DIE EU-AGENDA „SINGLE EUROPEAN SKY“ (III): Die Hintergründe des Flugverbots und wie es zustande kam

Teil I – Der systemische Ausverkauf von Flugsicherung und Lufthoheit
Teil II – Sesar, öffne Dich

Die „International Civil Aviation Organization“ (ICAO) („Internationale Zivilluftfahrt-Organisation“) begründet sich auf den Chicagoer Vertrag über die internationale Zivilluftfahrt vom 7. Dezember 1944. Just im September 2009, nach der erfolgten Verfassungsänderung in Deutschland und dem Inkrafttreten der daraufhin möglichen Änderungen des Luftverkehrsgesetzes (LuftVG), welche schon vor der Verfassungsänderung im Entwurf eines „Gesetzes zur Änderung luftverkehrsrechtlicher Vorschriften“ vorbereitet worden waren, gab die ICAO einen neuen, fast für den gesamten weltweiten Luftverkehr verbindlichen, „Ausweichplan“ („contingency plan“)  heraus. (1)

Inhalt dieses Plans: Zu ergeifende Massnahmen im Falle eines Vulkanausbruchs und einer sich daraufhin ausbreitenden Aschewolke im nordatlantischen Raum.

In diesem Ausweichplan schilderte die UNO-Sonderorganisation ICAO detailliert, wie sich die internationalen Flugsicherungskonzerne bzw die noch vorhandenen zuständigen staatlichen Behörden zu verhalten hätten und an welche Institutionen sie sich zwecks Informationen und Daten zu wenden hätten. In „Apendix C – zu ergreifende Massnahmen im Falle eines Vulkanausbruchs“ heisst es:

„b) überprüfen Sie Satellitenbilder /Daten und jede verfügbaren Pilotenbericht über das Gebiet zum Zeitpunkt des Ereignisses, um festzustellen, ob eine vulkanische Aschewolke identifizierbar ist und, wenn dem so ist, ihre Ausdehnung.

c) bereiten Sie Beratungen über das Ausmaß und die prognostizierte Flugbahn der Aschewolke vor und geben Sie diese in Nachrichtenform für eine Transmission weiter an die MWOs (Wetterbeobachtungsstationen), ACCs (Flugsicherungszentralen), die angemessene ATFM (Flugverkehrsmanagement) Einheit und Luftfahrtoperateure, welche dies im Verantwortungsbereich des VAAC („Volcanic Ash Advisory Center“) betrifft, an das Londoner WAFC („World Area Forecast Center“) und an die Wiener internationale OPMET („Operational Meteorological“) Datenbank und an andere VAACs.

d) beobachten Sie darauffolgende Satelliten-Informationen um die Verfolgung der Bewegung der Aschewolke zu unterstützen.“

Es gibt weltweit neun „Volcanic Ash Advisory Center“ VAACs. Doch diese sind Teil der Wetterbehörden der Staaten, in welchen sie stationiert sind.

Das „Volcanic Ash Advisory Center“ VAAC in London ist Teil des „Meteorologischen Büros“ („Met Office“). Das „Met Office“ wiederum ist eines von nur zwei weltweit existierenden „World Area Forecast Centers“ (WAFC), auf welches die ICAO in ihrem Ausweichplan Bezug nimmt. Das gesamte Wetterbüro („Met Office“) wiederum gehört zum britischen Verteidigungsministerium.

Laut der offiziellen Zuteilung der von der ICAO eingerichteten neun existierenden „Beratungszentren für Vulkanasche“ („Volcanic Ash Advisory Center“) ist für unseren Luftraum nicht das VAAC in London, sondern das VAAC  in Toulouse zuständig.

Trotzdem bleiben hier in Mitteleuropa derzeit Zehntausende Menschen am Boden, treten Milliardenschäden auf, müssen Regierungen mit dem Zug fahren und spielt sich ein surreales Schauspiel Orwell´schen Ausmaßes ab, nur wegen der Computersimulation einer Abteilung des britischen Verteidigungsministeriums: dem „Volcanic Ash Advisory Center“ in London.

Keine Regierungsbehörde, nirgendwo, nicht die Europäische Raumfahrtagentur ESA, nicht das „Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt“ (DLR), nicht der deutsche Wetterdienst, keine Wissenschaftler oder Akademiker, keine der vielen finanziell überfinanzierten „Institute“ oder gar Parlamentarier taten in den letzten Tagen irgendetwas. Niemand. Alle saßen sie nur rum und erzählten Dreck.

