Am 1.Dezember gab Arnaud Montebourg, einflussreiches Mitglied der „Sozialistischen Partei“ (PS) Frankreichs, der Zeitung „le Monde“ („die Welt“) ein Interview. In Deutschland schwieg man sich in den herrschenden Gilden von Kapital, etablierten Parteien und Informationsindustrie darüber halb tot vor Wut. Vielleicht ist es also an der Zeit, noch ein bisschen nachzuhelfen.
Arnaud Montebourg ist Gründer der „Vereinigung für eine Sechste Republik“, die eine neue Verfassung, eher nach dem Vorbild des Grundgesetzes, und neue Republik Frankreich anstrebt. Ebenso ist Montebourg, der bei den Vorwahlen um die Präsidentschaftskandidatur der „Sozialisten“ mit 17 Prozent immerhin Platz Drei erreichte, Autor einer kleinen Hommage an die Oberschicht Frankreichs („Maschinerie des Verrats“), sowie Anhänger gesellschaftlicher Initiativen im Zuge der „Entglobalisierung“.
Hier nun das Interview im Wortlaut. Die Fragen stellten Journalisten von „Le Monde“, „AFP“, „France Info“ und „Daily Motion“.
„Frage: Ist es notwendig, um den Euro zu retten, eine größere Kontrolle über Europa auf die Haushalte der Mitgliedstaaten in Kauf zu nehmen?
Montebourg: Nein, das ist nicht akzeptabel, das ist ein deutsches Diktat. Angela Merkel hat sich entschieden, über die Europäische Union eine deutsche Ordnung zu verhängen. Sie ist dabei die Euro-Zone zu zerstören, indem sie die Mittelschicht und die Arbeiterklasse den Preis der in der Krise angehäuften Schulden zahlen lässt.
Frage: Sie sprechen von „deutscher Ordnung“. Wir sind noch nicht im Jahr 1939!
Montebourg: Ich sage deutscher Egoismus. Ich spreche von deutschem Nationalismus, der dabei ist im Zuge der Politik a la Bismarck von Frau Merkel wieder aufzutauchen. Sie baut die Konfrontation auf, um ihre Herrschaft durchzuzwingen. Wenn es Deutschland gelingt, die imposante griechische Heilung allen europäischen Ländern aufzuzwingen, Frankreich eingeschlossen, wird das den Populismus der extremen Rechten überall aufsteigen lassen.
Frage: Frankreich, kann es sich das Risiko eines Bruchs mit Deutschland leisten, um nachher allein dazustehen?
Montebourg: Ich glaube nicht, daß Frankreich allein ist. Es hat die Unterstützung aller Völker, die heute die gefährlichen Ausmaße der Krise erleben. Wenn es mir gegeben worden wäre Präsident unserer Republik zu werden, hätte ich das Parlament um ein Mandat gebeten, in der Annahme, daß die einzige Lösung zur Rettung der Euro-Zone die Erlaubnis für die Zentralbank ist zu tun, was alle Zentralbanken der Welt tun: die Schulden zu tilgen. Die Zeit ist gekommen, um die politische Konfrontation gegen Deutschland aufzunehmen und unsere Werte zu verteidigen.
Frage: Deutschland hat Argumente. Es war tugendhafter als Frankreich.
Montebourg: Anstatt das deutsche Modell zu loben, ist es an der Zeit seinen Konkurs aufzuzeigen: seit 10 Jahren ist das Wachstum in Deutschland geringer als im Durchschnitt der Euro-Zone, seine Schulden sind höher als die von Frankreich, die Arbeitslosenzahlen sind verschleiert, und in Bezug auf die Armut, das ist eine Katastrophe.
Frage: Gibt es keinen Erfolg in Deutschland?
Montebourg: Der einzige Punkt, an dem man sagen kann, dass es einen deutschen Erfolg gibt, das ist der Handelsüberschuss. Aber es geht nicht um China. Es ist unser Ruin, dass Deutschland sein Glück gemacht.
Frage: Die Spaltung, wird sie bei der PS (Anm.: der „Sozialistischen Partei“) wieder auftauchen zu Europa?
Montebourg: Ich denke, jeder stimmt zu, dass der europäische Verfassungsvertrag obsolet ist. Deshalb ist jetzt der Moment die Fragen ruhen zu lassen.
Frage: Im Falle eines neuen Vertrags, wird es ein Referendum geben?
Montebourg: Es kann nicht anders sein. Und dieses Referendum, das sage ich Ihnen im Voraus, wird negativ sein. Denn wissen Sie, was der Föderalismus von Frau Merkel ist? Der Lendenschurz der deutschen Autorität, anderen ebenso auferlegt wird wie den eigenen Menschen.“
Quelle: Le Monde
letzte Änderung: 16.50