Kurnaz, die Waffenträger und das Placebo Bundestag..

KSK: Irgendwie, Irgendwo, Irgendwann / Verteidigungsministerium gibt „Kontakte“ zwischen Murnaz und deutschen Soldaten in Südafghanistan zu / FDP: SPD-CDU wollen Fall „vertuschen“Berlin: Das Franz-Jung-Ministerium windet sich. Nach den ersten Aussagen des unschuldig über 4 Jahre inhaftierten und gefolterten Murat Kurnaz hatte es aus dem Verteidigung-Deutschlands-am-Hindukusch-Ministerium noch geheißen, Kurnaz, wer ist das, deutsche Soldaten, gefoltert, aber nieeee im Leben… (1)
Der Stern formulierte es heute so: die Militärs hätten über den „Spiegel“ lanciert, das KSK wäre zur Jahreswende 2001/2002 gar nicht in Afghanistan gewesen. Auch Franz Jung hätte mit besorgter Miene versichert, es gäbe keine Anhaltspunkte dafür, daß die Vorwürfe stimmten (2).
Heute aber berichtete die Zeitung neue Einzelheiten zu der Verwicklung deutscher „Elite“-Soldaten und Geheimdienstler in Folter und Verhöre von Kurnaz auf dem US-Stützpunkt in Kandahar, Südafghanistan.
Dieser habe, Minuten vor seiner Mißhandlung durch mutmaßliche KSK-Soldaten, dort 2 bewaffnete Soldaten in deutschen Uniformen gesehen.
Diese hätten dann anschließend, während sie ihn mit Tritten traktierten, sich zusammen mit US-Kameraden über ihn lustig gemacht.
Daraufhin, siehe da, folgte ein überraschendes Aufbrechen der Reihen, die doch fest geschlossen worden waren. Zuerst erinnerte man sich in der deutschen Exekutive an einen „Blickkontakt“ (wie romantisch) und dann wieder an „verbale Kontakte“ zwischen Folteropfer und deutschen Militärs (8). Soso.
Man könnte fast sagen: „Deutschland wird am Hindukusch kommuniziert“.

Ein hochrangiger KSK-Offizier bestätigte übrigens diesbezüglich dem Stern, daß er ab dem 10. Dezember 2001 in Kandahar gewesen sei. Auch eine CD-Rom mit über 500 Photos, aufgenommen durch kreative Spezialeinheitler aus der KSK, gelangte offenbar in den Besitz der Kollegen, eine Reihe dieser Aufnahmen trage das Datum des 5. und 10.Januar.
Informiert waren oder wurden, so der Stern, die Bundesregierung, der „Auslands“geheimdienst BND mit dem exorbitanten Interesse an inländischen Journalisten und die deutschen Militärs.
Da es wöchentliche Treffs sämtlicher deutscher Exekutivbehörden, also Regierung, Polizei, Militär, Geheimdienste und diverse Ämter gibt, wo das gemeinsame Verhalten abgesprochen wird, kann man weder an Zufall noch an Zufall, noch an blöde Ausreden glauben, wenn die Vorwürfe sich bewahrheiten, was die Staatsanwaltschaft Potsdam gerade prüft (3).
Offenbar wollten ex-BND-Chef Uhrlau (dessen alte Mutter vor kurzem von ex-BND-Agenten selbst bedrängt wurde um ihn zu erpressen (7)) und die heutige Außenbrille Franky Steinmeier Murat Kurnaz als Zeugen der Kollaboration mit den US-Folterern loswerden und in Guantanamo elendig zugrunde gehen lassen, diesen Schluß muß man nach den Medienberichten jedenfalls ziehen.

Die GENIC (German Intelligence Cell)

Die umfangreiche Verflechtung des deutschen Militärs mit den Geheimdiensten hat mehrere Schnittstellen.
Laut Stern gab es eine Mitteilung der GENIC AFOR (deutsche nachrichtendienstliche Zelle bei der NATO, GENIC:“German National Intelligence Cell“, AFOR: steht für den Einsatzort Afghanistan), wo angeboten wurde Murat Kurnaz zu befragen, und zwar in Guantanamo, seine Verbringung werde vorbereitet.
Laut Stern wurde die GENIC von BND und Militärs gemeinsam geschaffen.
Die GENIC aber ist Teil des Zentrums für Nachrichtenwesens der Bundeswehr (ZNBw). Das hat mehrere Abteilungen:
-„Einsatz“
– „Grundlagen
– „Zentrale Aufgaben“
– „Systemzentrum“
– „Militärisches Nachrichtenwesen der Bundeswehr“.

