Londoner Polizei verschickt Warnbriefe mit Drohungen vor beruflichen Konsequenzen an Demonstranten
Polizeistaatssicherheitsmethoden: Einmischung in Politik – britische Sicherheitsbehörde verstösst gegen verfassungsgemässes Gebot der Neutralität und gegen die eigene Bevölkerung und schlägt sich damit parteilich auf die Seite derjenigen, die mit unerträglichen sozialen Kürzungen das Land in den Ruin treiben.
Die britische Polizei sandte vor der am heutigen Mittwoch in London stattfindenden Demonstration gegen Kürzungen bei der Bildung, bei der am Mittag die Besetzung des Börsenplatzes London Stock Exchange geplant ist, vierhundertundfünfzig Einschüchterungsbriefe an potentiell vermutete Teilnehmer – darunter auch an Minderjährige, unterzeichnet vom Chef der Londoner Polizei Metropolitan Police Service (Met), Simon Pountain.
Der Inhalt des Briefes mit der Warnung vor der Beteiligung jeder Art von kriminellen oder asozialen Verhaltens und der Drohung der Verhaftung „bei nächster Gelegenheit“ und der Anklage vor Gericht lautet wie folgt:
„It is in the public and your own interest that you do not involve yourself in any type of criminal or antisocial behaviour. We have a responsibility to deliver a safe protest which protects residents, tourists, commuters, protesters and the wider community. Should you do so we will at the earliest opportunity arrest and place you before the court.“
Gewarnt wurde auch vor den negativen Konsequenzen für die „Deliquenten“ bei ihren Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Pountain sagte, dass
„die Auswahl der Adressaten nicht rein zufällig erfolgte. Wenn diese Menschen keine Warnung brauchen, dann ist das in Ordnung, aber es sind tatsächlich eine Menge Leute in der Vergangenheit verhaftet worden und diese würden so vielleicht daran erinnert werden, dass es keine gute Sache ist, sich zu beteiligen und sich für irgendwelche Probleme zu engagieren. Und das ist unsere Botschaft.
Einige dieser Personen werden denken, die Polizei ist im Recht und ich werde nicht hingehen und somit keinen Ärger bekommen.“
Der Londoner Polizeichef bestritt die abschreckende Wirkung dieser Briefe und behauptete, die Polizei sei unpolitisch.
Der Protestmarsch von der Malet Street zum London Wall, zu der mindestens zehntausend Menschen erwartet werden, richtet sich gegen die Einsparpolitik im Bildungswesen und wurde von der Gewerkschaft University of London Union und der National Campaign Against Fees and Cuts (NCAFC) zum ersten Jahrestag der Demonstration organisiert, bei der am 10.November 2010 die Tory-Parteizentrale am Millbank Tower von studentischen Aktivisten verwüstet wurde (siehe Videos Police and protesters clash at Millbank Tower, 50,000 on streets as UK students fury descends in fire & smashed glass.
Die Briefe wurden laut Guardian an Teilnehmer früherer Demonstrationen geschickt, die verhaftet worden waren, auch wenn die Anklagen wegen Störung der öffentlichen Ordnung gegen sie eingestellt und fallen gelassen sowie die Daten aus den Polizeiakten gelöscht wurden. Die Namen und Adressen stammen aus einer dieser Datenbanken der Polizei.
Diese Protestaktionen waren Studentendemonstrationen, die von einer halben Million Mitglieder zählenden Gewerkschaften im März diesen Jahres organisiert worden waren sowie Arbeitskampf-Märsche am 30.Juni (Videos Wild Dancing at Student Protest London 26 – 03 – 2011 und POLICE VIOLENCE JUNE 30TH PROTEST 2011).
Die Polizei behauptete am Montag noch auf einer Pressekonferenz in London, dass die Briefe nur an wegen Straftaten verurteilte Personen gesandt wurden, was von den Sicherheitsbeamten einen Tag später relativiert wurde. Jeder, der im Zeitraum des vergangenen Jahres an Protesten gegen Sparmassnahmen teilgenommen und verhaftet wurde, habe diese Warnung erhalten.
Tyler Perkin, Student aus Essex und Teilnehmer der Studentenproteste im März, war entsetzt, immer noch in der Polizei-Datenbank erfasst zu sein:
„Das ist ein ekelhafter Versuch, uns vom Protestieren abhalten zu wollen. Es ist auch widerlich, dass wir alle in einigen Datenbänken registriert blieben, obwohl wir nicht angeklagt worden waren … in meinem Fall wurde ein Verfahren fallen gelassen und nun richtet sich diese behördliche Erfassung immer noch gegen uns.“
Rechtsanwältin Rhona Friedman bezeichnete diese Post an junge Menschen als „Big Brotheresque“, die nicht der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung diene sondern eine Warnung über die Folgen einer Teilnahme an öffentlichen Demonstrationen darstellt.
Michael Chessum, Organisator der Märzdemonstration und NCAFC- Mitbegründer bezeichnete die Polizeipost als „einen zynischen Versuch, die Menschen von der Teilnahme an der Demonstration abzuhalten und den Protest zu kriminalisieren… sie sollten lieber mit ihrer Arbeit dafür Sorge tragen, die Veranstaltung zu unterstützen.“
Die Organisatoren der heute stattfindenden Demonstration und die Occupy London Stock Exchange-Teilnehmer, die um die St Paul‘s Cathedral campieren, haben ebenfalls an die Polizei in London geschrieben, dass auch Kinder teilnehmen werden und vor dem Einsatz von Geschossen und Gewalt seitens der Sicherheitskräfte gewarnt.
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Quelle: http://www.guardian.co.uk/world/2011/nov/08/met-accused-scare-protesters-letter