In der gestrigen Sonntagsfrage bei Forsa kamen Bündnis 90/Die Grünen bundesweit erstmals auf 20 Prozent. In der Hauptstadt sind sie bereits gleichauf mit der SPD bei 27 %. Nach den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus im September 2011 könnte ihre Bundestags-Fraktionsvorsitzende Renate Künast dort Bürgermeisterin werden.
Nur – wer wird eigentlich der Kandidat bzw die Kandidatin der Partei für das Kanzleramt bei der nächsten Bundestagswahl?
Vorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen sind in gemeinsamer Doppelspitze Claudia Roth und Cem Özdemir. Kommen wir zuerst zu Cem Özdemir.
Cem Özdemir hat ein Problem: er spricht einfach zu gut deutsch. Zudem ist er auch noch intelligent und hat durchaus Witz und Charme im Umgang mit Menschen. Das widerspricht natürlich dem Klischee was von ihm erwartet wird. Insofern bringt er die Medienmechanismen unter dem deutschen Obergesetz (der Gewohnheit) auch im 21.Jahrhundert schlicht durcheinander. Was aber aus politischer Sicht gegen ihn spricht, ist, dass er offensichtlich unter Kommando agiert. Und zwar unter Kommando seiner transatlantischen Interessengruppen, deren Mitglied er ist.
Völlig sinnlos und unerklärlich trat Özdemir, bereits zu diesem Zeitpunkt eines der größten politischen Talente der Republik, nach den Bundestagswahlen 2002 sein Abgeordnetenamt nicht an. Bis heute bleibt der Eindruck – ein Muslim durfte einfach nicht nach vorne, in der weltweiten Hysterie nach den Attentaten des 11.Septembers 2001 auf dem Boden der USA.
Nach dem Nichtantritt seines Abgeordnetenmandates blieb Özdemir, ebenso bizarr, politisch völlig im Schatten und legte sich quasi selbst still – oder wurde stillgelegt. Nach der Wahl des Einwandererkindes Barack Obama zum Präsidenten der USA dann, wie auf Knopfdruck, die Wende: Cem Özdemir durfte wieder. Nur wurde er nicht gewählt, in seiner Partei. Nicht wirklich.
Cem Özdemir wurde 2008 nur deshalb aus dem Nichts heraus plötzlich Bundesvorsitzender der Partei, weil sein Gegenkandidat Volker Ratzmann, Fraktionsvorsitzender der Berliner Grünen im Abgeordnetenhaus, plötzlich zurückzog. Der Westberliner Altlinke Ratzmann, aus Hausbesetzer- und Anti-Atom-Bewegung stammend, gab „persönliche Gründe“ dafür an. Bis heute bleibt der Eindruck eines typischen erpressten Schachzugs im Berliner Machtkarussell, auf dem (neben den Spionen mit ihrem reichen Aktenfundus) auch internationale Pferde immer wieder gerne mitfahren. Manche sagen sogar, diese säßen immer noch im Schalterhäuschen und verschenkten auch mal Karten, anstatt sie zu verkaufen.
In 2009 will Cem Özdemir, trotz Kampagne, trotz einer ganzen Kanonade von Presseauftritten und Selbstdarstellungs-Shows quer durch die ganze Informationsindustrie und trotz erheblichen Drucks aus der Berliner Parteizentrale, der Landesverband der Grünen in Baden-Württemberg keinen sicheren Listenplatz für die Bundestagswahl 2009 schenken. Cem Özdemir ist heute kein Abgeordneter des Bundestages.
Politisch gesehen ist er, wie der Rest der Nomenklatura seiner Partei, strammer Verfechter der menschgemachten Erwärmung des Planeten Erde durch Ausatmen und sonstige CO2 Produktion des Homo, Verzeihung, Herren und Damen Sapiens. Sonne, Magnetismus, ja das Universum selbst erblassen natürlich vor diesem Altar der neuen Postmoderne. Schnell noch ein „Amen“, nein, ein „Bio“ gehaucht, aber nicht zu dolle, der Planet könnte sonst vom Atemhauch noch Fieber kriegen, vor lauter Überbevölkerung.
Natürlich gilt es auch den Supra- und Transnationalismus hochzuhalten. Die neue kapitalistische Sowjetunion in Europa, die 1992 geschaffene „Europäische Union“, fordert täglich Gehorsam und Tribut. Und das ist selbstverständlich alles auch gut so, liebe Freundinnen und Freunde. Denn was ist schon die ganz normale Demokratie gegen so einen hübschen Brüsseler Plutokraten-Haufen, der einen in die „europäische Integration“, in die Entstaatlichung der Staaten zugunsten der Banken und Konzerne scheucht?
Dass diese Deppenhypnose nur bei systemisch beschämten Eingeborenen und deren genetisch schröcklich gefährlichen, quasi natur-nationalistischen Kindern wirkt, aber z.B. an in der Weltstadt Berlin aufgeweckten Geistern zugewanderter Herkunft mit Karacho vorbei schrammt, will gerade der Nomenklatura von Bündnis 90/Die Grünen irgendwie nicht einleuchten. Da muss wohl die Wattzahl noch ein wenig angehoben werden. Auf Gequatsche und Diktatur können die Deutschen pfeifen, ganz egal wer ihnen da wieder mal irgendetwas andrehen will. Was zählt, ist das Grundgesetz. Und damit Schluss.
Kommen wir zu Claudia Roth. Über sie ist ja wirklich schon viel geschrieben worden. Aber noch niemand hat behauptet, dass diese Frau von irgendjemandem kontrolliert würde. Das wurde sie schon nicht, als sie Tourmanagerin von Ton Steine Scherben war, wie glaubhafte Gerüchte besagen.
Das könnte den Ausschlag geben: eine Kanzlerkandidatin, die auch mal emotional sein kann, eine Kanzlerkandidatin, die auch mal Fehler machen kann, aber eine Kanzlerkandidatin, an der nicht nicht irgendwelche Spindoktoren ihre Doktorspielchen betreiben, die sich nicht vor irgendeinen Meister auf einem Hohen Stuhl wirft, sondern die letzten Throne der Republik in die Museen stellt, wo sie hingehören; eine Kanzlerkandidatin, die nicht erst zu diesen und jenen Apparatschiks rennt um sich ihre Order abzuholen, sondern ihren eigenen Kopf hat und ihre Sache durchzieht. Dann kann das eben auch mal die Klimareligion sein, bitte. Das fällt dann unter Religionsfreiheit.
Allein schon der Antritt eines Kanzlerkandidaten bzw einer Kanzlerkandidatin von Bündnis 90/Die Grünen zur nächsten Bundestagswahl würde vieles verbessern. Vor allem könnte es die Dinosaurier von SPD, CDU und CSU von ihrem abgestammten Futternapf verscheuchen, den sie sich seit über 60 Jahren immer gütlich, immer kompromißbereit und in den letzten 12 Jahren verwechselbar geteilt haben.
Oder soll das hier vielleicht nochmal 10.000 Jahre dauern? Das hält dann aber wirklich kein Sapiens mehr aus hier.