Die neuesten Äußerungen von Sergej Lawrows Stellvertreter, Mikhail Bogdanov, sind ein weiteres, unleugbares Anzeichen dafür, dass die derzeitige Regierung in Moskau, wenn nicht sogar Russlands Präsident Wladimir Putin, bei der laufenden Invasion und Zerschlagung Syriens durch Proxy-Armeen einfallender Militärmächte – namentlich der Türkei, Frankreich, U.S.A., Großbritannien, sowie diverser asiatischer Kirchenstaaten und Monarchien – aktiv oder passiv kollaboriert.
Russlands Vize-Außenminister Mikhail Bogdanov zur Situation in Syrien wörtlich, laut russischen Medien:
„Man muss den Fakten ins Gesicht sehen…das Regime und die Regierung in Syrien verlieren die Kontrolle über mehr und mehr Territorium. Unglücklicherweise kann der Sieg der syrischen Opposition nicht ausgeschlossen werden.“
Und dann warnt Bogdanov noch davor, dass der „syrischen Opposition“ – die keine syrische Opposition ist sondern ein ins Land eingefallener Haufen Auftragskiller, Söldner und Milizen – Chemiewaffen des syrischen Regimes in die Hände fallen könnten. Und dann warnt Russlands Vize-Außenminister Bogdanov noch, es könnten Zehntausende, vielleicht Hunderttausende Menschen sterben.
Vermeintlich zufälliger Schwachsinn hat eine physikalische Grenze, selbst in Moskau. Diese Grenze ist – in diesem Fall durch den russischen Vize-Außenminister – wieder einmal weit überschritten worden. Ausreden gibt es nicht.
Der Fall des Regimes in Damaskus wäre, neben allen anderen Folgen in und um die Nachbarstaaten Libanon, Israel, Türkei, Irak und Jordanien, auch der Fall des Staates Syrien selbst. Dieser würde de facto aufhören zu existieren, was den in 2006 bekannt gewordenen strategischen Plänen des Pentagon entspricht.
Bereits jetzt haben kurdische Milizen der PYD, die in beide Richtungen taktiert, weite Teile des syrischen Nordens unter ihrer Kontrolle. Im Irak droht gerade der Einmarsch von Truppen des U.S.-kontrollierten Besatzungsregimes in der seit 1991 (nach der Verhängung einer Flugverbotszone) de facto unabhängigen „autonomen Region Kurdistan“. In Jordanien destabilisiert sich, ganz offensichtlich mit dem Segen Washingtons und der üblichen Freunde der Mittelmeerunion, die Monarchie. Nach einer geradezu klischeehaften Fortsetzung des „Projects Democracy“ der U.S.-imperialistischen Neokonservativen aus der beginnenden Reagan-Ära der 80er Jahre wird auch dort der Sturz eines autoritären Regimes betrieben, um eine „bescheidene“ („modest“) Demokratie einzuführen, in der die Menschen zwar wählen können was sie wollen, aber dafür immer die alten feudalen Eliten an der Macht bekommen. (mehr dazu hier)
Auch die Invasion Syriens folgt geradezu dreist einem Klischee des alten U.S.-Imperialismus zu Zeiten des „Gleichgewicht des Terrors (Schreckens)“, nur diesmal ohne Gegner: der Invasion Afghanistans in den 80er Jahren durch „islamistische“ Proxy-Armeen; nur diesmal nicht über den Verbündeten Pakistan, sondern über die Türkei. Wir alle wissen (nicht), was das später noch für Folgen hatte.
Nur die Krieg wollten – weil sie Kriegsgewinnler sind, im sogenannten „Westen“ rund um den Erdball – bekamen seit 30 Jahren stets was sie wollten. Es hörte nie auf. Es wird auch nie aufhören, dieser ganze Krieg wird nie aufhören, wenn er nicht gestoppt wird. Und gestoppt wird dieser Krieg nicht durch Schwäche, nicht durch Gerede, nicht durch Verhandlungen, Dialog und naive Träume, sondern indem er gestoppt wird.
