Auflösung des kolumbianischen Geheimdienstes DAS – Ex-Vizechef Lagos wandert hinter Gitter
Umstrukturierung und Neugründung der Spionageabteilung. Diese geheime Bande Departamento Administrativo de Seguridad (DAS), die aus dem Anti-Drogen-Budget der USA mitfinanziert wurde, ist nie reformfähig und demokratisch kontrollierbar – wie keine ihresgleichen es jemals sein wird, es ist ein Widerspruch in sich, denn auch dort gilt: „Der König ist tot. Es lebe der König!“
República de Colombia – hierzulande als Kolumbien bekannt, ist eine Präsidialrepublik. Die meisten verbinden mit dem Land Diktatur, Terror, Drogenkriege, mafiöse Zustände, Bürgerkriege, Vernichtung von Minderheiten und Andersdenkenden, Finanzierung durch die USA, um Kolumbien als ein Bollwerk und für Stützpunkte des US-Militärs zu vereinnahmen – zu Recht.
Trotz einer grenzenlosen Korruption und Einschüchterung von Beamten gerade bis in die höchsten Regierungskreise gibt es einen demokratischen Hauch von Recht in diesem Land und es hat immer noch seinen Obersten Gerichtshof, den Corte Suprema de Justicia (CSJ), das Gegenstück zu dem deutschen Verfassungsgericht – das sich im Gegensatz zu dem kolumbianischen, völlig freiwillig entmachten lässt und dem Diktat der Gesetze der Europäischen Union unterwirft und somit die Souveränität des deutschen Staates, das gesamte Volk und die Demokratie in diesem Land verrät.
In Kolumbien laufen zur Zeit Prozesse gegen elf Mitarbeiter des kolumbianischen Geheimdienstes DAS und Überprüfungen zur Befehlsstruktur der Geheimdienstbehörde, darunter gegen vier ehemalige Chefs wegen des Abhörskandals, der vielen Verstrickungen des Dienstes mit Paramilitärs und der Drogenmafia sowie auch gegen leitende Beamte der Zentralregierung, Tausende Bürger wurden illegal in einem grossangelegten Lauschangriff zwischen 2005 und 2010 abgehört. Die Ermittlungen ergaben bisher, dass die Auftraggeber direkt im Präsidentenpalast von Àlvaro Uribe zu suchen sind.
Die kolumbianische Justiz nahm ihre Ermittlungen auf, nachdem mehrere Zeitungsberichte Anfang 2009 zu den Ahörskandalen veröffentlicht worden waren.
Während der Ermittlungen der Generalstaatsanwaltschaft sollen mehrere Geheimdienstmitarbeiter, die in der Angelegenheit aussagen sollten, Morddrohungen erhalten haben und eine Granate wurde auf das Haus eines Zeugen des Prozesses geworfen. (1)
Der ehemalige stellvertretende Direktor des kolumbianischen Geheimdienstes Contrainteligencia del Departamento Administrativo de Seguridad (DAS), Jorge Alberto Lagos wurde am Freitag, den 28.August als Hauptverantwortlicher von einem Gericht in Bogotá zu acht Jahren Haft verurteilt. Lagos hatte gestanden, Journalisten, Oppositionelle und Richter unter seiner Leitung ausspionieren und abhören zu lassen und dass der Oberste Gerichtshof diskreditiert werden sollte:
„Debo decir que el objeto de esas investigaciones era desacreditar a esa Corte.“
Gerade die Richter und Mitarbeiter des Obersten Gerichtshofs als Hüter der demokratischen Ordnung waren das bevorzugte Ziel des Ex-Präsidenten Alvaro Uribe, der eine diktatorische Staatsregierung bevorzugte und das ihm im Wege stehende Verfassungsgericht mit aller heimtückischer Gewalt zu zähmen suchte, sozusagen einen zahnlosen alten dressierten Tiger aus ihm zu machen, dem vor Gier nach seiner Belohnung für unterwürfigen Gehorsam der Geifer aus den Lefzen sabbert, dessen starker Wille bis zur Selbstaufgabe vom Dompteur gebrochen wurde.
Sehr zu empfehlen wäre dem 2.Senat des hiesigen Verfassungsgerichtes die gegenwärtigen Prozesse in Kolumbien genau zu studieren, was Abhörmassnahmen durch Geheimdienste und vor allem die Unterwerfung unter einen anderen Souverän ausser dem von ihnen zu schützenden Grundgesetz anbelangt, dass nach und nach den Eindruck eines löchrigen hohlen Käses annimmt, über den eine Schar Ratten hergefallen ist. Der Begriff „kolumbianische Vehältnisse“, den jeder kennt, ist zum Synonym geworden und bezeichnet mafiöse Zustände in allen Bereichen der Politik und Wirtschaft.
