USA: Abstimmung über Libyen-Krieg in letzter Minute abgesagt, Treffen der „Republikaner“ am Abend
Machtkampf in den USA zwischen Kongress und Präsident um Autorisierung des Libyen-Krieges.
Einflussreiche Mitglieder der Partei „Republikaner“ haben gestern nach heftigen Debatten im „Republican Study Committee“ in letzter Sekunde eine Abstimmung über Concurrent Resolution 51 des Abgeordneten Dennis Kucinich (Partei „Demokraten“) verhindert (1). Die Resolution hatte offenbar unter Abgeordneten beider Staatsparteien eine Mehrheit gefunden. Inhalt der Resolution: schlicht die Entmachtung des Kongresses der USA zu verhindern und den Möchtegern-Imperator Barack Obama zur Einhaltung der Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika zu zwingen.
Wer Radio Utopie liest… wer Radio Utopie lesen kann, ist auch hier im Vorteil (27.März, Imperator Obama hat da ein Problem). Präsident Obama hat mit dem Eintritt in den Libyen-Krieg, durch Einbringung und Zustimmung von Resolution 1973 im UNO Sicherheitsrat am 17.März und der folgenden Teilnahme von US-Streitkräften am Angriff auf Libyen, die U.S. Verfassung gebrochen, weil er zuvor den Kongress nicht einmal informierte, geschweige denn den Einsatz des Militärs vorher autorisieren ließ.
Die von der Obama-Regierung am 17.März eingebrachte Resolution 1973, welche auch die bereits zuvor beschlossene UNO Resolution 1970 nachträglich entscheidend verschärfte, stellt eine umfassende Kriegsvollmacht dar. Leider fiel dies selbst Regierungen nicht auf, die sie passieren ließen, weil sie offensichtlich nicht lesen konnten, wie z.B. die russischen Regierungsvertreter. (18.März, Analyse zur UN-Resolution: Eine umfassende Kriegsvollmacht gegen Libyen)
Artikel 1 Absatz 8 der ältesten in Kraft befindlichen Verfassung der Welt aber besagt klar und deutlich: nur der Kongress der Vereinigten Staaten von Amerika kann „einen Krieg erklären“, nicht der Präsident. Der vom Kongress während des Vietnam-Krieges 1973 gegen den damaligen Kriegspräsidenten Richard Nixon durchgezwungene War Powers Act, der nach allgemeiner Rechtsauffassung Verfassungsrang genießt, präzisiert dieses Verfassungsgebot und gebietet dem Präsidenten der USA den Kongress innerhalb von 48 Stunden über den Einsatz bewaffneter Streitkräfte zu informieren und die Militäroperationen nach 60 Tagen entweder einzustellen, oder die Autorisierung des Kongresses nachträglich einholen. Weder das Eine, noch das Andere ist passiert.
Der Abgeordnete Ron Paul (Republikaner) schrieb dazu vorgestern unter der Überschrift „Den Weg bereiten für einen zukünftigen amerikanischen Diktator“ (2):
„In der vergangenen Woche kam der Stichtag nach 60 Tagen, innerhalb derer der Präsident die Zustimmung des Kongresses für unser militärisches Engagement im Rahmen des Kriegsermächtigungsgesetzes in Libyen einzuholen verpflichtet war – und verging. Die Medien nahmen kaum Notiz davon. Die Bombardierungen gingen weiter. Im Kongress veranstalteten wir ein Hearing zu diesem Thema, die Regierung weigert sich jedoch, sich um die Legalität ihres neuen Krieges zu kümmern. Es ist nicht klar, ob Herr Obama je die Zustimmung des Kongresses bekommen wird, und, das ist verwunderlich, es wird behauptet, dass er diese gar nicht braucht.“
Die Frage ob Obama den War Powers Act gebrochen hat oder irgendwie, ja, nee, doch, aber, ach lass mich in Ruhe, das ist in der US-Öffentlichkeit ein Riesenthema (3). In Deutschland hielten Informationsindustrie und Staatssender wie immer mucksmäuschenstill.
Vor einer Woche nun langte es Dennis Kucinich. Der bekannte verfassungsorientierte Bürgerrechtler und Abgeordnete der „Demokraten“ brachte für den gestrigen Mittwoch im Repräsentantenhaus Concurrent Resolution 51 ein (4), welche bei Annahme einen sofortigen Rückzug aller uniformierten US-Truppen (nicht Spione und Paramilitärs wie die der CIA) aus dem Krieg in Libyen innerhalb von 15 Tagen verfügt hätte.
Vor der Abstimmung im „Haus“, wie das wichtigste Haus der Vereinigten Staaten dort genannt wird, stieg die Anspannungen in den Führungen der uralten Staatsparteien „Republikaner“ und „Demokraten“, die sich, mit Ausnahme des kurzen Intermezzos der „Progressive Party“ (1912), der „United States Progressive Party“ (1924) und der „Wisconsin Progressive Party“ (ab 1934), seit dem 19.Jahrhundert die politische Macht über die Vereinigten Staaten von Amerika teilen.
Am gestrigen Mittwoch nun rief das einflussreiche „Republican Study Committee“ die Nomenklatura der 1854 gegründeten „Republikaner“ zur Sitzung. Irgendetwas war schief gelaufen. Republikanische Abgeordnete hatten, in bedenklich großer Zahl, angekündigt, sich Resolution 51 von Kucinich anzuschliessen. Es drohte ein Mehrheit gegen den Präsidenten der „Demokraten“ und seinen eigenmächtigen Krieg in Libyen. Was galt es da zu tun?
Nun, die reaktionäre Clique im „Republican Study Committee zog gestern schlicht die Notbremse. Die „Partei-Führung“, offensichtlich personenidentisch mit den Mitgliedern der exklusiven, nicht demokratisch legitimierten Partei-Loge, sagte die gesamte Abstimmung im Repräsentantenhaus einfach ab (1). Wie dieser bizarre Vorgang rechtlich überhaupt fundiert ist, wird in keinem einzelnen Pressebericht näher erläutert. Wie es nun heisst, werden nun stattdessen am heutigen Donnerstag Abend in Washington alle „republikanischen“ Abgeordneten von ihren „Führern“ zum Rapport gebeten. Es verspricht spannend zu werden.
Der kalifornische Abgeordnete John Campbell (Republikaner), der Concurrent Resolution 51 mitunterstützt (5) :
„Wir haben im Haus die Kontrolle und wir wollen einen Beschluss. Lasst uns eine Resolution vorlegen und dem Präsidenten klar machen, dass ´Sie nicht länger die Autorität dieses Kongresses haben, militärische Operationen in diesem Land durchzuführen`.“
Quellen:
(1) http://online.wsj.com/article/SB10001424052702303657404576359913752442684.html
(2) http://antikrieg.com/aktuell/2011_05_31_denweg.htm
(3) http://www.opednews.com/articles/Kucinich-Calls-the-Questio-by-Robert-Naiman-110531-271.html
(4) http://kucinich.house.gov/UploadedFiles/Concurrent_Resolution_Libya.pdf
(5) http://www.washingtonpost.com/politics/as-house-gop-leaders-fend-off-vote-on-libya-resolution-antiwar-sentiment-simmers/2011/06/01/AGYO1lGH_story.html