US-Verteidigungsminister Robert Gates in Indien zu Verhandlungen über Rüstungsverkäufe an Neu-Delhi eingetroffen – zeitgleich veröffentlicht sein Geheimdienst aus Versehen internes Material zur Lageeinschätzung der künftigen Investitionen Chinas in seine Marine, U-Boote und Raketenabwehrsysteme
Chinas militärische und wirtschaftliche Rolle in der Welt verstärkt sich in dem Masse, wie der wichtigste Global Player seine bisherige Stellung und vor allem sein Ansehen verliert. Die Vereinigten Staaten von Amerika ruinieren und schwächen ihr Land durch horrende Militärausgaben mit einer Besessenheit, die es anderen Ländern dadurch ermöglicht, sich von diesem Druck auf die eine oder andere Weise zu emanzipieren.
Die chinesische Regierung zieht in den letzten Jahren in ihren Ausgaben für Weltraum- und Militärtechnik nach, um sich eine starke Position im asiatischen Raum zu sichern.
Der Gegenspieler Indien wird massiv von den USA in Militär- und Nukleartechnik unterstützt, obwohl Indien nicht dem Atomwaffen-Sperrvertrag beigetreten ist.
US-Verteidigungsminister Robert Gates ist am Dienstag, den 19.Januar zu zweitägigen Gesprächen in Neu-Dehlhi eingetroffen, in denen es sich vor allem um das gemeinsame Lieblingsthema „Krieg“ drehte: Rüstungsgeschäfte und Krieg – erst einmal nur gegen Terroristen, versteht sich.
„Wir werden unsere Erfolge bei der Förderung unserer Kontakte erörtern. Das betrifft auch gemeinsame Manöver und den Ausbau des Handels mit Rüstungsgütern.“
sagte Gates nach Angaben von Medienberichten und bediente damit bereitwillig Indiens Interessen an modernsten Technologien im Bereich der Verteidigung, über die die USA verfügen. (1)
Russland wittert in dieser Situation der „Aufbruchstimmung“ exorbitante Geschäfte und buhlt um jeden Kunden in Asien.
„Russland wolle von der boomenden Nachfrage nach U-Booten in Asien profitieren, neue Partner dort suchen und die Kriegsflotten-Konstellation im Asiatisch-Pazifischen Raum mit seinem Marineexport weiter stark beeinflussen.“
heisst es in einem analytischen Expertenartikel, den die erste Ausgabe des Fachmagazins Moscow Defense Brief im laufenden Jahr enthält. (2)
China hatte am Sonntag, dem 17.Januar auf der Sitzung des UN-Sicherheitsrates verschärfte Sanktionen gegen den Iran verhindert, die die USA vehement einfordern. (3)
Die chinesische Regierung ist aber kein Friedensengel, dass muss der Welt vor Augen geführt werden, sagte sich möglicherweise die US-„Intelligence“ des Pentagons und es passierte ihr zufälligerweise ein mistake.
Ein US-Marine-Geheimdienstler hat der Welt einen unerwarteten Einblick in die geheime Welt der chinesischen Marine offenbart.
Das US Office for Naval Intelligence (ONI) veröffentlichte aus Versehen auf einer offenen Website die Bewertung des Zustands der chinesischen Marine.
Der 47-seitige Bericht mit dem Titel „Eine moderne Flotte mit chinesischem Charakter“ ist immer noch auf der Webseite der Federation of American Scientists, eine politische Interessenvertretung, als pdf-Dokument (4) zu sehen, schrieb am 19.Januar, am Tag der Ankunft des US-Verteidigungsministers in Neu-Dehli, der Business Standard. (5)
Diese Tageszeitung bezeichnet sich nach eigenen Angaben als führend mit 1,5 Millionen Lesern auf ihrer Webseite in Sachen Wirtschaft und wird in zwölf grossen Städten publiziert: Mumbai, Kolkata, Bangalore, Chennai, Ahmedabad, Hyderabad, Chandigarh, Lucknow, Pune, Kochi, Bhubaneswar und – New Delhi. (6)
Der ONI-Bericht analysiert die Fähigkeiten und die künftige Ausrichtung der Volksbefreiungsarmee und der Marine, PLA (N), heisst es dort.
Die Bewertung stellt fest, dass Chinas jüngster Einsatz seiner Task Groups – bestehend aus jeweils zwei Kriegsschiffen und einem Versorgungsschiff für Anti-Piraterie-Tätigkeiten im Golf von Aden – der erste seit über 600 Jahren wäre, in dem eine chinesische Flotte sich in Gewässer ausserhalb der unmittelbaren Umgebung von China begeben hätte.
