list“ genannt) sind zur Zeit ca. 4000 Identitäten erfasst.
Nochmal: die Behörde des Obersten Geheimdienstdirektors (DNI) betreibt das Counterterrorismus-Zentrum NCTC, welches die spezielle Counterterrorismus-Abteilung des FBI, das NSB, direkt kontrolliert. Das NSB wiederum betreibt das „Terrorist Screening Center“ TSC, welches die „no-fly list“ der US-Regierung erstellt.
Mindestens zwei Teilnehmer dieses Treffens am 22.Dezember im Weissen Haus sind mit dem operativen Betrieb dieses ganzen komplizierten Systems vertraut – mehr noch, sie haben es mit aufgebaut: DNI-Vize David Gompert und NCTC-Chef Michael Leiter. Eine weitere Person, von deren Anwesenheit nichts berichtet ist, arbeitet ihnen direkt zu: Arthur M. Cummings II, Chef der FBI-Sonderabteilung NSB, deren TSC wiederum die „no-fly“-Liste erstellt.
Cummings wurde von FBI-Chef Mueller zum NSB-Chef ernannt, vorher war er beim NCTC. Beide, Cummings und Mueller, haben im Marine Corps gedient, Cummings als Navy Seal. NCTC-Chef Michael Leiter war Marineflieger.
Es ist anzunehmen, dass man sich seitens Mueller, Leiter und Gompert an diesem Tag im Weissen Haus nicht in die Quere kommt. Auch ist anzunehmen, dass alle Personen sehr gut darüber informiert sind, wie die sogenannte „no-fly“-Liste der USA erstellt wird.
Angesichts der Ereignisse drei Tage später eine durchaus interessante Sache.
25.Dezember:
Auf dem Metropolitan Wayne County Flughafen von Detroit landet gegen Mittag Ortszeit Flug 253 der Northwest Airlines, einer Unterfirma von Delta Airlines, der vom Amsterdamer Flughafen Schiphol gegen 08.45 Uhr mitteleuropäischer Zeit (MEZ) gestartet ist. Nach der Landung wird von einem versuchten Attentat auf das Flugzeug berichtet. Ein Mann habe versucht, das Flugzeug zu sprengen und sei festgenommen worden.
Am Nachmittag benennt der Kongressabgeordnete Peter King („Republikaner“), hochrangiges Mitglied im „Heimatschutz“-Ausschuss des Repräsentantenhauses, gegenüber der lokalen Zeitung „Free Press“ (4) den Namen des Verdächtigen, eines Nigerianers, mit „Abdul Mudallad„. Ein hochrangiger Geheimdienst-Offizier sagt dem US-Fernsehsender ABC, der Verdächtige habe auf der „no-fly list“ gestanden. Eine FBI-Sprecherin erklärt, FBI-Beamte seien vor Ort. Ein „Counterterrorismus-Beamter“ sagt, der Verdächtige werde verhört. Das Weisse Haus erklärt, es handele sich um einen Akt des Terrorismus.
An diesem Tage ist in Detroit der Name „Umar Farouk Abdul Mutallab“, bzw der durch leichte Veränderung auch für Suchmaschinen hilfloser Behörden entsprechend nicht zu findende Nachname „Abdulmutallab“, nirgends zu vernehmen.
Passagiere sagen gegenüber der lokalen „Free Press“ aus. Vielen haben nichts von dem Vorfall mitbekommen, einige nur am Rande. Sie sehen von weitem, wie ein Mann überwältigt wird und gehen von der Zündung eines Feuerwerkskörpers aus. Andere sind zu Tode erschrocken und berichten von Flammen und Aufruhr in ihrer unmittelbaren Nähe. Die PassagierinMelinda Dennis in der ersten Klasse berichtet, wie der Verdächtige in einen Sitz ihr schräg gegenüber gebracht wird.
„Er hat nichts gesagt. Er war schwer verbrannt an seinem Bein. Er war sehr ruhig und zeigte keinerlei Anzeichen von Schmerz.“
In einem weiteren Artikel der lokalen Detroiter „Free Press“ (5) sagen weitere Passagiere aus. Syed Jafry, Flugreisender aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, berichtet, er habe in der 16. Reihe gesessen, drei Reihen hinter dem Verdächtigen. Er habe einen „pop“ (Knack, Knall) gehört und Rauch und Feuer gesehen. Dann habe sich ein junger Mann hinter ihm auf den Verdächtigen gestürzt.
Um 13 Uhr beobachten die Passagiere, wie eine schwarze männliche Person mit Handschellen an eine Trage gefesselt von Krankenpersonal an ihnen vorbei geschoben wird. Passagierin Jesssica Griffith:
„Er kam direkt an mir vorbei. Er sah sehr jung aus.“
Ihr Mann, Dawn Griffith, bestätigt das.
Ein Sprecher des „Bureau of Alcohol, Tobacco, Firearms and Explosives“ (welches mit dem FBI zusammenarbeitet) namens Donald Dawkins, sagt gegenüber „Free Press“, ihre K-9 Einheit habe das Gepäck aller Passagiere durchsucht. Keine weiteren Sprengstoffe seien gefunden worden, bei keinem anderen Passagier.
Dem sollte in den nächsten Tagen mindestens ein Zeuge, zunehmend wütend, wiederholt öffentlich wiedersprechen.
Jasmin Samimi aus Findlay, Ohio, spricht wie mehrere andere Passagiere ebenfalls, von einem vor dem Vorfall hörbaren „popping sound“. Danach habe sie Rauch gerochen und Flammen von einem Sitz aufsteigen sehen. Sie habe es gerade noch geschafft, eine sms an ihre Mutter zu schicken und berichtet, dass im Flugzeug ein Brand ausgebrochen sei.
„Dann – ist es wie Stille.“
Die Passagiere erzählen, sie seien aufgefordert worden, ihre Handys auszuschalten. Passagierin Richelle Keepman aus Oconomowoc in Wisconsin, die im hinteren Teil des Flugzeuges sass und den Vorfall selbst nicht sehen kann, sagt ebenso wie mehrere andere Zeugen gegenüber „Free Press“ aus, sie hätten im Flugzeug jemanden gesehen, der den gesamten Vorfall gefilmt hätte. Richelle Keepman:
„Wir haben nur einen Mann gesehen, der es gefilmt hat und hörten Schreie“
Akt II – von London nach Houston
Schreiben Sie dazu im Forum von Radio Utopie
Quellen:
(1) http://blog.newsweek.com/blogs/declassified/archive/2010/01/01/exclusive-obama-got-pre-christmas-intelligence-briefing-about-terror-threats-to-homeland.aspx
(2) http://www.nydailynews.com/news/politics/2009/12/08/2009-12-08_dick_cheney_hits_out_at_obama_again_.html
(3) http://www.fbi.gov/libref/executives/cummings.htm
(4) http://freep.com/article/20091225/NEWS05/91225022/1321/U.S.-says-attack-on-NWA-flight-to-Detroit-was-a-terrorism-attempt
(5) http://freep.com/article/20091225/NEWS05/91225024/1318/Passenger-tells-Free-Press-he-heard-a-pop-and-saw-…smoke-and-fire