Neue US-geführte mitteleuropäische Kampftruppe der Visegrad Group V4

Visegrád group members with their national flags
Visegrád group members with their national flags

US-Spaltung der scheinbaren europäischen Einheit: Bildung einer unabhängigen „Kampfgruppe“ unter dem Kommando von Polen, die offiziell nicht Teil des NATO-Kommando ist aber unter der tatkräftigen Schirmherrschaft der NATO Response Force steht. Ukraine wurde als zukünftiges potentielles fünftes Mitglied des Paktes eingeladen um so Sicherheit vor „Russlands Aggressionen“ zu erhalten.

US-Geheimdienst-Plattform schmäht in diesem Zusammenhang Deutschlands richtige Enthaltung im Libyenkrieg als Affront gegen Frankreich und vergleicht diesen ungerechtfertigterweisse und künstlich echoffiert mit 1871 und nennt ausserdem die wirtschaftliche Annäherung der Deutschen im Alleingang an Russland einen egoistischen Bruch der „Einheit“ der Europäischen Union.

US-Präsident Barack Obama ist am Freitag zu einem Mittel- und Südosteuropagipfel in Polen eingetroffen.

Gründung der Visegrád-Group V4

Vor zwanzig Jahren, am 15.Februar 1991 gründeten nach dem Rückzug der Sowjetarmee aus ihren Territorien und dem Zerfall des Ostblocks vier der ehemaligen sozialistischen Staaten (zunächst drei (V3), die 1993 mit der Aufteilung der Tschechoslowakei in zwei souveräne Länder ab diesen Zeitpunkt V4 wurden) in der ungarischen Stadt Visegrád bei dem Gipfeltreffen der damaligen Staats- und Regierungschefs einen Verbund zur gegenseitigen Unterstützung in Wirtschaftsfragen und in der kulturellen Zusammenarbeit. (Quelle der Grafik unter public domain / Wikipedia)

In dem Statut gaben die Tschechische Republik, Ungarn, Polen und die Slowakei zudem den Beitritt in den US-geführten Militärpakt NATO sowie die Förderung ihrer europäischen Integration als Ziel an, die am 1. Mai 2004 mit dem zeitgleichen gemeinsamen Beitritt in die Europäische Union abgeschlossen wurde.

Historische V3-Parallele im frühen Mittelalter

Die Wahl des Gründungsortes fiel nicht zufällig auf die ungarische Stadt sondern sollte in Anlehnung an die geschichtliche Vergangenheit an ein genau diese vier Staaten verbindendes regionales historisches Ereignis erinnern (Foto der Burganlage)

Im Jahre 1335 trafen sich in der Königsburg Visegrád (Lage: ehemaliges römisches Kastell Visegrád–Sibrik am Donauknie vierzig Kilometer nördlich von Budapest) des ungarischen Herrschers der Hausherr Karl I. von Ungarn, König Kasimir III. von Polen und der böhmische König Johann von Luxemburg. Bei dem königlichen Treffen ging es um enge Zusammenarbeit in den Bereichen Politik und Handel, die Erschliessung neuer Handelswege unter Umgehung des Umschlagplatzes des Hafens von Wien und um einen leichteren Zugang zu anderen europäischen Märkten zu erhalten. Ein zweites Treffen fand im Jahr 1339 statt, wo der neue König von Polen ernannt und die Visegrád Drei (V3) Gruppe gebildet wurde.

Laufende Projekte der Visegrád-Group V4

In der modernen Neuauflage dieser kleinen Union inmitten der Europäischen Union gibt es die rotierende Präsidentschaft, die im Juni jeden Jahres wechselt. Bis zum Juni 2011 hat Tschechien den Vorsitz, der für ein Jahr bis zum nächsten Turnuswechsel im Jahr 2012 an die Slowakei übergeben wird.

Der International Visegrad Fund mit Sitz in Bratislava wurde im Jahr 1999 für die Vergabe von Stipendien, wissenschaftliche Förderung und Finanzierung von Künstleraufenthalten gegründet. Nach einem Beschluss der Ministerpräsidenten hat der Fond seit 2007 ein jährliches Budget von 5 Millionen Euro. Studierende aus folgenden Ländern können in den Genuss der Stipendien kommen: die Länder der Visegrád-Gruppe (die Tschechische Republik, Ungarn, Polen und Slowakei), aber auch Albanien, Belarus (Weisrussland), Bosnien und Herzegowina, Kroatien, die Republik Mazedonien, Moldau, Montenegro, Serbien, Russland und die Ukraine.

