Prognose: Volksabstimmung über den Fiskalpakt als nächster Angriff auf das Grundgesetz
Heute Mittag betonte der ex-ZDF-Moderator und Sprecher der Kanzlerin Angela Merkel, Steffen Seibert, auf einer Pressekonferenz (und nach einer unterhaltsamen Sitzung des CDU-Präsidiums), daß seine Kanzlerin nicht davon ausgehe, daß es eine „baldige“ Volksabstimmung über eine „neue deutsche Verfassung bei zunehmender Übertragung von Kompetenzen an die EU“ geben werde. Zitat Seibert, aus der FAZ:
„An dem Punkt sind wir derzeit eindeutig noch nicht.“
Was der Herr Regierungssprecher nicht gesagt hat – ob die Kanzlerin von einer Volksabstimmung zu ESM oder Fiskalpakt ausgeht. Hier dazu eine Prognose.
Ich gehe von einer Volksabstimmung zum Thema Fiskalpakt aus und das schon sehr bald. Warum gehe ich davon aus? Weil sich die Nomenklatura – und da sind sie alle gleich, ob in Bellevue, Karlsruhe, im Bundestag oder im Kanzleramt – nicht leisten kann zu verlieren. Sie, die hohen Herren in den Verfassungsorganen („Milz an Großhirn: soll ich mich auch ballen?“) müssen gegen das Volk in einer Abstimmung einfach siegreich sein. Sonst könnte nämlich das Volk machen was es will, nur die ehrenwerten Organe nicht mehr.
Was sich hinter den drei Buchstaben „ESM“ verbirgt, das hat sich in der Bevölkerung bereits zu 7 oder 8 Prozent herumgesprochen. Das ist schon viel. Denn man muss wissen: im Regelfalls wird das Schicksal einer Bevölkerung wird von 2 bis 3 Prozent bestimmt, also in unserem Falle von etwa 1,6 Millionen Menschen. Der Rest trottet hinterher.
Beim Fiskalpakt denken die üblichen 80 plus Millionen immer noch, daß dieser internationale Vertrag irgendwelche biologisch versauten Südländer an der Siesta hindert. Das kommt bei den Deutschen immer gut an. Die rufen gern nach Peitschenhieben, wenn man ihnen dafür auf die Schulter klopft. Nach Peitschenhieben für die anderen, versteht sich.
Wir schauen in das ZDF Politbarometer vom 15. Juni. In der Mitte geparkt heißt es da:
„Eine große Mehrheit findet der in dieser Woche zwischen Regierung und Opposition heftig verhandelte Fiskalpakt. 81 Prozent stimmen der dort vorgesehenen stärkeren Kontrolle der Einhaltung der Schuldengrenzen sowie der härteren Bestrafung bei deren Überschreitung zu, 13 Prozent lehnen den Fiskalpakt ab (weiß nicht: sechs Prozent).“
Noch einmal: Der Fiskalpakt ist ein Bluff und verpflichtet auf internationaler Ebene zu gar nichts (die Radio Utopie Analyse hier, hier eine der marktorientierten “Deutschen Mittelstands-Nachrichten”)
Wolfgang Schäuble will lediglich verhindern, daß der von ihm über zwei „Föderalismusreformen“ in 2006 und 2009 eingebaute Selbstzerstörungsmechanismus der Bundesrepublik – den er „Schuldenbremse“ genannt hat damit Sie wieder keine Ahnung haben wollen was das ist – wieder aus dem Grundgesetz entfernt wird.
Zitat aus dem Vertragsgesetzentwurf zum Fiskalpakt, dem „Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 2. März 2012 über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion“, das am 29. Juni durch Bundestag und Bundesrat gewunken werden wird:
„Das Vertragsgesetz bedarf entsprechend Artikel 23 Absatz 1 Satz 3 in Verbindung mit Artikel 79 Absatz 2 des Grundgesetzes der Zustimmung von zwei Dritteln der Mitglieder des Bundestages und zwei Dritteln der Stimmen des Bundesrates, da der Vertrag eine der Änderung der vertraglichen Grundlagen der Europäischen Union vergleichbare Regelung darstellt, durch die sich die Bundesrepublik Deutschland völkerrechtlich bindet, keine Änderungen und Ergänzungen des Grundgesetzes, insbesondere der Artikel 109, 115 und 143d des Grundgesetzes, die diesem Vertrag entgegenstehen würden, vorzunehmen.“
Wir verstehen das: ein ganz normaler, internationaler Vertrag soll über unserer Verfassung stehen. Und uns erzählen, was wir daran ändern dürfen und was nicht.
Wissen Sie, es ist ja nicht alles schlecht, am Internet. Hieß es früher noch ruckzuck, „Was ist denn das für ein Klugscheisser? Ab mit dem auf den Scheiterhaufen!“ kann man heute einfach manches beweisen.
Am 31. März prognostizierte ich in Karlsruhe auf der Demonstration vom „Aktionsbündnis Direkte Demokratie“ gegen die Installation des ESM folgendes:
„Was Sie sich bewusst machen sollten, ist, daß wir demnächst vor einer Volksabstimmung stehen. Die werden versuchen das Grundgesetz zu kippen. Entweder sie spielen alles oder gar nichts, dann werden sie verlieren, oder sie versuchen quasi eine Teil-Legitimation irgendwie zu bekommen, um Teile der demokratischen Ordnung außer Kraft zu setzen, um das Grundgesetz in Kernfragen, in Identitätsfragen weiter einzuschränken.“
Ob mit oder ohne Volksabstimmung: Ein Inkrafttreten des Fiskalpakt-Vertragsgesetzes in Deutschland wäre ein Verstoß, ein Bruch der grundgesetzlichen Verfassungsidentität.
Diesem Einbruch in die Festung Grundgesetz würden sofort die nächsten Angriffe folgen. Eine Volksabstimmung darüber, auch noch die Reste der Verfassungstrümmer aufzugeben, wäre nur noch eine Frage der Zeit.
Deswegen ist es wichtig, diese Option einer angesetzten Volksabstimmung über das Inkrafttreten des Fiskalpakt-Gesetzes im Auge zu behalten und bereits jetzt die Menschen über den Inhalt des Fiskalpakts zu informieren:
– international ein Bluff
– in der Republik ein erneuter Versuch, das Grundgesetz einer übergeordneten Instanz zu unterstellen