Wladimir Putin, schmeissen Sie endlich Sergej Lawrow raus und beenden Sie den Syrien-Krieg
Die Schwachmacht Russland ist kurz davor, die Welt in einen Abgrund zu reißen.
Herr Präsident, ich schreibe Ihnen hier öffentlich, weil ich nach langen Jahren begriffen habe, daß nur die Öffentlichkeit in der Lage ist Kriege zu beginnen und sie zu beenden. Eine mutierte, eine debile, eine psychisch deformierte Öffentlichkeit, Ergebnis der Interaktion hilf- und ahnungsloser Untertanen, wird alles dulden, wird alles bejubeln, wird jede Grausamkeit abnicken, zu denen Menschen fähig sind.
Sie wissen es. Die Deutschen haben es den Russen angetan.
Aber das war eine andere Zeit. Das waren andere Menschen. Herr Präsident, als ein neuer Mensch im Verhältnis der Zeiten, der Geschichte, sage ich Ihnen: wenn Sie jetzt nicht handeln, wenn Sie diesen Pfad des Versagens, des Zurückweichens, den Pfad des moralischen, politischen, historischen und nicht zuletzt geistigen Bankrotts weitergehen, den Russland seit dem Zusammenbruch des sowjetischen Imperiums beschritten hat, dann werden Sie wieder – wieder – alles nur noch schlimmer machen als es ist. Auch für Russland, aber vor allem für diese Welt in der wir uns befinden, ohne ihr entfliehen zu können und zu jeder Sekunde unseres Lebens nur 20 Kilometer vom Weltraum entfernt.
Das Existenzrecht jedes einzelnen Staates des Planeten ist derzeit gefährdet. Dieser Angriff auf die Kernstrukturen jeder gesellschaftlichen Organisierung, jeder Ordnung, wird auf allen Ebenen und mit verschiedenen Mitteln exekutiert. Dieser Angriff dient nichts anderem als die gesamte derzeit auf dem Planeten existierende Ordnung zu zerschlagen, die düstersten und finstersten Seiten des Menschen zu wecken und ein Schlachten loszutreten, das wahnsinnige Messianiker, die in Jahrzehnten weltweit systematisch in Schlüsselpositionen gehoben wurden, als Teil eines vorher bestimmten Schicksal ansehen. Was in über 10 Jahren auf diesem Planeten passiert ist, der Krieg, der seither geführt wird, ist Teil davon. Und der Syrien-Krieg, die derzeit laufende Invasion Syriens durch geübte, völlig enthemmte Söldner-Truppen und Todesschwadronen, trainiert und finanziert im Nebel der asiatischen und afrikanischen Besatzungszonen der westlichen Militärmächte und deren verbündeten totalitären asiatischen Kirchenstaaten wie Saudi-Arabien, ist Teil dieses zehnjährigen Krieges. Eines Krieges, der nie erklärt worden ist, nicht wirklich.
Bis jetzt.
Herr Präsident, Ihr Premierminister Dmitri Medwedew hat am 17. Mai in St. Petersburg bereits davor gewarnt, daß militärische Operationen, die die Souveränität von Staaten verletzten, namentlich die von Syrien und Iran, einen Krieg unter Einsatz von Atomwaffen auslösen könnten. Genau diese militärischen Operationen laufen bereits. Wenn Sie jetzt diesem militärischem Druck nachgeben, wenn Russland auch unter ihrer Präsidentschaft so elendig versagt wie vor der durch ihre Enthaltung im Weltsicherheitsrat ermöglichte Libyen-Invasion, werden sie nicht nur ein Massaker auslösen, was alle bisherigen in den Schatten stellt, sondern sie werden den Kriegstreibern, Mördern und imperialen Strategen, die an gar nichts glauben als die Macht des Menschen über den Menschen als natürliche Ordnung der Dinge, wieder die Gelegenheit verschaffen ihren Fußtruppen und Dienern höhnisch und menschenverachtend zu erklären, daß deren Sieg Gottes Wille und seine Vorhersehung war.
