Im Teil I dieser Serie habe ich die Aufgaben und die offizielle deutsche Stay Behind Organisation (SBO) vorgestellt, wie sie ein Norbert Juretzko Ende der Achtziger antraf, etwa 36 Jahre nach Gründung und einige Jahre vor ihrer Auflösung.
Teil I ist durch Akten, Veröffentlichungen und vieles andere mehr unschwer zu belegen.
Im Teil II dagegen bewege ich mich auf sehr dünnem Eis, welches kaum trägt, da die Beweise und Indizien so dünn sind, das ihre Tragfähigkeit berechtigt angezweifelt werden kann. Trotzdem werde ich es vermeiden den Boden eines Sachartikels zu verlassen und beginne mit der Frage:
War die deutsche SBO, in den 41 Jahren ihres Bestehens wirklich nur ein Häuflein von Eheleuten, welche Angst vor den Kommunisten hatten, da sie um ihr Einfamilienhaus fürchteten?
Die Antwort überlasse ich der Bundesregierung, welche auf eine Anfrage der SPD- Abgeordneten Herta Däubler-Gmelin mitteilte, das 1972 die SBO völlig umstrukturiert wurde.
Was war 1972?
1972 war Willy Brand Bundeskanzler, Horst Ehmke Chef des Bundeskanzleramtes und damit Fachaufsicht über den BND. Im September 1972 stürmten palästinensische Terroristen die Quartiere der israelischen Olympiateilnehmer in München.
Das Verhältnis zwischen den beiden deutschen Teilstaaten entkrampfte sich. Das Machtgefüge zwischen den Blöcken hatte sich verschoben. Die Volksrepublik China war zum politischen Global Player geworden und der von Watergate und sonstigem Ungemach geplagte Richard Nixon versuchte die ersten Schritte der Annäherung zur Volksrepublik China.
Und, Franz Josef Strauß drohte/warnte Horst Ehmke mit den Worten: „….wenn ihnen ihr Leben lieb ist.“
Uuups, was war der Grund dieser Drohung/Warnung?
Horst Ehmke hatte sich für die Akten des Falles Vera Brühne interessiert, also für den Mord an dem Arzt Otto Praun und seiner Haushälterin Elfriede Kloo, im April 1960. Wörtlich sagte FJS sichtlich erregt: „Wenn ihnen ihr Leben lieb ist, dann lassen sie die Finger von dieser Sache.“
Stellt sich doch wirklich die Frage, wie kommt der bayerische Ministerpräsident dazu mit dem Chef des Bundeskanzleramtes, mit einem Bundesminister, derart zu sprechen?
Und es stellt sich weiter die Frage, was wollte Horst Ehmke mit diesen Akten?
Er war Verwaltungsrechtler und kein Strafrechtler. Persönliches Interesse, schreibt das allwissende Wikipedia und irrt wie so häufig.
In Italien hat unter anderem die Loge P 2 jenen Teile der Aufgaben der SBO übernommen, den die staatlichen Überrollagenten nicht erbringen konnten, allerdings – zum Teil – mit der Hilfe der staatlichen Überrollagenten. Das Geld dafür kam von der CIA, von den Neokonservativen in den USA und aus eigenen – meist illegalen – Geschäften.
In Deutschland wurden diese Teile zu einem Geschäft, welches sich Angehörige des Bundesnachrichtendienstes, Politiker und/oder deren Freunde und Angehörigen sicherten.
Unterstützung einer fremden, antikommunistischen Bewegung mittels Waffen zum Beispiel, war viel zu lukrativ, um es nicht zu einem persönlichen Geschäft zu machen.
Konnten die „Widerstandsbewegungen“ nicht bezahlen, dann wurden Sponsoren im In- und Ausland gesucht. Irgendwelche Firmen hatten immer Interesse an den Bodenschätzen des fremden Staates und es fanden sich auch immer wieder Personen, die aus Kommunistenangst spendeten.
