ESM „Attacke auf die Souveränität“: Piratenpartei Österreich beschämt deutsche Verräterpartei
Wir veröffentlichen hier den kompletten Wortlaut einer Pressemitteilung der Piratenpartei Österreich zur in Brüssel während der Tagung des obersten EU-Regierungsrates (EU-Gipfel) angesetzten Unterzeichnung des Vertrags über den „Europäischen Stabilitätsmechanismus“ ESM. Anschließend gibt es noch ein paar Worte zur Verräterpartei Piratenpartei Deutschland zu sagen.
Die Piratenpartei der Republik Österreich in ihrer Erklärung:
PPÖ sieht Demokratie-K.O. durch den Schuldenfonds ESM
Die Piratenpartei Österreich (PPÖ) verwahrt sich gegen die überfallsartige Beschlussfassung der EU-Finanzminister zur Errichtung des durch keinerlei demokratisch gewählte Organe kontrollierten Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) im Rahmen des in der Europäischen Union (EU) diskutierten Fiskalpakts. Nach Ansicht der PPÖ stellen diese Vorhaben der EU-Kommission einen weiteren Anschlag ähnlich der Prozedur beim Anti-Counterfeiting Trade Agreement (ACTA) durch die Hintertüre dar.
Die Bewohner der Eurozone wurden bei dieser von Geheimhaltung umrankten, bisher bedeutendsten Attacke auf die Souveränität der Eurozone-Mitgliedsstaaten höchst unzureichend informiert. Bis zu diesem Moment liegt nur eine inoffizielle deutsche Arbeitsübersetzung des ESM-Vertrags vor (ESM Vertragstext (PDF)), obwohl die EU-Finanzminister diesen bereits am Montag, den 30. Jänner 2012, unterzeichnen wollen. Das in der Nacht zum 24. Jänner beschlossene Übereinkommen der Eurozone-Finanzminister weist schwerwiegende Veränderungen im Vergleich mit dem ursprünglichen Text-Entwurf vom 11. Juli 2011 auf.
So soll der ESM nun nicht mehr mit – in der EU ohnehin nicht vorhandenen – €700 Milliarden Grundkapital, sondern nur mit einem Grundkapital von €80 Milliarden ausgestattet werden und weiteres Kapital auf den Finanzmärkten aufnehmen. Nunmehr ist plötzlich nur mehr von €700 Milliarden genehmigtem Kapital die Rede, wobei dieses vom Gouverneursrat des ESM laut Artikel 10 Z1 das Grundkapital ohne demokratische Kontrolle überprüft und erhöht werden kann.
Äusserst bedenklich ist auch Artikel 13 Z3, da hier der schwer verständlichen Arbeitsübersetzung zufolge ein Mitspracherecht der EZB bei den nationalen Budgets zukommen wird.
Dass Schuldnerländer vollends unter die Kuratel des ESM gestellt werden sollen, zeigt Artikel 4 Z8. Er hält fest, dass die Stimmrechte säumiger Schuldnerstaaten bis zur vollkommenen Bezahlung des Rückstands ausgesetzt werden. Damit ensteht durch den ESM ein undemokratisches Entscheidungssystem nach dem Motto ‚eine Stimme je Euro.“ Im Zusammenhang mit der kommenden qualifizierten Beschluss-Mehrheit von 85% nach Artikel 4 Z4 können dadurch künftig undemokratische Beschlüsse nach dem Motto, „wer zahlt, schafft an“ gefasst werden.
Aussagen aus der Finanzwelt, dass der ESM eher ein Volumen zwischen €2.000 Milliarden und €10.000 Milliarden benötigt, um die in den vergangenen 10 Jahren aufgelaufenen Schulden der Eurozone-Mitglieder tilgen zu können, deuten darauf hin, dass der ESM ebenso wie sein aktueller Vorläufer EFSF (European Financial Stability Facility) ebenso nur weiteres – durch Garantie-Erklärungen de facto nicht abgesichertes Phantomkapital – zur Verfügung stellen können wird.
Die erhoffte niedrigere Zinsbelastung für die angeschlagenen Eurozone-Mitglieder Griechenland, Italien und Portugal wird mit dem ESM ebensowenig wie mit dem EFSF zu realisieren sein, da auch der ESM kaum die Rating-Bestnote ‚AAA‘ bekommen dürfte.
Es ist also schon jetzt klar, dass die angepeilten Fondsmittel nicht ausreichen werden und eine neue Belastungswelle auf die Eurozone-Bewohner in potentieller Billionenhöhe zurollt, die ausschliesslich der Rettung der Banken dient, nicht aber dem Wohl der unter der Rezession leidenden Eurozone-Bewohner, die sich auf höhere Steuern und Abgaben einstellen müssen.
