Anonymisierte blaue Polizisten – so besser Demonstranten blauschlagen?

Polizei-Dienstausweis im Chipkartenformat mit digitalisiertem Lichtbild
Polizei-Dienstausweis im Chipkartenformat mit digitalisiertem Lichtbild

REMEMBER, REMEMBER, … 30.SEPTEMBER!

Wegfall der Angabe der Dienststelle und Amtsbezeichnung auf dem neuen Dienstausweis – Beschwichtigung durch Drucken von Visitenkarten zum freiwilligen Vorzeigen als Legitimierung (Abb. Wikipedia)

Unter fadenscheinigen Gründen wird von der Polizeiführung Deutschlands unter Regie des Bundesinnenministeriums eine europäische Harmonisierung des Erscheinungsbildes des Polizisten durchgeführt. Für Uniformen, Dienstwagen, Ausstattungen wie moderne Teleskopschlagstöcke und Dienstausweise wird seit einiger Zeit auf ein einheitliches Design umgestellt, gemeinsame länderübergreifende Manöverübungen zur Aufstandsbekämpfung mit wechselseitigen Kommandostrukturen in dem fiktiven Land Askania werden veranstaltet (siehe Artikel vom 13.Juni 2010: Europäisches Grossmanöver “European Union Police Forces Training” zur Aufstandsbekämpfung – Polizei als Sandsäcke vom Staat missbraucht)

Szenen der aussergewöhnlichen Gewaltanwendung gegen unbewaffnete Bürger – unter denen auch viele Kinder waren – durch Polizeikräfte zur Auseinanderschlagung von Massenkundgebungen gegen Sozialabbau gehörten im Jahr 2010 in den Staaten der europäischen Union mittlerweile schon zum Alltag.

Baden-Württemberg folgt jetzt als nächstes Bundesland mit der Einführung einer Chipcard als Dienstausweis – angeblich aus Kostengründen.

Das Brisante daran ist, dass die Angabe der Dienststelle und Amtsbezeichnung des Ausweisinhabers nicht mehr auf dem Plasteausweis ausgewiesen sind, der den grüne Papierausweis ablöst.

So wird es Betroffenen unmöglich sein, zum Beispiel bei Übergriffen einzelner Beamter auf Demonstrationen sofort eine Anzeige oder Dienstaufsichtsbeschwerde bei der entsprechenden Institution einzuleiten.

Der Landesverband Baden-Württemberg des Bundes Deutscher Kriminalbeamter kritisierte mit einer Erklärung vom 9.Februar 2011 die Entscheidung des Polizeipräsidiums, zu der er nicht formal hinzugezogen wurde. Der baden-württembergische BDK-Vorsitzende Manfred Klumpp wurde dort mit den Worten zitiert, der eine ausführliche Kennzeichnung auf Ausweisen der Poilzei unterstützt:

„Angesichts der eher raren Beförderungsmöglichkeiten und ebenso seltenen Versetzungen bei Herstellungskosten im unteren einstelligen Eurobereich sind die anfallenden Kosten für die Aussagekraft und Sicherheitsaspekte eines polizeilichen Dienstausweises allemal angemessen.

Ein Dienstausweis ist nicht nur eine Urkunde mit Rechtscharakter, sondern prägt auch das Auftreten und das Erscheinungsbild der Polizei.“

Die Behörde der Landesregierung versucht mit dem zusätzliche Kosten verursachenden Drucken von Visitenkarten den Entgegnungen Einhalt zu gebieten – hier liegt ein klarer Fall von sinnloser Vergeudung von Steuergeldern für den Bundesrechnungshof vor.

Die Polizeibeamten haben ihre eigenen Motive in den Auseinandersetzungen bei den internen Strukturen mit der Plastic-Card.

Für die Bevölkerung ergeben sich mit der Einführung bedrohliche Konsequenzen ganz anderer Art und sie läuft bewusst den Bemühungen um genaue Kennzeichnungspflicht der einzelnen Polizeibeamten bei den immer stärker werdenden gewaltsamen Einsätzen zu Veranstaltungen zuwider.

Ganz allmählich – zuerst mit schicken Uniformen und „blitzenden“ neuen Autos – und Baustein für Baustein werden die Polizisten zu einem anonymen blauen europäischen Einheitsbrei, den die Regierungsetagen den Behörden einbrocken und der auf Kosten der Allgemeinheit von allen ausgelöffelt werden muss. Das Vertrauen und das Ansehen der Bevölkerung in das Berufsbild des Polizisten wird mit diesem Schritt nicht gefördert.

Oder kann sich ein Leser jetzt die irrationale Situation eines Visitenkarten schwenkenden Polizisten im Einsatz vorstellen – in der anderen Hand den Prügelstock für‘s Volk oder Pfefferspray:

Auszug aus der Erklärung der Kriminalpolizisten:

… Ein Dienstausweis ist eine amtliche Urkunde, welche die Identität des Inhabers schriftlich und mit dem Anspruch der Verbindlichkeit darstellt und gegebenenfalls mit Feststellungen einer zuständigen Stelle verbindet, wonach bestimmte rechtliche Eigenschaften (z.B. „Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft“) und sonstige Berechtigungen (z.B. „Führen von Dienstwaffen“), Befähigungen oder sonstige an die Person des Inhabers gebundene Umstände vorliegen.