Aber der Bericht hätte den Schluss gezogen, dass keine dieser Operationen auf den Wunsch von Seiten der Volksrepublik China (VR China) hinweisen würde, eine konstante globale Präsenz zu entwickeln. Pekings Ehrgeiz scheint auf die Region Ostasien konzentriert zu bleiben, mit der Fähigkeit, die maritimen Interessen der Volksrepublik China in fernen Meeren zu schützen, wenn es erforderlich wird.
Aber die Dominanz der US-Navy im asiatisch-pazifischen Raum würde Peking zu einem Ausbau einer grösseren Schlagkraft seiner Marine veranlassen. China‘s Defence White Paper von 2008 fordert den Ausbau der Marine, einen erweiterten Operationsbereich und eine grössere Rolle in der internationalen Sicherheitspolitik.
Die wichtigsten Anschaffungen, schätzte der ONI-Bericht ein, sind Investitionen in eine hoch entwickelte Luftabwehr, die ihren Schiffen, wenn sich diese in „fernen Meeren“ aufhalten, ermöglichen würde, ohne landgestützte Systeme ein Luftabwehrsystem einsetzen zu können.
Der Luyang-I-Klasse Zerstörer, die ohnehin schon furchtbar wären, würden die Luyang-II-Klasse und die Jiangkai II Fregatten folgen, die mit einem Luft-Überwachung-Netzwerk verbunden sind, dass genau so gut wie Amerikas Aegis-System von Weltstandard wäre.
U-Boote, sowohl konventionelle als auch nukleare, werden eine Schlüsselrolle der Abschreckung für die chinesische Armee spielen. Im ONI-Bericht heisst es, dass Peking die grosse Anzahl von Low-Tech-U-Booten mit einer kleineren Anzahl von modernen, hoch entwickelten U-Booten ersetzen wird. Doch während insgesamt die Anzahl der Schiffe aller Klassen konstant bleibt, wird die heutige Flotte von 62 U-Booten in den nächsten zehn bis fünfzehn Jahren auf 75 steigen.
In diesem Zeitraum wird die U-Boot-Flotte von Indien nur rund ein Drittel der von China besitzen, hiess es.
Höchst beunruhigend ist für die Vormachtsstellung der US Navy in der Region, das ein Programm geplant sei, weltweit die ersten Anti-Ship Ballistic Missile (ASBM), eine Variante der chinesischen Dong Feng-21 Raketen, zu entwickeln. Der ONI-Bericht zeigt, dass die ASBM eine eigenartige Flugbahn mit einer Mitte-Gang-Bahn-Korrektur hätten, die es es sehr schwer machen würde, diese abzufangen.
Trotz der Entwicklung von High-Tech-Plattformen gehen die US-Geheimdienste davon aus, dass ein Grossteil der chinesischen Marine immer noch in zehn bis fünfzehn Jahren die alte bleiben wird. Die Schiffe oberhalb der Meeresfläche bleiben anfällig für Angriffe aus der Luft, während die Kommando-und Kontrollsysteme immer noch relativ unterentwickelt sein werden.
Deshalb, während die PLA (N) die schrittweise Expansion über das Südchinesische Meer durchführt, wird sie sich auf das, was Peking fordert, konzentrieren: „military operations other than war – militärische Operationen anders als Krieg“.
Dazu gehören zum Schutz seiner internationalen Handelsrouten Versorgung, humanitäre Hilfe, maritime Diplomatie.
Dieser Bericht der US-Geheimdienste des Office for Naval Intelligence des Pentagons, der ausgerechnet zum jetzigen Zeitpunkt aus Versehen online gestellt und von der Federation of American Scientists gedownloadet wurde und zum jetzigen Zeitpunkt immer noch im Netz abrufbar ist – dass am gleichen Tag über dieses Missgeschick in einer grossen indischen Zeitung berichtet wird, an dem der US-Verteidigungsminister Gates angereist ist, soll vermutlich dazu dienen, Proteste über die militärischen Geschäfte zwischen der USA und Indien zu ersticken mit dem Hinweis, dass China eine nicht zu unterschätzende Armee aufbaut und Indien dem unbedingt etwas entgegen halten muss.
Mit anderen Worten, der Bericht soll gelesen werden.
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Quellen:
(1) http://de.rian.ru/safety/20100119/124758648.html
(2) http://de.rian.ru/safety/20100119/124756709.html
(3) http://www.radio-utopie.de/2010/01/17/iran-situation-sechser-runde-ohne-kompetenzen-hielt-krisensitzung-in-new-york/
(4) http://www.fas.org/irp/agency/oni/pla-navy.pdf
(5) http://www.business-standard.com/india/news/american-spy-goof-up-china-navy-report-postedweb/383044/
(6) http://www.business-standard.com/india/common/aboutus.php