Was der Haushaltsausschuss in Wirklichkeit absegnen soll
Nach der Regierungserklärung von Kanzlerin Angela Merkel am Mittwoch im Bundestag soll der Haushaltsausschuss nicht nur die Ermächtigung durchwinken, 100 Milliarden Euro für Banken „notfalls“ aus dem EFSF-Steuergeldfonds zu zahlen. Hintergrund der Entscheidung des Haushaltsausschusses vor dem extra anberaumten weiteren EU-Gipfel sind die schon 2008 durch die G20-Regierungen getroffenen Entschlüsse „systemisch wichtige Finanzinstitutionen“ international zu „identifizieren“ und „welche auch immer notwendigen Maßnahmen zu ergreifen“ um diese staatlich zu stützen.
Für den G20-Gipfel am 3. und 4. November ist nun geplant diese „systemrelevanten“ Banken und Kapitalgesellschaften als sakrosankte Säulen eines auf den Schultern der Weltbevölkerung stehenden neuen institutionalisierten Weltkapitalismus offiziell zu benennen.
Entgegen vieler zur Vernebelung der Öffentlichkeit gestreuten Behauptungen wurde auf dem gestrigen EU-Gipfel nichts beschlossen, außer Banken mit Sitz in der „Europäischen Union“ 100 bis 110 Milliarden Euro zu zahlen (die Zahlen schwanken zur Zeit noch). Alle anderen Vorhaben, wie die Ausgabe von 940 Milliarden Euro durch den EFSF und einen weiteren vom EFSF gestützten Sonderfonds zur „Eingrenzung der Krise“ (1), mussten durch den EU-Regierungsrat solange auf Eis gelegt werden, bis der Haushaltsausschuss des Bundestag irgendwie zur Unterschrift unter den Banken-Bail Out in Höhe von 100 Milliarden Euro erpresst worden ist.
Entsprechend der gewohnten Heuchelei legte man in dieser einzigen relevanten und konkreten Beschlussvorlage, die gestern im obersten Brüsseler Regierungsrat tatsächlich erstellt worden ist – den 100 Milliarden-Tribut an die Banken – folgende Reihenfolge fest: zuerst sollten die Banken versuchen sich an ihren „freien Märkten“ das Geld selbst beschaffen. Dann sollten „die Regierungen“ der einzelnen Staaten einspringen, in denen die Banken ihren Geschäftssitz haben, also die einzelnen EU-Mitgliedsstaaten. Und dann soll genau das passieren, was der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank AG und Direktoriums-Vorsitzende des internationalen Bankenkartells IIF, Josef Ackermann bereits am 16.November 2009 auf der Euro Finance Week im Frankfurter Bankenviertel forderte und ich seit dem Frühsommer 2010 über ein Dutzend Mal ausführlich geschildert habe (9.Mai 2010, DIE GRIECHENLAND-KRISE (VI): Der Plan der Banken von einer europäischen Soffin):
die luxemburgische Aktiengesellschaft EFSF, der angebliche „Euro-Rettungsfonds“, soll mit ihren Steuergeldern für die Banken bezahlen.
Nicht für irgendeinen Kontinent. Nicht für Staaten. Nicht für die Völker, die Menschen, die Verdammten dieser Erde. Für die Banken. Die Banken. Die Banken.
Der gigantische zusammengeraubte Schatz im EFSF-Fonds von 780 Milliarden Euro, dessen tatsächlicher Umfang oft vernebelnd mit der „Garantiesumme“ von 440 Milliarden Euro beziffert wird, wurde möglich durch die Lügen aller Regierungen in der „Europäischen Union“, den Verrat aller etablierten politischen Organisationen – Parteien, Gewerkschaften, angeblich linke, emanzipatorische oder soziale Initiativen, wie Attac, etc – und die Dummheit, Passivität und bräsige Ignoranz der betroffenen Staatsbürger, vor allem in Deutschland. Von diesen drei Grundvoraussetzungen – stetiges, nimmermüdes Lügen aller Regierungen, permanenter, kontinuierlicher Verrat aller etablierten politischen Organisationen und Passivität der Untertanen – hat sich nur die dritte geändert. Die sogenannte „breite“ Öffentlichkeit hat langsam ihren Rausch ausgeschlafen.
