Bundespräsident Wulff hat recht: ein Land voller Karrieristen

Christian Wulff beklagte, dass es zuviel Misstrauen gegen Politiker und Parteien in Deutschland – viel mehr als früher – geben würde und hat vor, deren Ansehen in der Bevölkerung wieder zu heben und diese „Gräben“ zu schliessen.

Wulff machte als Ursache dafür Spott gegenüber dieser ins Amt gewählten oder bestellten berufenen Berufsgruppe aus und sagte

„Heute begleitet auch die Politiker viel Häme, viel Spott und viel Misstrauen – mehr als früher, und das kann so nicht bleiben.“

Dass es sich dabei um tiefste Enttäuschung, Verachtung, verzweifelte Wut und Ohnmächtigkeit der Bevölkerung gegenüber einer Politik handelt, die sich bei jeder neuen Wahl im doppelten Sinne ratlos fragt, welches ist das kleinere Übel für mein Kreuz – das sagte der neue Bundespräsident nicht, und schon gar nicht suchte er die Gründe dafür zu benennen. Als höchster Repräsentant des Staates müsste man sich schon tiefergreifende Gedanken über die Ursachen machen und auch deutlich sagen.

Die Partei der Nichtwähler in Deutschland wird derweil immer grösser, die Umfrageergebnisse für die Etablierten rauschen rasant abwärts Richtung absoluter politischer Nullpunkt. Dieser kennzeichnet den Zustand der Bedeutungslosigkeit.

Wulff beklagte, dass Demokratie nur funktioniere, wenn „Menschen Verantwortung übernehmen und nicht jeder Politiker als Karrierist verhöhnt werde.“

Bedauerlicherweisse sind sie es. Vereinzelte rühmliche Ausnahmen brauchen sich ja nicht angesprochen fühlen. Joschka Fischer (Grüne), Gerhard Schröder (SPD) als Vertreter der Gilde als ein Aussenminister und ein Bundeskanzler sind die populärste Spitze des bundesdeutschen Eisbergpalastes und Roland Koch soll ja nun als ehemaliger Ministerpräsident von Hessen Chef von Bilfinger werden. Das Gerücht liess gestern die Aktie der Firma anklettern – warum eigentlich, darf man da wohl recht misstrauisch fragen. Welche Auftragsgarantien stecken denn dahinter, um diesen Börsen-Optimismus zu verbreiten? Ist das etwa keine Vetternwirtschaft?

Warum bloss gehen diese Herren – wenn es schon die Industrie sein muss – nicht in eine Fabrik und unterstützen am laufenden Fliessband in eine Kartoffelerntehalle den wirtschaftlichen Aufschwung der Bundesrepublik? Wahrscheinlich lohnt es sich nicht für sie, im Billiglohnsektor dafür auch nur die Schuhe anzuziehen.

Wulff, dessen Heimat die Christdemokraten waren, meinte mit sehr viel überzeugendem Pathos:

„Für dieses unser Land haben wir die Verantwortung. Wir haben kein anderes Land, es ist unser Land, aus dem müssen wir gemeinsam etwas machen.“

Dem kann man nur aus tiefster Seele beipflichten. Alle wollen das. Konkrete Pläne zur Verbesserung der Gesellschaft machte der Bundespräsident nicht, aber das macht nichts. Jeder ist gern dabei behilflich, Verantwortung zu zeigen, damit dieser unerträglich beissende Spott endlich aufhört, der die Republik mit höllischem Gelächter erfüllt.

Zunächst gilt es nun, um gemeinsam das Ziel des Bundespräsidenten zum Erfolg führen zu lassen, sämtliche Nebeneinkünfte oder Lobbyarbeit der verschmähten Bürokraten offenzulegen und zu verbieten. Schliesslich soll der Politiker bei seiner Aufgabe sein Bestes geben und sich nicht ablenken lassen. Die meisten sind sowieso keine Turbohelden, weder von der körperlichen noch intellektuellen Konstitution her, mehrere Jobs in einer so hohen Güte ausüben zu können wie manche hoch vergütet bekommen, oftmals sogar mehrere als der Tag Minuten dafür übrig hätte. Und fürs Nichtstun Geld zu kassieren gilt erst recht nicht – so etwas nennt man Sozialschmarotzer. Dieser von ihnen selbst erfundene Begriff, um Erwerbslose als eine minderwertige Klasse zu stempeln erweist sich hier doch eher als Bumerang.

Ist diese Sache bereinigt, wird der Bundespräsident als nächstes für den Wiederaufbau von Demokratie und Land zum Wohle aller dahingehend unterstützt, dass die Bundeswehr und Spezialeinheiten sofort aus ihren irrsinnig teuren Auslandseinsätzen zurückberufen werden. Kostenintensive Rüstungstechnik wird storniert und der Wiederverwertung zugeführt. Schwerter zu Pflugscharen nennt man das – ein uralter biblischer Spruch, der in der Friedensbewegung der DDR zu ihrem verfolgten Symbol wurde.

Die eingesparten militärischen Gelder werden zum Zwecke der Bildung für alle Bevölkerungsschichten umgeschichtet.

Als dritter Punkt werden gemeinsam mit dem Bundespräsidenten alle misstrauischen Massnahmen und Gesetze zurückgenommen, die eine misstrauische Regierung gegen ihre ihr gegenüber misstrauische Bevölkerung erlassen hatte. Da diese so vielfältig sind, sollen als anregende Beispiele die Datenvorratsdatenspeicherung, biometrische Ausweise, Fingerabdruck im Reisepass, elektronische Krankenkarten, ELENA, Idendifikations-Nummer, das SWIFT-Abkommen, Nacktscanner, öffentliche Videokamera-Überwachung und so weiter hier genügen. Es gibt tatsächlich viel zu tun, was die Politiker der letzten Jahre so mit dem Aufweichen der Bürgerrechte und dem ständigen Änderungen im Grundgesetz angerichtet haben.

Nun kann man an dieser Stelle nicht alles aufführen, was gemeinsam mit dem Bundespräsidenten dann an weiteren Aufgaben angepackt werden wird. Die Bankenrettung zur Rettung des Ansehens der Politiker gehört gewiss nicht dazu.

Auf alle Fälle wird Christian Wulff nach der Lösung als dieser Herausforderungen bestimmt keinen Grund mehr zur Klage haben, dass keiner die Politiker ernst nimmt. Das kabarettistische Vergnügen wird mit Sicherheit auch ein anderes werden.

Quelle: http://www.abendblatt.de/politik/deutschland/article1606475/Wulff-kritisiert-Haeme-gegen-Politiker.html

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert