Gegen alle Vernunft: CDU will längere Laufzeiten für Atomkraftwerke durchsetzen

Greenpeace protestiert beim Treffen von Regierung und Unions-Ministerpräsidenten

Gegen die geplante Verlängerung von Laufzeiten für Atomkraftwerke demonstriert Greenpeace heute morgen in Berlin vor dem Bundeskanzleramt. 20 Umweltschützer halten Banner mit der Forderung

„Stoppt die atomradikale Bundesregierung!“

und gelbe „X“-Zeichen als Symbole des Widerstandes gegen Atomkraft. Angela Merkel (CDU) entscheidet heute mit den zuständigen Ministern und den Ministerpräsidenten der unionsgeführten Bundesländer, in denen Atomkraftwerke laufen, wie sie längere Laufzeiten durchsetzen wollen.

„Frau Merkel und ihre Ministerpräsidenten scheren sich offensichtlich nicht um die Atom-Gefahren“, sagt Tobias Riedl, Atomexperte von Greenpeace.

„Auch die Warnung, dass die Atommeiler die Entwicklung der Energiewirtschaft behindern, kommt bei ihnen nicht an. Ihnen geht es einzig darum, die Interessen der Atomindustrie durchzusetzen. Es ist höchst unverantwortlich, diese entscheidenden Argumente zu ignorieren. Atomkraft hat keine Zukunft.“

Ursprünglich wollte die Bundesregierung ein Energiekonzept auf der Basis wissenschaftlicher Szenarien erstellen und anschliessend über die Nutzung der Atomkraft entscheiden. Mit einer vorzeitigen Festlegung auf längere Laufzeiten wird dieses Szenario allerdings wertlos.

„Würde die Regierung vorbehaltlos rechnen lassen, wäre klar, dass Atomkraft für die Energieversorgung keine Rolle mehr spielen darf. Diesen Tatsachen will sie aber nicht ins Auge sehen“, sagt Riedl.

Der Sachverständigenrat für Umweltfragen der Bundesregierung (SRU) hat Anfang Mai dargelegt, dass eine Vollversorgung mit Erneuerbaren Energien bis zum Jahr 2050 möglich ist. Längere Laufzeiten für Atomkraftwerke würden den notwendigen Ausbau von Wind- und Sonnenenergie blockieren. Die Energieproduktion von Atomkraftwerken ist kurzfristig nur sehr begrenzt regelbar, ihre Energie verstopft das Stromnetz bereits jetzt für die Einspeisung vor allem aus Windanlagen.

Die Bundesregierung will die Reaktoren bis zu 28 Jahre länger am Netz lassen. Die Atomindustrie soll dafür einen Teil der entstehenden Gewinne abgeben. Die Konzerne haben eine Finanzierungskonstruktion vorgeschlagen, die eine Entscheidung für längere Laufzeiten im Falle eines Regierungswechsels praktisch unumkehrbar machen würde. Doch längere Laufzeiten bedeuten grössere Gefahr: Nach einer Statistik des Bundesumweltministeriums (BMU) vom Mai gibt es in älteren Atomkraftwerken deutlich mehr sicherheitsrelevante Defekte.

67 Prozent der Deutschen wollen am bestehenden Atomausstieg festhalten wird oder diesen sogar noch beschleunigen. Dies ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage von TNS-Emnid von Anfang Mai im Auftrag von Greenpeace.

„Eine Regierung muss dem Gemeinwohl dienen. Stattdessen reisst die Bundesregierung mit ihrer sturen Haltung in der Atomfrage wieder gesellschaftliche Konflikte auf“

sagt Riedl.

Berlin, 4. 6. 2010

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