Bestechungsskandal U-Boote aus Deutschland: Ermittlungsausschuss im griechischen Parlament
Keifende Hyänen der Rüstungsindustrie unter sich: Pokern, Bluffen, Feilschen – Zirkusspiel um die Hohe Kunst des gegenseitigen Zerfleischens ist reinstes Affentheater für den Zuschauer und Behörden.
Der arabische Staatsfonds IPIC, Ferrostaal und MAN liefern sich seit Monaten eine juristische Schlacht: keiner will‘s wie stets gewesen sein und verschleppen dadurch möglicherweise das Verfahren in dem Bestechungsskandal um U-Boot-Verkäufe in Milliardenhöhe um Jahre.
Vor einem Jahr berichtete Radio Utopie im Februar und März 2010 ausführlich über den Kauf deutscher U-Boote durch die Regierung in Athen und die Nutzniesser dieses Milliarden-Deals (Griechische Finanzhilfe: halbe Milliarde Euro für ThyssenKrupp – Kriegsschiff-Joint-Venture in Abu Dhabi, Sechs Kriegsschiffe für die Zerstörung Griechenlands – Poseidon grinst).
Jetzt hat diese U-Boot-Affäre, die seit dem Sommer 2010 die deutschen Strafverfolgungsbehörden wegen Bestechung beschäftigt, ein parlamentarisches Nachspiel in Griechenland.
Am Donnerstagabend beschlossen die Abgeordneten in Athen mehrheitlich, einen Ermittlungsausschuss wegen möglicher Bestechung des ehemaligen griechischen sozialistischen Verteidigungsministers Akis Tsochatzopoulos und Schmiergeldzahlungen des deutschen Industriedienstleisters Ferrostaal einzurichten.
Nach Angaben des Standard vom 29.April 2011 hat die Staatsanwaltschaft von Athen von der Staatsanwaltschaft München entsprechende Informationen erhalten. Die Staatsanwaltschaft München I hat bereits Anklage gegen zwei ehemalige Manager von Ferrostaal erhoben, so die Zeitung. (1)
Die Ferrostaal AG ist ein deutsches Industriedienstleistungsunternehmen mit Sitz in Essen. Ferrostaal ist eine Tochtergesellschaft der International Petroleum Investment Company (IPIC) mit Sitz in Abu Dhabi und mit der Münchner MAN SE als Minderheitsaktionärin (30 %). Vor dieser Gründung war Ferrostaal ein 100prozentiges Unternehmen von MAN.
Die Münchner Staatsanwaltschaft ermittelte seit 2010 gegen Mitarbeiter, inklusive dem Ex-Vorstandsvorsitzenden Matthias Mitscherlich. Das Unternehmen soll jahrelang das Auslandsgeschäft mit Schmiergeldern unterstützt haben – so sollen mehr als 62 Millionen Euro in Griechenland und Portugal gezahlt worden sein. (2) Im Zuge eines unternehmensinternen Amnestieprogrammes berichteten dutzende Beschäftigte von regelwidrigen Zahlungen.
Wie die Süddeutsche Zeitung am 11.April 2011 schrieb, würden die ungelösten Probleme des Bestechungsskandals „den von Volkswagen gewünschten Zusammenschluss von MAN und der VW-Tochter Scania behindern. Ein Zusammengehen der beiden Lkw-Hersteller ist erst denkbar, wenn die juristischen Stolpersteine bei Ferrostaal aus dem Weg geräumt sind.“
Die Münchner Staatsanwaltschaft hatte vorgeschlagen, gegen die Zahlung eines Bussgeldes in Höhe von 196 Millionen Euro das Verfahren wegen Bestechung einzustellen.
Weder IPIC, Ferrostaal noch MAN sind bereit, diese Kosten zu übernehmen und schieben sich den Schwarzen Peter der Verantwortlichkeit gegenseitig zu.
Das Handelsblatt zitierte Ferrostaal am 16.April 2011 in einem Schreiben an die Behörden zu dem Streit: die Staatsanwaltschaft solle „die Verantwortung auf allen Stufen des Konzerns ermitteln“.
„Schließlich habe MAN alle Großgeschäfte, denen die Fahnder jetzt nachgehen, kontrolliert und die Gewinne kassiert. Deshalb müsse nun auch MAN und nicht Ferrostaal für Fehlverhalten geradestehen. Die MAN-Spitze habe empört reagiert.“(3)
Weiter hiess es, dass IPIC sich „weigert, die übrigen 30 Prozent zu übernehmen und sogar in einem Schiedsgerichtsverfahren eine Rückabwicklung des Kaufs forderte“, da sich die Bestechungsaffäre zur Ankurbelung der U-Bootverkäufe vor dem Übernahmevertrag ereignet hatte.
Am 28.April 2011 präsentierte das Handelsblatt in dem Beitrag „MAN soll über Ferrostaal verhandeln“ die weitere Entwicklung, die zeigt, dass IPIC keineswegs auf den vollständigen Kauf des fetten Bratens Ferrostaal verzichtet. Der IPIC-Sprecher betonte gegenüber der Zeitung, dass „der Staatsfonds weiter an einer Komplettübernahme von Ferrostaal interessiert ist. Bei einer gütlichen Einigung würde das laufende Schiedsverfahren gestoppt werden, über das IPIC eine Rückabwicklung des Deals erreichen will.“ (4) Diese Einigung soll darin bestehen, dass MAN das Bußgeld von 196 Millionen Euro sowie die Kosten für die internen Ermittlungen übernimmt.
Die Katze beisst sich in den eigenen Schwanz. The Show must go on.
Artikel zum Thema
21.03.2010 Griechische Finanzhilfe: halbe Milliarde Euro für ThyssenKrupp – Kriegsschiff-Joint-Venture in Abu Dhabi
Griechenland kauft deutsches U-Boot zum Wiederverkauf – Wirtschaftsminister von Schleswig-Holstein forderte Kanzlerin Merkel auf, Griechenland nur dann Geld zu geben, wenn ThyssenKrupp von der griechischen Regierung bedient wird – ThyssenKrupp und Abu Dhabi Mar gründen ein 50:50-Joint-Venture im Rüstungsbereich: deutsche Kriegstechnologie in den Vereinigten Arabischen Emiraten – Griechenland gehört zu den drei Hauptabnehmern deutscher Rüstungsexporte
11.02.2010 Sechs Kriegsschiffe für die Zerstörung Griechenlands – Poseidon grinst
Trotz der Staatspleite Griechenlands wird das Verteidigungsministerium sechs Fremm-Fregatten im Wert von 2,5 Milliarden Euro kaufen (müssen).
Der stellvertretende Verteidigungsminister Panos Beglitis teilte am 10.Februar mit
“Wir werden den von der früheren Regierung geschlossenen Vertrag erfüllen.”
Quellen:
(1) http://derstandard.at/1303950469482/Parlament-prueft-U-Boot-Kauf
(2) http://newsticker.sueddeutsche.de/list/id/1139483
(3) http://www.handelsblatt.com/unternehmen/industrie/ferrostaal-geht-auf-konfrontationskurs-zu-man/4068780.html
(4) http://www.handelsblatt.com/unternehmen/industrie/man-soll-ueber-ferrostaal-verhandeln/4108536.html