Deutscher Patriot Act: Regierungskommission vor Abschlussbericht von „Evaluierung“ der Terror-Gesetze seit 2001
Totalüberwachung und (Anti)Terrorismus: Kommission von Innenministerium und Justizministerium soll noch vor der Bundestagswahl ihren Abschlussbericht vorstellen.
Während die gesamte Presse in der Republik für ein Pochen auf geltendes deutsches Recht ohne Amerikaner nicht mehr auszukommen scheint, schweigt sie, Seit an Seit mit allen 620 Abgeordneten des Parlaments, allen etablierten Parteien und Organisationen, allen etablierten Bürgerrechtlern und allen Datenschutzbehörden, in bekannt gespenstischer selektiver Wahrnehmung über die im Januar gebildete Kommission von Bundesinnenministerium und Bundesjustizministerium. Dabei ist es diese Kommission, die zum ersten Mal seit Kriegsausbruch in 2001 überprüft, wie und auf welcher Rechtsgrundlage die innerstaatlichen und ausländischen Geheimdienste in Deutschland bei ihrer „antiterroristischen“ Totalüberwachung der Bevölkerung überhaupt konkret vorgehen.
Die Kommission
Die Regierungskommission setzt sich aus vier entscheidungsbefugten Personen, sowie externe Fachleute zusammen. Jeweils zwei der entscheidungsbefugten Personen stellen das Bundesministerium des Inneren (Minister: Hans-Peter Friedrich) und das Bundesministerium der Justiz (Ministerin: Sabine Leutheusser-Schnarrenberger).
Die entscheidungsbefugten Mitglieder der Kommission:
Für das Bundesinnenministerium:
– ex-Generalbundesanwältin Professor Dr. Monika Harms. Eine Antiterroristin par Excellence. War schon ihre Anordnung zur Einholung von Geruchsproben von Gegnern des G8-Gipfels in 2007 legendär (mitsamt 40 Razzien gegen Wohnungen, Büros, Kulturzentren und Internetservern ohne eine einzige Festnahme oder Anklage), so erinnert sich vielleicht mancher noch an Harms´ Freispruch von Bundeswehr-Oberst Georg Klein und dessen Feuerleitoffizier Hauptfeldwebel Wilhelm (“Red Baron”) nach der Bombardierung einer Menschenmenge in der deutschen zentralasiatischen Besatzungszone am 4. September 2009, kurz vor der Bundestagswahl, nahe beim deutschen Militärstützpunkt in Kunduz, mit 137 Toten.
– Professor Dr. Heinrich Amadeus Wolff. Professor Wolff ist an der „Europa-Universität“ Viadrina in Frankfurt a.d. Oder tätig, am „Lehrstuhl für Öffentliches Recht, insbesondere Staatsrecht und Verfassungsgeschichte“. Von 1998-2000 war er im Oberdemokratieministerium von S.P.D.-Innenminister von Otty Schily. Er gilt auch als Experte für militärische Angelegenheiten. So lud ihn der Verteidigungsausschuss zur Anhörung des Bundeswehrreform-Begleitgesetzes im Mai 2012 als Einzelsachverständiger.
für das Bundesjustizministerium:
– Dr. Burkhard Hirsch. Ich könnte ihn, ohne mich mit fremden Federn zu schmücken, als Mohikaner der Verfassung und ihrer Grundrechte bezeichnen.
– Dr. Matthias Bäcker. Am 22. Oktober 2012 wurde er im Innenausschuss als Experte zu einer anstehenden Veränderung der Richtlinie 95/46/EG („Datenschutzrichtlinie“) der „Europäischen Gemeinschaft“ E.G. aus 1995 geladen. (Anm.: Die „Europäische Gemeinschaft“ wurde Ende 2009 mit dem Lissabon-Vertrag aufgelöst, Rechtsnachfolger wurde die 1992 gegründete „Europäische Union“. E.U.-Direktiven werden in Deutschland „Richtlinien“ genannt).