Im Jahr 2002 initiierte Ungarn die Einrichtung einer Experten-Arbeitsgruppe „Energie“. Diese Expertengruppe trifft sich einmal oder zweimal im Jahr in V4 Hauptstädten nach dem Rotationsprinzip. Der Leiter der Delegation des Gastlandes hat immer den Vorsitz der Sitzung. Hier geht es um Erdgas und dessen Vorratslagerung, Gas- und Erdöl-Pipelines, neue Marine-LNG-Terminals oder die Zusammenschaltung der Energieübertragung.

Bildung einer gemeinsamen militärischen Sondereingreiftruppe

Vor zwei Wochen, am 12. Mai 2011 wurde auf einer Zusammenkunft der V4-Verteidigungsminister in Levoca in der Slowakei die Entscheidung zur Etablierung einer V4 Battlegroup der Visegrád-Group bekanntgegeben.

Auf dem Treffen erhob der polnische Verteidigungsminister Bogdan Klich den Anspruch, das Polen die Führung über die neue Kampfeinheit der Visegrád-Gruppe übernehmen will.

Im deutschen Wikipedia-Eintrag ist zu der Gründung der V4 Battlegroup dieser Hinweis zu finden, der knapp von einer gemeinsamen europäischen Kampfgruppe berichtet:

„Trotz Mitgliedschaft in der NATO ist die kollektive Sicherheit weiterhin eines der Kernanliegen der Gruppe. Das, historisch begründet, teils angespannte Verhältnis zu Russland stellt heute nur noch eines der Aufgabenfelder dar. Mittlerweile rücken auch Probleme wie der Terrorismus und die Regelung des Grenzverkehrs ins Blickfeld. Bei ihrem Treffen am 12. Mai 2011 in Levo?a wurden die Möglichkeiten zur Aufstellung einer gemeinsamen EU Battlegroup bis zum Jahr 2016 erörtert. Die Einheit soll etwa Bataillionsstärke haben und unter der militärischen Führung Polens stehen.“

Verschwiegen wird hierbei, dass die Minister vereinbarten, dass die V4 Militärs regelmässige Übungen unter der Schirmherrschaft der NATO Response Force, die unter dem Kommando des NATO Joint Force Command steht, abhalten sollen, wobei das erste derartige Manöver in Polen für das Jahr 2013 geplant ist.

Bei Strategic Forecasting Inc., abgekürzt Stratfor wurde man am 17.Mai 2011 in dem Artikel „Visegrad: A New European Military Force“ deutlicher. (1) Die „global intelligence company“ wurde im Jahr 1996 in Austin, Texas von George Friedman gegründet, einem führenden Geheimdienst-Offizier und CEO der Gesellschaft, die von Rumor Mill am 15.Oktober 2001 als Schatten der CIA bezeichnet wurde. (2)

Darin wird von George Friedman behauptet, dass sich erstens die V4-Staaten aus Angst aufgrund ihrer Erfahrungen mit der Sowjetunion in der kommunistischen Vergangenheit nun bewaffnen würden, da Russland angeblich seinen Einfluss in den ehemaligen Gebieten oder Sowjetrepubliken zurück zu erobern sucht und führte dabei ganz ungeniert als Beispiel den Georgienkrieg von 2008 an, von dem inzwischen international allgemein anerkannt ist, dass dieser von der georgischen Seite aus begonnen wurde.

Als zweites Argument für die Schaffung dieser militärischen Eliteeinheit wird die angebliche anhaltende (künstliche) Wirtschaftskrise, die das Schicksal Griechenlands besiegelte, genannt und ob Europa als Einheit lebensfähig ist und dass die vorgeschlagenen Reformen zur Stabilisierung Europas in erster Linie nur für die Deutschen eine Lösung darstellen.
Es wäre unvernünftig zu erwarten, dass es diesen Ländern nicht geheuer über die Richtung, die Europa eingeschlagen hatte, wäre, so Friedman in seiner „Analyse“.

Als dritte Gründe werden in dem Artikel neue wirtschaftliche Verträge zwischen Russland und Deutschland – vor allem bei der Energieversorgung – ins Schlachtfeld der Propaganda angeführt, die bei den Visegrád-Staaten alle Alarmglocken läuten lassen würden.

Es gibt eine weitere Überlegung, so Stratfor: das Engagement Deutschlands sowohl in der NATO und der EU wäre am „Ausfransen“. Die Deutschen und die Franzosen sind sich (zum Glück) uneins über die Frage Libyen und Deutschland ist politisch nicht bereit, Truppen zu schicken. Ohne die weitere Beteiligung Deutschlands an weltweiten Kriegen sehen die USA bald steinalt aus und der Druck auf die Berliner Regierung wird zunehmen, damit die alte Fahnenstange weiter oben bleibt.

Als weitere Gründe werden die aus Sicht Westeuropas verkorksten Wahlen in Weissrussland und die Verhältnisse in der Republik Moldau von dem US-Geheimdienstanalysten genannt, bei denen kein prowestlicher Fuss in die Landestüren gestellt werden konnte.

