Kleiner Terror-Test für Demokratie-Attrappen
Nach dem vorgestern die Republik nach Hinweisen von „ausländischen Partnern“ an Innenminister Thomas de Maiziere durch dessen „Terrorwarnung“ geblufft und gestern durch die Story einer angeblichen „Paketbombe“ aus Namibia auf dem Weg nach München aufgescheucht wurde, heisst es heute in den Nachrichten der Nachrichtendienste aus Deutschland, Namibia und den USA, hui, sorry – alles nur ein Test. Just wanted to know, if you pay attention (and your damn data to us).
Die ganze Farce der Meldungen von Presse- und Politik-Attrappen in Zeitlupe.
„Deutsche Behörden “ haben mittlerweile eine genaue Darstellung ihrer Version der Affäre, die immerhin ein paar Millionen Staatsbürger-Attrappen in Angst und Terror versetzte, an die „Süddeutsche Zeitung“ (1) weitergegeben. Das ZDF (2), mit seinem Helden Elmar Theveßen, berichtet wie immer aus Amerika. Soll heissen: Theveßen erzählt das, was ihm die US-Geheimdienste sagen was er zu sagen hat.
Setzen wir jetzt mal aus verschiedenen Quellen ein kleines Puzzle zusammen.
Nach Version der „deutschen Behörden“ klingelte es gestern um 16.45 in der deutschen Botschaft in Windhuk. Waren da die Kollegen von der namibischen Polizei dran gewesen, sogar deren stellvertretender Generalinspekteur. Schnell, schnell, wir haben da was gefunden, das sieht gefährlich aus. Die Namibier hätten gesagt, sie hätten das gefährliche Objekt kurz vor der Verladung in Flug AB7377 nach München „herausgefischt“.
„Der Spurenexperte der namibischen Polizei erklärte, das Teil sei „wahrscheinlich sehr gefährlich.“ (1)
Nun heisst es heute morgen durch Theveßen, passenderweise in „Volle Kanne“, dieses Objekt sei eine „industriell gefertigte Attrappe“ gewesen, die
„von Regierungen und Geheimdiensten genutzt werden, um das Sicherheitspersonal, an Flughäfen beispielsweise, zu testen.“ (2)
Laut dem deutschen Bundeskriminalamt (BKA) behauptet die Polizei Namibias, dass gestern auf dem Flughafen Windhuks diese Attrappe der angeblichen „Paketbombe“ bei einer „Videoüberwachung“ entdeckt wurde (1). Das BKA bezweifelt dies und gibt an, „bis zum Donnerstagabend keine Ergebnisse aus Windhuk“ bekommen zu haben.
Nun stellt sich die Frage: wenn dort niemand aus den zuständigen deutschen Stellen vor Ort war – wie kommen dann die ganzen Terror-Meldungen in den Nachrichtendienstnachrichten Marke „All in the Name of BKA“ zustande? Charly, wer hat die bezahlt?
Das Bundeskriminalamt behauptet, das „verdächtige Gepäckstück“ sei am „routinemäßigen Screening des Gepäcks vorbei geschleust und auf dem Gepäckwagen für den Air-Berlin-Flug gefunden“ worden (1). Dabei war das Gepäckstück ohne Adresse oder Angaben zum Zielflughafen, aber dafür mit einem Aufkleber versehen, auf dem nicht nur die Kontaktadresse der Herstellerfirma aus den USA zu finden war, sondern auch noch die freundlichen Worte „X-Ray Test Object – non-hazardous“ prangten (3). Wie wahrscheinlich ist das alles?
Gestern hatte die Mutter aller Nachrichten-Attrappen im Nachrichtendienst (4) noch gemeldet, dass sich „laut BKA“ das „verdächtige Paket“ bereits „an Bord eines Airbus von LTU/Air Berlin“ befunden habe. Heute heisst es nun (1), die Attrappe der US-Firma sei „nach Erkenntnissen des BKA“ erst „auf einem Gepäckwagen zum Flugzeug“ gewesen. Dem widerspricht die Sprecherin von Air Berlin:
„Das verdächtige Objekt sei dem Flughafenpersonal erst aufgefallen, als die Maschine schon beladen gewesen sei.“ (1)
Glaubt man nun ausnahmsweise mal keinem Polizisten, Geheimpolizisten oder Spion, sondern einer Fluggesellschaft, dann stand also dieses merkwürdige Nerventestobjekt für Hinterwäldler irgendwo am Flughafen von Windhuk in Namibia ohne Gepäckmarkierung herum, als bereits die gesamte Ladung an Bord von Flug AB7377 nach München war. Das heisst, es gab keinen Zusammenhang mit der deutschen Maschine und nicht den geringsten Anlaß für irgendwelche Meldungen von „Terror“-Flügen mit „Paketbomben“ nach Deutschland.