Dazu noch folgende Anmerkung: Sowohl Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger, als auch Kanzlerin Merkel versuchen derzeit mit fast wortgleichen Bekundungen den Schwung der Spionage-Affäre für eine Popularisierung der geplanten neuen E.U.Direktive für „Datenschutz“ zu nutzen. Beide weigern sich im selben Atemzug, das „Safe Harbor“-Abkommen mit den U.S.A. aus dem Jahre 2000 zu kündigen, welches es der Bundesregierung und der E.U. gestattet unsere Daten an die staatlichen Stellen der Vereinigten Staaten von Amerika und ihrer dort sitzenden weltweiten Konsortien weiter zu reichen. Ohne eine Kündigung dieses Abkommens ist also jedwedes Gerede über „Datenschutz“ durch staatliche Funktionäre Makulatur. Im Gegenteil, es ist von einem Versuch des “sicherheitsindustriellen Komplexes der E.U.” auszugehen, die Erbfolge der U.S.A. anzutreten.
Das Thema
Wie mittlerweile in der Öffentlichkeit thematisiert ist, wurde nach den Attentaten des 11. Septembers 2001 in den U.S.A. eine Reihe von faktischen Ermächtigungsgesetzen für den „Sicherheits“-Apparat beschlossen, der sich in deren Wirkung gewaltig aufblähte. Zentrale Ermächtigung war die Kriegsvollmacht „Authorization for Use of Military Force“ (A.U.M.F.), welche am 14. September 2001 bei nur einer Gegenstimme, der von Barbara Lee, durch den Kongress gejagt wurde (20.Februar 2013, U.S.-Gesetz zur Aufhebung der “War on Terror”-Ermächtigung vom September 2001). Bereits am 16. Mai 2005 machte die “New York Times” nun nicht nur die totale Spionage der U.S.-Geheimdienste seit 2001 öffentlich – das komplette Abfangen bzw Kopieren aller ins Weltinformationsnetz Internet eingegeben Daten, die man technisch nur irgendwie in die Finger bekam – sondern gab klare Hinweise darauf, dass die damalige U.S.-Regierung unter George W. Bush durch eigene „Gesetzesmeinungen“ („legal opinion“) sich einbildete durch die A.U.M.F.-Kriegsvollmacht auch zur Totalüberwachung in allen faktisch zur Verfügung stehenden Datenabbaugebieten (wie Deutschland) berechtigt zu sein.
Zweites Standbein der Totalvoyeure des Abendvaterlandes: der „Patriot Act“. Das äußerst detailreiche Gesetz wurde am 24. Oktober 2001 erst durch das Repräsentantenhaus und einen Tag später bei nur einer Gegenstimme (der von Russel Feingold) durch den Senat gejagt – wie man aus Michael Moores „Fahrenheit 9/11“ weiß, ohne dass die Abgeordneten das Gesetz überhaupt gelesen hatten. Es war ihnen erst am Morgen der Abstimmung vorgelegt worden.
Das in der Republik Deutschland nach U.S.-Leitbild des „Patriot Acts“ durch den Bundestag beschlossenen Sondergesetz, das “Gesetz zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus” („Terrorismusbekämpfungsgesetz“), veränderte eine Fülle von Gesetzen und Verordnungen. Geändert wurden das Bundesverfassungsschutzgesetz, das M.A.D.-Gesetz, das B.N.D.-Gesetz, das Artikel 10-Gesetz, das Bundesgrenzschutzgesetz (der Bundesgrenzschutz wurde später umgetauft in “Bundespolizei”), das Passgesetz, das Gesetz über Personalausweise, das Vereinsgesetz, das Bundeskriminalamtgesetz, das Ausländergesetz, das Asylverfahrensgesetz, das Gesetz über das Ausländerzentralregister, die Verordnung zur Durchführung des Ausländergesetzes, die Ausländerdateienverordnung, die AZRG-(Ausländerzentralregistergesetz)-Durchführungsverordnung, das Bundeszentralregistergesetz, das Zehnte Buch Sozialgesetzbuch, das Luftverkehrsgesetz, die Luftverkehr-Zuverlässigkeitsüberprüfungsverordnung, das Energiesicherungsgesetz, die Elektrizitätslastverteilungs-Verordnung und die Gaslastverteilungs-Verordnung. Von diesem Wust an autoritären Gesetzesveränderungen liefen nur nur fünf Gesetze und Teiles eines sechsten Ende 2006 überhaupt aus, der Rest blieb in Kraft. Und die auslaufenden Gesetze wurden Ende 2006 durch den Bundestag durch das „Gesetz zur Ergänzung der Bekämpfung des internationalen Terrorismus“ („Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz“) noch zusätzlich verschärft. (1. Dezember 2006, LAW ON TERROR)
U.a. wurde die „Anti-Terror-Datei“ geschaffen, die vom Bundesverfassungsgericht letztlich über sechs Jahre später mit den üblichen schwachsinnigen und windelweichen Rechtsverdrehungen („im Kern…“, „nur in dringenden Ausnahmefällen…“) als „in ihren Grundstrukturen mit der Verfassung vereinbar“ bestätigt wurde.