Die nordischen Länder würden angeblich von den gleichen Sorgen wie die Visegràd-Staaten geplagt werden – nämlich der künftige Kurs der russischen Macht, der brüchigeZusammenhalt in Europa und das mangelnde Engagement der Vereinigten Staaten von Amerika. Aus diesem Grunde hätten diese Staaten im Norden Europas schliesslich auch eine eigene EU-Kampftruppe (eine von achtzehn) geschaffen: die Nordic Battlegroup, an der Schweden, Finnland, Norwegen, Irland und Estland beteiligt sind.

Friedman erwähnte nicht verschiedene Manöver der Russen mit Westeuropa oder der NATO wie die fünftägige Marineübung Pomor-2011 zwischen Norwegen und Russland, die vor zwei Wochen abgeschlossen wurde. Kriegsschiffe aus beiden Staaten haben sich in der Piraten- und U-Boot-Jagd sowie in Schiessen und Luftabwehr unter anderem in der Barentssee geübt. (12)

Ukraine soll sich an der Battlegroup der V4 beteiligen

Zu dem Treffen der Verteidigungsminister am 12.Mai 2011 wurde der ukrainische Verteidigungsminister Mykhailo Yezhel nach Levoca eingeladen, um nach Aufforderung der V4 das fünfte Rad am messergespickten Streitwagen im Hippodrom zu werden.

Der slowakische Verteidigungsminister Lubomir Galko hatte bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Mykhailo Yezhel laut Interfax vom 12.Mai gesagt, dass die Seiten die Möglichkeiten des Engagements der Ukraine in dieser Gruppe erörtert hätten, bei der Polen die Führung übernimmt. Yezhel hätte die Erfahrungen der Ukraine bei der Teilnahme an Übungen der taktischen Kampfgruppen gelobt, so die Teilnahme der Transportflugzeuge mit 23 mm-Kanonen der Il-76-Reihe (russischer Herkunft: Iljuschin Il-76 (NATO-Codename: „Candid“) ) oder die ABC-Schutzeinheiten und Ingenieur-Einheiten an Kampfmanövern. (3)

Gipfeltreffen der europäischen Staatschefs mit dem Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika in Warschau

Zum Abschluss seiner fünftägigen Europa-Tour traf Präsident Barack Obama am Freitag, den 27.Mai zu einem zweitägigen Besuch in der polnischen Hauptstadt Warschau ein und traf sich zu einem Arbeitsessen mit zwanzig Regierungschefs aus Ost- und Mitteleuropa, unter ihnen befand sich auch der deutsche Bundespräsident Christian Wulff. (4)
Teilnehmende Länder waren neben Polen Deutschland, Österreich, Italien, Albanien, Bosnien, Bulgarien, Kroatien, Tschechien, Montenegro, Estland, Kosovo, Litauen, Lettland, Mazedonien, Moldau, die Slowakei, Slowenien, die Ukraine und Ungarn. Serbien und Rumänien haben den Gipfel aus Protest wegen der Einladung der kosovarischen Präsidentin Atifete Jahjaga boykottiert, berichtete heute die Wiener Zeitung. (5)

Hauptthema waren die Demokratiebewegungen der Länder um die EU, vor allem in Nordafrika.

Der polnische Präsident und Gastgeber Bronislaw Komorowski sagte am gleichen Tag, als in Spanien die Polizei gewaltsam die Demonstranten in Barcelona niederknüppelte (Radio Utopie: Polizei räumt brutal Camp der Demokratiebewegung in Barcelona: Proteste vor Spaniens Botschaften), in seiner Eröffnungsrede (6):

„Jedes unserer Länder hat einen schwierigen Weg vom Totalitarismus zur Demokratie durchlaufen. Der Weg zur Demokratie ist unser gemeinsames Ziel und unsere gemeinsame Herausforderung“

Die Europäische Union wird sich mit dem besessenen Machtwahn ihrer totalitären Führer trotz der bestehenden Zerfallserscheinungen ihrer Mitgliedsländer noch weiter aufblähen.

Die inzwischen allgegenwärtige brutale Behandlung der Bevölkerung – die sich an bestehende Rechtsordnungen hält und unbewaffnet friedliche Demonstrationen und Kundgebungen organisiert – durch die in Kampfmontur gehüllten prügelnden Staatsorgane sprechen die deutliche Sprache einer faschistischen Diktatur. Die Demokratie läuft höchste Gefahr, zur Historie zu werden.

Das Römische Reich konnte genau aus diesem Grund so lange existieren wie neue Länder erobert und assimiliert wurden. Mit dem Ende der Expansion brach es in relativ kurzer Zeit zusammen und spuckte die vereinnahmten Völker in veränderten Strukturen wieder aus.