Genau diese Öffentlichkeit scheuen nun die Seelenverkäufer des Kapitals und ihre kleinen Diener in Regierung und Parlament von Deutschland. Denn geplant ist laut einer Vorlage der EU-Finanzminister an ihre Regierungsleiter, die wegen der Entscheidungshoheit des deutschen Parlamentes nicht durch die Regierungschefs verfügt werden konnte, für bestimmte Banken zu garantieren. Zu garantieren. (2)
Nicht für irgendeinen Kontinent. Nicht für Staaten. Nicht für die Völker, die Menschen, die Verdammten dieser Erde. Für die Banken. Die Banken. Die Banken.
Übermorgen am Mittwoch, dem 26.Oktober, wird Kanzlerin Angela Merkel, „beraten“ vom Chef des weltweiten IIF-Bankenkartells Josef Ackermann, im Parlament von Deutschland stehen. Sie wird eine Rede halten. Genau die „Regierungserklärung“, die sie letzten Freitag absagen musste, weil der Haushaltsausschuss ihr – und damit den Banken – keinen Blankoscheck ausstellen wollte.
Merkel und Schäuble hatten bis zur letzten Minute gepokert und, wie üblich, dem Bundestag keine Unterlagen heraus gerückt. Es gäbe dieses, jenes, welches, man müsste, müsse, muss-muss-muss, ja am besten sei doch einfach der Blankoscheck für die Regierung. Weil der aber durch die Abgeordneten verweigert wurde, konnte die Regierung am Donnerstag dem Haushaltsausschuss nur unvollständige Unterlagen zusenden. Denn die vollständigen Unterlagen hätten eben diesen Blankoscheck beinhaltet.
Am Mittwoch ab 14 Uhr stehen nun in der Tagesordnung des Haushaltsschusses des Deutschen Bundestages, der nichtöffentlich tagt und dessen Beschlussdokumente demzufolge auch nicht öffentlich einsehbar sind, nicht weniger als 27 Punkte. Der zweite davon lautet wie folgt (3):
Unterrichtung durch die Bundesregierung
a) über die Ergebnisse des Europäischen Rats der Staats- und Regierungschefs am
23. Oktober 2011 (mündliche Unterrichtung durch das BMF).
b) Erörterung der daraus zu ziehenden Konsequenzen für den Haushaltsausschuss
Noch nicht einmal das Wort „Beschluss“ taucht darin auf. Das Bundesfinanzministerium mit seinem nur durch die Kanzlerin selbst kündbaren Minister Wolfgang Schäuble soll „mündlich“ unterrichten, über einen geplanten Ausverkauf von mindestens 100 Milliarden Euro Steuergelder im EFSF für genau die „Rekapitalisierung“ von Banken, die seit Monaten vom Regierungs- und Zentralbanken-Verbund G20, seitens des „Internationalen Währungsfonds“ IWF mit seiner Chefin Christine Lagarde, sowie der gesamten Informationsindustrie seit Monaten in nicht enden wollender Bettelei eingefordert wird.
Begründet wird dieser erneute Staatstribut an die Banken mit einer vermeintlich geplanten Anhebung der Kernkapitalquote für „systemrelevante“ Banken auf neun Prozent, damit diese einen Staatsbankrott von Griechenland verkraften sollen.
Diese angebliche Anhebung der Kernkapitalquote ist nichts als heiße Luft. Es liegt kein rechtsgültiger Beschluss darüber vor. Es ist nicht einmal klar, auf welcher Rechtsgrundlage dieser Beschluss überhaupt erfolgen soll, geschweige denn durch wen.
Und was sind „systemrelevante“ Banken eigentlich? Und was ist das für ein System, für das sie „relevant“ sind? Wer definiert das?
