Liest Innenminister Schäuble die Linke Zeitung?

Wolfgang Schäuble widerspricht seinem eigenen Ministerium hinsichtlich Terrorgefahr

Berlin: Am 20.07.06 erschien in der Linken Zeitung der Artikel „MAD-Agenten in Damaskus?“ (1). In ihm wurden Äußerungen sowohl des Innenministeriums als auch des BKA dokumentiert, die keine akute Terrorgefahr durch die Hisbollah sahen.Nun verlautbarte aber der Innenminister in einem wahrhaft erdrutschartig abgeschriebenem „Bild am Sonntag“-Interview, er sähe eine „wachsende Anschlagsgefahr in Deutschland“, so zitiert ihn die Nachrichtenagentur Reuters (2).
Seine Worte im Detail lauteten, ebenfalls laut Reuters: „Je länger der Konflikt anhält, umso größer wird die Gefahr von Terror-Aktionen in anderen Ländern. Das gilt auch für Deutschland.“
Er erwähnte im BamS-Interview laut Reuters und N24 (3) auch ausdrücklich „900 Mitglieder der Hisbollah“ und „300 Mitglieder der Hamas“, welche auch schon versucht hätten, „Selbstmordattentäter zu werben“.

Die Sprecherin des Innenministeriums Fr.Hermani am 20.4. gegenüber der Linken Zeitung zur Gefahr durch die Hisbollah in Deutschland:“Der aktuelle Verfassungsschutzbericht gilt nachwievor. Ansonsten gibt es keine neuen Entwicklungen oder eine aktuelle Gefährdungslage.“
Hmmm…
Hätten wir das so ausführlich geschrieben, vielleicht wäre der Innenminister ja mal auf die Idee gekommen, mit dem Innenministerium zu reden. Das hätte ihm sicher die Sorgen genommen.
„Es laufen keine Ermittlungen wegen der Hisbollah“, so der Sprecher des Bundeskriminalamtes (BKA) Dietmar Müller ebenfalls am 20.07. gegenüber der Linken Zeitung. Auch gebe es keine Erkenntnisse über eine Terrorgefahr durch die Hisbollah.
Und im Verfassungsbericht 2005 (4), also dem aktuellen, steht über die Hisbollah folgendes:
„..die libanesische „Hizb Allah“(Hisbollah) verzeichnete einen Zuwachs auf 900 (2004: ca. 850).

Wirklich shocking. Aber weiter..

„Ihre Fähigkeit, die Bevölkerung Libanons zu mobilisieren, stellte die ´Hizb Allah´ Anfang März unter Beweis, als etwa 1 Mio. Menschen und damit etwa ein Vietel der Bevölkerung Libanons an einer Kundgebung in Beirut teilnahmen, zu der die Partei aufgerufen hatte…
Hassan Nasrallah, Generalsekretär der ´Hizb Allah´ sprach sich in seiner Rede im Rahmen dieser Kundgebung für den Abzug der seit dem Ende des Bürgerkriegs 1990 im Land stationierten Angehörigen des syrischen Militärs und der Nachrichtendienste..aus“, so der Verfassungsschutz.
Hoppla.
Ist das dasselbe Syrien, was angeblich hinter den Angriffen der Hisbollah im Libanon steckt?
Und weiter mit dem aktuellen VS-Bericht:“Überwiegend zeigten Anhänger der Organisation in Deutschland nur wenig Interesse an einer aktiven Mitarbeit in den örtlichen ´Hizb Allah´-Vereinen.“
Soso.

Und wie kommt dann unser werter Innenminister zu der Einschätzung von „wachsender Anschlagsgefahr in Deutschland“ (Reuters)..?

Nun, auch da kann der bereits vor 4 Tagen in der Linken Zeitung erschienene Artikel „MAD-Agenten in Damaskus?“ weiterhelfen.
Zitat:
„FBI-Chef Mueller sowie andere diverse Geheimdienste in den USA (sehen) eine wachsende Gefahr durch Hisbollah-Anhänger, so ein Video-Blog von CNN.com am heutigen Donnerstag. Angeblich wird gegen 200 „Verdächtige“ in aktiven Zellen in mindestens zwei Dutzend US-Städten ermittelt, welche bereits Geld und Informationen sammelten sowie Waffen an Hisbollah-Kämpfer schmuggelten.

Brennpunkt dieser Umtriebe seien libanesisch-schiitische Viertel. Als Beispiel werden allen Ernstes Zigaretten- und Viagraschmuggel in Detroit genannt, der Gewinn gehe teilweise an die Hisbollah…
Pat D´Amuro, Chef von Giuliani Security, sprach sogar von der Hisbollah als „sehr gut strukturiert, bestens trainiert und organisatorisch ausgestattet mit bedeutenden Finanzmitteln durch unterstützende Staaten“ und einem viel stärkereren Gegner als Al-Qeada, wenn sie sich entscheiden sollte global Anschläge zu verüben. “
Der deutsche Innenminister am 08.04.06, diesmal in der Welt am Sonntag (5):
„Wir sollten uns ein Beispiel am ehemaligen New Yorker Bürgermeister Rudolph Giuliani nehmen“, so Schäuble, und redete von Slums in Deutschland wie Berlin-Neukölln und Hamburg-Billbrook.“
Vorbilder sind Schäuble´s Ding. „Schäuble pocht auf Verwendung von Foltergeständnissen“, so titelte handelsblatt.com (6) den entsprechenden Artikel vom 1.1.2006 nachmittags, offenbar um der zu diesem Zeitpunkt sicher nicht unüblichen Redewendung „ich seh nicht recht“ das Aquivalent an Veröffentlichung zu geben.

Es bleibt also die Frage, ob sich der deutsche Innenminister, der früher wie die legendäre Comic-Figur des Großwesir´s Isnogud gern selbst Kalif anstelle des Kalifen (oder der Kalifin) geworden wäre, ob sich Wolfgang Schäuble also wenigstens diesmal die Linke Zeitung durchliest.
Er dürfte beruhigt sein…

Quellen:
1.
http://radio-utopie.de/archiv.php?themenID=108&JAHR_AKTUELL=2006&MON_AKTUELL=7
2.
http://de.today.reuters.com/news/NewsArticle.aspx?type=topNews&storyID=2006-07-24T052102Z_01_MAI419250_RTRDEOC_0_DEUTSCHLAND-SICHERHEIT-SCHAEUBLE.xml
3.
http://n24.de/politik/ausland/index.php/n2006072407413700002
4.
http://www.bmi.bund.de/Internet/Content/Common/Anlagen/Broschueren/2006/Verfassungsschutzbericht__2005__de,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/Verfassungsschutzbericht_2005_de.pdf
5.
http://www.netzeitung.de/deutschland/391373.html
6.
http://www.handelsblatt.com/news/Default.aspx?_p=200050&_t=ft&_b=1011449

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