IWF, EU und Banken erpressen Ungarn: Bankensteuer wieder in Frage gestellt

Ablauf in zeitlicher Reihenfolge.

Ende 2008 verabredet die *räusper* sozialistische Regierung Ungarns mit „Internationalem Währungsfonds“ (IWF) und „Europäischer Union“ einen allgemeinen Staatsabbau, um die Neuverschuldung („Staatsdefizit“) des Staates Ungarn im Jahre 2010 auf 3.8 Prozent und in 2011 auf unter 3 Prozent zu senken (offizielles Kriterium für den Beitritt zur Eurozone). Dafür werden Ungarn von EU und IWF 25,1 Milliarden Dollar versprochen, die in mehreren Raten ausbezahlt werden sollen.

April 2010: die Ungarn haben die Schnauze voll vom Raub ihres gesellschaftlichen Guthabens und der Zerstörung ihres ganzen Staates und schmeissen die „Sozialisten“ in höchstmöglichem Bogen raus. Die rechtskonservative Fidesz-Partei bekommt im zweiten Wahlgang die Zwei-Drittel-Mehrheit. Viele im ewigen Westen führen das auf die dumpfen xenophibischen Parolen zurück, mit denen auch die Fidesz wirbt und sehen dabei nur den kleinen Teil des Problems.

An die Regierung kommt also Viktor Orban (Fidesz).

Diesen Montag: die Orban-Regierung landet in Budapest einen Coup (leider keinen Überraschungscoup, dazu gleich mehr). Sie legt den Abgeordneten des Parlamentes den Gesetzentwurf einer Bankensteuer vor, die bereits diesen Montag (22.Juli) beschlossen werden soll. Einigermaßen geschickte Begründung der Fidesz-Regierung: man brauche Geld, um den mit IWF und EU beschlossenen Abbau der Neuverschuldung bei den Banken zu finanzieren. EU und IWF sind natürlich sauer, weil dort keine Sau den Abbau von Schulden, sondern ausschliesslich der Abbau des Staates durch sogenannte „Sparprogramme“ interessieren, zu denen man vorher alle anderen europäischen Staaten wie Griechenland, Italien, Spanien, Portugal, usw, erpresst hatte.

Besonders die Wiener Schlawiner unter der Bankenmafia fürchten nun um ihre Profite. Man hatte so schön in Ungarn profitiert. Was für ein Schmäh. (1)

Am Wochenende zuvor war etwas recht Ungewöhnliches passiert: der Internationale Währungsfonds (IWF) und die neue kapitalistische Sowjetunion „Europäische Union“ brechen die „Gespräche“ mit Ungarn ab. Erklärung: man glaube einfach nicht, dass die Regierung ihre Neuverschuldung auf 3.8 Prozent drücken werden, sondern man gehe jetzt – neuerdings, ganz plötzlich – davon aus, dass es in 2010 4.1 Prozent Staatsdefizit geben werde (2). Man verlange jetzt noch schärfere Maßnahmen zum Staatsabbau. Die zuvor der Vorgängerregierung für Folgsamkeit versprochenen 25,1 Milliarden Dollar würden nun gesperrt.

Alles deutet auf einen weiteren Beweis für die Formel „Wissen ist Macht, Vorabinformationen noch besser“. In entsprechenden Artikeln der Informationsindustrie wird natürlich der wahre Hintergrund verschwiegen und irgendein Mist erzählt.

Nach Öffnung der Geldmärkte am Montag verliert die ungarische Währung Forint gegenüber dem Dollar 2,7 Prozent an Wert. Der ungarische Aktienmarkt verliert zur Eröffnung 4,3 Prozent. Banken und Spekulanten verkaufen massiv Staatsanleihen Ungarns, deren Rückzahlungszinsen nun um mehr als 20 Basispunkte explodieren. Die Commerzbank lässt erklären (3):

„Offensichtlich ist der IWF mit der Politik von Ministerpräsident Viktor Orban unzufrieden“.

„Analysten“ wiederum erklären, dass „Investoren“ befürchten würden,

„dass Ungarn ohne weitere Unterstützung durch IWF und EU nicht zahlungsfähig bleibe“.

Weiterer Hintergrund ist die Forderung der ungarischen Regierung an die eigene Zentralbank, endlich die Zinsen zu senken um die eigene (Binnen)Wirtschaft zu entlasten. Doch die Zentralbank weigert sich und liess am Monat den Leitzins bei (vergleichsweise astronomischen) 5.25 Prozent. Pädagogisch wertvoll erklärte dazu die österreichische „Krone“ (4):

„Auch wenn Ungarn derzeit nicht unbedingt auf frisches Geld angewiesen sei, dürften dennoch die Refinanzierungskosten steigen. Das könnte nach Einschätzung von Analysten Zinserhöhungen notwendig machen und das Rating des Landes unter Druck bringen.“

Wie reagierte nun die rechte ungarische Regierung auf die Erpressung von IWF, EU, Banken und Informationsindustrie? Nun, sie reagierte wie eine linke Regierung. Sie unterwarf sich. Fast wie im Westen.

„Nach einem Warnschuss durch die EU-Kommission und den Internationalen Währungsfonds“, so die „Wiener Zeitung“ (5) vielsagend, habe Ungarns Finanz- und Wirtschaftsminister György Matolcsy am Montag Abend der Informationsindustrie mitgeteilt, dass Ungarn ab 2011 über die Inkraftsetzung der Bankensteuer noch einmal mit sich diskutieren ließe.

Vielleicht sollten die Völker der Welt, die ab und zu auch hier in Berlin reinschauen, sich einmal vorstellen, wie irgendein Banker, irgendein transnationaler IWF-Funktionär, irgendeine (Berliner) Butterbirne in den EU-Räten, oder irgendein Kommissar in Brüssel 1956 mal „Ich werde nie wieder versuchen ein Volk und sein Land zu verarschen“ an irgendeine Wand malen muss.

Das wäre ein Anfang.

Quellen:
(1) http://www.salzburg.com/online/nachrichten/wirtschaft/Ungarn-will-Bankensteuer-einfuehren.html?article=eGMmOI8VdSon3U0L6cvfd58svdNkbuALIDQT9S9&img=&text=&mode=
(2) http://www.ftd.de/finanzen/maerkte/anleihen-devisen/:schuldenkrise-angst-um-ungarn-pleite-drueckt-forint-auf-14-monats-tief/50146016.html
(3) http://www.focus.de/finanzen/finanz-news/ungarn-unterbrochene-kreditgespraeche-mit-iwf-und-eu-belasten-markt_aid_531937.html
(4) http://www.krone.at/Nachrichten/EU_sperrt_Ungarn_nach_Streit_Zugang_zu_frischem_Geld-Forint_unter_Druck-Story-210871
(5) http://www.wienerzeitung.at/default.aspx?tabID=3861&alias=wzo&cob=508120