„Die EU- und NATO-Länder sollen Staaten unterstützen, die sich ihnen anschliessen wollen. Es geht um östliche EU-Nachbarn und Länder Ex-Jugoslawiens“, zitierte Ria Novosti den polnischen Präsidenten. (7)

Anfang März 2011 sagte die US-Aussenministerin Hillary Clinton vor dem Europäischen Parlament in Brüssel, dass Russland nicht das Recht habe, die Erweiterung der Nato und der EU mit einem Veto zu blockieren. Russland darf sich nicht in die europäische Politik einmischen. Die USA würden aufpassen, um so etwas nicht zuzulassen. Russland könne bei der Beilegung des Nahostkonfliktes und bei der Lösung des Atomstreits mit dem Iran erfolgreich kooperieren, verwies Clinton den ehemaligen Alliierten im Zweiten Weltkrieg in die Schranken. (8) Dieser willentliche Mangel an geografischen Kenntnissen über die Lage Russlands erinnert an Schwarzen Humor und irgendwie an Sarah Palin, die im Jahr 2008 Afrika für ein einzelnes Land hielt. (13)

Am heutigen Samstag stehen Gespräche mit Präsident Bronislaw Komorowski und Premierminister Donald Tusk auf dem Programm, bei dem Zusagen an amerikanischer militärischer „Hilfe“ einer der Hauptpunkte der Tagesordnung ist sowie der Raketenschild der Nato, für den im Laufe des Jahres landbasierte Radaranlagen in Europa stationiert werden sollen.

Am Donnerstag, den 26.Mai sprachen der russische Präsident Dimitri Medwedew und der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika während des G8-Gipfels im französischen Deauville ebenfalls miteinander: über militärische Angelegenheiten und den Raketenschild, der vor Raketen aus dem Iran schützen solle.

Russland verlangt etwas Notarielles, Schriftliches, eine Art Symbol oder eine Garantieurkunde um nicht von der NATO angegriffen zu werden. Der russische Vizeaussenminister Sergej Rjabkow teilte diese Haltung den Journalisten nach dem Treffen der Präsidenten auf einer Pressekonferenz mit (9):

„Russlands Präsident Dmitri Medwedew hat die Logik unseres Vorgehens erläutert. Wir sind bereit zur Zusammenarbeit bei der Raketenabwehr. Wir sind bereit, gemeinsame Systeme zu schaffen. Aber uns steht es noch bevor, bis zu Ende zu überprüfen, ob unsere Partner dazu auch bereit sind. Wenn die Partner dazu nicht bereit sind, so werden wir Flexibilität bezüglich der Architektur der Raketenabwehr an den Tag legen. Aber diese ganze praktische Zusammenarbeit muss auf einer festen und verständlichen, durch Dokumente fixierten und verbindlichen Grundlage und nicht auf Versprechen fussen, dass etwas geschaffen werde, was nicht gegen uns gerichtet werde. Wir können unsere Sicherheit nicht auf Versprechen beruhen lassen.“

Papier ist geduldig. Mit Russland lassen sich noch hervorragende Geschäfte tätigen. Fünfzehn Flugzeugträger der Mistral-Klasse von den Franzosen sind unter anderem zu haben – daran sind sich Dmitri Medwedew und Nicolas Sarkozy in Deauville einig geworden – dazu genügte ein G8-Handschlag. (10), (11)

Grossbanken und Rüstungsindustrie sind bei diesen zur Schau gestellten Erklärungen die Gewinner. Alles andere sind die reinsten ludi circenses im circus maximus auf dieser Weltbühne, die das römische Original voll in den finstersten Schatten stellen.

Quellen:
(1) http://www.stratfor.com/weekly/20110516-visegrad-new-european-military-force
(2) http://www.rumormillnews.com/cgi-bin/archive.cgi?read=13032
(3) http://www.interfax.com.ua/eng/main/68394/
(4) http://www.dw-world.de/dw/function/0,,83389_cid_15113083,00.html
(5) http://www.wienerzeitung.at/default.aspx?tabID=3862&alias=wzo&cob=563036
(6) http://orf.at/stories/2060632/
(7) http://de.rian.ru/politics/20110527/259269510.html
(8) http://de.rian.ru/world/20090306/120460477.html
(9) http://de.rian.ru/security_and_military/20110527/259263827.html
(10) http://de.rian.ru/business/20110526/259249804.html
(11) http://de.rian.ru/security_and_military/20110527/259267221.html
(12) http://de.rian.ru/security_and_military/20110516/259131902.html
(13) http://www.rp-online.de/politik/ausland/wahlen_in_den_usa/Sarah-Palin-hielt-Afrika-fuer-ein-Land_aid_635478.html