BP-Ölkatastrophe im Golf: „Nicht sichtbar“ bedeutet nicht „Nicht existent“
Kein Grosskonzern auf dieser Welt gibt freiwillig Unfälle mit katastrophalen Umweltauswirkungen zu sondern nur diejenigen, die nicht länger vor der Öffentlichkeit abzustreiten sind und nachgewiesen werden. Ansonsten wäre er kein concern, denn ausser Gesellschaft im Sinne einer Firma bedeutet das Wort auch Sorge und bei einem Grosskonzern sind das eben verdammt heftige und berechtigte, zumal dann, wenn dieser durch voreingenommene Regierungsvertreter gedeckt wird, die eine „Aktie“ an ihm haben.
Um die Auswirkungen der Ölpest durch die Explosion auf der BP-Plattform Deepwater Horizon im Frühjahr ist es in der Presse ruhig geworden, dass Interesse ist erloschen.
Im Golf von Mexiko in der West Bay, südwestlich der Mündung des Missisippi, wurden in der vergangene Woche riesige Flächen mit gelb-orange gefärbten Schwaden an der Wasseroberfläche von Schiffen entdeckt, die im Auftrag des Energiekonzerns BP Kontrollfahrten und Reinigungsarbeiten unternehmen. Das betroffene Gebiet soll eine Fläche von 35 Quadratmeilen eingenommen und die gelben Verfärbungen eine Woche lang wegen der ruhigen See vorhanden gewesen sein. Ein Kapitän berichtete, dass einige Streifen bis zu 400 Meter breit und eine Meile lang waren.
Ein Foto von Matthew Hinton vom 22.Oktober mit den meilenweit dahintreibenden Schwaden ist unter diesem Link veröffentlicht.
Der Kommandant der Küstenwache, Chris O‘Neil, teilte mit, dass daraufhin ein Ermittler für Umweltverschmutzungen der Küstenwache in der Nähe der Einmündung des Tiger Pass bei Venice Proben entnommen und in ein Labor zur Untersuchung geschickt habe. Die Ergebnisse müssten nun abgewartet werden, aber nach ersten Augenschein wäre dieser der Ansicht, dass es sich um Algenblühen handeln würde. (1)
Im August des vorigen Jahres wäre es am Mississippi-Delta auch zu einer roten Algenblüte gekommen, die entlang der Küste von Florida vom Frühjahr bis zum Herbst nicht ungewöhnlich wäre, wenn nährstoffreiches Wasser aus dem Missisippi in den erwärmten Golf strömt. Auch wenn die Temperaturen am Golf von Mexiko etwas höher ausfallen als in unseren Breiten, darf man allerdings nicht vergessen, dass der Kalender in einer Woche den November anzeigt.
Der Kapitän eines der Schiffe, die im Auftrag von BP die Beobachtung des Meeres durchführen und aus Furcht, den Vertrag mit dem Konzern zu verlieren, anonym bleiben will, ist allerdings anderer Ansicht als der Beamte der Küstenwache und sagte am Samstag, den 23.Oktober in der Times-Picayune:
„Ich habe noch nie Algen gesehen, die orange aussahen, die klebrig waren, nach Öl rochen und so am Bootsrumpf hafteten, dass sie nur mit Hilfe von Lösungsmitteln zu entfernen waren. Wir werden den Laborbericht abwarten. Unabhängig davon haben wir auch Proben zur Analyse eingesandt.“
Die Kapitäne der Boote sagten am Freitag, dass sie frustriert darüber wären, dass sie seit den Sichtungen vor einer Woche nichts von der Küstenwache über die Ergebnisse zu hören bekommen haben.
Ein Sprecher der Küstenwache sagte am Freitag, dass sein Büro nichts über Berichte wisse, in denen von dem Auftauchen grosser Flächen aus verwittertem Öl im Golf die Rede ist. Die einzige Meldung über Sichtungen in der West Bay wäre die Nachricht eines Krabbenfischers über eine „10-by-10 area“ von Schaum und Öl, die im Houma Büro eingegangen wäre.
O‘Neil sagte, dass die Küstenwache ihre Überprüfungen seit Mittwoch intensiviert und mit einem Flugzeug die Gegend überflogen hat. Dabei wurden die Schwaden im Golf gesichtet. Die Beobachter an Bord waren der Ansicht, dass es sich dem Augenschein nach – aus dieser grossen Höhe – um Algenblühen handeln würde.