Viele Deutsche hatten nur das Kriegshandwerk gelernt und standen ohne eine sie befriedigende Arbeit da. Diese konnten als Söldner vermittelt werden. Die Söldnervermittlung brachte Kontakte zu Sicherheitsbehörden und da diese in der „Dritten Welt“ ständig auf der Suche nach privaten Geldquellen waren, kam zum Waffenhandel und zur Söldnervermittlung noch so manch lukrativ andere Geschäft hinzu oder die Tipp- Provision aus solchen.
Otto Praun, dessen Familie gleich zwei hochrangige Nachrichtendienstler im BND auf ihrer Visitenkarte hatte, stand deshalb auch im Verdacht sein Millionenvermögen mit derartigen Geschäfte gemacht zu haben. Er starb durch zwei Kopfschüsse, also in der Art, wie die alten Nazis Verräter hinrichteten.
Horst Ehmke war nach meiner Einschätzung viel zu Klug, um nicht einen SBO Zusammenhang zu wittern. Dass er auf der richtigen Fährte war, zeigte die ungehörige, fast flegelhafte Reaktion des bayerischen Löwen, dessen Seilschaft gerade aus dem BND geflogen war, weshalb er einen eigenen Nachrichtendienst gründen musste und dieser wollte bezahlt sein.
Was in den Fünfzigern, bis Ende der Sechziger, noch privat war, wurde nun unter anderem vom so genannten CSU Geheimdienst übernommen.
Dieser Geheimdienst hatte ohnehin eine sehr eigenwillige – duale – Finanzierungsstrategie entwickelt. Zum Teil waren seine Agenten bei bayerischen Behörden angestellt und wurden vom Freistaat bezahlt. Zum Teil finanzierte die deutsche Industrie diesen Geheimdienst.
Dieser gab eine Broschüre heraus, welche etwa von 120 Firmen abonniert wurde.
Wenn der BND heute über undichte Stellen und den privaten Informationshandel jammert, dann kann ich nur trocken feststellen, das dieser doch wohl von der ehemaligen CSU Seilschaft im BND erfunden wurde, denn natürlich sind Firmen, welche weltweit tätig sind, an Details – zum Beispiel bezüglich des Terrorismus – interessiert und bezahlen gut. Ein Abo dieser Broschüre gab es nicht für 50 DM im Jahr, was selbst einige BND-Oberen bemerkten, weshalb einige von ihnen damit begannen bezahlte Vorträge bei großen Firmen oder bei den Verbänden der Industrie zu halten, besonders nach ihrer Pensionierung. Dafür gründeten sie sogar einen Verein und siehe da, in diesem konnten auch die Chefs der anderen europäischen Nachrichtendienste mit SBO Einheiten angetroffen werden.
Offiziell hatte der BND mit diesem Verein nichts zu tun. Nein, gar nichts. Der rote VW Golf seiner späteren Pressesprecherin stand bei den Tagungen immer nur zufällig vor der Tür.
Dass man mit Vorträgen mehr als nur ein Taschengeld verdienen kann, bewies jüngst der Kanzler-Kandidat der Opposition. (Ich habe das Wort Kanzlerkandidat getrennt, da er für mich eher ein Kandidat, als ein künftiger Kanzler ist.)
Gab es eine übernationale „Befehlsstelle“?
Die Vorgaben, was in Sachen Subversion und Unterstützung fremder, antikommunistischer Kräfte zu tun ist und wo, lieferte unter anderem der Cercle Violet, dem FJS nie angehörte, auch wenn der „Spiegel“ das Gegenteil behauptete. Der Cercle Violet nutzte zwar die Seidel Stiftung der CSU, doch FJS erfuhr noch nicht einmal wer an diesen Tagungen in den Räumen der CSU-Stiftung teilnahm.
Der Leser ahnt, an der Aufgabenstellung der SBO konnte gut verdient werden.
Selbst politische Pensionäre von einigem Gewicht verdienten indirekt über den Cercle Violet mit, dessen Mitglieder – besonders in den USA – als Referenten bei Tagungen oder als Gastreferenten an den Universitäten sehr geschätzt waren. Die Summe der Honorare für solche Referate lagen weit über dem, was diese Leute mit ihren politischen Ämtern sich verdient hatten.