Dass sich laut der Air Berlin-Sprecherin Sabine Teller in diesem „verdächtigen Paket“ überhaupt kein Sprengstoff befunden hatte, stand übrigens nicht erst heute bei CNN, sondern bereits gestern in der „New York Times“ (5) zu lesen. Erst diese Stellungnahme der Flugggesellschaft (die in der Nachrichtendienst-Nachrichtenbranche Deutschlands gestern bezeichnenderweise zunächst übersehen wurde) dürfte die Behörden und ihre Spionagedienste überhaupt erst zu der anschließend veränderten Version veranlasst haben.
Denn kurz nach Erscheinen des Artikels in der NYT gegen 16 Uhr deutscher Zeit änderte sich auf einmal der Wind.
Zuerst tritt Elmar Theveßen, seltsam angeknackst wirkend, in den ZDF-Nachrichtendienstnachrichten „Heute“ um 19 Uhr auf und rudert zurück. Unmittelbar danach folgt im Staatssender die Sendung „Was nun“. Gast: Bundesinnenminister Thomas de Maiziere. (6,7)
Es beginnt ein gestelztes Kreuzverhör des Innenministers durch ZDF-Chefredakteur Peter Frey und Bettina Schausten, die Leiterin der ZDF-Redaktion für Innenpolitik und Moderatorin des „Politbarometers“. Es wirkt wie ein Pflichtprogramm. Wo man noch sicher sei – dabei weiss man dank der neuen Harry Potter-Verfilmung: man ist nirgends sicher – ob man noch auf Weihnachtsmärkte gehen könne, ob der Minister sich nachher nicht auch gleich auf Vox um 20.15 Uhr den 1998 gedrehten US-Film „Ausnahmezustand“ mit Attentaten in New York ansehen wolle, nein, halt, das wurde ausgelassen, ob der Minister (im Vergleich zu seinen Vorgängern Wolfgang Schäuble und Otto Schily) nicht einfach viel zu weich gewesen sei bisher und überhaupt, ob denn erst was passieren müsse damit das mit der Freiheit und so endlich mal in Ordnung gebracht würde, so ginge das ja nicht hier, man sei eben im Terror, so sei das nun mal, man wisse doch wie´s läuft, man könne ja nichts machen ausser das was man zu machen habe, Herr Minister – nun tun Sie doch endlich mal was!
Dann, all over sudden – der Herr des einäugigen Senders Peter Frey guckt gegen Ende des Kreuzverhörs (19.54 min) auf einen Zettel und sagt,
„Ich bekomm grad ´ne Information unseres Terrorismus-Experten Elmar Theveßen. Mehrere Quellen sagen jetzt, dass das Gepäckstück, das da in Windhuk gefunden wurde, eine Attrappe war, wie sie die USA für solche Tests verwenden. Können Sie sich das vorstellen, dass unser Verbündeter da so einen Test macht ohne Sie zu informieren?„
Antwort Innenminister Thomas de Maiziere:
„Ich warte jetzt mal darauf, was unsere Sicherheitsexperten, Sprengstoffexperten, die auf dem Wege nach Windhuk sind, äh, uns sagen und ich hab heute schon an anderer Stelle schon gesagt, wenn das zuverlässige Ergebnisse sind, werden wir die Öffentlichkeit darüber informieren.“
Wir sind gespannt, Herr Minister. Auch darauf, von welcher Quelle nun diese sagenhafte „Terrorwarnung“ stammt. Wenn das mal nicht auch nur ein kleiner Terror-Test für eine Demokratie-Attrappe mit 82 Millionen Ahnungslosen war, nach deren Vorratsdaten schon die ganze Welt sabbert.
Und wo wir schon beim Thema sind: kommen wir zum Schluss noch zu etwas sehr, sehr Häßlichem, durch eine reaktionäre Funktionärin, die hoffentlich bald aus ihrem Amt geschmissen wird, weil sie dessen weder würdig, noch fähig ist. Original Meldung des „Focus“ (8):
„Die Präsidentin des Zentralrates der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, sagte im dapd-Gespräch, die Menschen seien in Sorge. Dies müsse ernst genommen werden. Die Bedrohung richte sich nicht nur gegen jüdische und amerikanische Einrichtungen, sondern zum Beispiel auch gegen Weihnachtsmärkte. Die Sicherheit der Bürger müsse im Zweifel Vorrang vor dem Datenschutz haben, fügte Knobloch hinzu. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) solle den Widerstand gegen die Vorratsdatenspeicherung aufgeben.“
Frau Knobloch ist die oberste Vertreterin einer Kirche in Deutschland, nicht mehr, nicht weniger. Als solche sollte sie sich zu Glaubensfragen äußern und nicht die Einschränkung der Grundrechte aller Bürger, auch der Juden in Deutschland, propagieren. Auch sollte sich Frau Knobloch nicht schon wieder zum Megafon der rechtsradikalen Regierung Israels und deren Interessen machen. Worüber nämlich niemand gerne redet ist die Tatsache, dass unsere im Rahmen der Vorratsdatenspeicherung bis vor kurzen gesammelten Vorratsdaten – Festnetz-Telefon, Email, Handy, usw – zusammen mit den Daten aller anderen Bürger in EU-Staaten die diese Brüsseler Direktive umsetzen, eins und eins umgehend an die Daten-Tauschbörsen der Geheimdienste und Behörden weltweit durchgereicht wurden, darunter natürlich die in den USA und Israel. Als Alibi diente – wie immer seit dem Reichstagsbrand des 21.Jahrhunderts am 11.September 2001 – der „Ewige Muslim“.
