SPD-Führung startet erwarteten Angriff, will Volksabstimmung gegen das Grundgesetz

Der Ableger der „Sozialdemokratischen Partei Europas“ versucht mit dem Projekt Paneuropa fortzufahren. Die für diesen Zweck von Jürgen Habermas, Julian Nida-Rümelin und Peter Bofinger erstellte Expertise soll umgesetzt werden.

Ein aussichtsloses, fast amüsantes Unterfangen.

Um die Verfassung zu kippen und unserer Republik die Haushaltshoheit zu entziehen, hat SPD-Vorsitzender Sigmar Gabriel wie erwartet eine Volksabstimmung über eine Änderung des Grundgesetzes vorgeschlagen. Dabei geht es nicht mehr um eine bereits gescheiterte Machtergreifung des durch die Nomenklatura faktisch aufgegebenen Staatenbundes „Europäische Union“, sondern um den Plan einer „Föderation“ der 17 Staaten im Euro-Kapitalismus. Eingeläutet wurde der Strategiewechsel im Sommer 2011 durch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und ex-Kanzler Gerhard Schröder (SPD). Es folgten eine ganze Reihe Semiprominenter quer durch die Parteien, sowie die beiden Verfassungsrichter Andreas Vosskuhle und Peter Michael Huber. (DER VERFALL DER “EUROPÄISCHEN UNION” (I) : Aufprall am Grundgesetz und radikaler Strategiewechsel)

Gabriel beruft sich bei seinem über die „Berliner Zeitung“ gegebenen Startsignal zum Putschversuch auf einen entsprechenden Programmentwurf von Jürgen Habermas, Julian Nida-Rümelin und Peter Bofinger für die SPD nach der Bundestagswahl 2013, den der SPD-Vorsitzende bei diesen selbst in Auftrag gegeben hatte und vor drei Tagen in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ veröffentlicht worden war.

Der Plan stellt sich nun im Kern wie folgt dar:

– Die SPD-Parteiorgane nicken den Plan ab,

– die SPD stellt den Plan in der übergeordneten 1992 mit der EU geschaffenen Zentralpartei „Sozialdemokratische Partei Europas“ / „Party of European Socialists“ vor („bei den Vorsitzenden der sozialdemokratischen Parteien in Europa werben“),

– die entsprechenden SPE / PSE-Parteien der 17 Staaten im Euro-Kapitalismus stimmen zu,

– alle Parlamente / Parlamentskammern aller 17 Staaten stimmen zu, dass ein transstaatlicher Verfassungskonvent zur Gründung eines zentraleuropäischen Hohen Staates einberufen wird, der Souveränität, Verfassungen und/oder entsprechende verfassungsrechtliche Bestimmungen aller 17 Staaten beendet,

– anschließend wird über den Verfassungsentwurf dieses Verfassungskonvents in allen 17 Staaten mit Euro-Finanzsystem eine Volksabstimmung abgehalten,

– alle 17 Staatsvölker stimmen zu.

Es ist offensichtlich, dass Sigmar Gabriel, sowie alle in diesen Putschversuch verstrickten Personen einen erheblichen Realitätsverlust erlitten haben. Spätestens beim Versuch den Verfassungskonvent – de facto eine Putschversammlung der paneuropäischen und internationalen Nomenklatura – in allen 17 Staaten mit Euro-Währungssystem durchzusetzen, wird der Plan in sich zusammenbrechen.

Bezeichnend für den sich bereits jetzt deutlich abzeichnenden Zusammenbruch ist, dass sich CDU, CSU und FDP heute von dem durch Habermas, Nida-Rümelin und Bofinger erstellten SPD-Entwurf  distanzieren. Dabei gibt dieser nur das wieder, was die leitenden Funktionäre dieser Parteien – wie Angela Merkel, Wolfgang Schäuble, Guido Westerwelle, etc – selbst immer wieder gefordert haben. Offensichtlich verlieren die Parteikader von CDU, CSU und FDP derzeit die Kontrolle.

Überall in Europa hat der Euro-Kapitalismus zu einer mehr oder weniger massiven Verarmung und Enteignung der Mehrheit der Bevölkerung zugunsten einer winzigen Schicht von Privilegierten, sowie des internationalen Banken- und Finanzkartells geführt. Nirgends ist irgendeine Bereitschaft der Völker zu erkennen, bei diesem Raubzug weiter mitzumachen oder dessen „Rettung“ auch noch selber zuzustimmen.

In den Gazetten der Informationsindustrie tauchen mehr und mehr bizarre finanzreligiöse Abgesänge auf den Euro-Kapitalismus auf (als zwei von vielen Beispielen: den noch einigermaßen realistischen Beitrag von Michael Fabricius in der „Welt“ vom 28. Juli und das wahrlich ganz große Prosa von Marc Beise in der „Süddeutschen“ vom gestrigen Tage).

Die Zentralparteien auf EU-Ebene – deren Ableger im Bundestag derzeit noch das Parteienmonopol innehaben – destabilisieren sich ebenfalls. Es ist deutlicher Unmut über das neurömische Gehabe in Berlin zu vernehmen, zwischen den Parteien in und außerhalb des Euro-Kapitalismus entstehen Interessenkonflikte.

Was sich allerdings in das Gedächtnis der Menschheit und der Geschichtsschreibung einbrennen wird: die perfide Strategie, mit der versucht wurde gleich über ein Dutzend Demokratien auf dem Kontinent Europa zu stürzen.

