Thema Zivilklausel: Hurra wir regieren…

… und Wahlversprechen sind etwas für Leichtgläubige

Nun denn, der Antikriegstag steht an und wir sollten Bilanz ziehen, was denn ein Landespolitiker leisten kann, nicht kann oder auch nicht will.

Wissenschaftsministerin Theresia Bauer hat sich jedenfalls eines „Besseren“ besonnen und findet eine friedlich ausgerichtete Hochschule nun im Gegensatz zu früheren Aussagen doch keinen gute Idee mehr.

Als sie damals, in guter Gesellschaft mit den Kandidaten Kretschmer und Schmid, sich für die Aufrechterhaltung der Zivilklausel im KIT ausgesprochen hat, war anscheinend so viel unklar, dass sie nun auf „Klarheit und Transparenz“ drängt. Sie will nun niemandem mehr Vorschriften machen (schon gar nicht gesetzlich verankerte), die einen Wissenschaftler von seinem Selbstfindungsprozess zum „Friedlichen“ abhalten könnten. Herzlichen Glückwunsch zu dieser Kehrtwende – besser hätten wir nicht belogen werden können!

Im Detail sieht die Sache natürlich anders aus: da war ein Wahlkampfauftritt, in dem die Ministerin in spe vor zahlreich versammeltem Publikum ihre Solidarität für all jene bekundete, die für die Beibehaltung und Übertragung der bestehenden Zivilklausel des KIT auf das nun neu zu gründende Gemeinschaftsunternehmen KIT und Uni Karlsruhe kämpften. Mehr noch, der unterschriebene Text vom 15. März lautet: „Die UnterzeichnerInnen fordern das KIT Präsidium und den Gründungssenat auf, dem Studierenden-Antrag zur Aufnahme der Zivilklausel in die KIT Grundsatzung ‚Lehre, Forschung und Studium an der Universität sollen friedlichen Zwecken dienen, das Zusammenleben der Völker bereichern und im Bewusstsein der Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen erfolgen‘ zuzustimmen.“ Und Ähnliches findet sich im Landtagswahlprogramm der Partei die Günen: „Die Forschungseinrichtungen, Universitäten und Hochschulen des Landes sollen ausschließlich friedliche Zwecke verfolgen. Um dies deutlich zu machen, befürworten wir die Einführung von Zivilklauseln in den Satzungen aller solcher Einrichtungen.“ Konkret, greifbar … bravo!

Sowas kann einem als Kandidatin schon mal unterlaufen – und wahrscheinlich hat irgendein Mensch von Allensbach oder von Forsa festgestellt, dass das Thema Zivilklausel gar nicht wahlentscheidend war (dieselben, die schon festgestellt haben, dass Stuttgart 21 völlig überbewertet wird?) . In der Konsequenz möchte die Ministerin nun ihre vorschnelle Beurteilung am liebsten Rückgängig, ja Ungeschehen machen. Was für eine schöne Gelegenheit bietet sich da mit der „Exzellenzinitiative“ des KIT, wo man in positiver Manier einmal nichts ausschließen will. Frei nach dem Motto: wer zahlt, der kriegt – egal was, egal wofür.

Oder in dem Duktus einer Bildungsministerin: „Ich finde es wichtig, dass sich Wissenschaftler und auch eine Einrichtung wie das KIT Gedanken macht darüber, wo sie forschen, was sie erforschen. Wir haben ein großes Interesse daran, für Transparenz, für Klarheit zu sorgen, was mit öffentlichem Geld geforscht wird, dazu muss man auch stehen können. Aber wir werden nicht als Gesetzgeber die Vorgaben machen, was das richtige Forschungsprogramm ist und was nicht.“
Nur zur Erinnerung: Wo gibt es Klarheit oder gar Transparenz in einem Forschungssystem, das in Punkto Sicherheits- und Wehrforschung auf Geheimhaltung angelegt ist? Wäre diese Aussage nur naiv, wäre sie schon nicht schön – von einer gestandenen Bildungsexpertin ist es ein Ohrfeige für alle Pazifisten innerhalb und außerhalb der Hochschule. Es ist das klare Bekenntnis zum eigenen Unwillen, irgendetwas zum friedlichen Zusammenleben der Völker beitragen zu wollen!

So jemand unterschriebt auch schon mal den Aufruf zum Krieg.

Im Kern ist dieses Vorgehen nicht nur ein Zeugnis der Unglaubwürdigkeit einer einzelnen Ministerin, sondern auch der Beleg dafür, dass der Koalitionsvertrag zwischen Grün und Rot nicht als ein Regierungsprogramm missverstanden werden sollte. Klarheit und Transparenz, wie sie die Ministerin von den Hochschulen fordert, sind von dieser Regierung leider nicht zu erwarten.

Andreas Seifert

Quelle: http://www.imi-online.de/2011.php?id=2341