ganz ruhig…(Perspektiven einer alten Welt)

Politischer Kommentar zu den Wahlen in Berlin und Meck-Pomm. Von Daniel Neun.

Als gestern bei der Wahlparty der WASG Berlin Lothar Bisky auf der Leinwand erschien, sprang ich auf und rief „Buhhh“.
Daraufhin legte sich sofort eine Hand auf meine Schulter. „Ganz ruhig, Daniel..“.

Als ich merkte, was das für ein Gefühl ist nach 2 Jahren Krieg für eine demokratische und soziale Partei in Berlin bei 2.9% zu landen, rief ich laut „Scheiße“.
Daraufhin drehte sich eine Direktkandidatin der WASG Berlin neben mir um und rief „Halt die Klappe! Ist ja unmöglich, sowas..“

Wie mich das ankotzt. Ihr habt da alle eine Ahnung von, wie mich das ankotzt.

Eine Partei kapert eine andere Partei, die sie selbst zum Auffangen und Kontrollieren der linken Spektrums als Neocon-Projekt konstruiert und zum Opfergang präpariert hat.
Ganz ruhig..
34 Prozent aller Wahlberechtigten glauben nicht, daß eine der existierenden Parteien irgendwelche Probleme lösen kann.
Ganz ruhig..
Die Leuten hauen ab aus Deutschland, weil ihr eigenes Land sie ankotzt.
Ganz ruhig..

Liebe Linken, Ihr seid tot. Ihr seid alle tot.

Ich habe keinen Bock mehr auf diesen Scheiß.
Niemand sagt mehr die Wahrheit und wird belohnt.
Niemand hat mehr den Mumm, das Problem im Kapitalismus öffentlich zu benennen, also den Kapitalismus.
2 Jahre nach den Montagsdemonstrationen, die nicht durch irgendwelche „Linken“ initiiert, sondern nur geschwätzig begleitet und instrumentalisiert wurden, wird hier so getan, als sei die Bevölkerung weniger wütend als vorher.
Das genaue Gegenteil ist der Fall.
Die Montagsdemonstrationen waren der letzte Versuch, auf friedliche und urdemokratische Art und Weise irgendetwas zu bewegen, der ganzen schreienden Ungerechtigkeit irgendetwas entgegen zu setzen.
Jetzt herrscht wieder stumme, brennende Wut, gefügige Apathie oder zwiedenkerfröhliche Dekadenz bei Hofe der Oberschichtler.

Jeder, aber auch wirklich jeder der irgendeine eine soziale, politische oder demokratische und vor allem bezahlte „Funktion“ im Establishment und in angegliederten Ämtern und Vereinen innehat, hat aufgehört irgendetwas gegen diesen Zustand zu unternehmen.
Je höher das Gehalt, desto weniger muß man dafür tun.
Wer für irgendeine politische Arbeit bezahlt wird, hört sofort auf irgendetwas zu tun, außer sein Amt mit allen Mitteln zu verteidigen.

Bestes Beispiel ist für mich der „1199“ Kontenskandal der Hamburger Sparkasse.
Niemand unternimmt 10 Jahre lang irgendetwas gegen die Manipulation von Lebensläufen, das Ausgrenzen von Armen und die Chancenlosigkeit von Unternehmensgründern organisiert durch die Reichen und Mächtigen, niemand.
Die Datenschutzbehörde macht mit, die Verbraucherzentrale macht mit, irgendwelche Linken kannst Du eh in die Tonne kloppen und der DGB regt sich grundsätzlich immer erst hinterher auf, das steht so geschrieben könnte man meinen..

Ich bin, daß weiß bisher kaum jemand außerhalb von Berlin, durch das Landesschiedsgericht der WASG Berlin aller meiner demokratisch legitimierten Ämter enthoben worden, und zwar wegen „allgemeinen Gebrauchs von Schimpfwörtern auf Mailinglisten“. Ich wurde mehrfach wegen demselben Vergehen verurteilt, das letzte Mal ohne Beisitzer, nur um mich irgendwie ruhig zu stellen.
Am 1.1.2006 stellte ich satzungsgemäß einen Ausschlußantrag gegen Gregor Gysi welcher ein paar Tage vorher erst der WASG Berlin beigetreten war um (wie die LPDS Berlin öffentlich erklärte) die WASG gezielt zu unterwandern.