Gesetzt den Fall, das Regime in Damaskus gewinnt den Krieg. Was würde passieren? Glaubt irgendjemand im Ernst, es würde unter irgendeinem Bevölkerungsteil ein Massaker anrichten, weil dieser vermeintlich oder tatsächlich die Invasoren unterstützt hat? Nein. Das Regime wäre a) viel zu schwach dafür sich es mit irgendeinem Teil der Bevölkerung zu verscherzen, b) würde es dies schlicht nicht wagen, da die internationale Aufmerksamkeit des gedemütigten, sich spätestens seit 1990 für unfehlbar und gottgewollt gehaltenen imperialistischen „Westen“ enorm hoch wäre.
Ganz anders im Falle einer Niederlage des syrischen Regimes. Erst augenzwinkernd, dann Augen und Reihen fest geschlossen haltend würden Regierungen und Presse der Länder in Europa, in Amerika und bei den Verbündeten in Asien – wie nach der Invasion Libyens – Folterlager, Geheimgefängnisse, Massaker und Schreckensherrschaft der neuen Herrscher im blitzschnell zerfallenden Syrien einfach übersehen. Ein, zwei Jubelfeiern noch, den Sturz bemalter Assad-Statuen inklusive, „Thank you, Mr. Obama“, Werbung, nächste Folge. Wo waren wir stehengeblieben? Ah. Iran. Nein, vorher noch schnell Libanon.
Man kann sich nicht, man muss sich fragen, wer das russische Außenministerium kontrolliert. Das Gleiche gilt für das syrische Außenministerium von Walid al Muallem (Walid al-Moallem), dessen Sprecher Jihad Makdissi am 23. Juni um die Bombardierung bettelte, um dann Anfang Dezember als Überläufer sehnlichst in Washington bzw der U.S.-Botschaft in London erwartet zu werden, dort aber angeblich nie ankam.
Man kann sich fragen, warum am 14. Oktober – nach tagelangem Beballer der Türkei, ohne das Jemand fragte wer da eigentlich schoss – plötzlich die Spannungen zwischen der Türkei, Syrien und Russland verschwunden waren (12. Oktober, Wie die Spannungen zwischen der Türkei, Syrien und Russland in 48 Stunden verschwinden).
Nach kurzer Schamfrist ging einfach alles weiter. Jeder und alle taten, als wäre gar nichts passiert. In Berlin beschloss man, die N.A.T.O. (alias das Weiße Haus) fragen zu lassen, ob man denn deutsche Raketeneinheiten (mit „Patriot“ aus U.S-Produktion) zur Selbstverteidigung in die Invasionsmacht Türkei verlegen dürfe. „Die Linke“ stimmte dem dafür notwendigen Eilverfahren zu und heuchelte dazu flankierend ein wenig. In Moskau beschloss man, nichts dagegen zu unternehmen und heulte auch ein bisschen. Man konnte ja nichts machen. Man war ja nur die Russische Föderation. Pöser, pöser Westen. Bäh, bäh, bäh. Bu, hu, hu.
Und jetzt das.
Natürlich wedelt man in Washington Richtung Moskau mit dem Scheckbuch (einer Witzwährung, die mit leisem *Puff* verdunsten würde wenn nicht jeder so bescheuert wäre seine eigene Währung aufzugeben oder das mit dem Dollar verbundene Finanz- und Banken-Systemmodell zu adaptieren) und droht Russland mit der „afghanischen Falle“, also einer militärischen Verwicklung in Syrien. Natürlich droht Washington damit. Was sollen sie auch sonst machen? Das sind Schurken die Krieg wollen und ihn führen. Und zum Krieg gehört blödes, saublödes, menschblödes Geschwafel. Das ist sogar Kriegsmethode Nr.1. Wer sich das nur anhört ist schon ein Verlierer.