Die Regierung redete sich auf die Angaben der „Deutschen Flugsicherung GmbH“ (DFS) raus. Die redete sich auf die Angaben des Deutschen Wetterdienstes raus. Dieser redete sich auf die Angaben des VAAC London raus. Die „Berliner Umschau“ (2) zitierte dazu die Aussage der DFS:

Grundlage für diese Entscheidung sind die Wetterprognosen des „Volcanic Ash Advisory Centre“ (VAAC) in London, das vom britischen Wetterdienst betrieben wird. Es ist eines von weltweit neun Beratungszentren, die die internationale Zivilluftfahrt-Organisation ICAO ins Leben gerufen hat. Das VAAC ist nach ICAO-Vorgabe verpflichtet, alle sechs Stunden seine Prognose zu aktualisieren und an die nationalen Wetterdienste weiterzuleiten.“

Wie beschrieben, ist das VAAC London Teil des britischen Verteidigungsministerium. Und es blieb den Luftfahrtkonzernen überlassen, daraufhin zu weisen, dass dort nichts als eine Computersimulation läuft. Air-Berlin-Chef, Joachim Hunold, am 18.April in einem Interview mit der „Bild am Sonntag“ (3):

„Die Schließung des Luftraums erfolgte ausschließlich aufgrund der Daten einer Computersimulation beim Vulcanic Ash Advisory Centre in London..Es ist in Deutschland noch nicht mal ein Wetterballon aufgestiegen, um zu messen, ob und wie viel Vulkanasche sich in der Luft befindet“

Gestern war einer der peinlichsten Momente, welche die ohnehin kurze Geschichte der schwachen Demokratie auf deutschem Boden jemals gesehen hat. Im ARD-Brennpunkt: der CSU-Verkehrsminister Peter Ramsauer. Er konnte sich mit Mühe überhaupt an das Kürzel „ICAO“ erinnern. Auf die Frage eines Lufthansa-Vertreters, warum erst am heutigen Montag ein Flugzeug des „Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt“ aufsteige um endlich konkrete Messungen vorzunehmen, antwortete Ramsauer, das habe er bereits drei Tage vorher angeordnet.

Bereits am 15.April fordert also der Verkehrsminister von der DLR den Aufstieg eines Flugzeuges und die entsprechende Messung einer vermeintlichen Aschewolke über Deutschland – und erst vier Tage später passiert das? Wenn diese Aussage Ramsauers stimmt, dann ist zumindest eines klar – die Regierung Deutschlands hat hier in Sachen Flugverkehr gar nichts mehr zu sagen. Ihr hört noch nicht mal irgendjemand zu. Jeder macht hier was er will mit uns, wenn er es kann. Zu irgendwelchen „Parteien“ des Parlamentes, oder gar den „Verkehrsexperten“, ist sowieso jedes Wort überflüssig.

Wie surreal, wie abgefeimt und dumm-dreist hier ein ganzes Land, ein ganzer Kontinent von einer durch vermeintliches Gewohnheitsrecht zum Betrug leichtsinnig gewordenen Mafia hinter´s Licht geführt wird, kann man an dem neuesten Bericht der „Tagesschau“ (4) ablesen. Dort führte die ARD ein Interview mit sich selbst, nämlich mit der NDR-„Korrespondentin“ Claudia Buckenmaier. Es wurde zwar der Eindruck erweckt, diese sei über die Situation in Island äußerst kompetent – nur vergaß man leider zu erwähnen, ob sich diese tatsächlich in Island aufhält.

„tagesschau.de: Frau Buckenmaier, der Vulkan Eyjafjallajökull ist immer noch aktiv – nur soll er jetzt mehr Lava spucken und weniger Asche. Was sagen die Fachleute, die Geologen?

Claudia Buckenmaier: Mit letzter Sicherheit können auch die Fachleute nicht einschätzen, wie sich der Vulkan weiter verhalten wird. Heute morgen wurde uns mitgeteilt, dass der Vulkan seit der Nacht deutlich weniger Asche ausstößt. Auch wird sie nicht mehr mit dieser Wucht in die höheren Luftsphären schleudert. Die Aschesäule ist jetzt deutlich unter drei Kilometer hoch. Deshalb hoffen die Experten, dass die Asche den internationalen Flugverkehr nicht mehr derart beeinträchtigen wird wie in den vergangenen Tagen.“

„MMnews“ (5) veröffentlichte heute einen Bericht, in welchem Aufnahmen einer Webcam vor Ort zu sehen war. Dort sah man folgendes:

Vulkan Eyjafjallajökull in Island am 19.April um 15.08 MEZ
Vulkan Eyjafjallajökull in Island am 19.April um 15.08 MEZ

Bezeichnenderweise wurde der Livestream der Webcam am Vulkan mittlerweile wieder abgestellt. Im „Tagesschau“-Artikel etwas weiter unten, zwischen wahrlich furchteinflößenden Zwischenüberschriften, fand man denn auch folgendes:

„Das Leben auf Island läuft weitestgehend normal. In Reykjavik, knapp zwei Stunden Autofahrt vom Vulkan entfernt, spürt niemand etwas vom Ausbruch. Höchstens die Reisenden, die nicht wegkommen, und die Hotels, deren ursprünglich gebuchte Gäste nicht kommen. Auch in der Region rund um den Eyjafjallajökull läuft das Leben weitestgehend ab wie immer.“

Schön, wenn man das sagen kann und sich dann noch darüber freuen kann.