Im September und Oktober 2008 wurde im größten Raubzug in der Geschichte der Menschheit den Staaten weltweit Billionen von Euro, Dollar, Yen, Pfund und anderen Währungseinheiten der jeweiligen Finanzsysteme entzogen und genau den Finanzorganisationen dieser Finanzsysteme zugeführt, welche unter Zuarbeit der von ihnen kontrollierten Regierungen die eigene Krise selbst herbei geführt hatten, um genau diesen staatlichen Finanztribut zu erzwingen. (Der finanzielle Reichstagsbrand: Chronologie eines kalten Staatsstreichs durch eine inszenierte Krise, 7.Oktober 2008)
Allein das „Tarp“-Programm der damaligen Bush-Regierung und seines Finanzministers Henry Paulson umfasste 700 Milliarden Dollar Steuergelder für das Banken-System. Bis heute werden die tatsächlichen Kosten verschwiegen. Die so sympathisch-hilfreich „Bail Out“ genannten Tribute an das Kapital kosteten allein die Republik der Vereinigten Staaten von Amerika 3 Billionen Dollar in bar und 11 Billionen an weiteren Verpflichtungen wie Staatsgarantien. Und das alles nur innerhalb eines knappen Jahres, von September 2008 bis November 2009. Und das sagt keiner, den man nach alter Stasi-Methode der „Operativen Psychologie“ verleumden, ignorieren, zersetzen und isolieren kann, das sagt eine Auflistung von CNN Money (4)
Unmittelbar nach dem gigantischen Ausverkauf der Vereinigten Staaten an das Banken-System, für das extra der Begriff „Bail Out“ („Absprung“, „Abspringen!“) in die Öffentlichkeit eingeführt wurde, begann eine systematische Erpressung gegen Deutschland diesem Systemwechsel der USA zum Staatskapitalismus – einer Garantieübernahme des Staates für kommerzielle Geschäftsbanken, faktisch einer Verschmelzung von Kapital und Staat – zu folgen.
Am Sonntag dem 9.Oktober 2008 erklärte US-Finanzminister Henry Paulson in Washington, man habe für den kommenden Samstag, den 15.Oktober, in Washington eine Sonderkonferenz der „G20“ einberufen, bis dato ein eher lockerer Tagungsverbund der Finanzminister und Zentralbanker aus den 20 reichsten Industrie- und Handelsstaaten. (Gipfel in Washington: G20 sollen G7 ersetzen)
US-Präsident Bush erklärte, er habe in einem Telefongespräch mit Brasiliens Staatspräsident Luiz Inacio Lula da Silva versichert, dass die Maßnahmen des 700 Milliarden US-Dollar schweren US-Bankenrettungsplans in „zweieinhalb Wochen“ erste Wirkungen zeigen würden. Auch mit der Kanzlerin von Deutschland, Angela Merkel, habe er telefoniert und sich abgesprochen, so US-Präsident Bush (5). Merkels damaliger Finanzminister: Peer Steinbrück.
Steinbrück nur einen Tag später, am Montag dem 10.Oktober 2008: es sei noch zu früh, ein Rettungspaket anzukündigen. Die Bundesregierung bereite sich aber „auf konkretes Handeln vor“.
„Spätestens für Montag müssen wir ein Signal zur Beruhigung, zur Wiedergewinnung von Glaubwürdigkeit und von Vertrauen in Deutschland haben“ (6)
Nur zwei Tage später traten Finanzminister Steinbrück und Kanzlerin Merkel vor die deutsche Öffentlichkeit und verlangten vom Bundestag die Ermächtigung dem Bankensystem eine halbe Billion Euro zur Verfügung zu stellen.