Der deutsch-deutsche Handel war natürlich eine weitere Geldquelle, soweit Waren aus oder nach Südafrika gehandelt wurden, unter Umgehung des UN-Embargos mit Hilfe der DDR.
Vorstehendes betraf nur das Outsourcing von SBO Aufgaben, zum Zwecke der Tarnung und des Schutzes der SBO.
Den Vogel schoss ein Österreicher ab. Der forderte in einer Militärzeitung die chilenischen Offiziere zum Putsch auf.
Fast parallel dazu stellte sich 1972 heraus, das Atef Bseiso, ehemalige PLO-Sicherheitschef und Mitorganisator des Olympia-Attentats, auch V-Mann deutscher Sicherheitsdienste war und der Leser muss nicht raten, welche Aufgaben dieser V-Mann erfüllte.
Horst Ehmke wollte ohnehin in ein anderes Ministerium. Er hatte mit seinen Referenten die Bonner Dependance des BND gestürmt und die dortigen Akten „beschlagnahmt“. Erstmals erfuhr der Dienst, was sich hinter dem Wörtchen Fachaufsicht verbarg und das nur Idioten Gerüchte lustig finden, wonach der BND den Chef des Bundeskanzleramts abhört, nicht aber dieser, welcher die Fachaufsicht über den BND hat.
Was lag näher, als zum Abschied den SBO Spuk teilweise zu beenden, indem der Organisation die Spezialkräfte für u.a. Sabotage und Gefangenenbefreiung entzogen wurden. Härter hätte Horst Ehmke die Geschäftemacher um die SBO nicht treffen können.
Damit waren die 75 Agententeams des BND Vergangenheit. Sabotage oder andere militärische Operationen konnten nicht von unausgebildeten Einzelgängern verübt werden, dies bedurfte gut eingespielte Teams und diese waren so prachtvolle Söldner. Konnten leicht vermittelt werden und brachten die Kontakte für weitere lukrative Geschäfte.
Wurden diese Agententeams tatsächlich aufgelöst?
Im Teil III schauen wir uns die Realität (bis zum September 1980) näher an.
Der BND hatte zwar in der Normannenstraße in Ostberlin kräftig aufgeräumt, wie andere westliche Nachrichtendienste auch, zum Glück aber wurden einige Dokumente übersehen, welche der BStU erhalten blieben und diese beantworten uns diese Frage.
Zur „Schwarzen oder Schatten SBO“.
Allein der Technische Dienst des Klaus Barbie hatte nach eigenen Angaben 2.000 Überrollagenten. Etwa 100 seiner Mannen waren festgenommen worden. Die Zahl der Festgenommen zeigt, das die SBO unter Leitung des Technischen Dienstes kein kleines Häuflein war, denn natürlich konzentrierte sich die Polizei nur auf die SBO Angehörigen im Raum Frankfurt/M. (Auf Druck der Bundesregierung kam keiner dieser Festgenommenen vor Gericht.)
In Rekrutierung, Ausrüstung und Ausbildung dieser Überrollagenten war viel Zeit und Geld investiert worden, weshalb nur die glauben, welche sich die Hosen mit der Kneifzange anziehen, das zu diesen Überrollagenten gesagt wurde: „Okay Jungs, das war es, geht nach Hause und seit brav.“
Sicherlich wurde ausgemistet, doch ein Teil dieser Überrollagenten wurde in die neue SBO übernommen. Der Rest verselbständigte sich.
Gründete seine eigene SBO. Diese privaten Organisationen begegnen wir in späteren Jahren wieder, unter anderem unter der Bezeichnung Wehrsportgruppe oder als Söldner im Dienste Südafrikas in Rhodesien, im ehemaligen „Deutsch-Südwestafrika“ und in den beiden portugiesischen Afrikakolonien.
Wir ahnen schon, die Geschäfte der „Schwarzen SBO“ waren in etwa deckungsgleich mit denen der Leute im Umfeld des BND.
Geld hatten sie Initiatoren auch.
Nach meinen Information konnte der Technische Dienst in den beiden Jahren seines Bestehens über etwa 0,8 Millionen US Dollar verfügen, das waren damals etwa 3,3 Millionen DM und dürfte heute einer Einkaufskraft von etwa 10 Millionen Euro entsprechen.
