Israelische Aktivisten bei Besatzungs-Enklave Anatot von rechtsradikalem Lynchmob angegriffen
Am 30.September folgen Aktivisten der linken israelischen Organisationen Sheikh Jarrah Solidarity und Ta´ayush, die sich für einen Ausgleich zwischen Palästinensern und Israelis und ein Ende der seit 1967 andauernden israelischen Besatzung Palästinas einsetzen, dem Hilferuf eines alten Mannes, Yassin al-Rifa‘i. Sein Land in der Nähe des palästinensischen Dorfes Anata wurde ihm vor Jahren – nach jedem Recht illegal – geraubt, durch sogenannte „Siedler“ in der nahe gelegenen israelischen Besatzungs-Enklave Anatot. Bewohnt wird die „Siedlung“ nicht von Religiösen, sondern von säkularen Militärs, ex-Militärs, Rechtsradikalen und deren Familien, welche die palästinensischen Dorfbewohner seit Jahren schikanieren, landwirtschaftliche Geräte stehlen, Anbau unmöglich machen und die einst von Bäumen bewachsenen Hügel von Anata in die Mondlandschaft Anatot verwandelt haben.
An diesem Freitag, dem 30.September, hisst der alte Palästinenser Yassin al-Rifa‘i, zusammen mit seinen israelischen Freunden, auf seinem eigenen Land die palästinensische Flagge.
Was dann folgt, ist hier zu sehen.
Militärfahrzeuge, die noch eben am Fuße des Hügels standen, auf dem sich Yassin al-Rifa‘i, seine Frau und die Aktivisten von Sheikh Jarrah Solidarity und Ta`ayush befinden, verschwinden. Dafür fahren immer mehr Privatautos auf.
Der „Sicherheits-Direktor“ von Anatot droht Al-Rifa‘i per Telefon, wenn er nicht sofort die palästinensische Flagge einholt, würden die Bewohner der Besatzungs-Enklave sie alle zusammen schlagen. Yassin al-Rifa‘i weigert sich. Es ist sein Land.
Sein Land.
Von der Straße zieht ein Mob herauf. Er schwenkt die israelische Flagge. „Schlampen“. „Hurensöhne“. „Hunde“. Ein kahlgeschorener Faschist schreit einen Aktivisten an. „Du Verräter“. Ein paar israelische Soldaten befinden sich im Mob und bemühen sich nichts zu tun und den „Siedlern“ möglichst kurz im Weg zu sein. Dann geht alles schnell.
Zurück bleibt der alte Mann Yassin al-Rifa‘i. Minutenlang liegt er bewusstlos am Boden, so daß die Zeugen vor Ort schon davon ausgehen, daß er tot ist. Seine Frau hält ihn im Arm. Die linken Aktivisten von Sheikh Jarrah Solidarity und Ta´ayush werden entweder schwer verletzt oder kommen mit Knochenbrüchen und leichten Verletzungen davon.
Am Abend protestieren Linke und Friedensaktivisten, manche von ihnen aus Westjerusalem, vor dem Gatter von Anatot gegen den Überfall. Heraus kommen die rechtsradikalen und rassistischen Bewohner und schlagen erneut die Anwesenden zusammen. Von einem Messerangriff, der nur haarscharf nicht zum Mord an einem Israeli durch einen Israeli unter den Augen des israelischen Militärs führt, liegen Filmaufnahmen vor. Die Bewohner von Anatot rufen „Tod den Arabern“. Sie rufen „Tod den Linken“. Sie zerstören Autos, zerstören Kameras, machen was sie wollen. Wenn sie jemand an irgendetwas hindert, dann nur die eigenen Leute. Die Soldaten tun nichts oder üben sich (nach 44 Jahren Besatzung eigentlich völlig überflüssig) in maximaler Menschenverachtung. Der rechtsradikale Mob hetzt die linken israelischen Friedensaktivisten durch die heran gebrochene Dunkelheit. Sogar bis nach Jerusalem verfolgen die „Siedler“ die linken Israelis in ihren Autos, greifen diese während der Fahrt aus den eigenen Autos heraus an, hetzen die Friedensaktivisten, bis diese endlich die Stadt erreichen.
Ein Tag in Palästina. Ein Tag in einer israelischen Besatzungszone. Seit 44 Jahren.
Zeugenaussagen und Zusammenfassung der Ereignisse. Artikel von Eyal Raz, Mitglied von Sheikh Jarrah Solidarity, in der Ha´aretz.