Der damalige Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag, Fritz Kuhn, sprach von einem „Entmachtungsgesetz der parlamentarischen Demokratie und des Haushaltsrechts“. Der heute noch amtierende „Finanzexperte“ der Grünen-Fraktion, Gerhard Schick, sprach von „sehr weitreichenden, aber völlig unkontrollierten Möglichkeiten“. Ex-SPD-Finanzminister Oskar Lafontaine, später Mitbegründer von Die Linke GmbH, sprach von einem „Blankoscheck“ (7). Und anschließend stimmten alle dieser sauberen Herrschaften, mitsamt der Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen, einer Änderung der Geschäftsordnung des Bundestages zu, die für die Implementierung dieses „Eilgesetzes“ zwingend notwendig war, verhinderten so eine ordentliche Gesetzgebung, stimmten dem „Finanzmarktstabilisierungsgesetz“ durch die Hintertür zu, um dann am 17.Oktober im Bundestag wieder gegen das Gesetz zu stimmen was sie selbst ermöglicht hatten und anschließend zu behaupten, tja, sie hätten alles ihnen Mögliche getan. (14. Oktober 2008, Lafontaine und Kuhn: Zustimmung zu Ermächtigungsgesetz durch die Hintertür).
Nach offizieller Darstellung kostete dieses „Finanzmarktstabilisierungsgesetz“ – welches genau die neue, parlamentarisch völlig unkontrolliert agierende Soffin-Behörde schuf, welche die Banken nun mit allen Mitteln auf EU-Ebene durchsetzen wollen – die deutschen Staatsbürger „lediglich“ 17.1 Milliarden Euro (10). Kein einziger der sechshundertzwanzig Abgeordneten des Deutschen Bundestages hat sich bisher die Mühe gemacht, seine Mitarbeiter eine Gegendarstellung verfassen zu lassen und die tatsächlichen Kosten des deutschen Staates für die Soffin-Behörde und ihr Gebaren zugunsten des Bankenkartells aufzulisten.
Am 9.November 2008 schliesslich beschlossen die Zentralbanker und Finanzminister der G20-Staaten in Sao Paulo die „Identifikation von systemisch wichtigen (Finanz-) Institutionen“, angeblich mit dem Ziel „eine angemessene Beaufsichtigung dieser Institutionen sicherzustellen, eingeschlossen Ratingagenturen. Das Zitat im Original (8):
„In this regard, we should consider ways of enhancing the identification of systemically important institutions and ensure proper oversight of these institutions, including credit rating agencies.“
Am 15.November 2008 erklärten dann die Staats- und Parteichefs der G20-Regierungsleiter in Punkt 7 ihrer Erklärung (9):
„Wir werden – unsere energischen Bemühungen fortsetzen und welche auch immer notwendigen Maßnahmen ergreifen, um das Finanzsystem zu stabilisieren.“
„Continue our vigorous efforts and take whatever further actions are necessary to stabilize the financial system.“
Das war der Eid auf einen Systemwechsel: die Neue Weltordnung, den institutionalisierten Weltkapitalismus.
Die Definition, welche Banken im Weltkapitalismus nun konkret als „systemrelevant“ bzw „systemisch wichtig“ („systemically important“) eingestuft würden, übernahm niemand anderes als die inoffizielle „Zentralbank der Zentralbanken“, die 1930 gegründete „Bank für Internationalen Zahlungsausgleich“ (BIZ) in Basel. Extra dafür segnete der G20-Verbund im März 2009 in aller Stille die Schaffung des „Financial Stability Board“ („Finanzstabilitätsrat“) in Basel ab.
Am 20.Juli 2011 schliesslich definierten „Finanzstabilitätsrat“ und „Basler Ausschuss“ der BIZ 28 Banken, die als „systemrelevante“ „bzw „systemische wichtige“ Banken des Weltkapitalismus niemals pleite gehen dürfen (11). Welche Banken das sind, blieb geheim (12). Mittlerweile ist nun von bis zu 50 Banken die Rede (13). Zwischen den Regierungen, Zentralbankern und Bankern ist ein Tauziehen im Gange, wer zu dem erlauchten Kreise der Weltsystembanken mit staatlich garantierter Ewigkeitsgarantie gehören soll.