Geschlagene 4 Monate passierte ein Scheißdreck. Die Gelegenheit, einen prominenten Parteigegner und Saboteur mit Schimpf und Schande hinauszuschmeißen, den Senat anzugreifen und bundesweit ein Zeichen für die Rettung der WASG zum Bundesparteitag zu setzen, wurde erbärmlich versäumt, weil wieder einmal die Zuständigen zu feige waren sich mit Stärkeren anzulegen, während sie mich ganz offiziell für „amtsunfähig“ erklärten, übrigens bis auf den heutigen Tag.
Das mein Bezirk mich trotzdem als Direktkandidat und für die BVV nominierte, zeigt noch einmal effektitiv, wie wichtig die Trennung von „Amt“ und „Mandat“ doch sein kann.

Nun, was soll passieren?

Zuerst mal sollten wir all Denen danken, die überall in der Republik ihr bischen Geld abgeknappst haben um für den Wahlkampf der WASG zu spenden.
Sie tun mir am meisten leid.
Ich hätte ihnen gern dafür eine soziale Opposition in einem Landesparlament und damit ein Zeichen gegeben, daß sich Mut und Anstand noch lohnen in der Bimbesrepublik, und jetzt stehen wir hier und werden von den Grauen Panthern überholt.

Dann sollten wir einsehen, daß die WASG tot ist. Mausetot.

Ich will nicht eine einzige Minute mehr an diese Bundespartei verschwenden, ich habe es satt, satt, satt, ich werde nicht austreten, ich gehe weiter zu den Bezirksversammlungen der WASG Berlin solange die noch existiert, bitteschön, aber für die Republik ist das Alles nicht mehr als „Gone with the Wind.“

Ich komme am 3.Oktober nach Kassel zur Konferenz vom „Netzwerk Linke Opposition“ um an dem Aufbau einer Partei mitzuwirken.
Einer Partei, bei der nicht andere Parteien mitabstimmen dürfen, ob sich diese Partei zu ihren Gunsten auflöst.
Einer Partei, die nicht ständig darüber philosophiert sich selbst aufzulösen.
Einer Partei, in der jeder rausfliegt, der sie auflösen will.
Einer Partei, in der ich nicht ständig diese Hosenscheißer am Hals habe, die mir verbieten wollen so zu reden wie unsere Wähler bzw Nichtwähler, an welchen diese Nieten schuld sind die so reden wie die Lumpen im Establishment.
Einer Partei, in der es nicht mehr belohnt wird nichts zu tun.
Einer Partei, die sich endlich mit dam Kapital anlegt und zwar richtig, d.h. demokratisch und mit den Mitteln unserer Verfassung, alles andere ist hohles Zeug. Wer irgendwelche „Milizen“ aufstellen will, und sich nicht mal mit der PDS anlegen kann, meine Fresse, daß ist doch ein Witz, gottverdammt…

Nochmal: die Linke ist tot. Tot…

Man könnte jetzt rufen, „es lebe die Linke“.
Nun, wer das machen will, soll´s tun. Ich halte mich an andere Worte.
„Sozial“, „Demokratisch“, „Republik“, „Werte“, „Verfassung“, „Kreativ“, „Kultur“, „Frieden“ (das heißt jetzt nicht jeden Scheiß mitzumachen, sich in Gorleben an die Gleise zu ketten oder massenhaft Blockaden zu initiieren um wie in Frankreich die Reaktion zurückzuschlagen ist eine große und gute Sache), „Ehrlichkeit“, „Unkäuflichkeit“, „Standhaftigkeit“,
und außerdem, ja, „Sozialismus“.

