Kriegsschiffe nach Athen: ThyssenKrupp entdeckt Herz für deutschen Steuerzahler
Balgen der Kriegsindustrie um lukrativen Deal mit Griechenland: halbstaatliche Werft „Direction des Constructions Navales, Systemes et Services“ (DCNS) aus Frankreich und ThyssenKrupp AG buhlen um Milliarden-Geschäft durch Verkauf von Fregatten an Athens Verteidigungsministerium.
Wie der „Spiegel“ am 16.Oktober 2011 verlautbart, echoffiert sich der deutsche Rüstungskonzern ThyssenKrupp über ein Waffengeschäft der Kriegsindustrie Frankreichs über zwei bis vier neue Tarnkappen-Fregatten mit einem Stückpreis von 300 Millionen Euro an den vor dem Staatsbankrott stehenden Staat Griechenland. Nicht etwa deswegen, weil Griechenland auf Druck des Internationalen Währungsfonds (IWF), der EU-Kommission und der Europäischen Zentralbank (EZB) sich zwar gleich den ganzen Staat sparen aber nicht an neuen Waffensystemen geizen soll – nein, über das entgangene Geschäft „Deutscher Wer(f)tarbeit“ auf Kosten auch der deutschen Steuerzahler, das sich jetzt die Konkurrenz aus Frankreich unter den Nagel reisst.
Wie die Zeitung meldete, kritisierte ein Vertreter ThyssenKrupps in einem Brief ans Berliner Kanzleramt „dass die französischen Schiffe letztlich vom deutschen Steuerzahler mitbezahlt würden – wegen der möglichen Pleite Griechenlands“:
„Während deutsche Marinewerften keinen Auftrag bekommen, werden DCNS und griechische Werften, letztlich wohl mit deutschem Geld, subventioniert und am Leben erhalten.“
Die skrupellose Dreistigkeit der Kriegsindustrie in Deutschland ist wieder einmal nicht ohne historisches Beispiel. Will ThyssenKrupp dem gemeinen deutschen Fussvolk etwa suggerieren, dass der Konzern im Falle der Lieferung hausgefertigter Kriegsschiffe das Geschäft auf eigene Faust, ohne staatliche Garantie und ohne Absicherung durch deutsche Steuergelder abgewickelt hätte? Für die deutsche Exportindustrie wurde so etwas wie die Hermes-Bürgschaften erfunden, die
„vor einem Zahlungsausfall aus wirtschaftlichen und politischen Gründen bei der Lieferung in schwierige und risikoreiche Märkte schützen. Dadurch ermöglichen sie die Erschließung neuer Märkte und auch die Aufrechterhaltung von bestehenden Kundenbeziehungen.“
Auch Uwe Karl Beckmeyer, Sprecher der Arbeitsgruppe Verkehr, Bau und Stadtentwicklung der SPD-Bundestagsfraktion und bis 2010 Landesvorsitzender der SPD in Bremen, sorgt sich – worum auch sonst – um den Erhalt von Arbeitsplätzen in der deutschen Rüstungsindustrie. Wo durch Tränengasnebel, Generalstreiks und soziale Raubzüge gegen die Griechen (bei gleichzeitiger Plünderung des deutschen Staatshaushalts zugunsten armer notleidender Banken und Griechenland-Gläubiger) seit Jahren von Sozens kein Demokratiesterbenswörtchen zu hören ist, tönt Beckmeyer nun empört:
„Die Kanzlerin muss ihren Freund Sarkozy stoppen.“
An der französischen Staatswerft Direction des Constructions Navales, Systemes et Services (DCNS) hält die Thales Group eine Beteiligung von fünfundzwanzig Prozent. Durch ein Konglomerat vieler Firmen des militärisch-industriellen Komplexes, darunter einige aus Deutschland, fliessen Unmengen an Geldern in die Kriegskassen. 2010 „erwirtschaftete“ allein Thales Deutschland einen Umsatz von 1,39 Milliarden Euro.
Letztendlich bleibt man bei der Gewinnbeteiligung unter sich, wozu also diese unangebrachte Aufregung?
Die Kriegslobby in Frankreich dreht derweil ihr Fähnlein in den Wind und passt sich den derzeitigen Finanz- und Regierungs-Turbulenzen an. Griechenland wurde in die Pleite getrieben und aufgedrängte Fregatten-Lieferungen sind ein rotes Tuch für die empörte Öffentlichkeit. Also bietet der Torero aus Paris dem Verteidigungsministerium in Athen an, die Schiffe in den Häfen für fünf Jahre kostenlos zu überlassen und so aufkommender Kritik den Wind aus den Segeln zu nehmen.
„Erst dann sollen die von der Staatswerft DCNS entwickelten Schiffe mit einem Preisnachlass von 100 Millionen Euro bezahlt oder andernfalls von der französischen Marine übernommen werden.“
Welch mildtätige Geste. Doch warum nur dann die empörte Reaktion der spiegel-bildlichen Samariter von ThyssenKrupp?
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Trotz der Staatspleite Griechenlands wird das Verteidigungsministerium sechs Fremm-Fregatten im Wert von 2,5 Milliarden Euro kaufen (müssen).
Der stellvertretende Verteidigungsminister Panos Beglitis teilte am 10.Februar mit
Quellen: (1) http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,792028,00.html
(2) http://www.thalesgroup.com/germany/about_us/facts_figures/