Die „Daily Mail“ wunderte sich schon vor zwei Tagen über die weise Voraussicht der Internationalen Zivilluftfahrt-organisation ICAO, im September 2009 einen genaue Anweisung für den Fall eines Vulkanausbruchs und einer daraufhin erfolgenden Aschewolke im Nordatlantischen Raum heraus gegeben zu haben:

„Im September 2009 veröffentlichte die ICAO ihren `Ausweichplan für die Handhabung des Verkehrs im Falle einer vulkanischen Aschewolke die in den Luftraum der nordatlantischen Region eindringt`. In vielerlei Hinsicht sind die Richtlinien sehr detalliert, trotzdem machen sie überhaupt keinen Unterschied zwischen großen oder relativ bescheidenen Ausbrüchen. Auch ziehen sie den  Verwässerungs-Effekt nicht mit ein, wenn die Wolke sich vom Ausbruchsort entfernt. Der einzige Bezug ist der zu allgemeinen Staubwolken, ohne irgendeinen Versuch einer Risiko-Einschätzung.“

Nicht dass dies schon alles merkwürdig genug wäre – jetzt tritt die Brüsseler Räteregierung auf den Plan und redet von weiteren Plünderungsfeldzügen gegen die Bürger in den EU-Mitgliedsstaaten, in Form von „Bail Outs“ für die Luftfahrtindustrie, welche sie selbst durch unfundierte und an den Haaren herbei gezogenen Flugverboten der eng mit ihr assoziierten Organisation Eurocontrol selbst herbei geführt hat.

Und wie es vielleicht mehr als nur der Zufall will: ausrechnet für den morgigen Dienstag, den 20.April, hat die „Europäische Union“ in Brüssel ein lange geplantes (7) Strategietreffen mit 400 hochrangigen Teilnehmern anberaumt, um

„die Zukunft des EU Luftfahrtmanagements bis 2020 zu diskutieren“(8)

Eröffnen wird das Strategietreffen der Vizepräsident der EU-Kommission Kommissar Siim Kallas (Verkehr). Anwesend werden u.a. sein:
– Vertreter der Regierung Spaniens, welche z.Z. die EU-Präsidentschaft inne hat
– führende Vertreter der Luft-, Raum- und Kriegsindustrie, entsprechend der im letzten Teil unserer Artikelreihe ausführlich umschriebenen Konzerne der „Sesar Joint Undertaking“-Gruppe zum Umsetzung des Masterplans „Sesar“ für die bis zum Jahre 2020 laufenden Agenda „Singe European Sky“
– staatliche Behörden, Flugregulatoren und Flugsicherungs-Konzerne
– Vertreter des EU-Parlamentes, Vertreter von Nicht-EU-Staaten, sowie von Gewerkschaftsorganisationen.
Matthias Ruete, Generaldirektor der Generaldirektion „Energie und Verkehr“ der EU-Kommission
und natürlich die „supranationale“ Organisation Eurocontrol, welche vor Tagen das europaweite Flugverbot verhängte und eng mit der „Europäischen Agentur für Flugsicherheit“ EASA (einer Agentur der EU-Kommission) kooperiert.

Für den 27.-29.April ist ein ähnliches Treffen auf internationaler Ebene in Dubai geplant. (9)

Laut dem Bundesverkehrsministerium (10) unter Peter Ramsauer (CSU) ist der Masterplan Sesar„ein von der Industrie initiiertes Vorhaben“. Ab seiner dritten von 2014 bis 2020 laufenden „Errichtungsphase“ wird es von der Industrie finanziert werden (11), was auf eine komplette Übernahme der Kontrolle des Himmels über Europa durch die Industrie hinaus läuft.

Also eins steht fest: wem sich die Deutschen und alle anderen Völker Europas da nun wieder ergeben sollen – das Schicksal ist es nicht.

Quellen:
(1) http://www.paris.icao.int/Met/Volc_Ash/docs/NAT_VA_CP_September_2009.pdf
(2) http://www.berlinerumschau.com/index.php?set_language=de&cccpage=19042010ArtikelPanoramaMueller1
(3) http://www.bild.de/BILD/news/2010/04/17/flugverbot-ueber-europa/berechtigt-oder-skandal-air-berlin-chef-hunold-erhebt-vorwuerfe.html
(4) http://www.tagesschau.de/ausland/interviewisland100.html
(5) http://www.mmnews.de/index.php/201004195362/MM-News/Vulcan-Webcam-alles-ruhig.html
(6) http://www.dailymail.co.uk/debate/article-1266998/As-cloud-thickens-pilots-asking–Why-just-fly-beneath-it.html
(7) http://www.easa.europa.eu/ws_prod/g/g_events.php
(8) http://ec.europa.eu/transport/air/events/2010_04_20_aviation_safety_conference_en.htm
(9) http://www.ameinfo.com/229507.html
(10) http://www.bmvbs.de/Anlage/original_1078296/Flughafenkonzept-der-Bundesregierung.pdf