Die offizielle Bekanntgabe der Systembanken des Weltkapitalismus soll also auf dem G20-Gipfel am 3. und 4.November in Cannes erfolgen. Man wird dort die Garantie dieser Banken durch die Weltbevölkerung und ihre Lebens- und Arbeitszeit als Schritt des „Primats der Politik über die Märkte“ verkaufen – also als genaues Gegenteil dessen, was man im allgemeinen Sprachgebrauch des Sapiens immer noch als „Realität“ definiert.
Alle Regierungen im G-20-Verbund sind eingeweiht. Jede einzelne Regierung kollaboriert, von Berlin bis Ottawa, von Moskau bis Paris, von Washington bis Riad, von Peking bis Sao Paulo.
Jeder einzelne Bundestagsabgeordnete hat von all diesen Vorgängen entweder keine Ahnung – entweder weil er zu dumm zum Lesen ist, keine Zeit zum Lesen hat, von seinen Mitarbeitern mit Gewalt daran gehindert wird einen Internetanschluss zu benutzen, ständig taube Finger hat und deshalb nicht alleine Buchstaben auf einer Tastatur eingeben kann, ständig betrunken ist, seelische Probleme und deswegen ständig Urlaub hat, einfach nicht begreift was Sache ist, warum auch immer – oder kollaboriert und gehorcht Anweisungen.
Die Liste der Abgeordneten im Haushaltsausschuss:
Norbert Barthle
Norbert Brackmann
Axel E. Fischer
Herbert Frankenhauser
Alexander Funk
Jürgen Herrmann
Bartholomäus Kalb
Alois Karl
Volkmar Klein
Rüdiger Kruse
Dr. Michael Luther
Andreas Mattfeldt
Eckhardt Rehberg
Georg Schirmbeck
Bernhard Schulte-Drüggelte
Klaus-Peter Willsch
Klaus Brandner
Bernhard Brinkmann
Prof. Dr. Peter Danckert
Bettina Hagedorn
Klaus Hagemann
Johannes Kahrs
Petra Merkel
Carsten „Hektor“ Schneider
Ewald Schurer
Rolf Schwanitz
Otto Fricke
Heinz-Peter Haustein
Dr. h.c. Jürgen Koppelin
Stephan Thomae
Florian Toncar
Dr. Claudia Winterstein
Dietmar Bartsch, Ehrendoktor für operative Psychologie
Steffen Bockhahn
Roland Claus
Michael Leutert
Gesine „The Ohrring“ Lötzsch
Katja Dörner
Priska Hinz
Sven-Christian Kindler
Tobias Lindner
Ich habe hier bewusst auf Parteizugehörigkeit verzichtet, da sich die klassischen Zugehörigskeitsmuster politischer Inhalte bereits ebenso begonnen haben aufzulösen wie die Parteien und die parlamentarische Demokratie insgesamt. Es zählt nur noch das einzelne Individuum und das, was man dessen übrig gebliebene Fähigkeit zur simplen Auffassungsgabe nennen könnte.
Es ist zur Zeit nicht sicher, ob der Haushaltsausschuss vor seiner Sitzung am Mittwoch noch zu einer weiteren Sitzung zusammenkommt. Es ist zu erwarten, daß unter den üblichen Ausreden den Abgeordneten erst in letzter Sekunde die Unterlagen zugestellt, eine Diskussion über den Inhalt mit allen Mitteln unterdrückt, eine Befassung des Bundestages verhindert und irgendwie eine Mehrheit zur Unterschrift im Haushaltsausschuss organisiert werden soll, damit Angela Merkel mit der Unterschrift auf Tasche am gleichen Mittwoch Nachmittag nach Brüssel zum nächsten Gipfel des obersten EU-Regierungsrates fliegen und „welche auch immer notwendigen Maßnahmen“ zur „Stabilisierung des Finanzsystems“ ergreifen kann, auf die sie mit allen anderen G20-Regierungsleitern am 15.November 2008 ihren Eid abgelegt hat.