Es bleibt die Erwartung an diese Republik, dass sie sich selbstbewusst, souverän und gemäß der Verfassung gegen alle Bevormundungen, pauschalen Verdächtigungen, Verleumdungen und Angriffe zur Wehr setzt – egal ob diese von sogenannten „Partnern“ kommen, sich gegen Minderheiten und Bevölkerungsteile richten oder von (internationalen) Interessengruppen ausgehen, denen die ganze Demokratie schon nicht mehr um den dicken Hals passt.
(…)
zum Thema:
18.11.2010 Terror-Kampagne: Und jetzt die Verfassungsänderung zur “Leitkultur”
Zeitgleich mit den Terror-Drohungen im Zuge der Hamburger Innenministerkonferenz und dem Druck auf die FDP-Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger für ein neues Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung, gab heute Nacht die “Bild”-Zeitung den Startschuss für eine Kampagne zur Änderung des Grundgesetzes.
18.11.2010 Bündnis 90/Die Grünen und die Vorratsdatenspeicherung: JA oder NEIN?
Auf der im wahrsten Sinne des Wortes Terror-Konferenz der Innenminister, die in faschistischer Tradition versuchen dem Volk zu drohen und die Vorratsdatenspeicherung gegen 82 Millionen Menschen zu erpressen, fällt der rot-grüne Innenminister Nordrhein-Westfalens, Ralf Jäger (SPD), der liberalen Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) in den Rücken.
17.11.2010 De Maiziere macht den Terror-Affen für Vorratsdatenspeicherung und Musikindustrie
Seit Monaten schon blaffen und bluffen CDU und CSU, um FDP-Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger für eine Neuauflage der Vorratsdatenspeicherung weich zu kochen. Doch die bleibt standhaft. Nun also das: Innenminister de Maiziere warnt vor einem “Terroranschlag” in Deutschland – und das noch in diesem November. Man habe, so de Maiziere, Hinweise “ausländischer Partner” und natürlich wäre das Ganze ein Plan “islamistischer Gruppen”.
31.10.2010 Haben Sie´s gemerkt? Jemen.
Die angebliche Paketbomben-Nummer aus dem Jemen ist eine Farce. Wie der Ron Paul Blog in der “Yemen Post” vom 29.Oktober zu lesen fand, verließ laut dem Luftfrachtchef der Yemenia Airways, Mohammed al-Shaibah, kein einziger UPS Luftfracht-Flieger jemenitische Landebahnen in den 48 Stunden zuvor.
18.10.2010 Merken Sie sich Jemen
Bin Laden hier, Bin Laden da und Attentate kommen mit Sicherheit: Regierungen, Militärs und Spione starten heute einen allgemeinen schröcklichen Terror-Buhei. Auch Frankreichs Innenminister bläst Schrecken (lateinisch: terror) in die Presse. Welcher Staat dabei heute auffällig unerwähnt bleibt, ist Jemen.
Jemen.
Quellen:
(1) http://www.sueddeutsche.de/politik/mutmasslicher-bombenfund-der-koffer-aus-windhuk-eine-attrappe-1.1025774
(2) http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/1194514/Thevessen-Kein-echter-Sprengsatz#/beitrag/video/1194514/Thevessen-Kein-echter-Sprengsatz
(3) http://www.bild.de/BILD/politik/2010/11/18/terror-alarm-im-ferienflieger-sprengstoff/air-berlin-flug-namibia-muenchen.html
(4) http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,729804,00.html
(5) http://www.nytimes.com/2010/11/19/world/asia/19Germany.html
(6) http://www.heute.de/ZDFheute/inhalt/18/0,3672,8133490,00.html
(7) http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/1193474/Was-nun%252C-Herr-de-Maizi%25C3%25A8re%253F?setTime=169#/beitrag/video/1193474/Was-nun%2C-Herr-de-Maizi%C3%A8re%3F
(8) http://www.focus.de/politik/weitere-meldungen/terrorismus-innenminister-mahnen-zur-ruhe-nach-bombenalarm-und-terrorwarnung-_aid_573515.html