Lammert: Haushaltsrecht des Bundestages „nicht dispositonsfähig und nicht verhandlungsfähig“
Vor Entscheid über EFSF-Gesetz: Parlamentspräsident betont verfassungsmäßige Hoheit des Bundestages über Verwendung von Steuermitteln.
Bundestagspräsident Norbert Lammert hat im Morgenmagazin von ARD und ZDF noch einmal die durch die Verfassung garantierte Hoheit des Parlaments von Deutschland über die Verwendung von Steuermitteln des deutschen Staates und seiner Bürger bekräftigt. Das Haushaltsrecht des deutschen Bundestages sei „nicht dispositionsfähig und nicht verhandlungsfähig“, so Lammert. Es werde im Zuge der von der Regierung geplanten Gesetze zur Erhöhung des Fonds der luxemburgischen Aktiengesellschaft EFSF, dem sogenannten „Euro-Rettungsfonds“ bzw „Euro-Rettungsschirm“, „keine Generalermächtigung“ des Parlamentes für die Regierung bezüglich der Verwendung von derzeit regulär 123 Milliarden Euro (plus 20 Prozent bei Zustimmung des Haushaltsausschusses) geben, so Lammert. Für jedes einzelne neue Programm, welches der EFSF starte, müsse die Autorisation des Parlaments eingeholt werden.
Die Regierung von Kanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble fordert die Erhöhung des EFSF-Fonds mit regulär weiteren 88 Milliarden Euro deutscher Steuergelder auf nominell 211 Milliarden Euro aus deutschen Steuermitteln. Wie Haushaltsexperten aus der SPD-Bundestagsfraktion auffiel, die sich ausnahmsweise mal durchlasen was sie abnicken sollen, fehlt in der „Formulierungshilfe“ von Finanzminister Schäuble an die Fraktionen von CDU/CSU) die Streichung der 20-Prozent-Klausel. Soll heissen, der reale Anteil der Republik Deutschland am EFSF-Fonds würde nicht auf 211 Milliarden Euro, sondern auf 250 Milliarden Euro steigen. (1)
Die Kompetenzen des EFSF-„Rettungsschirms“ sollen durch die am 21.Juli in der Sommerpause des deutschen Parlamentes auf einem Brüsseler Sondergipfel von den Regierungsleitern der 17 EU-Mitgliedsstaaten mit Euro-Währungssystem getroffene Vereinbarung radikal erweitert werden. U.a. sollen Banken direkt aus dem Steuergeldfonds bezahlt, „rekapitalisiert“ werden. Diese Ermächtigung würde, im Falle einer Zustimmung durch den Bundestag, die Regierung von Deutschland äußerstenfalls ermächtigen, das ihr anvertraute Steuergeld in Höhe von mind. 211 Milliarden Euro jeder Bank auf diesem Planeten komplett in den Hals zu kippen; entweder über den Ankauf von, im Falle eines immer wahrscheinlicher werdenden Fall eines Staatsbankrotts von Griechenland, wertlosen Schrottpapieren (Anleihen) dieses Staates, oder über die direkte “Rekapitalisierung” von Banken auf Antrag eines EU-Mitgliedsstaates. (1.September, Die “Formulierungshilfe” des Bundesfinanzministeriums für die EFSF-Ermächtigung)
Analyse
Sowohl das Auftreten von Bundestagspräsident Lammert, dem im Gegensatz zu allen anderen Gästen des morgendlichen Staatssender-Symposiums der nichtsagenden Bürgerhypnose sogar Dunja Hayali nicht wagte dazwischen zu quatschen, als auch dessen deutliche Worte mit noch deutlicheren Pausen dazwischen (wirklich völlig ungewohnt für die Staatssender), legen nahe, daß der Staatsstreich des Kapitals gegen unsere Demokratie zum Stehen gekommen ist. Die Bankberatenden unserer Regierung, denen die „Deutsche Bank AG“ am 21.Juli in Brüssel gar hilfreich zur Seite saß, werden sich in den nächsten Tagen wortreich und wie immer sympathisch gestikulierend nach hinten verdrücken und versuchen, wenigstens ihre Ämter zu retten, was ihnen wahrscheinlich vorerst gelingen wird.
Die Alternative der Putsch-Aggregate SPD und Bündnis 90/Die Grünen, die Schäuble, Merkel und den Banken alles durchgewunken hätten, wäre in der Tat noch schlimmer. (Von Weimar nach Berlin und nicht nach Brüssel)
Übermorgen steht die ein Jahr verschleppte Entscheidung des 2.Senats des Bundesverfassungsgerichts zum EFSF an. Parlamentspräsident Lammert betonte, ebenso überraschender- wie zutreffenderweise, daß es keine Entscheidung in Karlsruhe brauche, um das Haushaltsrecht des Bundestages über die Verwendung deutscher Steuermittel festzustellen.
Damit wäre auch zu übermorgen alles gesagt.