Der PPÖ erscheint es äusserst bedenklich, dass sich manche Bestimmungen des ESM-Vertrags am künftigen, ebenso abzulehnenden, EU-Fiskalpakt orientieren, obwohl auch dieser Fiskalpakt noch lange nicht ausformuliert ist. Die PPÖ widerspricht der Idee eines EU-Fiskalpakts, da dies die Aufgabe der nationalen Souveränität im wichtigsten Bereich eigenständiger Politik, der Budgethoheit, bedeutet.
Der ESM-Vertrag muss bis 30. Juni 2012 von den 17 Staaten der Eurozone ratifiziert werden. Mit der Vorziehung des Inkrafttretens des ESM zum 1. Juli 2012 – also um ein Jahr – besteht kaum noch Möglichkeit, dieses die Budgetpolitik aller Teilnehmer in noch unbekannten Ausmass betreffende Vertragswerk qualifiziert zu überprüfen.
Die PPÖ stösst sich besonders an der „unwiderruflichen und uneingeschränkten“ Möglichkeit des ESM, Gelder von den Staaten ohne sachlicher Begründung innerhalb von 7 Tagen abrufen zu können. Damit ist eine autonome Finanz- und Budgetpolitik künftig nicht mehr möglich. (Artikel 8Z1)
Die PPÖ anerkennt die Abänderungen zur vertraglich vorgesehenen Immunität für den ESM und seine Mitarbeiter, die in der Neufassung internationalen diplomatischen Usancen entsprechen. Im ursprünglichen Entwurf war eine allumfassende Immunität anvisiert worden. Hervorzuheben ist insbesondere, dass der zur Unterschrift kommende ESM-Text jetzt in Punkt 16 der Präambel die Möglichkeit der Anrufung des Europäischen Gerichtshofs (EUGH) durch seine Mitglieder ermöglicht.
Die PPÖ appelliert daher an alle Betroffenen, Entscheidungsträger und Institutionen, eine demokratische Diskussion zum ESM zu ermöglichen, der wesentlichen demokratischen Prinzipien der EU und Österreichs widerspricht und in grundlegende Verfassungsrechte eingreift.
Piratenpartei Österreich (PPÖ)
Rückfragehinweis: Toni Straka, Wirtschaftssprecher
email: toni.straka(at)piratenpartei.at
Wer in der Demokratie schläft, wacht in der Diktatur auf.
Soweit die Erklärung der Piratenpartei Österreich. Wir wissen: in der Republik Griechenland, oder was die „Pro-Europäer“ davon noch übrig gelassen haben, wehrt man sich gegen den „Gauleiter“, den die Antidemokraten in Berliner Regierung und Parlament in Athen installieren wollen. Ein weiterer Schritt im seit Jahren aus Berlin und Frankfurter Bankenviertel gesteuerten und in Zeitlupe ablaufenden Staatsstreich gegen die europäischen Demokratien, der gestern ausdrücklich durch den neuen Präsidenten des EU-Parlaments Martin Schulz (SPD/SPE) unterstützt wurde.
Die Installation eines „Staatskommissars“ über Griechenland (wie soll man sich das eigentlich praktisch vorstellen? Deutsche Fallschirmjäger springen über der Akropolis ab?) hatte bereits vor vier Tagen der Führer der Fraktion CDU/CSU im Bundestag Volker Kauder gefordert. (Merkels CDU/CSU-Fraktionsführer droht Griechenland mit Einsetzung von “Staatskommissar”)
Und was macht die Piratenpartei Deutschland? Nichts. Kein Wort. Zu nichts, gar nichts von alledem. Warum? Weil diese vermeintliche „Grundrechtepartei“ bei ihrem letzten Bundesparteitag genau das Grundgesetz in Frage gestellt hat, welches die Grundrechte Artikel 1-20 beinhaltet. Stattdessen forderte die Piratenpartei Deutschland auch noch ihre Schwesterparteien in Europa auf, gleichfalls die eigenen Demokratien und Verfassungen auf dem Altar der Antidemokraten abschlachten zu lassen und über eine „europäische Verfassung“ eines „gemeinsamen“ Europas nachzudenken. (5.Dezember 2011, Die nächste Verräterpartei: die Piratenpartei)
In dem vom Bundesparteitag angenommenen Antrag hieß es dann auch konsequenterweise:
„Die derzeitige Euro-Krise und die Überschuldung der öffentlichen Haushalte sieht die Partei daher ebenso mit Sorge wie die Probleme der europäischen Institutionen, politische und wirtschaftliche Stabilität und soziale Sicherheit zu gewährleisten.„
Wie wäre es eigentlich mit einem Gauleiter der Piraten in Athen? So ein Staatskommissar mit Augenklappe würde sich doch gut machen auf den Fotos, vor den Polizeischwadronen, dem Tränengasnebel und den landenden Fallschirmjägern über der Akropolis.
Verräter! Ihr seid die nächste Partei nach der „Die Linke“ GmbH, die hier den Abgang macht.
Der Piratenpartei Österreich hingegen kann man nur wünschen, daß sie sich von den Verfassungsräubern Deutschlands nicht so leicht anschließen lassen wie ihre Großväter.