Es liegt nun an Ihnen, werte Geschworene am Gerichtshof der Öffentlichen Meinung, zügig zu einem Urteil zu kommen und dieses öffentlich, legal und nach allen Vorgaben der Verfassung unserer Republik selbst in die Tat umzusetzen.
Alle anderen sind im großen Nichts, was sich um uns ausbreitet, bereits verschwunden.
18.15 Uhr
Wie ich in meiner (von allen möglichen Ablenkungen gezeichneten) Arbeit in Zeiten des Schreibwutbürgers nicht bemerkte: die CDU/CSU-Fraktion hatte bereits heute Mittag einen von mir nicht erwarteten parlamentarischen Anfall.
Schon um 13.51 Uhr wusste die „Bild“-Zeitung mit dem Understatement des Tages aufzuwarten (14):
„Die Pläne weichen offenbar stärker als bisher angenommen von den Vereinbarungen ab, die Merkel vergangene Woche vorgelegt hat.“
Nachdem die Abgeordneten von CDU und CSU um 13.15 Uhr durch eine offensichtlich ziemlich zerknitterte Angela Merkel über die (Wahn)Vorstellungen des EU-Regierungsrates hinsichtlich des Gebrauchs von mittlerweile 211 Milliarden Euro deutscher Staatsgelder informiert worden waren, schwoll den Abgeordneten offenbar so der Kamm, daß sie ihrem Fraktionsvorsitzender Volker Kauder ebenso vielsagend wie deutlich den Weg Richtung fliegenden Teppich wiesen. Kauder beeilte sich denn auch Merkel klar zu machen, daß es jetzt genug sei und daß am Mittwoch der gesamte Bundestag über die Vorstellungen des EU-Gipfels zu entscheiden habe und nicht nur der Haushaltsausschuss.
Damit revidiert die Unionsfraktion nicht nur den Kotau der Koalitionsmehrheit von CDU/CSU und FDP im Haushaltsausschuss vor der Regierung vom Donnerstag, als diese eine Befassung des Parlamentes ablehnte, sondern setzt Kanzlerin Merkel und Finanzminister Schäuble gewaltig unter Druck. Die von Schäuble und Merkel in bekannter Ignoranz ohne Rücksicht auf das Parlament getroffenen Vereinbarungen in Brüssel sind offensichtlich so weitreichend, daß bereits jetzt in CDU und CSU gemutmaßt wird,
„es werde nahezu unmöglich sein, dass die Koalition eine „eigene“ oder gar eine „Kanzlermehrheit“ organisieren könne.“ (15)
Zu erwarten ist demnach, daß SPD und Bündnis 90/Die Grünen Merkel und Schäuble bei den Umsetzungen von Beschlüssen internationaler Regierungsgipfeln, sowie Vorgaben des internationalen Bankenkartells, wieder einmal hilfreich zur Hand gehen müssen.
19.40 Uhr
Die Verschleppungs- und Verschleierungstaktik der Regierung nimmt die üblichen peinlichen und bizarren Züge an. Heute Mittag wurde den Fraktionen des Bundestages offenbar allen Ernstes weißgemacht, Angela Merkel sei aus Brüssel nach Berlin geflogen, aber die unter ihrer Beteiligung gefassten Beschlüsse seien dort geblieben. „Erste Details“, so ließen Merkels altbekannte Steigbügelhalter Jürgen Trittin und Cem Özdemir verlauten, habe die Kanzlerin aber genannt. (16)
Diese „ersten Details“ beschreiben im Detail die im Anfang bezifferten Zahlen und Vorhaben: der EFSF-Fonds soll auf eine Billion Euro „gehebelt“ werden, die Banken mit 100 Milliarden Euro „kapitalisiert“ werden. Auch von einem „bei dem EFSF-Fonds angesiedeltem Sondertopf“ ist die Rede (eine entsprechende Meldung von „Bloomberg“ mit der genannten Summe von 940 Milliarden Euro haben wir übrigens bereits gestern um 14.38 Uhr auf die Nachrichtenagentur Radio Utopie gesetzt).