Zuerst wurde, unter lautem Schweigen und unter Kollaboration aller etablierten politischen Organisationen in den EU-Mitgliedsstaaten – explizit aller gleichgeschalteten vermeintlich linken, sozialen, sozialdemokratischen und sozialistischen Parteien und Gewerkschaften – den Gesellschaften durch eine Krise, die nicht im Euro-Finanzsystem, sondern innerhalb dessen Einflussbereichs ausbrach, eine volkswirtschaftlich irrationale und destruktive Deflationspolitik aufgedrückt, angefangen in den schwächsten Demokratien, die bis in die 70er Jahre noch faschistischen Militärdikaturen unterworfen waren: Griechenland, Portugal, Spanien.

Und nun treten, über zwei Jahre später, in heuchlerischer Links-Rechts-Hegelianer-Manier die Parteien und Gewerkschaften von „Europäischer Linke“, „Sozialdemokratischer Partei Europas“ und „Europäischem Gewerkschaftsbund“ – deren Kader wie Giorgos Papandreou oder Jose Zapatero die Entstaatlichungen selbst begonnen und solange damit weiter gemacht hatten bis das Volk sie hinaus warf – auf den Plan und bekunden, für ein „soziales Europa“ brauche es nun die Aufgabe der Demokratien, weil die ja zu schwach seien um sich gegen den Euro-Kapitalismus zu wehren.

Die von der SPD-Führung in Auftrag gegebene Expertise von Habermas, Nida-Rümelin und Bofinger kulminiert denn auch in der vermeintlich alternativlosen Alternative zwischen der „Rückkehr zu nationalen Währungen in der EU insgesamt“ oder einer

„institutionelle(n) Absicherung einer gemeinsamen Fiskal-, Wirtschafts- und Sozialpolitik im Euroraum mit dem weitergehenden Ziel, die verlorene Handlungsfähigkeit der Politik gegenüber den Imperativen des Marktes auf transnationaler Ebene wiederzugewinnen.“

Dass gestern Gregor Gysi nichts besseres einfielt, als wieder einmal das Grundgesetz in Frage zu stellen, welches „für eine europäische Föderation“ „nun mal nicht geschrieben“ sei, zeigt wieder einmal, was echte Linke längst wissen. (4.August, Die real existierende “Linke” bietet keine Alternative zum Euro-Kapitalismus. Sie ist dessen Teil.)

Wie sehr sich die Parteispitze von Die Linke heute nun durch ein Interview von Katja Kipping der SPD an den Hals warf, von einer Regierungskoalition in 2013 sprach und es wagte, von SPD und Die Linke als Teil einer „linken Mehrheit“ in Deutschland zu sprechen, verdutzte sogar den „Spiegel“.

Auch Michael Sommer, Vorsitzende vom „Deutschen Gewerkschaftsbund“ (DGB) und dem 2006 konstruierten „Internationalem Gewerkschaftbund“ (abgekürzt neben IGB auch ITUC und CSI), mit der Sektion “Pan-European Regional Council” und der eng mit diesem verschmolzene “Europäische Gewerkschaftsbund” (“European Trade Union Confederation”), forderte am 29. Juli einen „europäischen Verfassungskonvent“ und heuchelte dabei, wie Gabriel und die Euro-Linke, was das Zeug hielt. (DGB-Vorsitzender Sommer heuchelt Verfassungstreue und fordert gleichzeitig einen “europäischen Verfassungskonvent”)

Übrigens, wer es immer noch nicht begriffen hat: die durch den Lissabon-Vertrag ab Ende 2009 zum Währungs- und Finanzdiktator ermächtigte „Europäische Zentralbank“ (EZB) könnte die durch mörderischen Zinsdruck entstandenen Staatskrisen der Länder im finanziellen Einflussgebiet durch eine Wiederaktivierung und kontinuierlichen, verbindlichen Betrieb ihres „Securities Markets Programme“ (SMP) jederzeit beenden. Stattdessen versucht die EZB deren Existenz zu beenden, penetrant die Staatsgelder im EFSF einzubinden, die Aktivierung des ESM zu befördern und plant dabei auch noch die eigene „Rekapitalisierung“ durch die Staaten im Euro-Kapitalismus, vor allem Deutschland, um den renitenten Demokratien im Währungsgebiet endgültig den Garaus zu machen.

Die EZB handelt dabei keineswegs gegen die Bundesregierung, sondern arbeitet mit dieser ebenso eng zusammen wie mit der Washingtoner Regierung, deren Finanzminister Timothy Geithner am Montag für eine Absprache vor der kommenden Euro-Währungsumstellung nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts extra nach Deutschland geeilt war und sich mit EZB-Präsident Draghi und Finanzminister Schäuble abgesprochen hatte. (2. August, Euro-Kapitalismus: Finanzlobby baut für ESM-Urteil gegen BVerfG Wenn-Dann-Erpressung auf)

Fazit

Offensichtlich rechnet nicht nur Gabriel, sondern die internationale Nomenklatura mit einem entsprechenden Urteil des Bundesverfassungsgerichts am 12. September, welches den „Europäischen Stabilisierungsmechanismus“ (ESM) nur unter Auflagen genehmigen, aber die Möglichkeit einer endgültigen Entstaatlichung durch eine Volksabstimmung zur Außerkraftsetzung des Grundgesetzes in seiner jetzigen Form öffnen könnte.

Es bleibt uns nun in aller Ruhe überlassen, die Feinde des Grundgesetz bei ihrem absehbaren Vormarsch etwas näher heran zu winken.

(…)

Artikel zum Thema:
02.08.2012 Euro-Kapitalismus: Finanzlobby baut für ESM-Urteil gegen BVerfG Wenn-Dann-Erpressung auf
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Zum “kalten Putsch gegen das Grundgesetz” durch ESM und Fiskalpakt-Gesetze strategische Hintergründe, Chronologie, Analyse und Prognose.

letzte Ergänzung: 13.50 Uhr