Wohlgemerkt: bis heute wurde nie extern, also gerichtlich, überprüft, was all diese Terrorgesetze überhaupt für Auswirkungen hatten, schon gar nicht durch das Bundesverfassungsgericht.
Auch bei seinem Urteil zur „Anti-Terror-Datei“ verließ sich das Bundesverfassungsgericht, wie seit 12 Jahren alle Verfassungsorgane, auf die Behauptungen der Spione. Und dass selbst deren Vorgesetzten angeblich oder tatsächlich keine Ahnung haben, was diese – in Zusammenarbeit mit den lieeeben Kollegen und anderen abendvaterländischen Patrioten – so treiben, ist mittlerweile sogar in der bürgerlichen Presse thematisiert. Dass nun auch Funktionäre der S.P.D., die den Spionage-Komplex nach Kriegsausbruch 2001 von der Leine und zu einem historisch präzedenzlosen Moloch heranwachsen ließen, sich zu dem Thema äußern – geschenkt.
Noch immer aber will Niemand über die Terror-Gesetze in Deutschland reden, die verfassungsrechtlich nie geprüfte vermeintliche Rechtsgrundlage des nach der Macht greifenden, weltweit vernetzten Tiefen Orwell-Staates.
Niemand, das bin ich.
Aktuelle Entwicklungen
Nach Informationen von Radio Utopie steht der Abschlussbericht der gemeinsamen Kommission von Innen- und Justizministerium kurz vor der Fertigstellung und wird z.Z. in Korrespondenzen noch redigiert. Zum Zeitpunkt des Ausbruchs der Spionage-Affäre um Edward Snowden war die Arbeit der Kommission demnach bereits „auf den letzten Metern“ und tagte nach Bekanntwerden der internationalen Zusammenarbeit der Geheimdienste zur Totalüberwachung der jeweiligen Bevölkerung nur noch „ein- oder zweimal“. Im Abschlussbericht, der wahrscheinlich noch vor der Wahl von Innenminister Friedrich und Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger vorgestellt werden wird, soll die derzeitige Spionage-Affäre und die offenkundig gewordene Totalüberwachung der Bevölkerung kaum eine Rolle spielen. Auch scheint der Bericht der Regierungskommission zur „Evaluierung“ des deutschen Patriot Acts, der seit 2001 in Deutschland installierten Überwachungs- und Spionage-Gesetze, weder für die Presse, noch für den Bundestag, noch für die Parteien irgendeine Rolle zu spielen.
Nun, aber vielleicht für die Öffentlichkeit.
Dabei müssen die 82 Millionen Menschen in der Republik allerdings erst einmal lernen die einfachsten Gedanken zu fassen zu bekommen und diese dann auch festzuhalten.
Der Anfang
Achtung, fertig, los.
Wir lesen aus der Unterrichtung des „Parlamentarischen Kontrollgremiums“ vom 10. Februar 2012.
„Im Gefahrenbereich „Internationaler Terrorismus“ (§ 5 Absatz 1 Satz 1 und 3 Nummer 2 G 10) waren 2010 im ersten Halbjahr 1 944 und im zweiten Halbjahr 1 808 Suchbegriffe angeordnet worden. Anhand dieser Suchbegriffe qualifizierten sich im Berichtszeitraum insgesamt 10 213 329 Telekommunikationsverkehre, davon waren 10 208 525 aus dem Bereich der E-Mail-Erfassung. (..)
Im Gefahrenbereich „Proliferation und konventionelle Rüstung“ (§ 5 Absatz 1 Satz 1 und 3 Nummer 3 G 10) waren 2010 in der ersten Jahreshälfte 12 843 und im zweiten Halbjahr 13 304 Suchbegriffe angeordnet worden. In diesem Berichtszeitraum qualifizierten sich anhand der angeordneten Suchbegriffe 27 079 533 Telekommunikationsverkehre; im Vorberichtszeitraum 2009
waren dies 5 034 145 Verkehre.“
Hier nun, liebe Kinder, zwei Fragen an Euch:
1. Wie durchsuche ich Millionen von Emails nach Suchbegriffen, ohne diese Emails zu haben?
2. Seid Ihr noch im vollen Besitz Eurer geistigen Fähigkeiten?
(…)
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