Die Abteilung „Einsatz“ hat wiederum mehrere Dezernate:
– das „Lagezentrum“
– „Unterstützung Spezialoperationen“
– „Auswertung und Berichte“
– „Objektbearbeitung“
– die „Verbindungsstelle zum Dezernat Militärische Sicherheitslage der Bundeswehr“, welches in der Abteilung „Zentrale Aufgaben“ befindet.

Das Dezernat „Unterstützung Spezialoperationen“ stellt nun aber „mobile Unterstützungselemente“ zur Verfügung, die die Einsätze der deutschen Militärs vor Ort „begleiten“.
Konkret: Militäragenten mit Spezialauftrag und Spezialausbildung.
Name: GENIC.
Sie befassen sich mit der „Abwehr“ von Spionage, Sabotage und Zersetzung. Der kleine Hinweis, daß man nur etwas abwehren kann, mit dem man sich auskennt, sei hier gestattet.
Außerdem befassen sie sich mit dem Einsatz von Massenvernichtungswaffen biologischer, chemischer und atomarer Art. (5)

Wer kontrolliert diese Jungs und Mädels?
Antwort: das Militär.
Wer aber kontrolliert das Militär?
Der deutsche Generalstab.
Wer aber kontrolliert den deutschen Generalstab?
Oberbefehlshaber ist Verteidigungsminister ist Franz Jung.
Wer aber.. gut, vergessen wir den Hosenanzug.

Wer aber kontrolliert den Verteidigungsminister, die Regierung, die Exekutive?

Placebo Bundestag

Offensichtliche Antwort: die Sorge. Oder anders ausgedrückt, die SPD.
Die tat heute nämlich zum wiederholten Male das Einzige, was sie kann: sie tat besorgt (4). Weil die Regierungspartei mal wieder angeblich überhaupt keine Ahnung hatte von dem was passierte und sich wunderte, wie denn das KSK (von anderen Einheiten oder Agenten mal ganz zu schweigen) zu diesem Zeitpunkt überhaupt nach Südafghanistan gekommen sei. Vielleicht habe das KSK ja eigenmächtig gehandelt. Vielleicht habe der Verteidigungsminister ja was davon gewußt. Man wisse es nicht.
Wohlgemerkt, wir reden über das Jahr 2001…

Wir reden hier aber auch über Kampfeinsätze der deutschen Militärs, die einfach irgendwie passieren, ohne daß man´s merkt.
Allein diese Darstellung ist eine so bodenlose Frechheit, daß es den ganzen, erbärmlichen Zustand dieser verkommen deutschen Oberschichtler-Prachtgesellschaft in seiner letzten Konsequenz umschreibt:

Stell Dir vor, es ist Krieg und keiner war´s.

Von Linkspartei und Grünen wie immer Schweigen, schließlich will man ja im nächsten Sommer nach vorgezogenen Neuwahlen an die Regierung, Beschwerde kam allein von der FDP.
Die geht von einer Vertuschung des Falles Kurnaz aus, wenn der Verteidigungsausschuß mit SPD-CDU-Mehrheit die Sache an sich und dem BND-Untersuchungsausschuß aus den Händen reißt.
Wer aber hat überhaupt noch ein Interesse im deutschen Parlament am deutschen Parlament? Wer hat überhaupt noch ein Interesse an Verfassung, Frieden, Gerechtigkeit oder demokratischer Kontrolle?
Was läuft hier eigentlich?

Spätestens nach den US-Kongreßwahlen erfolgt der Angriff gegen den Iran. Die Armeen sind in Stellung, auch um Nordkorea und im Kaukasus ist die Lage explosiv.
Und wenn´s dann geknallt hat (und vor dem ersten Luftschlag wird es irgendeinen Vorfall geben, welcher dem Angegriffenen in die Schuhe geschoben wird) ist hinterher das Geflenne groß, dann wird wieder gesundgebetet, gelogen, vertuscht, und getan – diesmal betroffen, und deutsche Soldaten mittendrin in der ganzen Misere.
Wie arm ist das eigentlich, werte Oberschichtler?

Quellen:
(1)
http://www.rp-online.de/public/article/nachrichten/politik/deutschland/355018
(2)
http://www.stern.de/politik/deutschland/:Murat-Kurnaz-Zum-Verh%F6r/573790.html
(3)
http://www.n-tv.de/722073.html
(4)
http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/print/politik/595667.html
(5)
http://www.politik.uni-koeln.de/jaeger/downloads/rolle02.pdf
(6)
http://www.stern.de/politik/deutschland/:Foltervorw%FCrfe-Eigener-Ausschuss-Kurnaz/574196.html
(7)
http://focus.msn.de/politik/deutschland/bnd_nid_37401.html
(8)
http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,,OID6010710_REF1,00.html

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