Herr Präsident, das wird nicht aufhören. Sie müssen es aufhalten. Und Sie können es. Militärisch ist die Invasion Syriens bereits gescheitert. Sie wissen das. Die völlig zerstrittene „Opposition“ Syriens, löchrige Deckung für die Invasionstruppen, kann nur noch mühsam als Potemkinsche Fassade aufrecht erhalten werden. Das Assad-Regime, korrupt, brutal, monarchisch und wie das Gaddafi-Regime Libyens bis kurz vor dem Angriff noch von den Spionen des US-Einflussbereichs als vermeintlicher Verbündeter im zehnjährigen „Krieg gegen den Terror“ hofiert und ausgeleuchtet, ist bereit, alle seit ungefähr 40 Jahren überfälligen Selbstverständlichkeiten an demokratischen Mindeststandards einzuführen. Vieles hat das Regime bereits getan, u.a. eine Verfassungsänderung vollzogen.
Aber genau das, eine von innen heraus erfolgte Erneuerung und Demokratisierung, ohne als Protektorat der Saudis, Israelis, des Nordatlantikpakts oder der 2008 aus dem Nichts geschaffenen Mittelmeerunion zu enden, spiegelt den Albtraum der Strategen genau dieser Militärmächte wieder.
Wie Ihr Außenminister Sergej Lawrow, der sich gestern mit US-Außenministerin Hillary Clinton in St. Petersburg traf, selbst zutreffend äußerte, wird die zukünftige Weltordnung vom Ausgang des Syrien-Krieges abhängen. Dass die US-Außenministerin nun vorher in Helsinki der Presse verkündet, bei einem Treffen der fünf Vetomächte im Weltsicherheitsrat am Samstag in Genf könnte Russland das Regime von Baschar al Assad fallen lassen und dessen Rücktritt fordern, ist allein schon das mit Abstand Katastrophalste, was die russische Außenpolitik überhaupt zuwege bringen konnte. Wenn das auch noch zutrifft, begeht Russland als politische Macht Selbstmord und wird zudem die Lunte am Pulverfass der Region nicht nur anzünden, sondern mit Benzin füttern.
Von Diktatoren beherrschte Länder anzugreifen, wenn diese nicht expansiv sind, macht keinen Sinn. Es macht überhaupt keinen Sinn irgendwelche Länder anzugreifen. Das sollte spätestens der Irak-Krieg, der über eine Million Menschen das Leben kostete, bewiesen haben. Wie viele Leichenberge, Folterlager, Geheimgefängnisse und im gleichen Atemzug gefälschte Anklagen, Einschränkungen der bürgerlichen Freiheiten und Polizeistaatsstrukturen im Hinterland der kriegführenden Länder, welchen lebendig gewordenen Albtraum braucht es eigentlich noch, bevor Sie, Herr Präsident Wladimir Putin, endlich das Wörtchen NJET lernen?
Soll ich Ihnen das beibringen? Muss ich das? Bitte, es geht so: NJET.
NJET!
Herr Präsident, ich habe mir Ihre Rede am 3. März nach der Wahl zum Präsidenten Russlands – einer Wahl, die ich für sehr viel weniger manipuliert halte als es unserer Öffentlichkeit verkauft wurde – sehr genau angesehen. Sie sagten damals folgende Worte:
„Es war ein Test unserer politischen Reife, Selbstbewusstsein und Unabhängigkeit. Wir haben wirklich und wahrhaftig bewiesen, dass niemand uns seinen Willen aufzwingen kann. Nichts und niemand.“
Herr Präsident, beweisen Sie das. Genau jetzt.
Seit über 20 Jahren hat Russland gegenüber den Vereinigten Staaten von Amerika und dessen Verbündeten, die oft und gerne sich hinter ihrem Großen Bruder verschanzen und ihre eigenen Spielchen mit ihm spielen, nichts als nachgeben. Ständig ist es zurückgewichen. Während sich der Nordatlantikpakt und die neu gegründete „Europäische Union“ über ein Dutzend osteuropäische Staaten aus dem ehemaligen Machtbereich der Sowjetunion einverleibten, setzte sich Russland in diesem aufziehenden neuen Zeitalter des konkurrenzlosen, unilateralen Imperialismus nicht ein einziges Mal gegen die US-Politik durch, bei nichts. Es blieb nicht ein einziges Mal bei einer politischen Position, nie. Immer gab die russische Politik nach, auch die Militärpolitik. Sie war weich, feige und korrupt.