Der Sozialismus ist die bessere, die effektivere und die gerechtere Wirtschaftsordnung als der Kapitalismus.
Der Sozialismus ist keine Gesellschaftsordnung oder gar Staatsform.
Sozialisten und Sozialistinnen gehen davon aus, daß sich Gesellschaftsordnung und Staat mit einer durch gewählte Organe als Schiedsrichter korrigierten Wirtschaft besser entwickeln und entfalten können, als der von Monopolen und Korruption geprägte Kapitalismus.
Letzten Endes ist das die Frage, ob es gut ist, wenn sich der Stärkere durchsetzt.
Wer das gut findet, ist ein Faschist. Sag ich.

Stärke ist nichts, nichts, nichts.
Wer nicht andere Werte kennt, hat nicht mal mein Mitgefühl, denn das kennt er ja auch nicht mehr.
Leistungsbereitschaft hat nichts mit dem rücksichtlosen Vorsatz zu tun, seine Miterdlinge nach Strich und Faden zu bescheißen und auszubeuten.
Prosperität wird nicht durch Unterdrückung gewährleistet, sondern dadurch, daß man die Menschen einfach machen läßt, und zwar das was sie wollen, und daß man Ihnen Möglichkeiten dafür zur Verfügung stellt.
Eine Welt, in der Du überall davon leben kannst in einer Armee Menschen umzubringen, aber nicht davon Bildhauer, Musiker oder Maler zu sein, ist nackte Barbarei.
Das ist Imperialismus.
Das ist ein Imperium.

Wo sind die alten Visionen? Wo sind die alten Träume?

Kürzlich fragte ich einen Trotzkisten (und zwar einen, den ich mag, den ich für einen Guten halte) warum wir nicht schon längst den Begriff „Weltrepublik“ offensiv gegen den Neoconbegriff „Globalisierung“ stellen.
Er guckt mich an und sagt:“Weltrepublik? Hab ich noch nie gehört..“

Was wollt Ihr eigentlich? Was wollt Ihr eigentlich, das frage ich mich..?
Haltet Ihr es eigentlich alle mit dem Papst, der da sagt, Ihr sollt nicht wollen was Ihr wollt, sondern es irgendwem anders in die Hand geben??
Gerade wenn man wie ich unverbesserlicher Katholik ist, dann erkennt man dieses Gelaber von „laaaaaaaaaangfristig“, von „gemeiiiiiiiiiiiiiiisamer Linke“ und das ganze andere sadomasochistische Gequieke.

Hey, Ihr Penner: langfristig sind wir alle tot. Und mit der SED gibt´s keine Linke. Habt Ihr´s jetzt endlich, oder was?!

Also..
es muß eine richtige Partei im Land her. Denn die Republik steuert am Gängelband des Kapitals auf einen einzigen, riesigen Chrash zu.
Die Glaspaläste des Westens sind aus geraubten Gütern, die Hochburgen der Mächtigen auf Pump und die kapitalistische Macht auf Sand gebaut.
Der Verfall hat bereits begonnen. Ein gewaltiger Krieg zieht herauf, nach innen wie nach außen, und er zieht bis in die letzten Winkel des Planeten, und danach ist nichts mehr wie es vorher war.

Wenn wir es nicht schaffen, diesen Feldzug des Kapitalismus und seiner Handlanger zu stoppen, wenn wir der Erosion des Fortschritts tatenlos zusehen, wenn wir weiterhin die Quatschdrohen an unser Ohr und diese ganzen korrupten Verlierer in unsere Köpfe lassen,
dann werden wir mit dem Imperium untergehen, und diese Republik ebenso.

Die US-Hegemonie und ihre herbeihexte Medienhypnose neigt sich dem Ende zu, ein Blinder könnte es sehen, ein Tauber könnte es hören, ein Stummer hätte viel dazu zu sagen, aber Ihr steht nur da und glotzt dumm in die Gegend, weil Ihr doch Linke seid…

Erwartet nicht, daß Ihr noch Freunde habt. Erwartet nicht, daß Leute wie ich zu Euren Parties kommen. Erwartet nicht, daß Euch irgendjemand wählt. Erwartet nicht, daß irgendetwas passiert, was Ihr nicht selbst hinbekommt.
Dann können wir anfangen.

Und der Erste, der mich fragt „womit denn?“, der ist nicht dabei.

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