Und als ob das an Dreistigkeit und Hochverrat noch nicht genug sei: die genauen „Beschlüsse“ des EU-Gipfels – der gar nichts beschließen kann – sind angeblich immer nicht „aus Brüssel eingetroffen“. Natürlich ist auch das wieder eine feiste Lüge der Regierung. Merkel und Schäuble wollen die nach Vorgaben von Konsortien und internationalen Regierungsgipfeln erstellten Pläne schlicht nicht preisgeben, um Haushaltsausschuss und Bundestag – und nicht zuletzt uns, der Öffentlichkeit – so wenig Zeit wie möglich zu lassen diese auseinanderzunehmen.
Das Prozedere sieht nun wie folgt aus: Der Haushaltsausschuss tagt nun doch morgen Dienstag in einer Sondersitzung. Worüber er tagt, weiß angeblich noch keiner, da die EU-Gipfel-Vereinbarungen angeblich immer noch in Brüssel sind.
Übermorgen Mittwoch redet Kanzlerin Angela Merkel im Bundestag in einer Regierungserklärung. Worüber sie redet, weiß sie angeblich selbst nicht, da die EU-Gipfel-Vereinbarungen, die sie selbst unterschrieben hat, vermeintlich immer noch in Brüssel sind und sie sich offenbar nur noch an „erste Details“ erinnern kann.
Am Nachmittag entscheidet dann der Bundestag. Worüber er entscheiden soll, weiß angeblich noch keiner, da die EU-Gipfel-Vereinbarungen vermeintlich immer noch in Brüssel sind.
So etwas nennt man den Versuch eines kalten Staatsstreichs.
Es ist nicht der erste Versuch, den wir erleben. Es hat unter dieser Kanzlerin, unter Zuarbeit von Gefolgsleuten in allen etablierten Parteien, de facto bereits mehrere Aushebelungen der parlamentarischen Demokratie gegeben, die unsere Republik sukzessive entdemokratisiert und entsouveränisiert haben. Ein Beispiel dafür sind die verheerenden massenhaften Verfassungsänderungen in den zwei „Föderalismusreformen“ von 2005 und 2009.
Doch der Kern der Schutz- und Trutzburg Grundgesetz, der steht immer noch. Ebenso steht der Widerstand auf den Zinnen, bereit, diesen Kern der Verfassung standhaft zu verteidigen.
Quellen:
(1) http://www.bloomberg.com/news/2011-10-23/european-leaders-start-last-ditch-push-to-end-debt-crisis-safeguard-banks.html
(2) http://uk.reuters.com/article/2011/10/23/uk-eurozone-idUKTRE79I0J920111023
(3) http://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse17/a08/tagesordnungen/068_-_069.pdf
(4) http://money.cnn.com/news/storysupplement/economy/bailouttracker/index.html
(5) http://www.manager-magazin.de/unternehmen/artikel/0,2828,583070,00.html
(6) http://www.stern.de/wirtschaft/news/unternehmen/finanzkrise-regierung-plant-einstieg-bei-banken-641978.html
(7) http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=sw&dig=2008%2F10%2F15%2Fa0086&cHash=ade1c8e970/
(8) http://www.g20.org/Documents/2008_communique_saopaulo_brazil.pdf
(9) http://www.g20.org/Documents/g20_summit_declaration.pdf
(10) http://derstandard.at/1319180956958/Deutschland-Bankenrettungsfonds-macht-acht-Milliarden-Miese
(11) http://www.bis.org/publ/bcbs201.pdf
(12) http://www.tagesschau.de/wirtschaft/banken230.html
(13) http://www.reuters.com/article/2011/10/15/us-g20-regulation-idUSTRE79E13Z20111015
(14) http://www.bild.de/politik/inland/euro-krise/euro-rettung-bundestag-stimmt-erneut-ab-20619016.bild.html
(15) http://www.faz.net/aktuell/euro-rettungsfonds-bundestagsplenum-soll-abermals-ueber-efsf-abstimmen-11503366.html
(16) http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,793681,00.html