Die populäre Online-Enzyklopädie Wikipedia, auf die sich viele Bürgerinnen und Bürger stützen und die ihrerseits eine Zielgruppe eines polizeilichen Dienstausweises sind, benennt für Dienstausweise zusätzlich zu allgemeinen Ausweisen die Angaben von „Amtsbezeichnung“ und „Dienststelle“. Es könnte deshalb bereits zu Irritationen und Zweifeln an der Echtheit eines Dokumentes führen, wenn diese Angaben fehlen.

Es ist auch eine Erkenntnis der (kriminal-)polizeilichen Praxis, dass Bürgerinnen und Bürger, aber oftmals auch nicht unmittelbar beteilige Behörden, die einzelnen Sicherheitsmerkmale eines Ausweises oder Dokumentes und noch weniger eines spezifischen Dienstausweises nicht kennen und damit eine sichere Identifizierung des Ausweisinhabers auf einem anderen Wege anstreben. Dies ist in der Regel eine telefonische Rückfrage bei der Dienststelle des/der Einschreitenden.

Fehlt jedoch die Angabe der Dienststelle auf dem Dienstausweis fehlt damit regelmäßig – insbesondere in einem Flächenland wie Baden-Württemberg, wo überregionale kriminalpolizeiliche Ermittlungen durch die Kreisdienststellen sowie überregionale Ermittlungseinheiten eine gängige Praxis sind – auch der konkrete Ansprechpartner.

Eine landesweite sichere Identifizierung anhand der Ausweisnummer ist nicht vorgesehen. Der „Prüfende“ würde damit regelmäßig auf die Angaben des Ausweisinhabers (Dienststelle, Erreichbarkeit) angewiesen sein und könnte seine Prüfung nur unwesentlich auf den Dienstausweises stützen.

Kriminelle Handlungen von angeblichen Polizeibeamten werden damit ebenso erleichtert, wie es vorhersehbar zu Identifizierungsproblemen und in deren Folge zu weiteren Problemen bei der Durchführung bzw. Durchsetzung einzelner Maßnahmen kommen kann. Dies könnte durch die Angabe der Dienststelle vermieden, zumindest aber wesentlich reduziert werden.

In diesem Zusammenhang ist auch die Angabe der Amtsbezeichnung zu würdigen. Es dürfte unbestritten sein, dass die Anzahl der auf einem Ausweis vermerkten sicheren Merkmale/Angaben die Identifizierung des Ausweisinhabers erleichtern. Gerade um mögliche Fälschungen von Dienstausweisen, die aufgrund deren herstellungsimmanenten Sicherheitsmerkmale durch Dritte nur schwer erkannt werden, entgegen zu wirken, ist die korrekte Angabe der Amtsbezeichnung ein weiteres Element der Einzelprüfung.

Aber auch im innerdienstlichen Betrieb und gegenüber anderen Behörden wird ein Dienstausweis immer wieder zum Tragen kommen.
Die Amtsbezeichnung im Dienstausweis spiegelt dabei nicht zuletzt die funktionale und/oder hierarchische Stellung des Inhabers wider und kann Missverständnissen vorbeugen. Ein Umstand der auch in den Dienstgradabzeichen an der Uniform der Schutzpolizei zum Ausdruck kommt und den bislang niemand in Zweifel zog.

Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass die Angaben von Amtsbezeichnung und Dienststelle ein zentrales Element der sicheren Identifizierung des Ausweisinhabers sind und auch in polizeiinternen Kontakten sowie gegenüber anderen Behörden ihre Bedeutung haben können.

Eine mögliche Kostenersparnis kann dies – angesichts doch eher bescheidener Beförderungsmöglichkeiten und dem noch selteneren Dienststellenwechsel – nicht aufwiegen.

Ergänzend ist hierzu festzustellen, dass die Neuausstellung eines Dienstausweises nach Beförderung und/oder Dienststellenwechsel ein neues, aktuelles Lichtbild des Ausweisinhabers bedingt und damit die visuelle Identifizierung des Ausweisinhabers als Berechtigten erleichtert.

Die Einführung neuer Dienstausweise für die Polizei Hessen orientiert sich nicht nur an einem bundeseinheitlichen Design, sondern erfüllt dabei auch die oben genannten Kriterien.

Der BDK fordert daher das Innenministerium auf, die neuen Dienstausweise für die baden-württembergische Polizei dem hessischen Standard anzupassen, der nicht nur eine deutlich verbesserte Identifizierung der Ausweisinhaber ermöglicht und vor Fälschungen schützt, sondern dem polizeilichen Gegenüber eine funktionale, aufgabenbezogene Zuordnung ermöglicht und damit die Umsetzung der polizeilichen Maßnahme fördern kann. …

Artikel zum Thema

13.06.2010: Europäisches Grossmanöver “European Union Police Forces Training” zur Aufstandsbekämpfung – Polizei als Sandsäcke vom Staat missbraucht)

Quelle: http://www.bdk.de/lv/baden-wuerttemberg/bw-aktuell/dienstausweise-light