C.S.U. fordert Verfassungsänderung für Volksabstimmungen zur Abgabe von Souveränitätsrechten
Die „Christlich Soziale Union“ C.S.U. will das Grundgesetz ändern, weil das verbietet worüber die C.S.U. Volksabstimmungen abhalten will. Damit übt sich die C.S.U. wieder einmal im einzigen was sie je gelernt hat: in maximaler Heuchelei.
Die C.S.U. plane die Organe des Staatenbundes „Europäische Union“, namentlich die „Europäische Kommission“, zu verkleinern, mithin den Deutschen Ausgaben für die unbeliebten Kommissare des unbeliebten Staatenbundes zu ersparen – so heißt es allenthalben in den im Zuge des Euro-Kapitalismus sukzessive gleichgeschalteten Zeitungen der Republik. Eigentliche Zielrichtung und relevanter Inhalt der CSU-Pläne für die Klausurtagung ihrer Bundestagsabgeordneten in Wildbad Kreuth , traditionell über die „Süddeutsche“ in die Öffentlichkeit lanciert, wurde dabei aus den Schlagzeilen ferngehalten.
Die C.S.U.-„Landesgruppe“, also die Abgeordneten der C.S.U. in der Fraktion C.D.U./C.S.U, fordern eine „Ergänzung“ des Grundgesetzes, damit Volksabstimmungen über „die Übertragung wesentlicher Kompetenzen auf die EU“ und „weitere grundlegende Änderungen der EU-Verträge“ abgehalten werden dürfen. Denn wie alle wissen, verbietet unsere Verfassung Grundgesetz „den für Deutschland handelnden Organen“ (Zitat 2 BvE 2/08):
„durch einen Eintritt in einen Bundesstaat das Selbstbestimmungsrecht des Deutschen Volkes in Gestalt der völkerrechtlichen Souveränität Deutschlands aufzugeben. Dieser Schritt ist wegen der mit ihm verbundenen unwiderruflichen Souveränitätsübertragung auf ein neues Legitimationssubjekt allein dem unmittelbar erklärten Willen des Deutschen Volkes vorbehalten…Das Grundgesetz setzt damit die souveräne Staatlichkeit Deutschlands nicht nur voraus, sondern garantiert sie auch.”
Die C.S.U. weiß nur zu genau, dass für Abstimmungen im Volk die Verfassung keineswegs geändert werden muss. Im Gegenteil schreibt diese in Artikel 20 ausdrücklich vor, dass alle Staatsgewalt vom Volk ausgeht, welches diese Staatsgewalt durch „Wahlen und Abstimmgen“ ausübt.
Warum also will die C.S.U. das Grundgesetz ändern, wenn Volksabstimmungen jederzeit möglich wären? Weil es der C.S.U. nicht um irgendwelche Entscheidungen des Volkes geht, sondern über einen Umweg das Grundgesetz zu knacken, anstatt es direkt zu versuchen und sich so eine peinliche Niederlage einzuhandeln.