Entgegen aller Wegrennerei, Rausrednerei und elendem Geschwätz was auch in Moskau gute Tradition geworden ist (es sei denn, man will mal Schwächere schikanieren, Minderheiten im Kaukasus drangsalieren oder schlechte Musikerinnen und Mütter im Lager internieren weil sie in einer Kirche Rabatz gemacht haben) besitzt das russische Militär und seine Militärspionage die Mittel der Satellitenaufklärung, der elektronischen Kampfführung und andere Mittel, die dem Regime in Damaskus in der jetzigen Situation äußerst nützlich wären. Moskau bräuchte über deren Einsatz – der bis dato offensichtlich nicht erfolgt ist – nicht einmal zu reden, das macht Niemand. Niemand, das bin ich. Moskau sollte überhaupt aufhören zu reden, denn entweder ist alles gelogen oder so ein hanebüchender Dreck, dass man eigentlich die gesammelten Generäle, Funktionäre und Statthalter verblödeter importierter Dekadenz in Moskau vor dem Rechenschieber und / oder dem Alphabetbuch festschnallen müsste, bevor sie noch als Gammas der Neuen Weltordnung unter den Tisch müssen.
Von allen anderen Umstürzen und Eroberungsfeldzügen dieses neuen, vernebelten Imperialismus, Kolonialismus und Feudalismus seit 1990 einmal abgesehen: Die Invasion Afghanistans 2001 war eine Invasion. Die Invasion des Irak 2003 war eine Invasion. Die Invasion Libyens 2011 war eine Invasion. Die laufende (verdeckte) Invasion Syriens ist eine Invasion.
Wer tatsächlich glaubt, diese Invasion hätten in irgendeiner Art und Weise dem Fortschritt oder dem Wohlergehen der Menschheit oder den Besetzten dieser Staaten gedient bzw. würden dies noch, muss als politischer, gesellschaftlicher und geistiger Totalausfall betrachtet werden.
Wer jedoch mit diesen Invasionen, diesen Angriffskriegen passiv oder aktiv kollaboriert hat oder dies immer noch tut, muss als Gegner aller Völker und Menschen und ihres Rechts angesehen werden.
Ergänzung 15.40 Uhr
Alles sieht in der Tat nach einem Deal zwischen den U.S.A. und der Russischen Föderation aus. Erwähnter Vize-Außenminister Mikhail Bogdanov, der in heute bekannt gewordenen Meldungen vom Fall von Damaskus sprach, traf sich letzte Woche in Genf mit U.S.-Vize-Außenminister William Burns und U.N.O.-Mediator Mikhail Bogdanov Lakhdar Brahimi. Das Treffen so Brahimi, sei „konstruktiv und im Geiste der Kooperation“ abgelaufen.
Dazu passt auch das surreale Versprechen des Nordatlantikpakts, namentlich des Vorsitzenden vom N.A.T.O.-Militärausschuss General Knud Bartels, man werde auf eine „militärische Intervention in den syrischen Konflikt“ verzichten (die die N.A.T.O. Mitgliedstaaten de facto bereits durchführen).
Ergänzung 16.40 Uhr
Abermals der russische Vize-Außenminister Mikhail Bogdanov und Stellvertreter von Sergej Lawrow. Er verkündet vor der Presse, dass die Hälfte aller Personen, die sich in der russischen Botschaft um eine Ausreise aus Syrien bemühen, die Opposition unterstützen.
Die „Opposition“ unterstützen?! Warum wollen sie dann raus?
Aber damit nicht genug. Bogdanov:
„Mehr noch, in den Delegationen der syrischen Opposition, die zu uns nach Moskau kamen, gab es Leute mit einem russischen Pass.“
Mit einem russischen Pass?! Das heißt, Bürger der russischen Föderation kämpfen auf Seiten der Invasoren?! Und mit denen trifft sich dann die russische Regierung zu lockerer Runde?! Was verdammt nochmal geht in Moskau vor sich?!
Ergänzung 17.10 Uhr
Die naheliegendste Erklärung lautet: Wladimir Putin hat Syrien für die South Stream Pipeline verkauft. Am 3. Dezember war Putin in Ankara und schloss insg. elf Handelsabkommen ab, am 7. fing Gazprom an zu bauen. Die Pipeline soll durch türkisches Hoheitsgebiet verlaufen.
Sollten sich diese Hinweise und diese Sicht der Dinge entsprechend verdichten, wird Russland mehr verlieren als man jemals mit Geld kaufen könnte.
(…)
Begriff korrigiert, Keywords aktualisiert am 07.12.2014. Der Inhalt wurde nicht verändert.