In Kolumbien wurden Dokumente sichergestellt, in denen penible Dossiers über jeden einzelnen Richter des Obersten Gerichtshofs zur Verfassungsmäßigkeit der Wiederwahl Uribes aufgelistet war. (Radio Utopie: 27.02.2010 „Uribes Wiederwahl zum Präsidenten von Verfassungsgericht in Kolumbien abgelehnt“) Ein hoher Beamter des Geheimdienstes sagte im Prozess als Zeuge aus (2)
„Die Anweisungen kamen vom Generalsekretär der Präsidentschaft. Alle Informationen wurden ans Präsidialamt geschickt.“
Sogar der kolumbianischen Staatsanwaltschaft reichte das Strafmass des Gerichtes zu einem achtjährigen Knastaufenthalt für den ehemaligen Vizedirektor des kolumbianischen Geheimdienst DAS nicht aus – und legte Berufung gegen das verhängte Urteil wegen dessen Unverhältnismässigkeit ein. Sie ermittelt in diesem Zusammenhang wegen „Bildung einer kriminellen Vereinigung“, bei der Sabotage, Erpressungen, Bedrohungen und nichtgerechtfertigte Unterstellungen der von ihr „Verfolgten“ als Unterstützer von bewaffneten Aufständigen gegen die Regierung deklariert wurden, um diese auszuschalten. Als Grund für die Berufung gab der Staatsanwalt Miguel Carvajal an, dass das Urteil nicht im Einklang mit dem Grundsatz der Legalität steht, weil die Verbrechen nicht einzeln aufgelistet wurden, dh., es wurde nicht erwähnt, was das Strafmass für jedes einzelne Vergehen war und dass die Schäden für die Opfer nicht berücksichtigt wurden. (3)
Aus den gerichtlichen Akten geht hervor, dass deutsche Dienste um Mitarbeit gebeten wurden und Informationen über die Kontakte kolumbianischer Politiker im Ausland an den DAS übermitteln sollten.
Um das EU-Parlament von Nachfragen zu der Ermordung von Gewerkschaftern oder Verbindungen von Politikern mit Paramilitärs abzuhalten, gründete der DAS eine angebliche Nichtregierungsorganisation, um in Europa unauffällige Propaganda und Desinformationen für Uribes Kabinett zu verbreiten.
Vor kurzem wurde durch den Druck auf die neue Regierung von Juan Manuel Santos eine Abschaffung des DAS angekündigt.
Der neue Direktor Felipe Muñoz des DAS stellte fest, dass dieser „nicht reformierbar“ sei. Er soll nun aufgelöst und in anderen Strukturen als ein neuer Geheimdienst gegründet werden. Der Minister des Innern und der Justiz, Germain Vargas sagte
„Estas facultades involucran para el Gobierno la posibilidad de reestructurar esa entidad (DAS) (…) cuando digo reestructurar es crear una nueva (agencia estatal de inteligencia) y liquidar la actual.“
Dass in Kolumbien ein Ministerium für beides, Inneres und Justiz zuständig ist, öffnet Missbrauch Tür und Tor und gehört ebenfalls reformiert – man stelle sich einmal vor, Wolfgang Schäuble wäre jahrelang Innen- und zugleich Justizminister gewesen. Wie es da heute um den Zustand der Bürgerrechte, die auch jetzt permanent verteidigt werden, bestellt gewesen wäre – nicht auszudenken.
Die Auswirkungen des Schreckensregimes Uribes der vergangenen Jahre in Kolumbien unter US-Beteiligung mit seinem Terror ist in den folgenden Artikeln aus dem Radio Utopie-Archiv in Ansätzen nachzulesen. Das ganze Ausmass würde Bände füllen:
25.08.2010 Zwei Menschenrechtsaktivisten in Kolumbien ermordet
18.08.2010 Verfassungsgericht Kolumbien: US-Basen ohne Legitimation im Land
11.08.2010 Protest gegen UNO-Job für Álvaro Uribe
26.05.2010 Kolumbiens Geheimdienst spioniert in EU
19.05.2010 Kritik an EU-Freihandel in Madrid
30.04.2010 Überraschung im kolumbianischen Wahlkampf
25.03.2010 Vereinte Nationen: Kolumbiens Geheimdienste ausser Kontrolle
09.03.2010 Annahme der Klage gegen US-Stützpunkte in Kolumbien vom Verfassungsgericht in Bogota
27.02.2010 Uribes Wiederwahl zum Präsidenten von Verfassungsgericht in Kolumbien abgelehnt
27.12.2009 Negative Sozialentwicklung in Kolumbien
20.12.2009 Indigenes Pflegeheim in Militärbasis
13.12.2009 Dimensionen eines Völkermords
29.10.2009 Alle drei Tage ein politischer Mord
29.09.2009 Venezuela ermittelt gegen kolumbianischen Geheimdienst
20.09.2009 Bedrohung aus Kolumbien
05.04.2007 Interpol: ex-Soldaten aus Israel bildeten Todesschwadronen in Kolumbien aus
Quellen:
(1) http://amerika21.de/meldung/2010/08/12168/chuzadas
(2) http://derstandard.at/1282978443670/Geheimdienst-wird-aufgeloest
(3) http://www.vtv.gov.ve/noticias-internacionales/42896