Der Welt hat das nicht geholfen. Das Gleichgewicht des Schreckens wird nicht dadurch besser, daß das eine Gewicht ein Staubwedel ist, das auf der Waage – mit großen dicken Augen – ständig nach oben saust wenn´s drauf ankommt.
Es ist eine Sache, im Inland auf Dissidenten und Intellektuelle einzudreschen, die nach Jahrzehnten der Schikane durch immer den gleichen Apparat von Bürokraten, Funktionären und Betrügern so verzweifelt sind, dass sie in ihrer Naivität in den westlichen Regierungen Verbündete sehen und deren Geldquellen nutzen. Ebenso ist es kein Zeichen von Größe im Kaukasus Soziopathen und Massenmörder wie Ramsan Kadyrow zu stützen, dessen Killer – alle wissen es und schweigen – regelmäßig Attentate begehen, um es dann Muslimen oder anderen Minderheiten in die Schuhe zu schieben, um die eigenen Unterdrückungsmethoden und Sondergesetze zu rechtfertigen.
Es ist etwas anderes, ein einziges Mal Stärke gegenüber den Starken zu zeigen. Das muss die russische Politik anscheinend erst lernen.
Sergej Lawrow wird das nie lernen. Schmeissen Sie diese Flasche endlich raus, Herr Präsident. Diese Null würde auf jedem Basar pleite gehen, wenn man ihn nicht beaufsichtigt und der Außenminister Russlands sollte zudem kein Legastheniker sein, der nicht in der Lage ist zu lesen, was er mit seiner Enthaltung anrichtet und sich anschließend noch darüber beschwert. (18. März 2011, Analyse zur UN-Resolution: Eine umfassende Kriegsvollmacht gegen Libyen)
Nutzen Sie die Lufthoheit über Syrien. Und zwar nicht um zu bomben, sondern um zu beobachten und zu filmen und dieses Material der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Dass dies bisher nicht passiert ist, ist der deutlichste Beweis dafür, daß hinter Baschar al Assad, eine der erbärmlichsten Figuren die der Nahe Osten je gesehen hat, massiv falsch gespielt wird, genau wie in Libyen. Explizit Assef Shaukat (Assef Shawkat) fiele mir dazu ein, der rein zufällig Teil eines Deals zwischen Ihnen und dem US-Präsidenten sein soll. Er soll, mit Einverständnis der Amerikaner, in Damaskus bleiben dürfen und offensichtlich genau das machen, was er schon immer machen wollte, nämlich Assad beerben. Das würde auch einiges davon erklären, was da in den letzten Monaten in Syrien abgelaufen ist.
Präsident Putin. Ebenso wenig wie es Sinn macht Staaten anzugreifen, deren Regime damit dann einen Grund haben das zu tun was diese Angriffe verhindern sollen, genauso wenig macht es Sinn nur ein einziges Wort – nur ein einziges Wort – von dem zu glauben, was in Washington gesagt wird. Ebenso wenig macht es Sinn, auch nur ein einziges Wort – nur ein einziges Wort – von irgendjemandem zu glauben, der aus Washington zu Besuch kommt. Herr Präsident, die einzige Sprache die die US-Politik versteht, ist die, die sie bezwingt, weil sie diese nicht beherrscht. Es ist die Sprache der Moral, die Sprache der Werte und des Glaubens an die Menschheit.
Wenn Sie, Präsident Putin, diese Sprache beherrschen, dann benutzen Sie die russische Sprache für ein paar deutliche Worte in deren Sinne. Es ist dafür wahrlich an der Zeit.
Sonst werden Sie irgendwann unausweichlich gezwungen sein andere Mittel einzusetzen, was weder in Ihrem, noch im Interesse von uns allen ist, die wir in dieser Welt leben.