Ugandas bahnbrechendes Urteil des Verfassungsgerichts für Rede- und Pressefreiheit

Die weisen Richter: jeder kann laut Verfassung seine Meinung sagen, sei es in hochgebildeter geschliffener oder rülpsig ungeschliffener Gossensprache – schliesslich gibt es verschiedene Orte der Herkunft, Paläste oder Slums – auch ein Vorwurf des Mordes aus politischen Motiven gegen die Regierung gilt seit gestern wieder in Uganda als Meinungsfreiheit und wäre ansonsten eine Gefahr für die Demokratie.

Am Mittwoch, den 25.August 2010 gab das Verfassungsgericht in Uganda seine Entscheidung über das „Gesetz der Aufwiegelung der Nation“ bekannt, die vom Rechtspfleger des Gerichtshofs, Asaph Ntengye Ruhinda vorgelesen wurde und in der es heisst, dass dieses Gesetz fundamentale Grundrechte der Rede- und Meinungsfreiheit verletzen würde.

Bürgerrechtsaktivisten hatte geklagt, dass die aufeinanderfolgenden Regierungen dieses Gesetz der Volksverhetzung angewandt hatten, um kritische Journalisten und politische Meinungen zu unterdrücken. Präsident Yoweri Kaguta Museveni ist seit 24 Jahren, seit dem 26. Januar 1986 im Amt und es wird erwartet, dass er von seiner Partei, der National Resistance Movement (NRM) für eine vierte Amtszeit im nächsten Jahr zu den Präsidentschaftswahlen zur Kandidatur vorgeschlagen wird.

Das alte Gesetz stammt ursprünglich noch aus der Kolonialzeit und beinhaltete, dass das Verlagswesen und der Rundfunk keine Worte sagen dürfen, die Hass wecken und die Präsidentschaft in Verruf bringen. Im Jahr 1995 erst wurde es als Bestandteil in die Verfassung aufgenommen.

Die fünf Verfassungsrichter George Engwau, Konstanz Byamugisha, Stephen Kavuma und Augustinus Nshimye Sebuturo unter Vorsitz von Laetitia Kikonyogo stimmten den in einer Petition zum Ausdruck gebrachten Argumenten zu, die vor vier Jahren von dem East African Media Institute (EAMI) eingereicht worden war und von dem bekannten ugandischen Journalisten Andrew Mwenda, dem Besitzer des Independent Magazine. unterstützt wurde, dass es gegen die Rechtsstaatlichkeit und die verfassungsmässig garantierten Freiheiten verstösst.

Die Richter stellten fest, dass das Gesetz über Volksverhetzung zu breit auszulegen war und am Ende jedermann belasten würde. Sie sagten, dass die Menschen ihre Gedanken je nach ihrer Geburt, Erziehung und Bildung ausdrücken:

„Während ein Kind, dass in einer Elite und gottesfürchtigen Gesellschaft aufwächst wissen kann, wie es einem älteren oder einem Führer höflich zu begegnen hat, kann sein Gegenstück, das in den Slums gross geworden ist, ärgerliche und unhöfliche Kommentare in gutem Glauben abgeben, so wie man eben ihm selbst sich gegenüber auszudrücken pflegte.“

Weiterhin stellte das Verfassungsgericht fest, dass verschiedene Gruppen von Menschen in der Gesellschaft im Rahmen der Verfassung die gleichen Rechte geniessen.

Nach der Verkündung des Urteils feierten im Hof des Gerichtes die Bürgerrechtler diesen Sieg. Der Anwalt für das EAMI, Kenneth Kakuru teilte mit:

„Wir argumentierten, dass das Gesetz über Volksverhetzung unvereinbar mit den verfassungsrechtlichen Freiheiten und das es ein Schutzschild für unverantwortliche Politiker vor Kritik ist. Diese Situation ist nicht mit einem demokratischen System vereinbar und die Richter teilten unsere Ansicht.“

Über ein Dutzend Journalisten und fünf Politiker, darunter der prominente Oppositionspolitiker Olara Otunnu, sind zur Zeit mit anhängigen Verfahren wegen Aufruhrs von Gerichten konfrontiert. Angelo Izama, Journalist bei einer lokalen unabhängigen Tageszeitung, dem The Monitor sagte, die Entscheidung ist ein weiterer Schritt in den fortgesetzten Bemühungen, dagegen anzukämpfen, dass der Staat das gerichtliche System dazu benutzt, kritische Medien abzuwürgen und die öffentliche Debatte über politische Fragen zu beschneiden.