Worauf ich bereits gefühlt dreihundert Mal verwiesen habe: bereits im Sommer 2011 erklärte sich Kanzlerin Merkel (C.D.U.), gemeinsam mit ex-Kanzler Schröder (S.P.D.), dazu „bereit, die Idee von der einen EU aller 27 Mitgliedsländer hinter sich zu lassen“. Damit gab Merkel und die sie deckende „politische“ Parteien-Kaste zu, dass die seit Inkrafttreten des Lissabon-Vertrags maßgeblich aus Deutschland heraus betriebene Agenda zur gleichmäßigen, stetigen Entdemokratisierung der E.U.-Mitgliedsstaaten am Grundgesetz gescheitert war. Euro-kapitalistische Nomenklatura, die Bundestagsparteien, sowie mehrere Verfassungsrichter in Karlsruhe folgten nun Mitte 2011 dem strategischen Schwenk von “Union” zu “Föderation”, von “Europa” zu “Kerneuropa” und propagierten stattdessen eine radikale Entdemokratisierung der Staaten mit Euro-Finanzsystem. (13.11.2011, DER VERFALL DER “EUROPÄISCHEN UNION” (I) : Aufprall am Grundgesetz und radikaler Strategiewechsel)
Mit ihren heute über befreundete Informationsmedien kolpotierten und angeblich sensationellen Neuigkeiten folgt die C.S.U. schlicht identischen Forderungen ihres Vorsitzenden Horst Seehofer, welche dieser (ebenfalls in der „Süddeutschen“) bereits am 19. Juni dieses Jahres aufgestellt hatte. (Seehofer fordert Verfassungsänderung für Volksabstimmungen zur Abgabe von Souveränitätsrechten)
Seehofer hatte, zeitgleich mit F.D.P.-Bundestagsfraktionsführer Rainer Brüderle, diese Forderung am 10. August erneuert, nachdem die Vorsitzenden von S.P.D (Sigmar Gabriel), „Die Linke“ (Gregor Gysi) und „Deutscher Gewerkschaftsbund“ D.G.B. (Michael Sommer) ähnliche oder identische Forderungen bzw Ankündigungen in der Öffentlichkeit aufgestellt hatten. (FDP und CSU schließen sich SPD-Angriff gegen das Grundgesetz an, fordern Volksabstimmung “über Europa”)
Die Veröffentlichung der C.S.U.-Pläne erfolgt vier Tage, nachdem CDU-Verfassungsrichter Peter Müller konstatiert hatte, dass die „geltende Verfassung“ Grundgesetz die “eigene Staatlichkeit” Deutschlands garantiert. Müller blamierte damit ungewollt sein heruntergekommenes Abstellgleis für willige Putschisten zu Karlsruhe. Müllers eigentliche Zielrichtung, Zitat:
„Ich halte die Möglichkeiten des Grundgesetzes, Souveränitätsrechte auf die europäische Ebene zu verlagern, noch nicht für ausgeschöpft.“
Diese über die Springer-Zeitung „Welt“ von Müller vorgetragene Deutung seiner Aufgabe als Richter am Bundesverfassungsgericht kann als Vorbereitung für den heute von der C.S.U. gestarteten Testballon gesehen werden.
Bislang sind die Aufgabe von Souveränität und Demokratie durch das Grundgesetz verboten. Was nun die C.S.U. – Seit an Seit mit allen anderen etablierten Parteien – fordert, ist dieses Verbot des Grundgesetzes durch eine „Ergänzung“ zu umgehen, die etwa eine Aufgabe von Republik und Demokratie erlaubt, wenn es durch die Mehrheit in einer Volksabstimmung „legitimiert“ ist.
Einfach ausgedrückt: Die „Christlich Soziale Volkspartei“ C.S.U. will das Grundgesetz ändern, weil das verbietet worüber die C.S.U. Volksabstimmungen abhalten will.
Maßgeblich für die öffentliche Wirkung dieses neuen (und reichlich hilflosen) Angriffs auf das Grundgesetz wird sein, ob sich die Bürger der Republik wieder einmal für dumm verkaufen lassen weil sie zu faul zum Lesen und Denken sind.
Eine entsprechende Verfassungsänderung zwecks Legitimierung weiterer Verfassungsänderungen durch Volksabstimmungen, die dann auch das in der Nomenklatura verhasste Demokratiegebot, die Verfassungsidentität und die Souveränität knacken könnten, wird a) unter dem üblichen maximalen Geheuchel von allen etablierten Parteien des Bundestages und b) von ihren nach Karlsruhe entsandten Kollaborateuren ohne Zweifel durchgewunken werden, soviel ist sicher.
Beim Volk aber, da sieht das anders aus. Das steht zu Republik und Grundgesetz und wird – wenn es nur ein einziges Mal die Gelegenheit dazu hat – seiner gesamten „politischen“ Parteien-Kaste dermaßen heimleuchten, dass es noch in Jahrhunderten Thema und Legende sein wird.
(…)
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Artikel aktualisiert um 18.40 Uhr