Viel Geld. Papi verdiente damals etwa 160 DM im Monat und Papi verdiente sehr gut.
Nur ein Teil des Geldes kam von der CIA. Der größte Teil waren Spenden der amerikanischen Neokonservativen, weshalb die Verwendung der Gelder nie vollständig abgerechnet wurde und angelegt in Aktien zu einem ungeheuer großen Vermögen heranwuchs.
In dieser Situation kam die Weisung zur Umstrukturierung der SBO im BND und dies konnte insbesondere den Geldschöpfern in und um den BND gar nicht gefallen. Englisch war gerade „in“ und so hatten einige das Wörtchen Outsourcing für sich entdeckt, was so viel bedeutet wie Auslagerung bdeutet.
Ach ja, bevor ich es vergesse, der Sicherheitschef der Olympischen Spiele in München war ein Hans Langemann, wir kennen den Herrn als bayerischen Verfassungsschutzpräsidenten des Jahres 1980.
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Weiter geht es im Teil III.
Nun müssten die Kommentarschreiber genügend „Futter“ haben. Bitte macht es kurz. komplexe Fragen wie „nach der Finanzierung“ sind viel Arbeit und ich habe noch etwas anderes zu tun.
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Sollte unter den Lesern ein ehemaliger Überrollagent der Gruppe 2 sein, dann wäre ich ihm Dankbar, wenn er sich melden würde. Ich würde gerne wissen was dran ist an dem Gerücht, dasa die Gruppe 2 temporär einen Verbindungsführer mit dem Decknamen „Cello“ hatte und in welchem Jahr dies war.
Die Initialen von „Cellos“ Arbeitsname, der noch nicht veröffentlicht ist, mögen das Erkennungszeichen sein.
Ein Hinweis für den ehemaligen Chef der WSG-H:
Ich lade ihn gerne ein, an dieser offenen Serie teil zu nehmen, wissend das er wohl der Einzige ist, der die Wahrheit wirklich ahnt, schon deshalb, weil er als Beschuldigter in den Besitz der Ermittlungsakten des Oktoberfest-Attentat gelangte.
Zur Klarstellung:
Ich bin nie von einer Tatbeteiligung der WSG am Oktoberfestanschlag ausgegangen und sah diese eher als Opfer, denn als Täter.
Zugegeben, nach der so genannten Mensa-Prügelei hätte ich ihn und Axel H. gerne im Knast gesehen. Was nichts daran ändert, das er – vom professionellen Standpunkt aus – meinen Respekt für die organisatorische Leistung „Aufbau der WSG“ und „geordnete Abwicklung“ hat.
Kein Raum für politische Propaganda – aber Raum – für die eigene Sicht der Dinge in Sachen Oktoberfestanschlag.
Ich habe seine Romane gelesen und war verwundert, über das als Dichtung dargestellte Detailwissen. Ja, so in etwa könnte es gewesen sein. Ich gehe allerdings von einem Kippzünder und nicht von einem Fernzünder aus, auch wenn ich zugebe, das die beiden Leuchtkugeln, welche Zeugen sahen, die Theorie vom Fernzünder stützen. Ich hatte sogar den Waldparkplatz in „Bebelburg“ aufgesucht und dort mit den Anwohnern geredet. Hut ab, wenn dieses Wissen nur aus den Ermittlungsakten gefolgert wurde.
Ach ja, ich kannte Axel H. und „Hunold Koller“ persönlich. Letzteren nur sehr flüchtig. Er war für mich ein Schilfrohr im Wind der Pubertät. Er war, als ich ihn traf, verliebt, interessierte sich für Musik und die Ziele der Grünen. Er war nach meinem Eindruck dabei einen eigenen Weg zu suchen und mich hätte es nicht gewundert, wenn dieser Weg mit seiner Jugend wenig oder nichts zu tun gehabt hätte.
In einem der Romane wird ein Name verwendet, der zufällig auch der Arbeitsname eines BND-Mitarbeiters ist. Zufall? Hat dieser Mann an der Linken noch alle Finger?