„Die Justiz hat Beinfreiheit von ihrer Einengung bekommen und dies ist ein grosser Schritt, aber natürlich erwarten wir, dass jetzt die anderen archaischen und zweifelhaften Gesetze, um die unabhängigen und kritischen Medien zu regieren, überprüft werden.“

meinte Izama. (1) Die Petition hatte sich auch gegen das Gesetz des Sektierertums gerichtet. Bei der gestern erfolgten Urteilsverkündung war es nicht Teil der Verhandlungssache gewesen.

Andrew Mwenda reichte Verfassungsklage ein, nachdem ihn das Chief Magistrate‘s Court in Nakawa wegen seines Auftritts in einer Talk-Show auf 93.3KFM der Volksverhetzung angeklagt hatte.

In der Sendung hatte Mwenda den Präsidenten Yoweri Museveni und die Regierung angegriffen und ihnen das Herbeiführen des Todes des sudanesischen Vizepräsidenten John Garang vorgeworfen und gesagt, dass Garangs Sicherheit durch „unsere Regierung“ in Gefahr war. Garang starb am 30.Juli 2005 bei einem Flugzeugabsturz in den südsudanesischen Imatong Hills, als er nach einem Treffen mit Präsident Museveni in einem Mi-172 Hubschrauber wieder nach Hause geflogen war. Der Journalist sagte in der Sendung, dass die Regierung den Tod mit Absicht herbeigeführt oder durch ihre Inkompetenz verursacht hatte. Weiter sagte Mwenda dort über Museveni:

„Dieser Mann hat die Universität besucht, warum kann er sich nicht wie ein gebildeter Mensch verhalten? Warum benimmt er sich wie ein Dorfbewohner? Museveni kann mich nie einschüchtern. Er kann nur sich selbst einzuschüchtern.

Der Präsident ist immer ein Feigling. Er führt kugelsichere und gepanzerte Autos ein und versteckt sich hinter einem Berg von Soldaten. Das ist keine Sicherheit, das ist Feigheit.“

Auf Mwendas Fall bezogen, sagten die Richter, dass der Staat nicht nachweisen konnte, ob die Verfassung durch seine Reden verletzt wurde. Das Urteil bedeutet, dass die Verfahren gegen Mwenda nicht fortgesetzt werden können.

„Ich bin glücklich, dass das Gericht zu unseren Gunsten entschieden hat. Ich bin mit 25 Fällen vor Gericht gezogen worden, 17 wurden wegen Volksverhetzung eingeleitet und 8 wegen der Förderung des Sektierertums. Die 17 Fälle sind jetzt nicht mehr. Ich bin sehr glücklich darüber.“

freute sich Mwenda und sein Rechtsanwalt, James Nangwala kündigte einen Appell an den Obersten Gerichtshof an, um das Gesetz des Sektierertums ausser Kraft zu setzen. Die Generalstaatsanwältin Patricia Mutesi teilte mit, dass der Staat sich auch mit einem Appell an das Gericht wenden wird. (3)

Der Pressesprecher des sich wie ein Militärdiktator von US-Gnaden aufführenden Präsidenten Tamale Mirundi drehte die Niederlage der Regierung dreist um und auch hier tönt es sinngemäss aus dem Präsidentenpalast – die nächsten Wahlen stehen vor der Tür:

„Hurra, was für ein Sieg! Was für ein Tag für die Demokratie!“

„Das Urteil zeigt, dass wir uns in Richtung eines demokratischen Systems bewegen.“ sagte Mirundi und orakelte:

„Aber das Aufheben des Gesetz bedeutet nicht, dass jeder den Präsidenten in der Presse verleumden kann. Andere Mittel zu seinem Schutz sind getroffen worden. By the way, er kann als Individuum niemanden verklagen, der Schund gegen ihn schreibt.“

Um genau welche „andere Mittel“ es sich handelt, führte der Präsidentensprecher nicht weiter aus…

Quellen:
(1) http://af.reuters.com/article/ugandaNews/idAFLDE67O1RS20100825?pageNumber=1&virtualBrandChannel=0
(2) http://www.newvision.co.ug/D/8/13/729921
(3) http://www.google.com/hostednews/ap/article/ALeqM5imvocnd5fFigilAXBsRtLt9k57cwD9HQJTKG0