Ein ausgesandtes Boot, dass vor Ort Proben entnehmen sollte, musste jedoch wegen der rauhen See (der Tropensturm Richard düste zu dieser Zeit über den südlichen Golf) wieder umkehren, so O‘Neil und dass seine Aussagen damit aber nicht die Veröffentlichung in der Times-Picayune stützen würden, weil der Sprecher der Küstenwache, der auf Fragen geantwortet hat, in dem Büro von Unified Command angestellt ist, das in New Orleans zwar ansässig, sich aber nicht im selben Gebäude wie das Büro des New Orleans Sector befindet.
Das Unified Command hat keine Berichte von irgendeiner Art von Verschmutzungen im Golf von Mexiko und keinerlei Aktivitäten in irgendeinem Sektor dort ausgeführt, hiess es.
Die Nachrichten über das Öl kamen drei Tage, nachdem der zuständige Verbindungsoffizier der Küstenwache zur Bundesregierung, Konteradmiral Paul Zukunft und sein führender wissenschaftlicher Berater, Steve Lehmann mitteilten, dass die Untersuchungen der National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) ergeben hätten, dass nur wenig Öl der durch die Ölkatastrophe der BP-Plattform ausgetretenen 210 Millionen Gallonen in der Golfregion – im Wasser und auf dem Meeresgrund, verblieben wäre. Lehmann verwies dabei auf die umfangreichen Tests der National Oceanic and Atmospheric Administration, die die Entnahme von Proben zur Untersuchung nach Ölrückständen mit Wasser aus verschiedenen Tiefen sowie die Sammlungen von Sedimenten weit vor der Küste und nahe der Küste durchgeführt hätte.
Dem gegenüber stehen Aussagen von Fischern und Umweltorganisationen, die mit diesen immer wieder solche Behauptungen mit Berichten von persönlichen Sichtungen von auf der Wasseroberfläche schwimmendem Öl in der Golfregion und von angespülten Ölklumpen an den Stränden widerlegten.
NOAA ist eine Behörde des Handelsministeriums der Vereinigten Staaten und somit keine unabhängige Organisation. Präsident Barack Obama hat alles unternommen, die Auswirkungen der Ölkatastrophe herunterzuspielen und dazu auch aus PR-Gründen mit seiner Tochter im Sommer ein Bad an der ölverseuchten Küste genommen und mit seiner Familie am Strand diniert – angeblich bestand das Mahl aus frischen lokalen Meeresfrüchten. Ein Foto von diesem „hochwichtigen“ Wochenende dazu war auf der Webseite des Weissen Hauses veröffentlicht.
Robert Barham, der Sekretär des Louisiana Department of Wildlife und Fischerei sagte, wenn die Sichtungen von seiner Behörde bestätigt werden, müsse dieser Bereich für die Fischerei gesperrt werden bis bestätigt ist, dass er wieder frei von Öl ist. (2)
Der Umweltschutzexperte Professor Ed Overton von der Louisiana State University and Agricultural and Mechanical College (LSU), der seit dreissig Jahren die Auswirkungen von Ölverschmutzungen untersucht, vermutete, dass beide Aussagen richtig sein könnten. Das Louisiana Sweet Crude (Rohölgemisch) an der Deepwater Horizon ist sehr leicht und hat fast neutralen Auftrieb, sagte Overton – das bedeutet, wenn es Partikel aus der Wassersäule aufnimmt, dass es zu Boden sinken wird.
„Es ist durchaus möglich, dass, wenn das Wetter sich beruhigt hat und es zu Veränderungen der Wassertemperaturen kommt, die Ölteilchen, die sich am unten am Meeresgrund abgelagert hatten dann wieder zur Oberfläche schweben und diese grossen Matten bilden.
Ich sage, dass dies eine Möglichkeit ist, weil ich weiss, dass die Küstenwache Boote ausgesandt hat, um diesen Berichten nachzugehen – aber nichts in der Gegend von Öl sehen, weil sich das Wetter geändert hat.
Ich glaube, dass die Berichte der Kapitäne glaubwürdig sind und auch diejenigen von denen, die ausgeschickt wurden, dort das Öl-Gemisch zu finden. Das ist ungewöhnlich, aber nichts ist bei dieser blutigen Ölkatastrophe von Anfang an normal gewesen.“
Prof.Overton sagte, dass es für den Staat sehr wichtig sei, diese Mechanismen zu untersuchen, denn auch dieses stark verwitterte Öl stellt eine ernste Bedrohung für die Küstenökologie dar.
„Das diese Teerbälle im Umlauf sind, das ist die eine Sache. Aber diese Berichte sprechen von Matten aus verwittertem Öl; und das kann schwerwiegende Probleme verursachen, wenn sie in die Sümpfe treiben“, so der Umweltwissenschaftler und dass es ein dringendes Anliegen der Umweltschutzbehörden ist, den genauen Ursachen auf den Grund zu gehen.
Das Mississippi-Delta ist das wichtigste Überwinterungsgebiet für Hunderttausende von Enten und Gänsen, deren Ankunft bereits begonnen hat. Die West Bay hat mehrere Buchten mit flacheren Gewässern, die Enten, Gänse und unzählige Arten von Küsten- und Watvögel jeden Winter anlocken.
Intensive Reinigungsarbeiten an den Küstenabschnitten wurden bis vor kurzem noch aus gutem Grund durchgeführt.
Teerbälle unter dem Sand am weissen Strand von Florida, 22.September 2010:
An den Stränden von Alabama sind Hunderte von Arbeitern von BP eingesetzt, um die Küste optisch von Unmengen von Teerklumpen zu befreien. Aufnahmen vom 28.September:
http://www.youtube.com/watch?v=d0VnBd0iZzs&feature=related
Baldwin County Coast, 20.September 2010:
http://www.youtube.com/watch?v=dde6XZtUFsQ&feature=channel
Pensacola, Florida, 20.September 2010
http://www.youtube.com/watch?v=7NreRCBuwHQ&feature=related
Die Zeit zitierte am 25.Oktober den neuen Chef von BP, Robert Dudley, der in Grossbritannien seine erste öffentliche Rede seit seinem Amtsantritt hielt.
In seinen Kreisen scheint man zu meinen, als eklige Fettaugen immer oben auf der Wurstsuppe schwimmen zu müssen und doodley Dudley echoffierte sich ziemlich anmassend über die ständige Berichterstattung in den Medien über den Verlauf der vier Monate im Golf von Mexiko, als austretendes Rohöl in ungeahnten Ausmassen das Leben auf dieser Erde auszulöschen drohte, Unmengen an hochgiftigen Corexit zum Vertuschen versprüht wurde und das Zustopfen des Bohrloches wegen technischen Unzulänglichkeiten eine Ewigkeit dauerte, da diese Löcher einfach zu tief unter der Meeresoberfläche gebohrt werden.
Auszug aus der Zeit (3):
„Medien und Konkurrenten warf er vor, nach der Explosion der Ölplattform Deepwater Horizon im April unnötig Ängste geschürt und voreilig geurteilt zu haben. Dudley sagte, er sei schockiert über den andauernden „medialen und politischen Feuersturm“, den die Ölkastastrophe ausgelöst habe. Dieser habe zwischenzeitlich gar die Existenz des gesamten Unternehmens infrage gestellt. „Viele Beobachter haben ihre Meinung geäußert, bevor überhaupt die Fakten bekannt waren“, sagte er. … „Ich hoffe, dass wir in den kommenden Monaten und Jahren zu einem ausgewogenen Urteil darüber kommen werden, was passiert ist“, sagte Dudley.“
Zunächst verkauft der Ölkonzern erst einmal vier Ölfelder im Golf von Mexiko, um einen Teil seiner Schuld an Umweltverschmutzungen zu begleichen.
Artikel zum Thema
05.08.2010 Tony Hayward, Robert Dudley, Gerhard Schröder: Postenkarussell TNK-BP
Quellen:
(1) http://www.nola.com/news/gulf-oil-spill/index.ssf/2010/10/coast_guard_says_substance_fou.html
(2) http://www.nola.com/news/gulf-oil-spill/index.ssf/2010/10/massive_stretches_of_weathered.html
(3) http://www.zeit.de/wirtschaft/unternehmen/2010-10/dudley-bp